langatmig bis zum Schluss
Girl on the Train - Du kennst sie nicht, aber sie kennt dich.Einen guten Thriller habe ich noch nie von der Bettkante stoßen können. Zwischen den ganzen Fantasy- und Herzschmerzbüchern ist der ein oder andere kaltblütige Mord, geschmückt mit ein paar Herzschlag ...
Einen guten Thriller habe ich noch nie von der Bettkante stoßen können. Zwischen den ganzen Fantasy- und Herzschmerzbüchern ist der ein oder andere kaltblütige Mord, geschmückt mit ein paar Herzschlag aussetzenden Plot-Twists, eine erfrischende Abwechslung. Ich liebe diesen kalten Schauer, der einem dann über den Rücken läuft und dieses Gefühl das Buch einfach nicht mehr aus der Hand legen zu können. Auch Rachel, die Protagonistin aus Paula Hawkins‘ Girl on the Train, ließ mich immer mal wieder erschaudern…
Ich hasse es, etwas Schlechtes über Geschenke zu sagen. Girl on the Train- Du kennst sie nicht, aber sie kennt dich von Paula Hawkins hat mein Freund mir von einer Geschäftsreise mitgebracht, als ich krank war. Er wollte mir eine Freude machen, weil ich von meinem letzten Thriller so geschwärmt habe, doch leider ist dieses Buch der sprichwörtliche Griff ins Klo gewesen.
Rachels Leben liegt in Scherben. Von ihrer großen Liebe Tom ist sie geschieden, ihren Job hat sie verloren und seit der Scheidung lebt sie bei einer Freundin in einem kleinen Zimmer als Untermieterin. Und sie liebt den Alkohol. Täglich sitzt sie im Zug und spielt ihrer Mitbewohnerin vor, sie würde zur Arbeit fahren, sinniert, trinkt, bemitleidet sich selbst. Außerdem ist da dieses Pärchen, das sie aus dem Zug beobachten kann… Jess und Jason, wie Rachel sie nennt, führen in ihrer Fantasie das perfekte Leben; das Leben, das Rachel mittlerweile verloren hat. Doch eines Tages beobachtet sie aus dem Zug etwas, was auf der schöne Fassade, die sie um die beiden Fremden aufgebaut hat, tiefe Risse zurücklässt. Und kurz darauf ist die junge Frau, die sie Jess nennt, verschwunden…
Warum dieses Buch ein Bestseller geworden ist, kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen. Die Protagonistin und auch die Nebencharaktere sind durchweg unsympathisch, der Schreibstil plump und die Handlung nicht nervenaufreibend spannend, sondern schlichtweg langatmig. Nach 300 Seiten fragt man sich immer noch, wann es denn endlich losgehen mag. Hawkins versucht zwanghaft Nervenkitzel aufzubauen und wenn man endlich das Gefühl hat, dass die Story nun doch nach vorn kommt, würgt sie es wieder ab und lässt den Leser in seiner Unzufriedenheit zurück. Ich zumindest war sehr unzufrieden und schlussendlich auch so genervt, dass selbst die letzten Seiten, die tatsächlich den ein oder anderen spannenden Moment haben, das Ganze nicht mehr retten konnten.
twas, was mich vollkommen ratlos und irritiert zurückließ, ist übrigens der Untertitel. Natürlich kennt man die Menschen nicht, die einen aus dem fahrenden Zug beobachten. Es sind gesichtslose Unbekannte, die an einem vorbeirauschen, also wieso sollten sie mich kennen? Kennt Rachel Jess, weil sie sich ein Leben für sie ausdenkt? Oder weil sie in ihrer Fantasie Dinge erfindet, in denen zufällig Jess die Hauptrolle spielt? Dieser Nachsatz entbehrt jeder Logik und ist ein Paradebeispiel für die hohlen Phrasen, die die Autorin im Buch selbst auch verwendet, um zwanghaft für Schocker zu sorgen.
Auch die Perspektivwechsel zwischen Rachel, Jess, die eigentlich Megan heißt, und Anna, der neuen Ehefrau von Rachels Exmann Tom, bringen keinerlei Aufschluss über die Handlungen und erschein im Verlauf des Buches einfach vollkommen unwichtig. Ich habe das dumpfe Gefühl, dass dieser Wechsel zwischen den Figuren gerade total modern ist und man das mit Macht noch unterbringen musste. Hinzukommt der furchtbare Schreibstil- et violà!, fertig ist der 08/15- Bestseller ohne Qualität. Manchmal frage ich mich wirklich, worauf diese Bestsellerlisten beruhen, denn dieses Buch hat meiner Meinung nach auf keiner davon etwas zu suchen!
Letztendlich bleibt anscheinend das selbe schale Gefühl beim Leser zurück, das Rachel wohl auch nach ihren zahlreichen Alkoholexzessen empfindet. Wenigstens das nimmt man aus diesem Buch mit…