Sprachlich hui, inhaltlich leider pfui
Taormina, Sizilien. Zwei Familien im Urlaub zum Ausklang des Sommers, der letzte Tag in diesem Buch wird der 1. November sein.
Da sind Anna und Jo, Anna ist 43, und die gemeinsamen Kinder Judith, fast ...
Taormina, Sizilien. Zwei Familien im Urlaub zum Ausklang des Sommers, der letzte Tag in diesem Buch wird der 1. November sein.
Da sind Anna und Jo, Anna ist 43, und die gemeinsamen Kinder Judith, fast 11, sowie Bruno, 5.
Dann sind da Alexander und Zoe, ein Paar mit großem Altersunterschied, sowie Alexanders Sohn Florian, im Alter eher nahe an Zoe, er ist aus Alexanders erster Ehe. Alle kommen mit Erwartungen auf die Insel: Für Anna und Jo war Sizilien der Ort ihrer Flitterwochen. Zoe ist schwanger und Alexanders Beziehung zu Florian ist problematisch.
Der Klappentext verspricht hier leider zu viel, auch die Leseprobe hatte mich sprachlich in die Irre geführt. Die Sprache im Buch ist schön, die Bilder sind teils sehr treffend. Die Handlung ist leider trivial, fast alle Charakter fand ich nervig (ich muss Charaktere nicht mögen oder mich mit ihnen identifizieren können, aber nervig??). Judith ist frühreif, launisch, verzogen und eher auf ihren Vater fixiert. Anna ist unzufrieden, weiß aber auch nicht so recht, weshalb. Das Geld ist klamm, an Jos Arbeitsplatz herrscht Unsicherheit, die „nachgebauten Flitterwochen“ kranken daran, dass die Unterkunft eher eine gammelige Absteige ist statt des damaligen Luxushotels, das im Moment unerschwinglich ist. Mehr Job will Anna trotz der prekären Lage aber auch nicht, dafür bekommt auch Jo den Mund nicht auf. Eine gemeinsame Urlaubsplanung funktioniert eher nicht, Planung sowieso nicht, da fast ausschließlich die Kinder bestimmen, aus dem Impuls heraus, als Paar läuft ohnehin eher nichts. Jo blieb für mich blass.
Alexander, Florian und Zoe lügt jeweils alle anderen an oder verschweigen etwas. Alexander ist der Erfolgstyp mit „Trophy Wife“ in der Lebenskrise, der trotzdem nur Ansprüche stellt, aber menschlich versagt, während Florian von Beruf Sohn ist. Seltsam – irgendwie mochte ich in diesem Buch nur den fünfjährigen Sohn und den Arroganzling Alexander, immerhin war er in sich schlüssig.
Irgendwann treffen die Gruppen aufeinander. Es kommt zu – was? Hineinprojizieren von Erwartungen, die ohnehin nie erfüllbar waren? Ein Rückfall in infantile Zustände, auf den Boden werfen, mit den Fäusten trommeln, ich will ich will? So in etwa. Dazu Drama und Verkettung wie bei Rosamunde Pilcher. Was die Autorin sprachlich gut hinbekommen hat: über meine generelle Unzufriedenheit mit dem Inhalt hinaus vermittelt sie eine Stimmung von Frust, Ernüchterung, Plan- und Ziellosigkeit versus „Plan-Übererfüllung“ (für mich nur eine andere Form der Planlosigkeit, das Vollstopfen das Tags mit Zielen, um die Leer zu überdecken). Ich habe danach nach einem Buch gegriffen aus dem Bestand, von dem ich mir absolut sicher war, es zu genießen.
Warum nur lockte die Autorin mit so schönen Sätzen? „So hatte sie sich als junge Frau die Zukunft mit Kindern vorgestellt. Sie hatte mittendrin sein wollen, die Helden- und Hauptrolle spielen in dieser Art von Theater. Sie hatte auf der Mitte dieses Seils tanzen wollen, dort, wo man am sichersten stand.
Aber nun bewegte sie sich unaufhaltsam fort von diesem Schwerpunkt. Gut möglich, dass mehr Lebensjahre hinter ihr lagen als vor ihr.“ S. 113 - der Satz ist fast beliebig, charakterisiert es aber gut. Jammern, wo bitte ist der Strick. Es hätte so ein schönes Buch sein können über Lebenskrisen und Neuanfänge, da muss gar kein Happy End sein.
Schöne Sprache, schöne Landschaftsbeschreibungen. Vorhersehbar, nervig, trivial, ernüchternd, frustrierend.