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Marakkaram

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.07.2018

Etwas unausgereifter Haunted-Horror

Haunted
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James blickte in den Raum und sah zuerst nichts, ausser einer kleinen rechteckigen Fläche, ungefähr so groß wie eine Schuhschachtel. Dann bemerkte er, dass sich in der Mitte ein kleiner Haufen Erde befand. ...

James blickte in den Raum und sah zuerst nichts, ausser einer kleinen rechteckigen Fläche, ungefähr so groß wie eine Schuhschachtel. Dann bemerkte er, dass sich in der Mitte ein kleiner Haufen Erde befand. Er hatte ungefähr die Größe und Form eines Ameisenhügels, aber irgendetwas an der Glätte seiner Seitenflächen ließ es so aussehen, als wäre er absichtlich gebaut worden.

Als Clara und Julian mit ihren beiden Kindern nach Jardine, New Mexico ziehen, erfüllen sie sich ihren Traum vom eigenen Haus. Doch schon kurz nach ihrem Einzug verwandelt sich der Traum in einem Albtraum. Irgendetwas geht in diesem Haus um, und es scheint sehr viel älter zu sein, als der Landstreicher, der sich vor ein paar Jahren im Keller umgebracht hat...

~ ~ ~ *

Ich bin ein großer Fan von Spukgeschichten und Haunted-Häusern und habe mich gefreut, als ich Bentley Littles Roman bei Voodoo Press entdeckt habe.

Die Geschichte lies sich auch sehr gut an. Es gibt keinen langen Einstieg, sondern man ist recht flott im Geschehen. Zudem sind die Perrys eine absolute Durchschnittsfamilie, mit denen sich jeder identifizieren kann. Und der bildhafte, flüssige Schreibstil tut sein übriges. Es ging so weit, dass ich teilweise selber den Geschmack von Erde im Mund hatte. ...
Little spielt mit dem subtilen Grauen; eine Ecke im Keller, die riecht, ein Wäschekorb, der sich verstellt, eine Tür, die sich wieder öffnet...

Doch nach einer Weile verliert der Autor sich ein wenig in seiner Story und die Luft ist raus.
Es gibt nicht wenige Stränge, die ins Nichts laufen, darunter leider auch die sehr interessanten, historischen Rückblicke, die nicht nur unstrukturiert und willkürlich wirken, sondern auch zu abgehackt und ohne Verbindung in die Gegenwart.

Mir ist klar, dass in einem Horror-Roman nicht immer alles schlüssig ist und offene Fragen bleiben, aber in Haunted erschien mir irgendwann alles angestückelt und gewollt. Die Wiederholungen der Sex-Szenen und Erscheinungen hatten sich ungefähr ab der Mitte des Buches abgenutzt und man verlangte beim Lesen eher nach Hintergrundinformationen, stattdessen musste man auf das nächste Auftauchen einer Erscheinung warten. Die Möglichkeit eines Schamanen oder Geisterjägers, um Licht in die Vergangenheit zu bringen, hat der Autor vollständig verschenkt. Schade....

Dabei sind seine Ideen und die Sprache durchaus ansprechend. Man hätte durchaus mehr daraus machen können. So jedoch wirkt sein neustes ins Deutsche übersetzte Werk etwas unausgegoren und der Schluss bemüht.

Wenn auch nicht sein bestes Werk, ist Hauted trotzdem ein solider Horrorroman, der mich nicht gelangweilt hat.

Veröffentlicht am 08.07.2018

Deutsche Nachkriegsgeschichte

Der englische Liebhaber
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"Ich möchte denjenigen erleben", hatte Herr Kuropka gesagt, " der stark genug war, unter bestimmten Bedingungen stets moralisch einwandfrei zu handeln."

November 1945: Münster ist zerbombt und liegt ...

"Ich möchte denjenigen erleben", hatte Herr Kuropka gesagt, " der stark genug war, unter bestimmten Bedingungen stets moralisch einwandfrei zu handeln."

November 1945: Münster ist zerbombt und liegt in Schutt und Asche. Um sich, ihre Eltern und Schwester über Wasser zu halten, nimmt die junge Anna einen Job als Dolmetscherin bei den Besatzern an und lernt dort den Briten Jeremy kennen. Die beiden fühlen sich sofort zueinander hingezogen, aber ihnen ist klar, dass ihre Beziehung schwierig wird. Nicht nur, dass es eine Liaison zwischen einer Deutschen und einem Angehörigen der Besatzungsmacht verpönt ist, Jeremy ist auch verheiratet. Trotzdem entscheidet er sich für sie. Doch als Anna ihm mitteilen will, dass sie schwanger ist, ist er spurlos verschwunden und man verweigert ihr jegliche Auskunft.
Jeremy reagiert jahrelang auf keinen ihrer Briefe. Hat Anna sich wirklich so in ihm getäuscht....

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Eine Familiengeschichte der Nachkriegszeit nach einer wahren Begebenheit.

In "Der englische Liebhaber" verarbeitet Federica de Cesco die Lebens- und Liebesgeschichte der Münsteranerin Anna Henke und Jeremy Frazer, einem Offizier der Besatzungsmacht und Spion des britischen Geheimdienstes.

Der Einstieg in die Geschichte hat mich regelrecht gefangengenommen. Er beginnt in der Gegenwart und man spürt die Spannungen und den riesigen Gefühlsgraben zwischen Mütter und Tochter. Nach dem Tod von Anna beginnt Charlotte zögernd deren Tagebücher zu lesen und diese erzählen die komplette Geschichte von Anna und Jeremy

Seit ich "Silbermuschel" gelesen habe, bin ich ein riesiger Fan von Federica de Cesco, sie schafft es immer wieder gewaltige Emotionen zu transportieren und viele ihrer Romane verbinden die Gegenwart mit der Geschichte der Vorfahren. Deswegen habe ich mich unheimlich auf den neuen Roman gefreut, der sogar in meiner unmittelbaren Umgebung spielt. Doch diesmal konnten mich die Charaktere nicht komplett überzeugen.

Der Schreibstil ist gewohnt bildhaft und flüssig. Er nimmt einen mit in den bitterkalten, entbehrungsreichen Winter 1945. Dem Leser ist nicht nur das zerbombte Münster präsent, sondern man spürt auch die klirrende Kälte und die Not der Menschen.
Was ich allerdings nicht wirklich gespürt habe, waren die Emotionen.

Anna, mit ihrer kühlen, distanzierten Art, war mir noch am nächsten, am authentischsten und sympathischsten. Ihre Tochter Charlotte, deren Schicksal ich durchaus nachfühlen konnte, ist auch im Alter noch immer kindisch verbockt und macht keine sichtbare Entwicklung durch. Mir hat sich Ihr Verhalten entzogen, diese Gefühlskälte und Ablehnung der Mutter, war für mich einfach nicht nachvollziehbar. Da haben mir tiefergreifende Erklärungen gefehlt. Die Mutter-Tochter Beziehung hätte definitiv mehr Tiefe gebraucht.
Jeremy wurde hingegen immer unsympathischer. Der Spion ohne Rückgrad, ein sehr schwacher Mensch. Schade, auch diesem Charakter hätte ein wenig mehr Tiefe nicht geschadet.

Der Vergleich mit "Vom Winde verweht" ist schon etwas weit hergeholt und weckt falsche Erwartungen. Während das Epos fast schon vor Romantik trieft, fehlt sie hier vollständig. Diese bittere, lebenslange Liebesgeschichte ist eher sachlich und distanziert.

Fazit: Eine Geschichte der deutschen Nachkriegszeit über Familie, Besatzungskinder, vaterlos aufwachsen und dem Verlust der großen Liebe. Es geht um grenzenloses Vertrauen und das Verhältnis von Mutter und Tochter. Eine tolle Geschichte, mit Charakteren, denen ich mir mehr Tiefe gewünscht hätte.
Aber auf jeden Fall lesenswert.

Veröffentlicht am 17.06.2018

Tolle Idee - leider etwas oberflächlich

Die Seele meiner Schwester
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Er machte eine Pause und schüttelte den Kopf. "Ich erkenne dich nicht wieder, Maddy, und das macht mir eine Scheißangst."

Die Zwillinge Ella und Maddy gleichen sich wie ein Ei dem anderen. Aber während ...

Er machte eine Pause und schüttelte den Kopf. "Ich erkenne dich nicht wieder, Maddy, und das macht mir eine Scheißangst."

Die Zwillinge Ella und Maddy gleichen sich wie ein Ei dem anderen. Aber während sie früher alles gemeinsam gemacht haben, hat sich die selbstbewusste und beliebte Maddy seit der Highschool neuen Leuten zugewandt und gehört jetzt zur coolen Clique rund um ihren Freund Alex.
Ella ist genau das Gegenteil ihrer Schwester: still, introvertiert und eine begnadete Zeichnerin. Als sie eines Nachts die völlig aufgelöste Maddy von einer Party abholt, geschieht ein Unfall, bei dem Maddy stirbt.
Im Krankenhaus kommt es zu einer folgenschweren Verwechselung. Ella lässt alle in dem Glauben sie sei Maddy und schlüpft in das Leben ihrer Schwester. Doch das birgt mehr Geheimnisse als Ella ahnt....

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Zwillingstausch, immer wieder ein interessantes und spannendes Thema. In diesem Fall, mit dem Tod eines der Mädchen, aber auch ein emotionales und dramatisches. Und genau da hat es für mich ein wenig gehakt, mir ist die Geschichte die so eine Thematik aufgreift, zu oberflächlich geblieben.

Der Schreibstil ist recht einfach und schlicht, dafür süffig. Ehe man sich versieht, ist man durch die 280 Seiten auch schon durch.
Ich kann gar nicht mal sagen, dass mir Ellas Geschichte nicht gefallen hat, im Gegenteil, ich habe sie sehr gerne gelesen, doch sie hat unheimlich viel Potential verschenkt.

Ich empfand es immer als einen ganz schmalen Grad. Die Charaktere waren schon gut ausgearbeitet - grade auch die beiden Jungs haben mir gefallen - doch es war immer knapp an der Grenze: sie haben überzeugt, es hätte aber gerne ein bisschen mehr Tiefe sein dürfen. So wurde es zwar emotional, aber auch distanziert und die einzelnen Personen werden mir leider nicht lange im Gedächtnis bleiben.

Großartig geschildert in ihrer Trauer waren hingegen die Eltern. Hier hat es gar nicht viel für die Gänsehautmomente gebraucht.

Ellas Trauer wird von dem Geheimnis ihrer Schwester ziemlich überlagert. Hier fehlte mir am meisten. Ja, man spürt ihre Trauer, aber das wirkliche Verhältnis zu ihrer Schwester, die Gedanken und Gefühle, das Verhältnis zu Alex usw. kamen mir etwas zu kurz. Mir ging das Verwechslungsspiel und alles drumherum auch zu leicht vonstatten. Insbesondere zum Schluss. Ella und Maddy sind 18, da sollte die eine oder andere Handlung schon Konsequenzen nach sich ziehen. Das war mir insgesamt etwas zu lasch und löste sich zu smooth auf.

Fazit: "Die Seele meiner Schwester" ist ein sehr ruhiger, durchaus emotionaler und lesenswerter Roman, allerdings mit Schwächen in der Umsetzung. Ich hätte mir nur etwas mehr Tiefe gewünscht.

Veröffentlicht am 22.04.2018

Was im Leben fehlt....

Die Schönheit der Nacht
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"Letztlich ist jedes Leben, wie es ist, und am Ende weiß man auch nicht, wie man ausgerechnet dahin gelangt ist", sagte Claire laut und konnte nichts dagegen tun, dass sich eine einzige Träne aus ihrem ...

"Letztlich ist jedes Leben, wie es ist, und am Ende weiß man auch nicht, wie man ausgerechnet dahin gelangt ist", sagte Claire laut und konnte nichts dagegen tun, dass sich eine einzige Träne aus ihrem Augenwinkel löste und die Wange hinabrann, leicht und schnell.

Claire und Gilles haben nach aussen hin alles: verheiratet, mit einem Sohn, sie Verhaltensbiologin, er Komponist und liebender Ehe- und Hausmann, das Haus geschmackvoll eingerichtet, zudem ein Ferienhaus am Meer.... und doch fehlt etwas.
Claire hat sich mehr und mehr zurückgezogen,ist wie versteinert und immer auf der Suche nach einem Gefühlskick, nach jemandem, der sie aufrüttelt. Und auch Gilles sucht Trost bei anderen Frauen.

Julie, die neue Freundin ihres Sohnes, ist zwar noch jung, doch auch sie hat das Gefühl, dass ihr etwas fehlt. Das ihr Feuer nicht leidenschaftlich genug brennt.

Bis alle zusammen den Sommer am Meer verbringen. Die beiden Frauen kommen sich näher und decken gegenseitig Gefühle und Geheimnisse auf, die sie doch so sorgfältig vor sich selber versteckt hatten...

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Sperrig!
Ich mag Nina George und ihren so aussagekräftigen, oftmals leicht poetischen Schreibstil. "Die Schönheit der Nacht" ist eine interessante Geschichte, die mich noch lange zum Nachdenken gebracht hat.

Und doch fiel es mir im Mittelteil sehr schwer dranzubleiben, den Schreibstil, auf den man sich einlassen muss, zu geniessen. Das lag eindeutig an den Charakteren.

Anfangs haben mir beide Frauen gefallen; die spröde, unterkühlte Claire, die man näher kennenlernen möchte, von der man einfach wissen will, warum sie so geworden ist und die angepasste Julie, die sogar ihr Talent zum Singen verleugnet, die nicht auffallen möchte, sich nicht traut etwas einzufordern, zu sagen was sie möchte. Eine absolut interessante Konstellation und viel Raum für Entwicklungen, auf die ich gespannt war.

Nur leider wurden mir im Laufe des Buches keine der Beiden wirklich sympathisch. Im Gegenteil, ich mochte Claire mit ihrer sehr Ich-bezogen rüberkommenden Art, der Kompromislossigkeit immer weniger. Ausserdem vermittelte sie mir unterschwellig immer das Gefühl, dass für sie Gilles einen großen Teil der Schuld für ihre Unzufriedenheit trägt.
Es gibt eine Art Feministin und Frauentyp, der mir nicht gefällt und den verkörpert Claire auf den Punkt. Kurzum, ich mochte sie nicht und das machte es schwer, mir die Botschaft, die dieses Buch in sich trägt, zu vermitteln.

Das hat erst der Schluss so wirklich geschafft, der, wie der Beginn, sehr überzeugend war und mich ein klein wenig mit den Figuren versöhnen konnte.
Ob genau so gewollt oder ein bisschen hingerutscht (ich glaube ersteres), die Männer, auch die am Rand, sind in diesem Roman ausnahmslos die, die einfach nur lieben!

Fazit: Ein Roman im typisch französischen, leicht melancholischen Stil und doch von einer deutschen Autorin. Ein Frauenroman, anspruchsvoll, mit einer unsympathischen Hauptfigur und einer jungen Frau, die ihren Weg im Leben sucht.
Nina George konnte mich diesmal nicht vollends mitreissen, schafft es aber trotzdem, dass mir die Geschichte lange nachhängt

Veröffentlicht am 06.04.2018

Es fehlt ein wenig an Leichtigkeit

Eine Liebe in Apulien
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Sie musste schnell eine sichere Lösung für alles finden, sonst würde die Angst sie noch zerfressen.

Viola war immer sehr gern bei ihrer Großmutter, auf dem recht abgelegenen Landgut in Apulien - nur leider ...

Sie musste schnell eine sichere Lösung für alles finden, sonst würde die Angst sie noch zerfressen.

Viola war immer sehr gern bei ihrer Großmutter, auf dem recht abgelegenen Landgut in Apulien - nur leider hat sie es in den letzten Jahren immer seltener geschafft. Jetzt ist Adele verstorben und hinterlässt ihr Land und Gut, aber auch den Auftrag, es wieder auf Vordermann zu bringen. Viola nimmt das Erbe an, nicht ahnend, was es mit sich bringt....

~ ~ ~ *

Ich habe mich total auf den Roman gefreut, ein wenig Italienflair, ein altes Haus in Apulien und eine romantische Liebesgeschichte. Naja, irgendwie war das auch alles vorhanden, aber -wie soll ich sagen- auf leicht altbackene Art und Weise. Dieser Schreibstil bremst die schöne Geschichte einfach aus und macht den Lesefluss auch etwas zäh. Vielleicht liegt es auch an der Übersetzung, ich weiss es nicht.

Fakt ist aber, Aneinanderreihungen wie: Sein Kuss war sanft und gierig, zärtlich und verzweifelt. "Er" hielt eine leidenschaftliche und fordernde Frau in den Armen, aber auch sanft, gebend und aufmerksam. - ergeben nicht automatisch Emotionen.

Der Anfang war wirklich gut, ich bin recht flüssig und voller Vorfreude gestartet und war total neugierig, welches Geheimnis auch vielleicht noch zum Vorschein kommt, doch zum Schluss hin fiel es mir immer schwerer in der Geschichte zu bleiben. Das lag zum einen an der Romanheftchen-artigen Liebesgeschichte, aber auch am klischeehaften und absolut unspannenden Handeln des Immobilienmaklers.

Ich habe auch keinen richtigen Zugang zu irgendeiner Person gefunden. Ihnen fehlt es an Charakter. Sie sind blass, flach und austauschbar. Da gibt es kaum Ecken, Kanten oder auch einfach mal liebenswerte Angewohnheiten. Sie waren so "weder noch" - weder sympathisch, noch unsympathisch - bis auf ein paar unsympathische Randfiguren. Absolut schade, die hatten so viel Potential.

Ich habe mich manchmal gefragt, welche Generation hier wohl die eigentliche Zielgruppe ist?

Fazit: Über ein bisschen altbacken hier und da, hätte ich hinweglesen können, aber alles zusammengenommen hat der Roman mich schon enttäuscht, es hätte so schön sein können.