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anushka

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.10.2016

Leider nicht ganz überzeugend

Schattwald
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Hamburg, 2014. Die 46-jährige Anne Südhausen erhält die Nachricht, dass ihre Großmutter aus Innsbruck verstorben ist. In den letzten Jahren hatte Anne keinen Kontakt mehr zu ihrer Großmutter, Obwohl Anne ...

Hamburg, 2014. Die 46-jährige Anne Südhausen erhält die Nachricht, dass ihre Großmutter aus Innsbruck verstorben ist. In den letzten Jahren hatte Anne keinen Kontakt mehr zu ihrer Großmutter, Obwohl Anne Großmutter Charlotte ihrem Schwiegersohn den Tod ihrer Tochter nie verziehen hat, hat sie doch bis zuletzt an ihre Enkelin gedacht und ihr etwas hinterlassen. Anne findet Charlottes Tagebücher, in denen diese von ihrem Aufenthalt im Sanatorium Schattwald im Jahr 1943 berichtet. Das war eine gefährliche Zeit für geistig Kranke. Und Anne ist nicht die einzige, die sich für die Tagebücher ihrer Großmutter interessiert.

Vielleicht hatte dieses Buch bei mir einfach ein wenig Pech, da ich direkt zuvor schon ein anderes Buch zur 2.-Weltkrieg-Thematik gelesen habe, das mich sehr begeistert hat. Umso stärker war der Kontrast zu "Schattwald". Das Verhalten der 46(!)-jährigen Protagonistin blieb mir oft fremd. Sie ist Chefredakteurin einer Frauenzeitschrift, wirkt aber oft nicht entsprechend qualifiziert oder durchdacht. Immer wieder berichtet sie selbst, dass ihr etwas oder jemand merkwürdig vorkommt, aber immer wieder ignoriert sie die Warnsignale, obwohl dem Leser klar ist, worauf es hinausläuft. Ideen brauchen lange, bis sie reifen. Beispielsweise ergibt sich eine Situation, in der Anne auf dem Rückweg von irgendwo in einer Hütte nachschauen könnte. Das wird aus einem Telefonat deutlich. Diese Idee kommt ihr jedoch erst, als ihr das jemand explizit sagt und dann wird die Logik im Text auch noch einmal extra erklärt. Mich hat Annes Verhalten immer wieder frustriert. Auch die historische Handlung fand ich ein wenig dünn. Das Buch befasst sich mit einem sehr dunklen Kapitel der Nazi-Geschichte, das vielleicht auch nicht allen so geläufig ist. Leider kommt es hier irgendwie harmlos herüber, die gesamtgesellschaftliche Dimension war für mich nicht spürbar. Zudem war mir die Geschichte im Sanatorium etwas zu soapmäßig. Charlotte als Psychiatriepatientin wird nach kürzester Zeit in die Machenschaften und Geheimnisse der Belegschaft eingeweiht. Die Handvoll anderer Patienten, die man kennenlernt, sind alle nicht, was sie zunächst scheinen. Und wirklich emotional erreicht hat mich auch keine der Figuren. Alle blieben mir ein wenig zu holzschnitthaft oder unverständlich (wie Anne).

Insgesamt konnte mich dieses Buch leider nicht ganz überzeugen, obwohl ich mir davon einiges versprochen hatte.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Übertriebene Handlung zu Lasten der Glaubwürdigkeit

Those Girls – Was dich nicht tötet
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Littlefield, Kanada, 1997: Die Schwestern Dani, Courtney und Jess sind 17, 16 und 14 Jahre alt und die meiste Zeit auf sich allein gestellt. Die Mutter ist tot und der Vater viel unterwegs, um zu arbeiten. ...

Littlefield, Kanada, 1997: Die Schwestern Dani, Courtney und Jess sind 17, 16 und 14 Jahre alt und die meiste Zeit auf sich allein gestellt. Die Mutter ist tot und der Vater viel unterwegs, um zu arbeiten. Wenn er dann mal zuhause ist, ist er oft betrunken und misshandelt seine Töchter. Als die Situation eskaliert, müssen die drei Mädchen fliehen. In Cash Creek bleibt ihr Wagen liegen und sie machen die verhängnisvolle Bekanntschaft mit zwei jungen Männern, die in einem Albtraum endet.

Der Thriller "Those Girls - Was dich nicht tötet" erinnert mich an altbekannte Muster und amerikanische Thriller aus den 1990er Jahren. Die Handlung beginnt zunächst 1997, wird nach einem Perspektivenwechsel jedoch 2015 fortgesetzt. Die Atmosphäre ist bedrückend und im ländlichen Kanada ziemlich trostlos. Die drei Mädchen sind selbst keine Unschuldsengel, sondern rauchen, trinken Bier und Courtney hat zahlreiche wechselnde Männerbekanntschaften. Leider sind sie andererseits recht blauäugig und geraten so von einem Sadisten an die nächsten. Da dies schon relativ früh passiert, fragt man sich, was eigentlich auf den restlichen 300 Seiten passieren soll. Ein Teil davon ist leider mit Wiederholungen gefüllt. Der bereits erwähnte Perspektivenwechsel bremst zum einen erst einmal die Handlung aus und da er aus Sicht einer Uneingeweihten erzählt wird, muss diese zunächst herausfinden, was der Leser bereits auf den ersten 200 Seiten erfahren hat. Dabei gibt es aber keinerlei neue Erkenntnisse. Leider ist die Handlung für mich auch recht unrealistisch, denn wie wahrscheinlich ist es, dass jemand zweimal in die gleiche Situation bekommt oder sich sogar blauäugig hineinbegibt? Die Handlung war mir generell zu übertrieben und an keiner Stelle subtil oder raffiniert gewoben, sondern sehr direkt und einfach.
Die gewalthaltigen Szenen waren schon ziemlich hart, aber zum Glück nicht im Detail ausgewalzt. Was mir allerdings zu den bisherigen Kritikpunkten noch negativ aufstieß, war, wie schnell auch die Protagonistinnen für die Lösung ihrer Probleme zur Waffe greifen. Insgesamt scheint in diesem Buch nur Gewalt Probleme zu lösen.

Für mich war dies das erste Buch der Autorin. Es war zwar überwiegend kurzweilig für zwischendurch, aber auch nicht durchweg fesselnd oder 100%ig überzeugend. Mir war die Handlung insgesamt einfach zu übertrieben. Dieses Buch konnte mich noch nicht restlos davon überzeugen, zu einem weiteren Buch der Autorin zu greifen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Interessanter historischer Hintergrund, leider nur "solide" Krimihandlung

Der Nordseespuk
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Peter Söt, der Schreiber des jungen Anwalts Theodor Storm, ist allein und betrunken, als er im Schlick einen goldenen Kelch entdeckt. Als er endlich im Flussbett ankommt, liegt dort aber statt des Kelches ...

Peter Söt, der Schreiber des jungen Anwalts Theodor Storm, ist allein und betrunken, als er im Schlick einen goldenen Kelch entdeckt. Als er endlich im Flussbett ankommt, liegt dort aber statt des Kelches eine Leiche. Schnell avanciert Söt zum Hauptverdächtigen und sein Chef Theodor Storm macht es sich zusammen mit seiner Cousine Constanze zur Aufgabe, Söt zu entlasten. Dabei kommt ans Licht, dass in Husum eine Sekte im Verborgenen agiert, die den Lehren der Jungfrau Antoinette folgt. Im Umfeld dieser Sekte soll es nicht bei der einen Leiche bleiben ...

"Der Nordseespuk" ist ein bodenständiger, solider Krimi mit einer sehr interessanten historischen Handlung. Es ist mein erstes Buch des Autors und dieser Reihe und vielleicht fehlt mir da einfach etwas Vorwissen über die Figuren, denn für mich kam Theodor Storm nicht sonderlich gut zur Geltung. Der tatsächlich Protagonist, der die Geschichte auch aus seiner Ich-Perspektive erzählt, ist Storms junger Schreiber Söt. Storm und er scheinen sich allerdings nicht sehr nahe zu stehen, denn Storm behandelt ihn relativ väterlich und distanziert und kann zunächst ob des schnell herannahenden Weihnachtsfestes nicht so richtig die Motivation aufbringen, Ermittlungen zu starten, die seinen Schreiber entlasten könnten. Auch insgesamt wird viel dem Weihnachtsfest untergeordnet, immer mit der Begründung "Aber jetzt ist erstmal Weihnachten" oder "Doch sicherlich nicht über Weihnachten". Egal, dass da zwei Tote aufgetaucht sind und noch eine Person vermisst wird. Das hat mich etwas irritiert.
Auch die Krimihandlung ist zwar nicht uninteressant, aber auch nicht sonderlich originell und lebt sehr vom Zufall und der Gesprächsbereitschaft von Zeugen. Viele Ermittlungen finden nicht statt, aber gerade darauf hatte ich mich gefreut, denn hier lag viel Potential in einer Zeit lange vor DNA-Tests und Computersimulationen. Insgesamt ist es eine Handlung, die man in Krimis immer wieder findet, auch was die Wendung am Ende betrifft. Trotzdem war das Buch durchaus spannend. An manchen Stellen hatte man beim Lesen allerdings das Gefühl, etwas verpasst zu haben, weil es zu schnell ging oder Dinge zu oberflächlich behandelt oder nur angerissen wurden, sodass man das Ergebnis nicht ganz nachvollziehen konnte.
Packen konnte mich dagegen der historische Hintergrund. Neben der sowieso schon historischen Kulisse von Husum im 19. Jahrhundert reichte die Handlung noch einmal 170 Jahre zurück ins 17. Jahrhundert und nahm Bezug auf eine religiöse Gruppierung um die Jungfrau Antoinette, die es wirklich gegeben hat. Das Buch ist durchsetzt mit "Auszügen" aus Antoinettes (fiktiven) Memoiren und gibt hier einen weiteren historischen Einblick und interessanten Aspekt. Diesen Teil der Handlung und Geschichte fand ich gut gelungen.

Zusammenfassend waren mir die Krimihandlung bzw. die Ermittlungen Storms nicht ausgereift genug und vom angepriesenen Theodor Storm hat man wenig mitbekommen. Die Handlung um die Figuren wurde eher von seiner erfrischenden Cousine getragen. Der Krimiteil konnte mich nicht ganz überzeugen. Hingegen hat mir der historische Anteil (sowohl die historische Atmosphäre in Husum als auch der Bezug zur Sekte) gut gefallen. Ich komme damit zu einer Bewertung von 3,5 Sternen (3 für den Krimi, 4 für den historischen Teil).

Veröffentlicht am 15.09.2016

Kein schönes Buch

Schöne Seelen
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Oskar Canow wird von einem Freund gebeten, an seiner Stelle die Therapie zu besuchen, die dessen Frau ihm zur Eherettung verordnet hat. Oskar ist Schriftsteller und Teil der oberen "Zehntausend" Zürichs. ...

Oskar Canow wird von einem Freund gebeten, an seiner Stelle die Therapie zu besuchen, die dessen Frau ihm zur Eherettung verordnet hat. Oskar ist Schriftsteller und Teil der oberen "Zehntausend" Zürichs. Einen Großteil seiner Zeit verbringt er scheinbar mit der zynischen Analyse seines schwerreichen Milieus.

Als ich dieses Buch beendet hatte, habe ich erleichtert durchgeatmet. Es war ein hartes Stück Lesearbeit. Gespickt ist das Buch sicherlich mit vielen literarischen Perlen, Gedanken und Erkenntnissen, aber in der hier dargebotenen geballten Ladung sowie dem wirklich sehr zynischen und affektierten Schreibstil war es über mehr als 300 Seiten doch immer wieder anstrengend. Dann gab es immer wieder aber auch Lichtblicke und kleine amüsante Momente, leider gibt es aber kaum eine übergeordnete stringente Handlung, die sich weiterentwickelt, fortbewegt und Spannung aufbaut. Im einzigen, potentiell spannenden Moment wird genau diese Spannung wieder durch langatmige Betrachtungen zunichte gemacht. Ich weiß nicht, ob es Selbstironie sein sollte oder einfach nur bezeichnend für den Roman ist, aber nicht einmal die Figuren verstanden sich gegenseitig.

Dieses Buch ist definitiv nicht für die breite Masse ausgelegt, sondern sucht seine Leser wohl eher in verschiedenen Nischen, was ich nicht abwertend meine, sondern was für mich erklärt, warum das Buch so viele negative Bewertungen erhält (leider auch von mir), wenn man es mittels Leseexemplaren unter die breite Lesermasse streut. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass es Leser_innen gibt, die dieses Buch und seinen Stil genießen können. Für mich bleibt aber festzuhalten, dass ich vielleicht nicht der Typ für derartige schöngeistige Literatur bin, wobei ich bei dem "geistig" noch zustimmen würde, bei "schön" allerdings eher weniger.

Ich fragte mich die meiste Zeit: Ist das wirklich die Realität oder ist der Zynismus maßlos übertrieben? Blicken "die oberen Zehntausend" wirklich so auf die Welt oder soll das lediglich ein Stilmittel sein? Jedenfalls wirken viele zwischenmenschliche Betrachtungen maßlos herablassend, wenn nicht teilweise sogar menschenverachtend. Ich habe noch nie ein derart zynisches und snobistisches Buch gelesen und konnte ihm auch nur selten einen gewissen Unterhaltungswert oder eine Botschaft abgewinnen.