Cover-Bild Die Lichter unter uns
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20,00
inkl. MwSt
  • Verlag: S. FISCHER
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 320
  • Ersterscheinung: 25.04.2018
  • ISBN: 9783103973631
Verena Carl

Die Lichter unter uns

Roman
Wovon träume ich? Was macht ein gelungenes Leben aus? Und – sind die anderen glücklicher als ich?
Verena Carl erzählt mit großer Klarheit und Entschiedenheit von einer existentiellen Situation. Anna verbringt ihren Urlaub in Taormina auf Sizilien, mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern. Plötzlich fühlt der Boden sich brüchig an, auf dem sie steht. Sie begegnet Alexander, der das aufregende Leben führt, das sie sich einmal für sich selbst erträumt hatte. Und Alexander? Beneidet er sie um ihr Familienglück? Mit einem Mal wird der Zweifel am eigenen Leben übermächtig, alles steht auf dem Spiel. Sieben Tage können alles verändern.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.05.2018

Sprachlich hui, inhaltlich leider pfui

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Taormina, Sizilien. Zwei Familien im Urlaub zum Ausklang des Sommers, der letzte Tag in diesem Buch wird der 1. November sein.
Da sind Anna und Jo, Anna ist 43, und die gemeinsamen Kinder Judith, fast ...

Taormina, Sizilien. Zwei Familien im Urlaub zum Ausklang des Sommers, der letzte Tag in diesem Buch wird der 1. November sein.
Da sind Anna und Jo, Anna ist 43, und die gemeinsamen Kinder Judith, fast 11, sowie Bruno, 5.
Dann sind da Alexander und Zoe, ein Paar mit großem Altersunterschied, sowie Alexanders Sohn Florian, im Alter eher nahe an Zoe, er ist aus Alexanders erster Ehe. Alle kommen mit Erwartungen auf die Insel: Für Anna und Jo war Sizilien der Ort ihrer Flitterwochen. Zoe ist schwanger und Alexanders Beziehung zu Florian ist problematisch.

Der Klappentext verspricht hier leider zu viel, auch die Leseprobe hatte mich sprachlich in die Irre geführt. Die Sprache im Buch ist schön, die Bilder sind teils sehr treffend. Die Handlung ist leider trivial, fast alle Charakter fand ich nervig (ich muss Charaktere nicht mögen oder mich mit ihnen identifizieren können, aber nervig??). Judith ist frühreif, launisch, verzogen und eher auf ihren Vater fixiert. Anna ist unzufrieden, weiß aber auch nicht so recht, weshalb. Das Geld ist klamm, an Jos Arbeitsplatz herrscht Unsicherheit, die „nachgebauten Flitterwochen“ kranken daran, dass die Unterkunft eher eine gammelige Absteige ist statt des damaligen Luxushotels, das im Moment unerschwinglich ist. Mehr Job will Anna trotz der prekären Lage aber auch nicht, dafür bekommt auch Jo den Mund nicht auf. Eine gemeinsame Urlaubsplanung funktioniert eher nicht, Planung sowieso nicht, da fast ausschließlich die Kinder bestimmen, aus dem Impuls heraus, als Paar läuft ohnehin eher nichts. Jo blieb für mich blass.
Alexander, Florian und Zoe lügt jeweils alle anderen an oder verschweigen etwas. Alexander ist der Erfolgstyp mit „Trophy Wife“ in der Lebenskrise, der trotzdem nur Ansprüche stellt, aber menschlich versagt, während Florian von Beruf Sohn ist. Seltsam – irgendwie mochte ich in diesem Buch nur den fünfjährigen Sohn und den Arroganzling Alexander, immerhin war er in sich schlüssig.

Irgendwann treffen die Gruppen aufeinander. Es kommt zu – was? Hineinprojizieren von Erwartungen, die ohnehin nie erfüllbar waren? Ein Rückfall in infantile Zustände, auf den Boden werfen, mit den Fäusten trommeln, ich will ich will? So in etwa. Dazu Drama und Verkettung wie bei Rosamunde Pilcher. Was die Autorin sprachlich gut hinbekommen hat: über meine generelle Unzufriedenheit mit dem Inhalt hinaus vermittelt sie eine Stimmung von Frust, Ernüchterung, Plan- und Ziellosigkeit versus „Plan-Übererfüllung“ (für mich nur eine andere Form der Planlosigkeit, das Vollstopfen das Tags mit Zielen, um die Leer zu überdecken). Ich habe danach nach einem Buch gegriffen aus dem Bestand, von dem ich mir absolut sicher war, es zu genießen.

Warum nur lockte die Autorin mit so schönen Sätzen? „So hatte sie sich als junge Frau die Zukunft mit Kindern vorgestellt. Sie hatte mittendrin sein wollen, die Helden- und Hauptrolle spielen in dieser Art von Theater. Sie hatte auf der Mitte dieses Seils tanzen wollen, dort, wo man am sichersten stand.
Aber nun bewegte sie sich unaufhaltsam fort von diesem Schwerpunkt. Gut möglich, dass mehr Lebensjahre hinter ihr lagen als vor ihr.“ S. 113 - der Satz ist fast beliebig, charakterisiert es aber gut. Jammern, wo bitte ist der Strick. Es hätte so ein schönes Buch sein können über Lebenskrisen und Neuanfänge, da muss gar kein Happy End sein.

Schöne Sprache, schöne Landschaftsbeschreibungen. Vorhersehbar, nervig, trivial, ernüchternd, frustrierend.

Veröffentlicht am 29.04.2018

Unglückliche Bilanz eines ach so normalen Lebens

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„Anna wollte protestieren. Wollte ihm erklären, dass es kein Glücksrezept gab, nicht seine, nicht ihre Art von Familie und auch nicht das Alleinsein. Dass kein Mensch es aushielt, wenn alle Hoffnungen ...

„Anna wollte protestieren. Wollte ihm erklären, dass es kein Glücksrezept gab, nicht seine, nicht ihre Art von Familie und auch nicht das Alleinsein. Dass kein Mensch es aushielt, wenn alle Hoffnungen eines anderen auf ihm lasteten.“
Anna und Jo verbringen ihren Urlaub auf Taormina, einer sizilianischen Insel, auf der sie einst auch ihren Honeymoon gefeiert haben. Diesmal jedoch ist die Beziehung nicht mehr so jung, frisch und unbelastet, denn die beiden Kinder Bruno und Judith nehmen einen Großteil ihrer Freizeit in Anspruch und ein finanzieller Engpass zwingt sie dazu, von allem die Billigvariante zu ergreifen, statt das erhoffte Luxusmodell. Frust, Unzufriedenheit und erkaltete Gefühle prägen den Alltag der beiden. Da kommt Anna der attraktive Schwimmer Alexander, der mit seinem Sohn und seiner blutjungen, schwangeren Freundin Zoe ebenfalls auf Taormina Urlaub macht, wie gerufen. Endlich ein Lichtblick in ihrem Leben, ein Fremder, der ihr Beachtung schenkt und doch so distanziert bleibt. Denn anders als Anna vermutet, hat auch Alexander ein schweres Päckchen zu tragen und längst ist nicht alles so perfekt, wie es scheint …
Von diesem Roman habe ich mir eine tiefgreifende, emotionale Geschichte über den Verlust der Träume erwartet, eine potentielle Antwort auf den Sinn des Lebens, eine Reflexion über innere Gedanken, vermeintliche Fehler und die ehrliche Antwort auf die Frage, ob andere glücklicher sind, als man selbst und warum überhaupt dieser Gedankengang so existentiell, so notwendig erscheint. Doch zu meiner Enttäuschung, vermag es die junge deutsche Autorin Verena Carl, die bereits mit dem Hamburger Förderpreis für Literatur ausgezeichnet wurde, nicht meine Empathie zu gewinnen. Das große Manko dieses Romans ist meiner Meinung nach sein Triviallität, das ständige Verfallen der Personen in allzu vorhersehbare Muster und ihr dramatisches Auftreten auf der eigentlich entspannten Urlaubsbühne.
Zunächst einmal mangelt es dem Text schon deshalb an Dichte und Innerlichkeit, weil er statt einer Hauptprotagonistin (so wie ich erwartet habe) gleich mehrere Personen ins Zentrum rückt. Dadurch bekommt man als Leser einerseits den Überblick über zahlreiche zwischenmenschliche Befindlichkeiten, verliert aber andererseits den Bezug zu einer speziellen Person. Erschwerend empfinde ich dann die klischeehafte Ausarbeitung der Darsteller, die ich hier bewusst so nennen mochte, da mich die Szenen des Buches vielmehr an einen Film erinnert haben, als mir lieb gewesen wäre. Da findet man die enttäuschte Mittvierzigerin, die sich Abwechslung und Abenteuer wünscht und stattdessen von den anstrengenden Kindern genervt wird. Den schweigsamen Ehepartner, der sich in seiner Jugend auch zu Männern hingezogen fühlte. Die quirlige Vorpubertierende, die an jeder Ecke ein neues Drama in Gang setzt und auf der anderen Seite eine Familie, die alles andere sind als eine Gemeinschaft, sondern in erster Linie Einzelkämpfer mit fragwürdigen Wertvorstellungen.
Und obwohl die Personen sehr bildlich und umfassend gezeichnet werden, bleiben sie mir allesamt fremd, ja schlimmer noch, sie erfüllen mich mit Abscheu und Schrecken und einem zunehmenden Unverständnis für die Realität des Lebens. Das Unglück, die Melancholie, die die Stimmung des Textes mit sich bringt, führe ich im Wesentlichen auf das Unvermögen der Personen zurück, die verlernt haben, miteinander zu kommunizieren, die sich auf fragwürdige Experimente einlassen und denen es an Schaffenskraft und Mut fehlt. Nicht nur, um sich die selbstgelegten Fesseln abzunehmen, sondern auch, um einen generellen, geglückten Neuanfang in die Wege zu leiten.
Einzig der Schreibstil, die Wortwahl und die stilistisch schönen Sätze konnten mich hier ein wenig von der oberflächlichen Handlung ablenken und mich beim Roman halten, den ich ansonsten auf Grund seiner Handlung spätestens ab der Hälfte des Buches wohl abgebrochen hätte.
Fazit: Ich vergebe 2 Lesesterne für einen Roman, der ganz und gar nicht meiner Erwartungshaltung entsprach. Gefunden habe ich anstrengende Menschen, in alltäglichen Handlungen, mit einem kalkulierbaren Vorleben und keinerlei Entwicklungspotential. Viele Klischees, viel Drama um Nichts, wenig Handlungsanreize aber leider auch kein Gedankenkonstrukt der philosophischen Natur. Sacht und leise, plätschert das Geschehen vor sich hin und verliert sich im Nirgendwo, genau wie die Aufräumarbeiten zum Ende der Urlaubssaison, werden die Stühle gestapelt, die Böden gekehrt und die Türen verschlossen – bis irgendwann ein neues, allzu gleiches Intermezzo beginnt.