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Veröffentlicht am 29.04.2018

Krass ungeschönt, klug verworren und clever konstruiert!

Gone Girl - Das perfekte Opfer
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Allgemeines:

Titel: Gone Girl - Das perfekte Opfer
Autor: Gillian Flynn
Genre: Thriller
Verlag: FISCHER (24. Juli 2014)
ISBN-10: 3596188784
ISBN-13: 978-3596188789
ASIN: B00C2J1US8
Originaltitel: Gone ...

Allgemeines:

Titel: Gone Girl - Das perfekte Opfer
Autor: Gillian Flynn
Genre: Thriller
Verlag: FISCHER (24. Juli 2014)
ISBN-10: 3596188784
ISBN-13: 978-3596188789
ASIN: B00C2J1US8
Originaltitel: Gone Girl
Seitenzahl: 592 Seiten
Preis: 16,99€ (Taschenbuch)
19,99€ (gebundene Ausgabe)
9,99€ (Kindle-Edition)



Inhalt:

„Was denkst du gerade, Amy?” Diese Frage habe ich ihr oft während unserer Ehe gestellt. Ich glaube, das fragt man sich immer wieder: Was denkst du? Wer bist du? Wie gut kennt man eigentlich den Menschen, den man liebt? "


Genau diese Fragen stellt sich Nick Dunne am Morgen seines fünften Hochzeitstages, dem Morgen, an dem seine Frau Amy spurlos verschwindet. Die Polizei verdächtigt sogleich Nick. Amys Freunde berichten, dass sie Angst vor ihm hatte. Er schwört, dass das nicht wahr ist. Dann erhält er sonderbare Anrufe. Was geschah mit Nicks wunderbarer Frau Amy?


Bewertung:

Erster Satz: "Wenn ich an meine Frau denke, fällt mir immer ihr Kopf ein."

Schon der erste Satz des wohl meist gehyptesten Thriller der letzten 5 Jahre wirkt grotesk und subtil gruselig. Und genau diese zwei Adjektive haben mich die letzten 2 Wochen begleitet. So lange habe ich nämlich gebraucht, um diesen Hochkaräter endlich durch zu haben. Das lag vielleicht auch an meiner wenigen Zeit, der vielen Arbeit und meinem Stress, aber in erster Linie lag es wohl an dem absolut kranken und verstörenden Inhalt der Geschichte. Ich will gar nicht abstreiten, dass das Buch trotzdem eine dunkle Anziehungskraft ausströmt und sich gerade gegen Ende als geniales Meisterwerk entpuppt, dennoch ist es nichts, was man unter einer leichten Lektüre verstehen würde: sehr psychologisch, verstörend und schlau.

Schon das Cover hat eine geheimnisvolle Wirkung auf mich gehabt. Meine Ausgabe ist einheitlich schwarz (die neuere ist dunkelblau), was sich herrlich mit dem grellen, lachsfarbenen Titel beißt, der in großen Lettern in der Mitte des Covers thront. Die Wirkung des Covers machen jedoch die weißen Fasern aus, die scheinbar willkürlich ins Bild hineinragen und sehr an helle Haare erinnern, ohne genau sagen zu können, was es wirklich darstellt. Ohne ein genaueres Motiv zu haben, kommt hier also das Gefühl von einer Abwesenheit auf, als wäre die Person, denen die Haare gehören gerade aus dem Bildausschnitt gerannt. Eine passende Assoziation, wie ich finde. Etwas seltsam finde ich dagegen die Unterteilung der Geschichte in drei unregelmäßig große Teile mit rätselhaften Namen.

Unter der Überschrift "Junge verliert Mädchen" aus der Sicht von Nick Dunne am "Tag als,...", wie es in der Kapitelüberschrift immer so schön heißt, beginnt die Geschichte. Zuerst erscheint der Alltag des etwas emotional distanzierten Ehepaares ganz normal und durch Tagebucheinträge aus der Sicht Amy Dunnes wird mit der süßen Vorgeschichte eines schönen und erfolgreichen Journalistenehepaares in New York ein normales Durchschnittsleben suggeriert. Als dann aber Amy aus scheinbar heiterem Leben verschwindet und eine Menge rätselhafte Hinweise auf Nick als Täter hindeuten, müssen sowohl die Ermittler als auch Nick das Eheleben umkrempeln um herauszufinden, was wirklich passiert ist. Während zu Beginn Nick als komplett unfähig einen Mord begangen zu haben dasteht, kommen im mittleren Teil der Geschichte durch Amys fortschreitende Tagebucheinträge immer mehr erschreckende Details über die letzten Jahre der Ehe ans Licht. Von beiden Seiten, von Amy durch ihre Tagebucheinträge und aus Nicks Perspektive nach ihrem Verschwinden dürfen miterleben, wie Liebe langsam in Genervt-Sein, Ekel, Abscheu und schließlich Hass umschlagen kann, wenn man sich besser kennt als jeden anderen Menschen auf der Welt. Das zuvor gemäßigte Bild eines glücklichen Paares bekommt Risse und bricht dann gnadenlos auseinander - die Story, die zuvor langsam vor sich hin geplätschert war und sich viel Zeit für eine langatmige Einleitung und ausführliche Beschreibungen der Charaktere genommen hat - wird zu einem rabenschwarzen und bitterbösen Beziehungs-Thriller.


"Könnt ihr euch vorstellen, wie es ist, wenn man seinem Partner, seinem Seelenpartner endlich sein wahres Selbst zeigt, und er kann es nicht leiden? So nahm der Hass seinen Anfang"


Durch die verschiedenen zeitlichen und personellen Perspektiven bekommt die sonst so statische Geschichte, die sich bloß mit dem zeitlichen Rahmen von etwa einem Monat nach Amys Verschwinden befasst, die nötige Dynamik. Mit jedem Tagebucheintrag kommen neue Dinge über die fünf Jahre Ehe ans Licht und unser Verständnis für Amy und unsere Zweifel bezüglich Nicks Ehrlichkeit wachsen. Doch so einfach macht es uns die Autorin nicht. Mit vielen krassen 360 Grad Wendungen zerstört sie immer wieder das Bild, das wir uns von den Protagonisten gemacht hat und enthüllt ganze Textteile als weiteren strategischen Zug in dem Spiel zwischen Amy und Nick, das mit den Gefühlen der Leser genau wie mit den Ermittlern spielt, auf die voreingenommene öffentliche Meinung setzt und keinen geringeren Einsatz als ihr jeweiliges Leben hat. Schnell findet man sich mitten in einer einzigen Verwirrung aus Wahrheit und Lüge wieder, bei der Liebe und Hass genauso eng zusammen liegen wie Berechnung und Zufall, wie Schuld und Unschuld...

Einen besonderen Touch erhält diese originelle Achterbahnfahrt der getäuschten Erwartungen und Gefühle durch den wundervollen Schreibstil von Gillian Flynn. Ich habe noch nie ein Buch gelesen, dass so viele eiskalte Enthüllung menschlicher Eigenarten enthält und durch präzise Beobachtungen verschiedene Verhaltensmuster aufdeckt, unter denen man sich selbst von Zeit zu Zeit wiedererkennt. So wird das Ehepaar, dass sich auf perfide Weise das Leben zur Hölle macht zum Beispiel für ein typisches Spiel um Macht und die vielen kleinen Kämpfe ein übersteigertes Abbild dessen, was wir uns jeden Tag mit unseren Mitmenschen liefern: ein Mix aus Undankbarkeit, Gönnerhaftigkeit, dem Traum vom "weißen Ritter" und der Projektion von Selbstverachtung. Die Art und Weise, wie Gillian Flynn hier menschliche Abgründe präsentiert und ungeschönt berichtet, was Menschen sich gegenseitig antun können, ist wirklich einzigartig und verblüffend klug.

Dabei werden wirklich interessante Fragen gestellt. Neben der altbekannten Problematik um die wirkliche Bedeutung von Liebe werden auch Persönlichkeitsstörungen angezeichnet und die Frage gestellt, wie natürlich der Wechsel unserer Rollen ist und ob wir nicht alle gelegentlich ohne es zu bemerken andere Rollen einnehmen, um etwas zu bekommen, was wir wollen, nur um langsam daran zugrunde zu gehen. Besonders interessant sind hier natürlich die Charaktere. Die beiden Protagonisten Amy und Nick und ihre Beziehung zueinander sind natürlich das Kernstück der Geschichte. Beide haben auf verschiedene Weise in ihrer Kindheit nicht das erfahren können, was sie gebraucht hätten und sind so zu sozial inkompetenten Personen geworden, die im Laufe der Geschichte unterschiedlich viel Schuld auf sich laden. Und gerade weil die beiden es nicht darauf anlegen, die Sympathie des Lesers zu ergattern, wirken sie so echt, so authentisch und so krass realistisch! Obwohl Nick eigentlich der Haupterzähler ist, liegt der Schwerpunkt doch auf dem "Gone Girl", auf Amy.

Während Nick von der lieblosen Beziehung zu seinem misogynen Vater geprägt wurde und dadurch zu einem unsicheren Jungen mit dem krankhaften, allen anderen zu gefallen und jeder Konfrontation auszuweichen geworden ist, hatte Amy eine weitaus bessere Beziehung zu ihren Eltern. Als letzter und schließlich geglückter Versuch nach etlichen Fehlgeburten ein Kind zu bekommen, steht sie unter dem Druck, immer perfekt zu sein. Dazu kommt dass Rand und Marybeth Elliott, nach Jahrzehnten der Ehe immer noch verliebt, eine gemeinsame Buchreihe namens "Amazing Amy" herausgebracht haben, deren Hauptperson ein übermenschlich perfektes Mädchen ist, das stets die richtigen Entscheidungen trifft und mit allem fertig wird, was das Leben so liefert. Kein Wunder dass Amy Elliott Dunne zur fleischgewordenen Amazing Amy erzogen wird und das elterliche Projekt in der Wirklichkeit abzubilden versucht, ohne jemals eine eigene Persönlichkeit finden zu können. So kommt es, dass sie krankhaft in verschiedene Rollen schlüpft und versucht, um jeden Preis die liebenswürdige und perfekte "Amazing" Amy zu sein, auch wenn sie dadurch narzisstische, autoritäre und psychopathische Züge annimmt.

"Haben Sie ihre Frau getötet, Nick?"

Tja, das könnt ihr nur herausfinden, wenn ihr das Buch lest. Vor allem wegen des grandiosen Finales lohnt sich die Lektüre auf jeden Fall! "Gone Girl" war sicherlich nicht das letzte Buch von Gillian Flynn, dass bei mir eingezogen ist.


Fazit:

Krass ungeschönt, klug verworren und clever konstruiert: ein geniales Meisterwerk von einem rabenschwarzen und bitterbösen Beziehungs-Thriller.

Veröffentlicht am 13.03.2018

Eine magische Geschichte über die schicksalshaften Folgen eines Sommers.

Das Haus am Sunset Lake
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Allgemeines:

Titel: Das Haus am Sunset Lake
Autor: Tasmina Perry
Verlag: Blanvalet Verlag (16. Juli 2018)
Genre: Roman
ISBN-10: 3734105064
ISBN-13: 978-3734105067
ASIN: B077BWZQCT
Originaltitel: The ...

Allgemeines:

Titel: Das Haus am Sunset Lake
Autor: Tasmina Perry
Verlag: Blanvalet Verlag (16. Juli 2018)
Genre: Roman
ISBN-10: 3734105064
ISBN-13: 978-3734105067
ASIN: B077BWZQCT
Originaltitel: The House on Sunset Lake
Seitenzahl: 416 Seiten
Preis: 9,99€ (Taschenbuch)
8,99€ (Kindle-Edition)



Inhalt:

"Ob er wohl auch über den See blickte, die Lichter der Party betrachtete, und so traurig und voller Bedauern war wie sie? Sie bezweifelte es. Jim Johnsons Herz war ungestüm und leidenschaftlich - das gehörte zu den Dingen, die sich am meisten an ihm mochte. Wenn ihm etwas wichtig war, dann setzte er sich ganz und gar dafür ein."

Savannah 1995: Ein herrlicher Sommer liegt vor Jennifer Wyatt, als sie mit dem Collegeabschluss in der Tasche nach Casa D'Or zurückkehrt – der verwunschenen Südstaatenplantage am Sunset Lake, die seit Generationen im Besitz ihrer Familie ist. Zwanzig Jahre später ist Casa D’Or verlassen, und Jennifer hat die Tür zu ihrer Vergangenheit fest verschlossen. Zu schmerzlich sind die Erinnerungen an jenen letzten Sommer. Doch dann tritt plötzlich Jim wieder in ihr Leben – der Mann, dem sie damals ihr Herz schenkte. Das Wiedersehen wühlt alte Erinnerungen auf und enthüllt die dunklen Geheimnisse, die das Haus seit jenem tragischen Sommer birgt …


Bewertung:


Der Blanvalet Verlag hat zusammen mit der Brigitte und der Flow letztes Jahr die Hello Sunshine Kampagne ins Leben gerufen, bei denen Blogger die Chance bekommen, ihre Rezensionen zu ausgewählten Sommerlektüren in einer der Zeitschriften zu veröffentlichen. Ich habe da natürlich gerne mitgemacht und mir "Das Haus am Sunset Lake" ausgesucht, welches ich euch nun vorstellen möchte.

Schon das Cover entführt mit der sommerlichen, magischen Ausstrahlung in das subtropische Savannah in Georgia. Mit dem großen, schimmernden See, der von einigen Nebelfetzen umwölkt das Zentrum des Covers ziert und der steilen, bewachsenen Uferböschung inklusive Holzsteg, wird die warme, verträumte Atmosphäre des Settings sehr treffen angerissen. Auch der kleine Umriss einer Frau im legeren Sommerkleid passt gut ins Bild und soll vermutlich Jennifer Wyatt darstellen. Der Titel, der in unaufdringlichem Weiß die Mitte des Bildes einnimmt, passt zwar gut, klingt meiner Meinung nach für diese wunderbare Geschichte ein wenig unspektakulär. Etwas mit mehr Seele wie zum Beispiel "Casa D´Or", hätte mir wahrscheinlich mehr zugesagt. Nichtsdestotrotz ein ansprechendes und atmosphärisches Titelbild, das super in die Story einstimmt.

Erster Satz: "Wer jemals einen Sommer in der Casa D´Or verbracht hat, wird ihn nie vergessen, die Erinnerungen bleiben für immer lebendig."

So beginnt die Geschichte mit einem kurzen Prolog: eine nicht genauer definierte Person reißt die besonderen Erlebnisse des Sommers 1995 an, nur um uns dann auf 20 Jahre später zu vertrösten. Schon in den ersten Zeilen wird klar, dass dieser Sommer alle Beteiligten für immer verändert hat und unsere Aufgabe als Leser ist es auf den kommenden 416 Seiten, die Erzählung aus der Gegenwart 2015 mit den kurzen Rückblenden aus jenem vergangenen Sommer zu einem einheitlichen Bild zu verweben und somit die vergangenen Geschehnisse zu rekonstruieren. Anders als der Klapptext es vermuten lässt, tauchen wir dazu zuerst in das Leben des Immobilienmaklers Jim Johnson ein. Mit fast 40 ist der gutaussehende Mann zwar nicht alleine, weil er jedoch immer noch seiner Jugendliebe hinterhertrauert, ist er in erste Linie mit seiner Arbeit verheiratet. Wie der Zufall es will, bringt ihn seine Arbeit für die Hotelkette Omari wieder genau an den Ort, an dem alles angefangen hat: die Casa D´Or im Süden der USA. An diesem ganz besonderen Ort lernte er die reiche Jennifer kennen, die aber aufgrund des Milieuunterschieds, der begrenzten Zeit und ihres Freundes Connors unerreichbar für ihn scheint. Was im Laufe der Monate in Savannah zwischen den beiden passierte, bleibt erstmal unklar. Doch als Jim Jennifer nach all den Jahren wieder trifft, kommt die scheinbar verarbeitete Geschichte wieder hoch und die beiden scheinen eine neue Chance zu bekommen...


"Im Laufe der Jahre habe ich meinen mit dem Frieden geschlossen, was geschehen ist. Was dich und mich angeht, so hatten wir einen perfekten Sommer, eine perfekte Liebesgeschichte, die in der Zeit stehengeblieben ist. Denn wenn du nicht aus Savannah abgereist wärst, wenn wir zusammengeblieben wären, wären wir genau wie all die Paare im Domina geworden, die einander nichts mehr zu sagen haben und sich nur über das köstliche Essen unterhalten. So wie es ist, waren und werden wir immer unglaublich sein."


Auch wenn diese Geschichte wohl mehr Wohlfühlroman ist, als tiefgründiges Drama, konnte die mal herzerwärmend schöne, mal frustrierend tragische Geschichte einiges an Spannung aufbauen. Gerade dadurch, dass die Erzählweise nicht stringent und chronologisch ist, ist Platz für Wendungen, falsche Annahmen und Spekulationen. Gerade wenn geklärt scheint, was sich ereignet hat, kommt eine weitere Intrige ans Licht, weitere Charaktere werden bloßgestellt und verletzende Enthüllungen werfen die Handlung in der Gegenwart wieder zurück. So wird auf sehr sensible Art und Weise eine Grundspannung aufgebaut. Dadurch, dass Jennifer in der Vergangenheit aus ihrer Perspektive erzählen darf, während wir die Erlebnisse der Gegenwart aus Jims Sicht dargestellt bekommen, ist die Identifikation mit den Charakteren nicht besonders schwer und die vielen Gefühle, die immer wieder hochkochen, machen die Geschichte zu einem intensiven Leseerlebnis.


"Mit Schindeln gedeckte Häuser standen hinter Palmen, Palisadenzäunen und weiten Rasenflächen. Und als die Straße ein Sumpfgebiet kreuzte, bewunderte Jim die lebendigen Farben, die Seebinsen und die scharfen Schatten der Limonen, die sich vor dem karibisch blauen Himmel abzeichneten. (...) Die Casa D´Or war bloß ein Haus, eine Ansammlung aus Holz, Stein und Schiefer, doch es warf einen so langen Schatten auf sein Leben, dass es ihm übernatürlich vorkam..."


Das wahre Herzstück des Buches ist jedoch die verwunschene Atmosphäre, die über dem Sommer 1995 liegt und eng mit dem spannenden Setting verbunden ist. Wie schon erwähnt entführt der Roman den Leser ins entfernte Savannah, welches mit der historischen Altstadt, ihren begrünten Plätzen, den vielen restaurierten Häusern aus der Kolonialzeit und der wunderbaren Natur als eine der schönsten Städte der USA gilt. Spätestens seit Filmen wie "Forrest Gump" oder "Vom Winde verweht" haftet dieser Region in den Köpfen von Lesern einen Hauch von Romantik an, auch wenn das eigentlich gegen die dunklen Seiten der Region spricht: der skrupellose Sklavenhandel in der Baumwollhochburg, der Sezessionskrieg, das blutige Ende des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges - der malerische Touch Savannahs weiß geschickt über das viele Blut hinwegzutäuschen, da hier schon vergossen wurde. Durch den bodenständigen aber präzisen Schreibstil Tasmina Perrys wird genau diese Stadt hier lebendige Kulisse einer tragischen Geschichte. Durch passend gewählte Beschreibungen der Landschaft kommt das südliche Flair der Casa D´Or gut zur Geltung und man kann die prickelnde Verheißung des Sommers spüren, während man mit Jim und Jen durch endlose Eichenalleen mit spinnwebenartigem Dschungelmoos läuft, einen der historischen Friedhöfe besucht, Gatsby-Partys im historischen "Haus aus Gold" feiert oder sich einfach nur vom Charme des Sonnenaufgangs bezaubern lässt.


"Ich spüre ein Gewitter nahen, über dem See ziehen dunkle Wolken auf. In deinem Zimmer brennt noch Licht - ich sehe es auf der anderen Seite des Wassers funkeln, und wenn ich die Augen zusammenkneife, kann ich deine Umrisse erkennen, die mich mit ihren verbotenen Verheißungen locken. Ich will dich sehen, bevor der Regen kommt."


Das zweite Standbein der Storyline sind die Charaktere. Auch wenn es neben Jim und Jennifer noch eine ganze Menge an facettenreichen Nebencharakteren gibt, die mal mehr und mal wenig genau charakterisiert werden, sind die zwei unanfechtbar die Protagonisten. Abwechselnd erzählen sie von Gefühlen, die zwar 20 Jahre auseinanderliegen und immer wieder von unterschiedlichen Zufällen unterbrochen werden, jedoch im Grunde unangetastet bleiben. Schon ganz am Anfang ist klar, dass die beiden zusammengehören, auch wenn das Schicksal sie immer wieder auseinanderreißt und ihnen Steine in den Weg legt. Besonders vielschichtig und interessant lässt sie der direkte Vergleich ihrer Persönlichkeiten zwischen 1995 und 2015 wirken. Als Leser ist es gleichzeitig schwierig und spannend, den enormen Entwicklungssprung der beiden zu verfolgen und am Ende zu verstehen, dass die beiden selbst die Charakterstudie und ein Teil des Dokumentarfilmes "21" widerspiegeln, welchen Jennifer drehen möchte: auf der einen Seite die naiven Träume, Ängste und Vorstellungen der Jugend von der Zukunft, auf der anderen Seite die realistischen Entwicklungen der selben Personen nach 20 Jahren.


"Der Mond glänzte auf dem Wasser, und sie ließ die Schultern hängen. Zu Beginn des Sommers war sie aus New York geflohen, um Klarheit über ihr Leben zu gewinne, und jetzt, zwei Monate später, schien ihr alles verwirrender als jemals zuvor."


Rückblickend ist keiner von beiden dort angekommen, wo er es sich gewünscht hatte: Jim hat durch die Erlebnisse der Vergangenheit einen Realitätsschock erlitten und von seinen Träumen, Musiker zu werden abgesehen. Stattdessen ist er erfolgreicher Immobilienmakler geworden, nachdem er auch für das Bankgeschäft gearbeitet hat. Für den kreativen, jungen Jim undenkbar. Jennifer hingegen hat ebenfalls ihren Traum, einen Film zu drehen, aufs Eis gelegt und hat versucht, ganz in ihrer Rolle als reiche Ehefrau Connors aufzugehen und ihre Muse in der Organisation von Spendenveranstaltungen zu finden. Dass keiner von beiden wirklich glücklich ist, zeigt sich, als sie sich wieder treffen und alle alten Gefühle mit neuer Intensität zurückkommen. Doch schaffen sie es, die Gespenster der Vergangenheit zu überwinden? Es hat mich sehr mitgerissen, wie es die beiden immer wieder zueinander hin zieht, auch wenn sie der Rest der Welt in verschiedene Richtung zu zerren scheint.


"Du hast ein echtes Talent, weißt du das?"
"Wofür?"
"Das Leben aufregend erscheinen zu lassen, und voller Möglichkeiten."
"Die Leute behaupten, sie wären gefangen, aber im Allgemeinen bauen wir uns unsere Käfige selbst. Manchmal muss man nur wissen, wann man Nein und wann man Ja sagen muss."
"Ja", flüsterte sie, als er sie küsste."


Im Laufe der Geschichte mischen sich immer dunklere Wahrheiten in das zuvor so positive Bild und zerstören die Idee des perfekten Sommers gründlich, während langsam leisere Töne aufkommen und am Ende das vollständige Mosaik umrahmen. Dann ist es sogar in Ordnung, dass das Ende im Epilog ein wenig kitschig und erzwungen wirkt - was geht schließlich auch über ein ausgesprochen glückliches Ende nach 416 Seiten bangem Hoffen...?


"Die Wahrheit. Das ist ein großes Wort, nicht?", sagte Jim nachdenklich. "Ich weiß noch, dass ich meinen Vater einmal gefragt habe, was es bedeutet, und er sagte: Das, was richtig ist." (...) "Sie verdient es, glücklich zu sein", erklärte Sarah fest. Eine Weile schwiegen sie.
"Ich weiß, wie sie glücklich werden kann. Und du auch.", sagte sie dann leise und auf einmal war eine tiefe Trauer zwischen ihnen. Jom hatte das Gefühl, dass etwas zu Ende ging, wie das letzte Wispern des Sommers an einem Septemberabend."



Fazit:

Eine magische Geschichte über die schicksalshaften Folgen eines Sommers. Ein Hauch von Melancholie, viel Liebe, Schmerz und einige Menge "Vom Winde verweht"-Atmosphäre, die vor allem durch das südliche Flair der Casa D´Or geschaffen wird, machen diese Geschichte zu einem intensiven Leseerlebnis!

Lest selbst was in dem ominösen Sommer von 1995 passiert ist, geht auf die magische Reise nach Savannah und lasst euch auf die vielen Emotionen der Geschichte ein - ihr werdet es nicht bereuen!

Veröffentlicht am 13.03.2018

Eine magische Geschichte über die schicksalshaften Folgen eines Sommers.

Das Haus am Sunset Lake
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Allgemeines:

Titel: Das Haus am Sunset Lake
Autor: Tasmina Perry
Verlag: Blanvalet Verlag (16. Juli 2018)
Genre: Roman
ISBN-10: 3734105064
ISBN-13: 978-3734105067
ASIN: B077BWZQCT
Originaltitel: The ...

Allgemeines:

Titel: Das Haus am Sunset Lake
Autor: Tasmina Perry
Verlag: Blanvalet Verlag (16. Juli 2018)
Genre: Roman
ISBN-10: 3734105064
ISBN-13: 978-3734105067
ASIN: B077BWZQCT
Originaltitel: The House on Sunset Lake
Seitenzahl: 416 Seiten
Preis: 9,99€ (Taschenbuch)
8,99€ (Kindle-Edition)



Inhalt:

"Ob er wohl auch über den See blickte, die Lichter der Party betrachtete, und so traurig und voller Bedauern war wie sie? Sie bezweifelte es. Jim Johnsons Herz war ungestüm und leidenschaftlich - das gehörte zu den Dingen, die sich am meisten an ihm mochte. Wenn ihm etwas wichtig war, dann setzte er sich ganz und gar dafür ein."

Savannah 1995: Ein herrlicher Sommer liegt vor Jennifer Wyatt, als sie mit dem Collegeabschluss in der Tasche nach Casa D'Or zurückkehrt – der verwunschenen Südstaatenplantage am Sunset Lake, die seit Generationen im Besitz ihrer Familie ist. Zwanzig Jahre später ist Casa D’Or verlassen, und Jennifer hat die Tür zu ihrer Vergangenheit fest verschlossen. Zu schmerzlich sind die Erinnerungen an jenen letzten Sommer. Doch dann tritt plötzlich Jim wieder in ihr Leben – der Mann, dem sie damals ihr Herz schenkte. Das Wiedersehen wühlt alte Erinnerungen auf und enthüllt die dunklen Geheimnisse, die das Haus seit jenem tragischen Sommer birgt …


Bewertung:


Der Blanvalet Verlag hat zusammen mit der Brigitte und der Flow letztes Jahr die Hello Sunshine Kampagne ins Leben gerufen, bei denen Blogger die Chance bekommen, ihre Rezensionen zu ausgewählten Sommerlektüren in einer der Zeitschriften zu veröffentlichen. Ich habe da natürlich gerne mitgemacht und mir "Das Haus am Sunset Lake" ausgesucht, welches ich euch nun vorstellen möchte.

Schon das Cover entführt mit der sommerlichen, magischen Ausstrahlung in das subtropische Savannah in Georgia. Mit dem großen, schimmernden See, der von einigen Nebelfetzen umwölkt das Zentrum des Covers ziert und der steilen, bewachsenen Uferböschung inklusive Holzsteg, wird die warme, verträumte Atmosphäre des Settings sehr treffen angerissen. Auch der kleine Umriss einer Frau im legeren Sommerkleid passt gut ins Bild und soll vermutlich Jennifer Wyatt darstellen. Der Titel, der in unaufdringlichem Weiß die Mitte des Bildes einnimmt, passt zwar gut, klingt meiner Meinung nach für diese wunderbare Geschichte ein wenig unspektakulär. Etwas mit mehr Seele wie zum Beispiel "Casa D´Or", hätte mir wahrscheinlich mehr zugesagt. Nichtsdestotrotz ein ansprechendes und atmosphärisches Titelbild, das super in die Story einstimmt.

Erster Satz: "Wer jemals einen Sommer in der Casa D´Or verbracht hat, wird ihn nie vergessen, die Erinnerungen bleiben für immer lebendig."

So beginnt die Geschichte mit einem kurzen Prolog: eine nicht genauer definierte Person reißt die besonderen Erlebnisse des Sommers 1995 an, nur um uns dann auf 20 Jahre später zu vertrösten. Schon in den ersten Zeilen wird klar, dass dieser Sommer alle Beteiligten für immer verändert hat und unsere Aufgabe als Leser ist es auf den kommenden 416 Seiten, die Erzählung aus der Gegenwart 2015 mit den kurzen Rückblenden aus jenem vergangenen Sommer zu einem einheitlichen Bild zu verweben und somit die vergangenen Geschehnisse zu rekonstruieren. Anders als der Klapptext es vermuten lässt, tauchen wir dazu zuerst in das Leben des Immobilienmaklers Jim Johnson ein. Mit fast 40 ist der gutaussehende Mann zwar nicht alleine, weil er jedoch immer noch seiner Jugendliebe hinterhertrauert, ist er in erste Linie mit seiner Arbeit verheiratet. Wie der Zufall es will, bringt ihn seine Arbeit für die Hotelkette Omari wieder genau an den Ort, an dem alles angefangen hat: die Casa D´Or im Süden der USA. An diesem ganz besonderen Ort lernte er die reiche Jennifer kennen, die aber aufgrund des Milieuunterschieds, der begrenzten Zeit und ihres Freundes Connors unerreichbar für ihn scheint. Was im Laufe der Monate in Savannah zwischen den beiden passierte, bleibt erstmal unklar. Doch als Jim Jennifer nach all den Jahren wieder trifft, kommt die scheinbar verarbeitete Geschichte wieder hoch und die beiden scheinen eine neue Chance zu bekommen...


"Im Laufe der Jahre habe ich meinen mit dem Frieden geschlossen, was geschehen ist. Was dich und mich angeht, so hatten wir einen perfekten Sommer, eine perfekte Liebesgeschichte, die in der Zeit stehengeblieben ist. Denn wenn du nicht aus Savannah abgereist wärst, wenn wir zusammengeblieben wären, wären wir genau wie all die Paare im Domina geworden, die einander nichts mehr zu sagen haben und sich nur über das köstliche Essen unterhalten. So wie es ist, waren und werden wir immer unglaublich sein."


Auch wenn diese Geschichte wohl mehr Wohlfühlroman ist, als tiefgründiges Drama, konnte die mal herzerwärmend schöne, mal frustrierend tragische Geschichte einiges an Spannung aufbauen. Gerade dadurch, dass die Erzählweise nicht stringent und chronologisch ist, ist Platz für Wendungen, falsche Annahmen und Spekulationen. Gerade wenn geklärt scheint, was sich ereignet hat, kommt eine weitere Intrige ans Licht, weitere Charaktere werden bloßgestellt und verletzende Enthüllungen werfen die Handlung in der Gegenwart wieder zurück. So wird auf sehr sensible Art und Weise eine Grundspannung aufgebaut. Dadurch, dass Jennifer in der Vergangenheit aus ihrer Perspektive erzählen darf, während wir die Erlebnisse der Gegenwart aus Jims Sicht dargestellt bekommen, ist die Identifikation mit den Charakteren nicht besonders schwer und die vielen Gefühle, die immer wieder hochkochen, machen die Geschichte zu einem intensiven Leseerlebnis.


"Mit Schindeln gedeckte Häuser standen hinter Palmen, Palisadenzäunen und weiten Rasenflächen. Und als die Straße ein Sumpfgebiet kreuzte, bewunderte Jim die lebendigen Farben, die Seebinsen und die scharfen Schatten der Limonen, die sich vor dem karibisch blauen Himmel abzeichneten. (...) Die Casa D´Or war bloß ein Haus, eine Ansammlung aus Holz, Stein und Schiefer, doch es warf einen so langen Schatten auf sein Leben, dass es ihm übernatürlich vorkam..."


Das wahre Herzstück des Buches ist jedoch die verwunschene Atmosphäre, die über dem Sommer 1995 liegt und eng mit dem spannenden Setting verbunden ist. Wie schon erwähnt entführt der Roman den Leser ins entfernte Savannah, welches mit der historischen Altstadt, ihren begrünten Plätzen, den vielen restaurierten Häusern aus der Kolonialzeit und der wunderbaren Natur als eine der schönsten Städte der USA gilt. Spätestens seit Filmen wie "Forrest Gump" oder "Vom Winde verweht" haftet dieser Region in den Köpfen von Lesern einen Hauch von Romantik an, auch wenn das eigentlich gegen die dunklen Seiten der Region spricht: der skrupellose Sklavenhandel in der Baumwollhochburg, der Sezessionskrieg, das blutige Ende des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges - der malerische Touch Savannahs weiß geschickt über das viele Blut hinwegzutäuschen, da hier schon vergossen wurde. Durch den bodenständigen aber präzisen Schreibstil Tasmina Perrys wird genau diese Stadt hier lebendige Kulisse einer tragischen Geschichte. Durch passend gewählte Beschreibungen der Landschaft kommt das südliche Flair der Casa D´Or gut zur Geltung und man kann die prickelnde Verheißung des Sommers spüren, während man mit Jim und Jen durch endlose Eichenalleen mit spinnwebenartigem Dschungelmoos läuft, einen der historischen Friedhöfe besucht, Gatsby-Partys im historischen "Haus aus Gold" feiert oder sich einfach nur vom Charme des Sonnenaufgangs bezaubern lässt.


"Ich spüre ein Gewitter nahen, über dem See ziehen dunkle Wolken auf. In deinem Zimmer brennt noch Licht - ich sehe es auf der anderen Seite des Wassers funkeln, und wenn ich die Augen zusammenkneife, kann ich deine Umrisse erkennen, die mich mit ihren verbotenen Verheißungen locken. Ich will dich sehen, bevor der Regen kommt."


Das zweite Standbein der Storyline sind die Charaktere. Auch wenn es neben Jim und Jennifer noch eine ganze Menge an facettenreichen Nebencharakteren gibt, die mal mehr und mal wenig genau charakterisiert werden, sind die zwei unanfechtbar die Protagonisten. Abwechselnd erzählen sie von Gefühlen, die zwar 20 Jahre auseinanderliegen und immer wieder von unterschiedlichen Zufällen unterbrochen werden, jedoch im Grunde unangetastet bleiben. Schon ganz am Anfang ist klar, dass die beiden zusammengehören, auch wenn das Schicksal sie immer wieder auseinanderreißt und ihnen Steine in den Weg legt. Besonders vielschichtig und interessant lässt sie der direkte Vergleich ihrer Persönlichkeiten zwischen 1995 und 2015 wirken. Als Leser ist es gleichzeitig schwierig und spannend, den enormen Entwicklungssprung der beiden zu verfolgen und am Ende zu verstehen, dass die beiden selbst die Charakterstudie und ein Teil des Dokumentarfilmes "21" widerspiegeln, welchen Jennifer drehen möchte: auf der einen Seite die naiven Träume, Ängste und Vorstellungen der Jugend von der Zukunft, auf der anderen Seite die realistischen Entwicklungen der selben Personen nach 20 Jahren.


"Der Mond glänzte auf dem Wasser, und sie ließ die Schultern hängen. Zu Beginn des Sommers war sie aus New York geflohen, um Klarheit über ihr Leben zu gewinne, und jetzt, zwei Monate später, schien ihr alles verwirrender als jemals zuvor."


Rückblickend ist keiner von beiden dort angekommen, wo er es sich gewünscht hatte: Jim hat durch die Erlebnisse der Vergangenheit einen Realitätsschock erlitten und von seinen Träumen, Musiker zu werden abgesehen. Stattdessen ist er erfolgreicher Immobilienmakler geworden, nachdem er auch für das Bankgeschäft gearbeitet hat. Für den kreativen, jungen Jim undenkbar. Jennifer hingegen hat ebenfalls ihren Traum, einen Film zu drehen, aufs Eis gelegt und hat versucht, ganz in ihrer Rolle als reiche Ehefrau Connors aufzugehen und ihre Muse in der Organisation von Spendenveranstaltungen zu finden. Dass keiner von beiden wirklich glücklich ist, zeigt sich, als sie sich wieder treffen und alle alten Gefühle mit neuer Intensität zurückkommen. Doch schaffen sie es, die Gespenster der Vergangenheit zu überwinden? Es hat mich sehr mitgerissen, wie es die beiden immer wieder zueinander hin zieht, auch wenn sie der Rest der Welt in verschiedene Richtung zu zerren scheint.


"Du hast ein echtes Talent, weißt du das?"
"Wofür?"
"Das Leben aufregend erscheinen zu lassen, und voller Möglichkeiten."
"Die Leute behaupten, sie wären gefangen, aber im Allgemeinen bauen wir uns unsere Käfige selbst. Manchmal muss man nur wissen, wann man Nein und wann man Ja sagen muss."
"Ja", flüsterte sie, als er sie küsste."


Im Laufe der Geschichte mischen sich immer dunklere Wahrheiten in das zuvor so positive Bild und zerstören die Idee des perfekten Sommers gründlich, während langsam leisere Töne aufkommen und am Ende das vollständige Mosaik umrahmen. Dann ist es sogar in Ordnung, dass das Ende im Epilog ein wenig kitschig und erzwungen wirkt - was geht schließlich auch über ein ausgesprochen glückliches Ende nach 416 Seiten bangem Hoffen...?


"Die Wahrheit. Das ist ein großes Wort, nicht?", sagte Jim nachdenklich. "Ich weiß noch, dass ich meinen Vater einmal gefragt habe, was es bedeutet, und er sagte: Das, was richtig ist." (...) "Sie verdient es, glücklich zu sein", erklärte Sarah fest. Eine Weile schwiegen sie.
"Ich weiß, wie sie glücklich werden kann. Und du auch.", sagte sie dann leise und auf einmal war eine tiefe Trauer zwischen ihnen. Jom hatte das Gefühl, dass etwas zu Ende ging, wie das letzte Wispern des Sommers an einem Septemberabend."



Fazit:

Eine magische Geschichte über die schicksalshaften Folgen eines Sommers. Ein Hauch von Melancholie, viel Liebe, Schmerz und einige Menge "Vom Winde verweht"-Atmosphäre, die vor allem durch das südliche Flair der Casa D´Or geschaffen wird, machen diese Geschichte zu einem intensiven Leseerlebnis!

Lest selbst was in dem ominösen Sommer von 1995 passiert ist, geht auf die magische Reise nach Savannah und lasst euch auf die vielen Emotionen der Geschichte ein - ihr werdet es nicht bereuen!

Veröffentlicht am 08.03.2018

Wunderschön, todtraurig und liebevoll aufbauend, wie es nur ganz wenige Geschichten können!

In dieser ganz besonderen Nacht
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Allgemeines:

Titel: In dieser ganz besonderen Nacht
Autor: Nicole C. Vosseler
Verlag: cbj (25. Februar 2013)
Genre: Fantasy
ISBN-10: 357015534X
ISBN-13: 978-3570155349
ASIN: B00AM5HTNY
Seitenzahl: 576 ...

Allgemeines:

Titel: In dieser ganz besonderen Nacht
Autor: Nicole C. Vosseler
Verlag: cbj (25. Februar 2013)
Genre: Fantasy
ISBN-10: 357015534X
ISBN-13: 978-3570155349
ASIN: B00AM5HTNY
Seitenzahl: 576 Seiten
Preis: 8,99€ (Kindle-Edition)
14,99€ (Gebundene Ausgabe)



Inhalt:


"Eingehüllt in das sanfte Strömen von Dunst und Nebel, in seinem Duft nach grünen Moos und sonnengetrocknetem Treibholz, schloss ich die Augen und ließ mich von dem zarten Lufthauch seiner Finger in den Schlaf streicheln."


Eine hinreißend romantische Geistergeschichte vor der beeindruckenden Kulisse San Franciscos
Nach dem Tod ihrer Mutter muss Amber, die in einer deutschen Kleinstadt gelebt hat, nach San Francisco ziehen – zu ihrem Vater, den sie kaum kennt. Sie fühlt sich einsam und verlassen. Eines Abends begegnet sie dort in einem leer stehenden Haus Nathaniel, einem seltsam gekleideten Jungen. Er scheint der Einzige zu sein, der sie versteht. Aber er bleibt merkwürdig auf Distanz. Als Amber den Grund dafür erfährt, zieht es ihr den Boden unter den Füßen weg: Nathaniel stammt aus einer anderen Zeit und die beiden können niemals zusammenkommen. Doch in einer ganz besonderen Nacht versuchen die beiden das Unmögliche …


Bewertung:

"Für all die verwaisten Seelen dieser Welt, die darum kämpfen, wieder heil und ganz zu werden."


Schon mit der Widmung hatte mich dieses Buch gepackt, welches auf eine gewisse Weise wunderschön, todtraurig und liebevoll aufbauen ist, wie es nur ganz wenige Geschichten können. Kennt ihr Bücher, die man einfach nicht aus der Hand legen kann und bei deren Lektüre einem durchgängig ein verträumtes "Hach" auf den Lippen liegt? Diese Geschichte ist genau so ein Buch. Auch wenn ich von Nicole Vosseler noch kein einziges Buch gelesen und dieses auch nur auf einem Flohmarkt mitgenommen habe, werde ich mir unbedingt mehr von dieser Autorin besorgen!


Das Cover ist ganz in einem warmen Blau gehalten, welches in der Mitte durch den großen Vollmond aufgehellt wird, vor dem sich zwei Silhouetten ausmachen lassen, die sich an der Hand halten und langsam zu verwischen scheinen.. Unter dieser angedeuteten Szene schwebt der Titel in verschnörkelten Lettern und komplettiert dieses schöne Bild. Auch wenn ich die Gestaltung wirklich wunderschön finde, fehlt dem Cover meiner Meinung nach das gewisse Etwas. Titel und Klapptext passen hingegen wunderbar. Was mir an der Gestaltung zusätzlich noch sehr zugesagt hat, sind die relativ kurzen Kapitel und die Unterteilung in 3 Teile. Auch die Zitate, die auf kunstvolle Art und Weise passend mit eingewebt werden, haben den Gesamteindruck angenehm unterstrichen.


Erster Satz: „Wenn man stirbt, so heißt es, zieht das ganze Leben an einem vorbei.“


So steigt Amber in eine Art Prolog ein, in dem sie dem Leser von ihrem kommenden Tod berichtet. Ganz schonungslos werden wir hier also gleich in den ersten Sätzen vor vollendete Tatsachen gestellt, was der Spannung jedoch keinen Abbruch tut. Im Gegenteil: man ist nur noch angespannter und will wissen, wie wohl der Weg bis zum Ende aussehen mag. Der wirkliche Beginn zeiht sich dann ein wenig hin und konzentriert sich vor allem auf die Trauer, die Wut und die Angst, die Amber angesichts des Umzugs nach San Francisco empfindet. Grundsätzlich spricht ja nichts dagegen, in die aufregende Stadt in den USA zu ziehen, doch wohl nicht unter diesen Umständen: Ambers Mutter ist gerade erst an Krebs verstorben und schon verliert sie auch noch ihr gewohntes Umfeld, im Zuge ihres Umzugs zu ihrem Vater, den sie gar nicht kennt, auf einen völlig neuen Kontinent. Nur langsam findet sie Anschluss und fühlt sich sehr einsam angesichts des noch schmerzenden Verlusts ihrer Mutter und dem Zusammenleben mit einem Mann, der zwar ihr Vater ist, den sie aber eigentlich gar nicht kennt.


"Das ganze Weltall ist voll schwarzer Löcher, die gigantische Sterne einsaugen und verschwinden lassen können. Aber wenn man im Alltag selbst mal eines brauchen könnte, ist natürlich nie eines da."


Als Amber dann eines abends vor einem Übergriff einer kriminellen Bande fliehen muss, stößt sie auf eine alte, verlassene Villa und trifft dort Nathaniel. Dass diese Begegnung ihr ganzes Leben verändern soll, weiß sie noch nicht, als sie über die Schwelle des Hauses tritt, doch schon bei ihrer ersten Begegnung ahnt sie, dass er ein dunkles Geheimnis birgt: obwohl er aussieht wie ein normaler Junge, stammt er aus der selben Zeit wie das Haus, das ihm Obdach bietet - dem 19. Jahrhundert. Obwohl die beiden in zwei völlig verschiedenen Welten leben, kommen sie sich in kurzer Zeit näher als andere Menschen in ihrem ganzen Leben und je näher Amber ihn kennenlernt, desto näher kommt sie durch ihn auch wieder dem Leben - eigentlich eine seltsame Ironie, wo er doch tot ist...


"Zeit ist......
zu langsam für die, die warten,
zu flüchtig für die, die sich fürchten,
zu lang für die, die trauern,
zu kurz für die , die sich freuen.
Aber für die, die lieben,
ist Zeit Ewigkeit."
-Henry Van Dyke-


Erzählt wird aus Ambers Sicht aus der Ich-Perspektive, es gibt aber auch ab und an Passagen aus der Sicht Nathaniels, welche durch kursiv geschriebene Abschnitte gekennzeichnet sind. Auf diese Art und Wiese bekommen wir mit, wie sich Amber durch das Treffen mit Nathaniel verändert und wie sie langsam immer mehr ins Leben zurückkehrt. Es ist überraschend berührend und zu keinem Zeitpunkt seltsam oder unnatürlich, dass sich Amber in Nathaniel verliebt, auch wenn er eigentlich ein Geist und für sie somit unerreichbar ist. Die vielen Gefühle, die aus jeder Ritze des Buches zu tropfen scheinen, machen das Lesen zu einer sehr mitreißenden und intensiven Erfahrung, die wirkliche Stärke dieser Geschichte, die mich überrascht hat, ist aber die Handlung, welche sich überraschenderweise nicht wie viele andere Romantasy-Romane ausschließlich von der Liebesgeschichte beeinflussen lässt, sondern ist auffallend gut durchdacht ist. So werden immer wieder neue Aspekte mit eingebracht, die die Handlung komplettieren und weiter entwickeln, sodass durch diese Dynamik verhindert wird, dass das Buch kitschig wird. Gerade die Mischung aus traurigen und witzigen Szenen macht auf eindringliche Art und Weise klar, wie nahe Trauer und Glück beieinander liegen.


"Schattengleich schwebte er auf mich zu und sah dabei doch schwer und massiv aus. Wie das Wechselspiel von Licht und Schatten Knochen, Muskeln und Fleisch herausmodellierte, wirkte er auf mich durch und durch lebendig."


Durch Nicole C. Vosselers atmosphärische Sprache lebt diese traurige, melancholische Liebesgeschichte voller Seele immer wieder aufs Neue auf. Auch wenn der Schreibstil an manchen Stellen zu ausschweifend wird, sodass man sich in unnötigen Details verliert, sorgt die bilderreiche und ausführliche Art, Situationen aufzustellen dafür, dass wir in alle Situationen gut herein finden und auch abstrakte Gefühle gut nachempfinden können. Vor allem das Setting San Franciscos lässt sie bildreich vor den Augen ihrer Leser auferstehen. Im Nachwort ist zu lesen, dass die Autorin das Setting auf einer Reise für sich entdeckt hat. Die vielen ausführlichen Schilderungen der Stadt und die vielen Handlungsorte, die fast an eine Sight-Seeing-Tour erinnern, lassen auf eine gute Recherchearbeit schließen und weckten in mir den Wunsch, auch einmal diese faszinierende Stadt zu besuchen: einmal selbst den Strand Richtung Golden Gate Bridge entlang laufen, ins Getümmel am Fisherman's Wharf eintauchen und mit einem der Cable Cars über die Stadt düsen.


"... Wie eine heranwogende Meereswelle war es, wenn sie sich dem Haus näherte, ein tiefes, dunkles Rauschen, das in ein helles Schäumen und Sprudeln überging, und dann konnte ich meist schon hören, wie sie durch den Korridor rannte..."


Neben dem Stil lebt die Geschichte auch von den Charakteren. Amber ist eine wunderbare Protagonistin, die durch ihren Verlust gleich als emotionaler und authentischer Charakter eingeführt wird. Wir sehen zu, wie sie lernen muss, mit dem Tod ihrer Mutter umzugehen, während sie die Einsamkeit in dieser großen, anonymen Stadt plagt. Ihre langsam entstehende Beziehung zu ihrem Vater und neue Freundschaften helfen ihr dabei, endlich ihrer Trauer auf den Grund zu gehen.


„Ich bin tot, Amber. Lange schon. Eine verlorene Seele. Dazu verdammt, als Schatten unter euch Lebenden gefangen zu sein. Und ich weiß nicht einmal, weshalb.“


In Nathaniel findet sie zunächst ein wandelndes Mysterium, das ihre Neugierde weckt und dem sie auf den Grund gehen will. Wie kommt es, dass er seltsame Klamotten trägt, seine Ausdrucksweise manchmal von der Norm abweicht und sie sich nicht berühren können. Als sie dem geheimnisvollen, einfühlsamen und sensiblen jungen Mann immer näher kommt, findet sie heraus, dass er tot ist und als Geist auf dieser Welt festgehalten wird. Doch warum fühlt sie sich von dem gutaussehenden Typen trotzdem angezogen und hat ihre Beziehung überhaupt eine Chance? Die wachsende Beziehung zwischen Amber und Nathaniel bildet das Herzstück des Buches, auch wenn sie nicht die gesamte Handlung dominiert. Überraschend glaubhaft ist es der Autorin gelungen, eine Beziehung zwischen Mensch und Geist darzustellen. Ein Problem: die beiden können sich nicht einmal berühren. Nur in einer ganz besonderen Nacht, der Nacht auf Allerheiligen, sind die Seelen der Verstorbenen präsenter, wodurch Nathaniel Amber auch körperlich näher kommen kann. Die Konsequenzen dieser ganz besonderen Nacht sind jedoch für beide nicht vorhersehbar...


"Ich wollte, ich musste ihn sehen; ich musste, wollte ihn so vieles fragen.
Musste.
Wollte.
MUSSTE."


Auch die Nebencharaktere sind lebendig und authentisch dargestellt und bestechen vor allem durch leise und ruhige Töne. Vor allem Ambers Vater und ihre neuen Freunde, die auch Geister sehen können, haben es mir angetan. Auf wundervolle Art und Weise wird beschrieben, wie fünf Personen, die eigentlich gar nichts gemeinsam haben, zu einer funktionierenden Einheit werden, vereint durch das Geheimnis, das sie teilen. Der punkige Asiat Matt, das dunkelhäutige, gutaussehende Sportler-Ass Shane, das zunächst abweisend wirkende Goth Girl Abby und die quirlige Holly, die einen kleinen Esoterik-Laden betreibt und sich nicht um gesellschaftliche Konventionen schert können alle die Geister von Verstorbenen sehen und stehen Amber zur Seite.

Natürlich klingt schon von Anfang an ein wenig vom Ende mit, was die Autorin schlussendlich dann aber daraus gemacht hat, hat mir sehr gut gefallen. Mit einer Art bittersüßem Kompromiss gibt sie dieser Geschichte um die erste Liebe, das Loslassen von Menschen, die man liebt und eigenen Erfahrungen mit dem Tod einen wunderschönen und runden Abschluss.


„Du leuchtest“, flüsterte ich erstaunt und schwenkte staunend meine Hand sacht hin und her. „Das bist du“ raunte er mir ins Ohr. „Du lässt mich leuchten.“



Fazit:

Diese melancholische Liebesgeschichte voller Seele ist auf eine ganz gewisse Art wunderschön, todtraurig und liebevoll aufbauend, wie es nur ganz wenige Geschichten können. Ein faszinierender Schreibstil, viele interessante Ideen und eine tolle Protagonisten-Auswahl lässt dieses Buch aufleben und zu etwas ganz Besonderem werden.

Veröffentlicht am 07.03.2018

Ein rasanter Action-Thriller voller Nervenkitzel

Kill U. Sterben ist keine Kunst
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Erster Satz: "Grace Becker suchte am Sternenhimmel nach einem Halt, nach irgendetwas, um bloß nicht nach unten zu schauen, während sie sich Zentimeter für Zentimeter nach vorne schob."


Die Geschichte ...


Erster Satz: "Grace Becker suchte am Sternenhimmel nach einem Halt, nach irgendetwas, um bloß nicht nach unten zu schauen, während sie sich Zentimeter für Zentimeter nach vorne schob."


Die Geschichte schickt uns auf die Reise in die USA auf die renommierte Privatschule Clifton Manor, wo unsere Protagonistin Grace mit ihren Freunden studiert. Ihr großes Ziel ist es, in den legendären Klub der 100 aufgenommen zu werden, wozu sie mit der Hilfe ihrer Freunde schon 95 von den 100 geforderten Graffiti-tags an die vorgegebenen Stellen gesprayt hat. Wir steigen mit einer imposanten Nacht-und-Nebel-Spray-Aktion in die Handlung ein und erleben hautnah, wie Grace beim Versuch, den 96. Tag an einer Brücke anzubringen von einem Unbekannten angegriffen wird. Als sie daraufhin immer wieder Drohungen mit dem Zeichen eines Sensenmannes erhält, ihr Zimmer durchsucht wird und Hacker auf ihrem Blog private Bilder veröffentlichen, müssen die Freunde erkennen, dass sich was als Mutprobe begonnen hat, längst in bitteren Ernst verwandelt hat. Doch wer ist der Angreifer, der nicht davor zurückschreckt, Graces Tags alle mit seinem Sensenmann zu übersprühen und ihren Freunden immer wieder gefährliche Fallen stellt? Und was hat er mit ihnen vor? Als sich die düsteren Bilder, die die Schüler im Kunstunterricht für eine Ausstellung gemalt haben, langsam alle zu erfüllen beginnen, begreift Grace, dass sie im Mittelpunkt eines perfiden Planes steht und der Strippenzieher mitten unter ihnen ist. Denn wie auch die anderen Kunstwerke wird der gesprayte Sensenmann bald Programm...


"Ihr schnürte sich der Magen zusammen. Irgendwo gab es einen Zusammenhang, den sie zwar noch nicht benennen konnte, der ihr aber Angst machte. Trotz des blauen Himmels war in der Ferne Donnergrollen zu hören. Ein Sturm zog auf."


Wow, was als harmloser Nervenkitzel in der Sprayer-Szene beginnt verwandelt sich schnell in einen atemlosen Thriller, welcher es weiß, mit den Gefühlen des Lesers zu spielen, wie kein Zweiter. Vor allem die interessanten und innovativen Ideen der Geschichte, wie der Klub 100 und das zum-Leben-erwecken von Kunstwerken hebt diesen Thriller von anderen ab und ließ ein ums andere Mal eine Gänsehaut über meinen Rücken rieseln.
Während man sich als Leser noch in die Situation ein zu denken versucht, taucht zum ersten Mal ein Unbekannter auf, der bei den Jugendlichen erstmal nur Angst vor dem drohenden Schulverweis schürt. Im Verlauf der Handlung beginnen sich die Ereignisse zu überschlagen und es wird klar, dass die Nichtaufnahme im Klub 100 und das Verpassen der besten Studienplätze nicht das Größte Problem der Freunde ist: ein gnadenloser Jäger sitzt ihnen im Nacken und verfolgt jeden ihrer Schritte.


"Am Himmel rissen die Wolken auf und gaben den Blick auf einen fast kugelrunden Mond frei, der den Sportplatz einen Augenblick lang in geisterhaftes Licht hüllte. Sekunden später schloss sich die Wolkendecke wieder und tauchte das Schulgelände abermals in Dunkelheit, doch Grace hatte jemanden auf dem Platz gesehen.
Regungslos.
Auf der Lauer."


Die 265 Seiten lassen uns kaum eine Verschnaufpause und treiben uns mit Überraschungen und Wendungen hilflos vor sich her. Durch viele Andeutungen, Drohungen und kleinen Krisen innerhalb der Gruppe, wird die Zusammensetzung der Geschichte stetig so durchmischt, dass man einfach nicht voraussehen kann, wer es denn nun ist, der die Jugendlichen jagt. Vom Direktor der Schule, über den gruseligen allgegenwärtigen Hausmeister Sylvester, bis hin zu den Mitgliedern von Graces Clique, hatte ich alle mal in Verdacht. Ist es der geheimnisvolle Daniel, auf den alle Indizien hindeuten, oder doch gar Trick, der sich so liebevoll um Grace zu kümmern scheint? Mit jeder Szene wird das Bild, das man sich gemacht hat wieder umgeworfen, sodass mir bis ganz zum Ende der Blick auf die schlussendliche Auflösung verwehrt blieb! Das hat schon lange kein Buch mehr geschafft! Durch die vielen Änderungen des Schauplatzes, dem regelrechten Szenenstakkato und nicht zuletzt dem abwechslungsreichen, flüssigen Schreibstil, wird eine gespenstische, gehetzte Stimmung kreiert, der uns Leser schonungslos auf den Showdown zu rennen lässt.

Der Fokus liegt eindeutig auf der Handlung, was bei dieser Art von Geschichte auch vollkommen in Ordnung ist. Der Plot lebt von den Protagonisten als Gruppe in ihrer vollen Dynamik, welche auch sehr spannend abgebildet wird. Die einzelnen Charaktere als Individuen sind nicht so wichtig, weshalb sie auch nur grob gezeichnet werden und die Charakterisierung vor allem auf emotionaler Ebene doch ein klein wenig oberflächlich bleibt. Das ist natürlich ein wenig schade, kann ich aber zugunsten der Spannung gerne in Kauf nehmen. Trotzdem sind alle Charaktere spannend umrahmt und bilden zusammen eine komplett durchmischte Gruppe, von der aber jeder der Täter sein könnte.


"Eigentlich mochte Grace den Regen. Warm und geborgen unter der bis zum Kinn hochgezogenen Bettdecke hatte sie stets dem sanften, mal stärker, mal schwächer werdenden Klopfen am Fenster gelauscht und war beruhigt eingeschlafen. Doch jetzt wo Cassie im Krankenhaus lag, die Augen und das Gesichts entstellt durch einen schrecklichen Unfall, der bestimmt keiner war; wo jemand Cassies Spind und ihr Zimmer durchwühlt hatte, fühlte sich Grace überhaupt nicht mehr geborgen. Im Gegenteil, das Klopfen klang, als würden tausend Finger unerbittlich gegen die Scheibe trommeln, um ins Zimmer zu gelangen..."


Grace ist hier die Hauptprotagonistin und erzählt aus der personalen Innensicht. Sie ist der Mittelpunkt der Clique und hat die ganze Geschichte mit dem Klub 100 erst losgetreten, weil sie versucht, aus dem Schatten ihres Bruders herauszutreten. Während er erfolgreich Medizin studiert, will sie Karriere als Künstlerin machen und ihrem Vater durch die Aktion beweisen, was sie drauf hat. Sie malt das Bild "Für immer".

Neben dem gutaussehenden Pete, welcher ihr bester Freund ist, den sie seit Jahren kennt und dem sie blind vertraut hilft ihr dabei noch Trick, der eigentlich Patrick heißt und der geborene Rebell zu sein scheint. Obwohl Pete eigentlich die perfekte Wahl ist und er sie seit Jahren zu lieben scheint, fühlt sie sich eher zum rebellischen Trick hingezogen, welcher mit seinen Tätowierungen und der mühelosen künstlerischen Begabung aus der Reihe tanzt. Die sich anbahnende Liebesgeschichte ist zwar eigentlich voll von Klischees, fügt sich aber auf sehr passende Art und Weise in die Handlung, sodass sie diese eher komplettiert als stört. Trick malt "Der Glockenturm", Pete töpfert eine Tonskulptur.


"Seine Augen. Das Braun seiner Iris kam ihr noch dunkler vor. Diesen Ausdruck hatten sie sonst nur, wenn er in seine Bilder versunken war. "Grace." Sanft strich er ihr über die Wange. Allein diese leichte Berührung raubte ihr den Atem."


Seit Trick vor einigen Monaten auf die Schule gekommen ist, hat sich Graces Freundschaft zu ihrer besten Freundin Faith verändert. Warum erfährt sie erst, als sie herausfindet, dass sie schon seit Jahren auf Pete steht und es nicht ausstehen kann, dass Grace diesen so in der Luft hängen lässt. Wie auch die Rivalitäten zwischen den Künstlern angesichts der nahenden Ausstellung, zu der wichtige Universitäten Talentscouts schicken werden, ist diese Dreiecksgeschichte ein wunderbarer Nährboden für Konflikte innerhalb des Freundeskreises. Faith malt "Der Schrei".

Die letzten beiden Mitglieder der Clique sind das Paar Cassie und Ed. Während Cassie auf den ersten Blick wie eine oberflächliche Tussi wirkt, mit ihren Designerschuhen, ihrem aufwändigen Make-Up und den ausgetüftelten Outfits, ist Ed die Bodenständigkeit in Person. Wie gut die beiden zusammenpassen, erfahren wir erst, als klar wird, dass in Cassie mehr steckt, als ihr schönes Aussehen vermuten lässt. Während Ed ein sozialkritisches "Galgenmännchen" auf die Leinwand gebracht hat, hat Cassie in ihrer Collage "Dekonstruktion von Schönheit" ebenfalls Kritik an der Gesellschaft geübt. Dass die beiden somit ihr Schicksal unterschrieben haben, konnten sie noch nicht ahnen...


"Als Daniel sich die Brille zurechtrückte, herrschte für einen Moment absolute Stille. Im mächtigen Schatten von Clifton Manor schob er sich das strähnige Haar aus dem Gesicht, dann schenkte er Grace und Pete ein Lächeln, das nicht zu der Kälte in seinen Augen passt. Als würde ein Totenkopf feixen..."


Der letzte nennenswerte Charakter ist Daniel, welcher als Außenseiter neben der Clique steht und von allen wie ein Fußabtreter behandelt wird. Weil er pyromanische Züge hat wird er hinter seinem Rücken dafür verschrien, ein Psycho und für den Brand an der Schule verantwortlich zu sein. Er malte das Bild "Feuer". Als er dann auch noch in den Fall mit dem Klub 100 verwickelt zu sein scheint und sich mit den Freunden an der "Lost Souls Bridge" treffen will, wo es zu einem schrecklichen Unfall kommt, scheinen alle Indizien auf ihn zu deuten. Doch ist er es wirklich oder steckt noch jemand anders dahinter?

Ein Roman der zeigt, wie aus Hass und einer psychischen Störungen ein schonungsloses Katz-und-Maus-Spiel entstehen kann, dass schnell entgleist. Ein Hauch von Tod inmitten des normalen alltäglichen Lebens, eine Menge Freundschaft und Verrat, alles unter dem Deckmantel der Kunst. Das letzte i-Tüpfelchen fehlt noch, ansonsten haben wie hier einen rundum mitreißenden und überzeugenden Thriller vor uns.


"Grace drehte sich zu Trick um. "Ich habe das Gefühl, die ganze Welt ist heute wahnsinnig geworden." Trick schaute von seinem Bild auf. "Weißt du, ich glaube, der Wahnsinn geht gerade erst los..."



Gerade das Ende trumpft nochmals mit einem spannendem Showdown auf, den man der Geschichte gar nicht zugetraut hätte und offenbart, was dieses Buch ist: eine positive Überraschung auf ganzer Linie!


Fazit:

Ein rasanter Action-Thriller voller Nervenkitzel, der alles hat, was für eine gute Portion Spannung nötig ist: der Zwiespalt zwischen Vertrauen und Verrat, enttäuschte Freundschaftsbanden und erstarkende Liebe und ein Hauch von Tod inmitten des normalen alltäglichen Lebens - alles unter dem Deckmantel der Kunst.