Freud und Dora
IdaDass Freud in frühen Jahren eine Patientin namens Dora hatte, einen "Fall" also, man könnte auch sagen DEN "Fall", das wissen selbst Menschen, die sich wenig bis kaum mit diesem Wegbereiter der ...
Dass Freud in frühen Jahren eine Patientin namens Dora hatte, einen "Fall" also, man könnte auch sagen DEN "Fall", das wissen selbst Menschen, die sich wenig bis kaum mit diesem Wegbereiter der Psychoanalyse beschäftigt haben. Denn er schrieb die Erkenntnisse, die er während ihrer Behandlung machte, nieder und sie waren quasi ein Meilenstein in seiner großen Karriere.
Doch wer genau ist diese Dora? Sie hieß in Wirklichkeit Ida, Ida Bauer, später und stammte zwar nicht aus besten, durchaus aber aus gehobenen Wiener Kreisen. Mit diesem Roman setzt ihr Urenkelin Katharina Adler ein Denkmal. Hier geht es um die Person Ida Bauer, spätere Adler, wie sie wurde, wer sie war und was sie prägte.
Ida ist ein vielschichtiger Charakter, der in jüngeren Jahren oft schüchtern, ja verängstigt rüberkommt. Doch ihr Wille, ihren besonderen Neigungen und Vorlieben nachzugehen, ist bereits da unverkennbar zu spüren. Vor allem erlebte sie gewissermaßen (Macht)Mißbrauch durch das männliche Geschlecht, das hat sich ihr nachhaltig eingeprägt.
Mi zunehmendem Alter entwickelte sich Ida zu einer nicht einfachen, durchaus auch als kapriziös zu bezeichnenden Frau, die den Männern um sie herum - vor allem ihrem Sohn Kurt - das Leben nicht gerade einfach machte und mit ihrer Meinung nicht vor dem Berg hielt. Egal, ob diese gefragt war oder nicht.
Ida hatte es nicht einfach, weder in ihrer Familie, noch in ihrer Ehe noch im Dazwischen, bspw. als Patientin Freuds . Daneben war sie glühende Sozialdemokratin zu einer Zeit, in der es zunächst Chancen gab, dann aber eine solche Gesinnung mehr und mehr zu einem gefährlichen Gepäck wurde - ebenso wie ihre jüdische Herkunft. Ida jedoch dachte nicht daran zu schweigen und so führte sie ihre Überzeugung bis in die Vereinigten Staaten.
Eine besondere und ungewöhnliche, manchmal auch mutige Frau, deren Urenkelin ihr hier mehr als siebzig Jahre nach ihrem Tod eine Stimme gibt. Eine Stimme, die es sich anzuhören lohnt, wie ich finde. Der Roman ist aufgrund der Sprünge in der zeitlichen Entwicklung, aber auch durch die Einführung zahlreicher, man könnte fast sagen zahlloser Personen nicht leicht zu erobern bzw. zu erlesen, doch es lohnt sich, auch wenn die Protagonistin nicht gerade eine Sympathieträgerin ist.
Und: Ida ist nicht Dora bzw. ist dies nur ein Abschnitt ihres Lebens und sie ist auch ohne Freud eine interessante Frau ihrer Zeit, die ich gerne kennengelernt habe. Ein Roman, der mit Empathie geschrieben wurde, auch wenn die stellenweise schlichte Sprache der Autorin nicht immer ganz so eindringlich wirkt, wie (wahrscheinlich) beabsichtigt.
Meine Erinnerung an Ida Bauer-Adler, aka Dora, wird eine bleibende sein, auch wenn ihre Lebensdarstellung in Romanform nicht ganz meinen Erwartungen standhält!