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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.09.2016

Genial

Tintenwelt 1. Tintenherz
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Meggie lebt mit ihrem Vater Mo zwischen Büchern. Er ist Buchbinder und oft reisen die beiden zu den merkwürdigsten Menschen und ihren Büchern. Und wie Mo lieb auch Meggie Bücher über alles. Eines Nachts ...

Meggie lebt mit ihrem Vater Mo zwischen Büchern. Er ist Buchbinder und oft reisen die beiden zu den merkwürdigsten Menschen und ihren Büchern. Und wie Mo lieb auch Meggie Bücher über alles. Eines Nachts sieht sie vor ihrem Fenster eine merkwürdige Gestalt. Es ist Staubfinger, ein Bekannter ihres Vaters, der diesen warnt. Schon am nächsten Tag fliehen Meggie, Mo und Staubfinger vor Capricorn, einem Mann, der unbedingt ein Buch von Mo haben will. Tintenherz. Doch auch bei ihrer Tante Elinor sind sie nicht vor Capricorn sicher. Und dann erfährt Meggie unglaubliches über ihren Vater und die Nacht, als ihre Mutter verschwand.Dieses Buch ist absolut lesenswert. Es ist in sich eine Liebeserklärung an Bücher, an Geschichten und die Macht des Vorlesens. Es gibt immer wieder Anspielungen auf andere Bücher und das Buch als solches wird als Wertobjekt gezeigt. Lesen ist hier kein Zeitvertreib, Lesen ist geradezu Notwendigkeit.
Die Handlung ist absolut spannend und packend aufgebaut. Der Leser wird hauptsächlich mit einem personalen Erzähler auf Meggie konzentriert. Ab und zu kommt eine Nebenfigur in den Fokus, aber eher selten. So bleibt Meggie als Protagonistin am klarsten, aber auch die Nebenfiguren erfahren genug Raum. Das Geheimnis um Mo wird dann auch nur nach und nach gelüftet. Sehr gelungen finde ich die Mischung aus Angst und Hoffen, die Meggie fühlt, wenn es darum geht, dass sie die Kräfte ihres Vaters geerbt haben könnte.
Schön ist auch, wie die Figuren zusammenspielen, sich entwickeln und miteinander wachsen. So werden anfänglich eher flache Charaktere wie Tante Elinor im Verlauf zu vielschichtigen Persönlichkeiten, die Schwächen und Stärken zeigen. Natürlich entwickelt sich auch Meggie und verändert sich nicht nur in sich selbst, sondern auch in Bezug auf ihren Vater und ihre Umwelt. Die anfängliche Allmacht Mos muss seinen vergangenen Fehlern weichen, die Meggie endlich erkennt, die wechselnden Ansichten in Bezug auf Staubfinger zeigen klar die verschiedenen Perspektiven auf. Auch die unterschiedlichen Antriebe der Figuren werden so deutlich.
Ausgerechnet Capricorn als Bösewicht bleibt aber ein Stereotyp, eine groteske Figur, dessen Antrieb unerklärlich bleibt. Das passt auch nur insofern, als dass er im Buch ja bereit eine fiktive Gestalt darstellt.
Der Stil ist ausgefeilt. Kindische und unzureichende Beschreibungen haben hier keinen Platz. Stattdessen zieht Cornelia Funke den Leser hier genauso in die Geschichte, wie Mo es in Tintenherz schafft, die Figuren aus den Büchern heraus zu lesen. Der Grundgedanke des Miterlebens einer Geschichte – auf die eine oder andere Art – ist hier so genial aufgegriffen, dass Tintenherz in keinem Bücherregal eines echten Bücherfreundes fehlen sollte.

Veröffentlicht am 29.11.2019

Spaß für die ganze Familie

Emmi & Einschwein 4. Kein Weihnachten ohne Puddingschuhe!
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Es ist Einschweins erste Weihnachten und natürlich soll das wunderwonnig werden. Es wird dekoriert und gebacken und natürlich auch die Wunschzettel geschrieben, damit Wuschel, der Wunschwichtel, dem Weihnachtsmann ...

Es ist Einschweins erste Weihnachten und natürlich soll das wunderwonnig werden. Es wird dekoriert und gebacken und natürlich auch die Wunschzettel geschrieben, damit Wuschel, der Wunschwichtel, dem Weihnachtsmann sagen kann, was die Kinder sich wünschen. Doch irgendetwas stimmt mit Wuschel nicht. Seltsame Briefe flattern in die Briefkästen aller Leute in Wichtelstadt. Emmi und Einschwein wird klar, sie müssen etwas unternehmen, um Weihnachten zu retten.
Die Handlung selbst ist großartig angelegt und mitreißend spannend. Emmi und Einschwein begeben sich auf Spurensuche und enttarnen so, wie arg es um das Weihnachtsfest tatsächlich steht. Dabei sind die beiden relativ souverän und manchmal kommen sie mit den einfachsten Ideen am weitesten. Schön für die Vorweihnachtszeit ist natürlich, dass die 24 Kapitel sich zum Adventslesen anbieten. Auch für Kindergartengruppen und Schulklassen kann das Buch, gerade weil Weihnachten ohne religiösen Bezug daherkommt, eine Möglichkeit für die gemeinsame Gestaltung des Dezembers sein.
Mit amüsanten, aber vor allem spannenden Wendungen und Kapiteln, die keinesfalls überbrücken, sondern immer eine eigene kleine Geschichte erzählen und dabei den großen Spannungsbogen nicht vergessen, ist auch dieses Emmi und Einschwein Buch großartig zum Vorlesen oder für junge Leser:innen geeignet. Einschweins Wortspielereien können aber mitunter für Verwirrung sorgen, machen aber auch beim gemeinsamen Lesen großen Spaß. Schön ist, dass seine Formulierungen oft nochmal von der personalen Erzählstimme kommentiert werden. Das wirkt aber zum Glück eher wie eine Ergänzung, als wie eine Erklärung.
Emmi ist ein Charakter, den Kinder wie Erwachsene lieben. Sie ist weder affektiert noch überaus impulsiv, sondern reflexiv und nachdenklich. Vielleicht manchmal etwas zu reflexiv für eine Zehnjährige, aber das macht Einschwein mit einer Infantilität wieder wett. Gemeinsam sind die beiden ein super Team, dass bei uns geschlechtsunabhängig und altersunabhängig großen Spaß verbreitet hat.

Veröffentlicht am 02.05.2018

Schöne Umsetzung

Die Stadt der Träumenden Bücher (Comic)
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Wer den Roman kennt, kennt den Plot. Das Ende ist bekannt und es geht beim Einlassen auf den Comic viel mehr auf die Umsetzung. Da setzt die grafische Aufarbeitung wirklich wundervoll die Ideen Moers um. ...

Wer den Roman kennt, kennt den Plot. Das Ende ist bekannt und es geht beim Einlassen auf den Comic viel mehr auf die Umsetzung. Da setzt die grafische Aufarbeitung wirklich wundervoll die Ideen Moers um. Dabei wird viel Farbe genutzt, der Stil ist wie im ersten Band – das ist durchaus nicht selbstverständlich, manche Comics wechseln da sehr schnell, aber natürlich für den Wiedererkennungseffekt wichtig.
Der Comic warte mit Elementen einer Graphic Novel auf, wenn längere Passagen erzählt werden – etwa den Hintergrund des Schattenkönigs. Trotzdem bleibe ich dabei, es im Ganzen als Comic zu sehen, dafür fehlen mir andere Elemente einfach. Der Stil und die Farbgebung ist klar comichaft. Interessant finde ich, dass auch die blutigen und düsteren Szenen dadurch entschärft werden. Meine Kinder haben fast eine Woche lang immer wieder in das Buch hineingeschaut und waren vor allem fasziniert, aber zu keiner Zeit verängstigt.
Sehr schön finde ich, dass durchaus eine gewisse Diskrepanz zwischen der Erzählung Mythenmetz‘ und seinem Erleben deutlich wird. Der dramatische Effekt wird dabei teilweise durch das Bild, teilweise aber auch nur durch das Wort transportiert. Hier kommt die Übertreibung des fiktiven Autors aus meinem Blickwinkel deutlicher rüber, als noch im ersten Teil. Etwas, was für mich den besonderen Charme der Zamonien-Romane ausmacht.

Veröffentlicht am 02.05.2018

tolle Sammlung

Das Buch der Schurken
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Ein Titel, der mich sofort hatte. Die besten Bösewichte der Weltliteratur. Da summt bei mir alles: Literaturwissenschaft, Autorenleben, Bücherliebe. Sind es nicht oft die Antagonisten, die eine Geschichte ...

Ein Titel, der mich sofort hatte. Die besten Bösewichte der Weltliteratur. Da summt bei mir alles: Literaturwissenschaft, Autorenleben, Bücherliebe. Sind es nicht oft die Antagonisten, die eine Geschichte erst richtig bunt und rund machen? Wenn die Krise und die böse Macht stark genug sind, bleiben wir am Ball, bis zur letzten Seite und vielleicht auch darüber hinaus. Die ganz großen Bösewichte machen uns Spaß. Was wäre Star Wars ohne Darth Vader, um ein Beispiel aus einer anderen Richtung zu nennen.
In diesem lexikalisch aufgebauten Buch sind nun 100 Bösewichte auf 256 Seiten zusammengetragen. Schon das Vorwort ist aber interessant. Zum Beispiel, dass eine „Frauenquote“ einfach deswegen nicht zu schaffen war, weil die Weltliteratur (auch historisch gesehen) noch immer männlich dominiert ist – und das nicht nur von Autorenseite her, sondern eben auch bei den Schurken. Dass der Autor gerade diesen Punkt anspricht, finde ich wichtig und gelungen. Auch gibt er dem Leser den Tipp, die einzelnen Beiträge nicht auf einmal zu konsumieren, sondern lieber nach und nach. Das hilft, sich zu jedem bösen Wicht ein paar Gedanken zu machen.
Die Superschurken sind dabei nicht immer die Hauptantagonisten der Romane. So wird beispielsweise Dolores Umbrecht dem dunklen Lord vorgezogen. Auch mancher Protagonist selbst muss herhalten. Felix Krull bekommt – völlig zu Recht – einen Platz in der Liga der 100 besten Schurken zugeteilt. Und nicht nur menschliche Bösewichte, sondern auch tierische oder gar ungreifbare werden einbezogen. Eine wirklich bunte Mischung, die Leser das Gruseln lehren und Autoren inspirieren kann.

Veröffentlicht am 21.03.2018

humorvolle Kritik

Ich bin so hübsch
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Viele Comedians schreiben, wie sie auf der Bühne stehen. Es sind Abschriften ihrer Sprüche und Sketche, die gespielt mit der richtigen Betonung Lachtränen hervorrufen – aufgeschrieben aber oft eher ein ...

Viele Comedians schreiben, wie sie auf der Bühne stehen. Es sind Abschriften ihrer Sprüche und Sketche, die gespielt mit der richtigen Betonung Lachtränen hervorrufen – aufgeschrieben aber oft eher ein müdes Gähnen. Die Show fehlt und lesbar ist der Text dann nur, wenn man die Stimme des Komödianten im Ohr hat. Darum war ich sehr gespannt, wie der Witz hier übertragen wird. Einen Vorteil hat Hazel Brugger gegenüber den eben gemeinten Kollegen: Ihre Beiträge, aus denen das Buch gestaltet wurde, sind bereits von Anfang an für die schriftliche Veröffentlichung gedacht gewesen. Das merken die Leser von ersten Satz an.
Während sie sich durch verschiedene Themen – vom alltäglichen Einkauf über Sexismus, Ethik bis zum dem Älterwerden – schreibt, zeigen ihre Texte nicht nur eine grandios eingefangene Menge an Sarkasmus, sondern sehr tiefe Überlegungen. Sorgfältig verpackt in Worten, die aufwecken, aber nicht hetzen. Wenn es beispielsweise um die Frage geht, ob Frauen nicht so lustig wie Männer sind, macht Brugger daraus einen wunderbaren Artikel über Alltagssexismus, ohne dass es einem mit dem Zaunpfahl an den Kopf geklopft wird. Der Stil ist einnehmend, nicht aufgesetzt oder gezwungen komisch.
Viel wichtiger, als der Lacher zwischendurch, sind die Themen selbst, die Kritik, die sich dahinter verbirgt. Hier zeigt sich ein kluger Kopf, der gekonnt mit Worten spielen kann. Dass ich beim Lesen nicht jedem Argument zustimme, finde ich am Ende halb so wild. Dafür sind die Texte zu interessant, der Hintergrund zu tief und die Überlegungen, die bei mir ausgelöst werden zu weitreichend.