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Veröffentlicht am 14.05.2018

Ein unwahrscheinlich berührender Roman, der unter die Haut geht.

Die Farbe von Milch
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Die fünfzehnjährige Mary lebt mit ihrer Familie auf einem Bauernhof. Das Leben ist karg und hart. So müssen Mary und ihre Schwestern schwer arbeiten. Für die Sorgen und Nöte ihrer Töchter haben die Eltern ...

Die fünfzehnjährige Mary lebt mit ihrer Familie auf einem Bauernhof. Das Leben ist karg und hart. So müssen Mary und ihre Schwestern schwer arbeiten. Für die Sorgen und Nöte ihrer Töchter haben die Eltern kein Verständnis. Der Vater hätte Söhne gewollt und nur Töchter bekommen. Er ist unberechenbar und gewalttätig, und die Mutter verschließt die Augen vor der Not der Mädchen. Selbst zwischen den Schwestern ist das Verhältnis meist angespannt. Lediglich bei ihrem Großvater, der durch eine Krankheit gehbehindert ist, findet Mary Verständnis. Sie ist die einzige in der Familie, die sich um den alten Mann kümmert. Das Leben ist alles andere als leicht für Mary, und doch ist sie ein optimistischer Mensch, so dass sie sogar der Arbeit noch etwas Schönes abgewinnen kann. Trotz des lieblosen Umgangstons hängt sie an ihrer Familie. Das wird spürbar, als der Vater sie eines Tages zum Pfarrhaus schickt, um die kranke Ehefrau des Dorfpfarrers zu pflegen. Einerseits geht es ihr in dieser neuen Umgebung besser. Die Frau des Pfarrers mag sie sehr und schätzt die Gesellschaft und die offene, ehrliche Art des jungen Mädchens. Und doch packt Mary immer wieder das Heimweh und die Sehnsucht nach dem Bauernhof, und nicht nur einmal schleicht sie sich davon, um ihre Familie zu besuchen. Als einige Zeit später die Pfarrersfrau stirbt, bringt dies einige Veränderungen mit sich, die Marys Leben überschatten.

„Dies ist mein Buch und ich schreibe es eigenhändig. Es ist das Jahr des Herrn achtzehnhundertundeinunddreißig und ich bin fünfzehn geworden und sitze an meinem Fenster und kann viele Dinge sehen...“ Mit diesen Worten beginnt der Roman. Man staunt darüber, wenn man bedenkt, wie Mary aufgewachsen ist. Durch die viele Arbeit auf dem Hof blieb für Schulbildung keine Zeit.
Im ersten Moment habe ich gestutzt, denn der Schreibstil ist außergewöhnlich, aber je mehr man über die Ich-Erzählerin erfährt, umso passender erscheint er, denn Mary hat zwar das Lesen und Schreiben gelernt, aber darüber hinaus keine weitere Schulbildung genossen. Dass das Formulieren von Sätzen für die Protagonistin nicht alltäglich ist und ihr auch nicht leicht fällt, hat die Autorin in ihrem Roman sehr gut zum Ausdruck gebracht, und dieses Besondere wurde auch in der deutschen Übersetzung berücksichtigt. Mary schreibt einfach und schnörkellos, zugleich aber sehr bildhaft, und ihre Geschichte ist mit vielen Metaphern geschmückt. Die geradlinige junge Frau hat eine außerordentliche Art, ihre Gedanken und Gefühle auf den Punkt zu bringen. Zwar kennt Mary alle Buchstaben und kann sie zu Worten und Sätzen fügen, aber ihrem Geschriebenen fehlt weitgehend die Interpunktion. Nur Punkte am Satzende hat sie gesetzt. Dadurch wirkt ihre Geschichte atemlos, gehetzt, was letztendlich auch Marys Lebenssituation deutlich widerspiegelt.
Worauf alles hinausläuft, zeichnet sich schon nach und nach im letzten Drittel des Romans ab und ist also in gewisser Weise vorhersehbar, und doch hat mich das Ende kalt erwischt und aufgewühlt. Ich hatte selten ein Buch in der Hand, das mir, aus mehreren Gründen, derart unter die Haut gegangen ist wie dieses. Das liegt einmal an dem unwahrscheinlich starken Charakter der Ich-Erzählerin, die selbst in schwierigen Situationen meist noch eine Spur ihres trockenen, manchmal auch bitteren Humors behält. Was die junge Frau erlebt und niederschreibt, war für die damalige Zeit nicht außergewöhnlich, aber das Grundproblem kann, losgelöst von Marys Geschichte, in jedem anderen Zeitalter, auch in unserem, ähnlich bestehen! Hier wurde ein brisantes Thema in eine frugale Geschichte verpackt, und die Art und Weise, wie das geschehen ist, macht das Buch für mich zu einem Meisterstück.

Veröffentlicht am 11.05.2018

Tiefe Havel

Tiefe Havel
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Dies ist bereits der dritte Fall für Hauptkommissar Toni Sanftleben, und wie man schon am Titel erkennen kann, ist der zentrale Schauplatz auch diesmal wieder die Havel. Toni wird zu einem Mordfall gerufen, ...

Dies ist bereits der dritte Fall für Hauptkommissar Toni Sanftleben, und wie man schon am Titel erkennen kann, ist der zentrale Schauplatz auch diesmal wieder die Havel. Toni wird zu einem Mordfall gerufen, nachdem er gerade eine erschreckende Entdeckung gemacht hat, was sein Privatleben betrifft. Man kann gut nachfühlen dass er seinem angestauten Frust am liebsten Luft machen würde, aber er zeigt Beherrschung. Er ist zu sehr Profi in seinem Beruf, um unkontrolliert auszurasten. In gewisser Weise sieht er den Fall, den er bearbeiten muss, als Flucht vor seinen Gedanken und Gefühlen.
Das Buch vereint mehrere Handlungsfäden.
Da ist einmal Toni beruflich. Ein Vorgesetzter macht ihm ständig Ärger, und in seinem Team kriselt es. Vor allem der bisher so zuverlässige Phong scheint ein Problem zu haben und wirkt demotiviert. Der aktuelle Fall gibt Toni und seinen Kollegen Rätsel auf: Jürgen Seitz, der Kapitän eines Binnenfrachters im Havelkanal, wurde auf seinem eigenen Schiff ermordet. Die Spuren, die Toni und sein Team verfolgen müssen, sind vielfältig, und so manche davon führt ins Leere, einige aber auch in Tonis eigene Vergangenheit. Wer die vorherigen beiden Bände gelesen hat, was ich auf jeden Fall empfehlen würde, weiß auch um Tonis Suchtproblem. Er ist trockener Alkoholiker und wird auch diesmal wieder gewaltig in Versuchung geführt.
Dann ist da noch ein Erzählstrang um Toni als Privatmann. Dieser führt auf einen ehemaligen alten Obsthof, wohin sich Tonis Frau Sofie vor ca. zwei Jahren zurückgezogen hat. Nach früheren, tragischen Entwicklungen wollte sie dort zur Ruhe kommen und zu sich selbst finden. Im Verlauf der Handlung rückt das alte Anwesen mit seinen Bewohnern unerwartet stark in den Brennpunkt des Geschehens.
In einem weiteren Handlungsfaden geht es um den fünfundzwanzigjährigen Sandro Ehmke. Er war früher Häftling in einer Jugendstrafanstalt. Nun hat er einen Job als Stallgehilfe gefunden. Zu Tieren hat er ein besonderes, liebevolles Verhältnis, und besonders die Fuchsstute Bonita ist ihm ans Herz gewachsen. Das ehemals lahmende Tier entwickelte sich unter seiner Fürsorge zu einem gefragten Dressurpferd, aber die Mühe, die er in Bonitas Entwicklung gesteckt hat, zahlt sich für ihn nicht aus, weder finanziell noch durch Anerkennung. Sein Chef sieht immer noch den ehemaligen Sträfling in ihm, der dankbar sein muss, überhaupt eine Stelle gefunden zu haben. Sandro fühlt sich ausgenutzt, ist unzufrieden,und seine ganzen Hoffnungen liegen auf seinem Freund Herm, der einen großen Deal vor hat und sich dann mit ihm zusammen absetzen möchte.
Was die verschiedenen Gegebenheiten miteinander zu tun haben, wie sie verknüpft sind und natürlich die Hintergründe und die Ursache für den Mord an Seitz, das alles erfährt man in diesem Buch.
Der vorliegende Krimi ist, wie man es von Tim Pieper kennt, sehr vielschichtig und komplex aufgebaut und bietet jede Menge Spannung. Sehr lange, fast bis zum Ende, wird der Leser im Unklaren über die Zusammenhänge gelassen. Der flüssige Schreibstil sorgt dafür, dass einen die Geschichte nicht loslässt. Mir erging es so, dass ich ein Kapitel nach dem anderen verschlungen habe und mit dem Lesen gar nicht mehr bremsen konnte. Zu neugierig war ich einerseits auf die Lösung des Falls, aber auch auf die Entwicklung in Tonis Privatleben. Ich möchte auf die Vorgeschichte gar nicht näher eingehen, denn Tonis Ehe mit Sofie und die Probleme, die das Paar über viele Jahre zu bewältigen hatte, sind ausführlich in den vorherigen Bänden thematisiert. Wer diese noch nicht gelesen hat, erfährt aber im vorliegenden Buch gerade genug, um die Zusammenhänge zu verstehen und einordnen zu können.
Die klare Sprache, die realistisch dargestellten Charaktere, die besondere Atmosphäre, hervorgerufen durch lebendige Beschreibungen der schönen Havel-Landschaft und nicht zuletzt die fesselnde Handlung ergeben einen rundum gelungenen, packenden Krimi, der auf jeden Fall Lust auf mehr macht! Darum hoffe ich sehr auf eine Fortsetzung.

Veröffentlicht am 02.05.2018

Wenn alte Bücher eine Brücke zwischen den Zeiten schlagen...

Der Zauber zwischen den Seiten
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Die Römerin Sofia steht an einem Wendepunkt im Leben. Ihre Ehe, für die sie ihren geliebten Beruf als Bibliothekarin aufgab, ist gescheitert. Gerade in dieser Zeit der privaten Neuorientierung hat sie ...

Die Römerin Sofia steht an einem Wendepunkt im Leben. Ihre Ehe, für die sie ihren geliebten Beruf als Bibliothekarin aufgab, ist gescheitert. Gerade in dieser Zeit der privaten Neuorientierung hat sie mehrere schicksalhafte Begegnungen. In einem Antiquariat schenkt ihr der Inhaber ein altes Buch von Christian Philipp Fohr. Unter dem Buchdeckel versteckt findet sie Aufzeichnungen einer Frau aus dem 19. Jahrhundert. Clarice, wie die junge Frau heißt, hat das Buch offenbar selbst gebunden. Sie erzählt von ihrem Schicksal, und Sofia fühlt gleich eine starke Verbundenheit, eine Seelenverwandtschaft, denn die beiden Frauen haben einige Gemeinsamkeiten. Beide erleben eine unglückliche Ehe, aber in beider Leben gibt es auch einen Gleichgesinnten, der sie versteht. Auch in ihrer Liebe zu Büchern und in ihrem Bestreben nach Unabhängigkeit ähneln sie sich. Da Clarices Aufzeichnungen abrupt enden, lässt die Sache Sofia keine Ruhe, und sie begibt sich auf die Suche nach weiteren Spuren, die zu der Buchbinderin führen könnten. Unterstützung findet sie durch den Graphologen Tomaso Leoni, denn auch er kann sich der Magie alter Bücher nicht entziehen. Von Sofia ist er vom ersten Augenblick an fasziniert und sucht ihre Nähe.

Es sind zwei starke Frauenfiguren, von denen die Autorin hier berichtet. Der Roman ist auf zwei Zeitebenen angelegt, und mir hat sowohl die Geschichte aus dem 19. Jahrhundert als auch die Handlung in der Gegenwart ausgesprochen gut gefallen. Schon der Aufbau der einzelnen Kapitel, die jeweils von passenden Zitaten diverser Klassiker angeführt werden, lässt den Leser immer wieder innehalten und sich auf die Feinheiten dieses wunderschön und bildhaft geschriebenen Romans besinnen.
Die Protagonisten in beiden Jahrhunderten sind leidenschaftliche Menschen mit einer starken Ausstrahlung, die für ihre Sache einstehen, ja geradezu brennen.
„Zwischen den Seiten“ erlebt man zwei wundervolle, ganz besondere Liebesgeschichten, die auf faszinierende Weise miteinander verbunden sind.
Der Titel „Der Zauber zwischen den Seiten“ wurde in mehrfacher Hinsicht gut gewählt, denn diese Magie wirkt nicht nur auf die Protagonisten, als sie die alten Aufzeichnungen finden und studieren, sondern sie entfaltet sich auch beim Lesen dieses fesselnden und berührenden Romans.

Veröffentlicht am 23.04.2018

Cornwall Seasons 3

Frühlingsleuchten
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In diesem Band der Cornwall-Seasons geht es um die dritte Freundin im Bunde. Chesten, die junge Tierärztin, ist seit Jahren unglücklich verliebt in einen verheirateten Mann. Sie hofft, dass er sich eines ...

In diesem Band der Cornwall-Seasons geht es um die dritte Freundin im Bunde. Chesten, die junge Tierärztin, ist seit Jahren unglücklich verliebt in einen verheirateten Mann. Sie hofft, dass er sich eines Tages für sie entscheidet, aber dazwischen beschleichen sie Zweifel, ob das jemals geschehen würde.
Chesten ist eine liebenswerte junge Frau, aber obwohl sie in Bree und Alys zwei ehrliche, zuverlässige Freundinnen und Ratgeberinnen hat, ist sie eher verschlossen, wenn es um ihre Beziehung geht.
Mit Darren tritt eine völlig neue „Größe“ in Chestens Leben, denn sie merkt, dass sie viele Gemeinsamkeiten mit dem tiefgründigen Mann hat. Darren ist anfangs nicht leicht zu durchschauen, und doch fühlt sich Chesten zu ihm hingezogen, denn schon allein, dass er einen verletzten Hund gerettet hat, macht ihn der überzeugten Tierärztin und Tierschützerin sympathisch. Sie könnte sich durchaus vorstellen, ihm näher zu kommen, wäre da nicht ihr Geliebter Yestin. Manchmal möchte man Chesten einen kleinen Schubs geben, denn als „außenstehender Beobachter“ hat man einen guten Überblick und weiß einfach immer ein wenig mehr als die Protagonisten.
Im Lauf der Handlung muss Chesten einige schwere Entscheidungen treffen, die auch mich beim Lesen sehr berührt haben.
Wie könnte es anders sein, so spielen auch in diesem Band einige Vierbeiner eine wichtige Rolle, denn da sind nicht nur Chestens eigene Tiere, sondern auch die Katzen und Hunde ihrer Freunde. Einen Roman ohne Tiere, das könnte ich mir bei Cara Lindon gar nicht vorstellen, denn die gehören einfach immer dazu.
Der Titel „Frühlingsleuchten“ kommt nicht von ungefähr, und auch das wunderschöne Coverbild schmückt das Buch nicht zufällig, denn dazu gibt es eine zauberhafte Szene im Roman. Es ist eine Geschichte, in die man richtig eintauchen kann. Man genießt die wundervollen Landschaftsbeschreibungen, und man erlebt Freud und Leid mit den sympathischen Protagonisten.
Vom Verständnis her ist es übrigens kein Problem, dieses Buch einzeln zu lesen, auch wenn die Geschichten aufeinander aufbauen. Ich habe die Cornwall-Seasons von Anfang an verfolgt und den Eindruck gewonnen, dass sich die Autorin von Band zu Band nochmal gesteigert hat, und auch wenn ich alle Bände gut fand, so kann ich doch sagen, dass mir dieser dritte Band bisher am allerbesten gefallen hat. „Frühlingsleuchten“ ist ein wundervoller Roman, unterhaltsam und humorvoll geschrieben, aber auch mit traurigen, tiefsinnigen Elementen, kurz gesagt: ein Leseerlebnis mit der ganzen Bandbreite an Emotionen.

Veröffentlicht am 18.04.2018

In ihrem aktuellen Sommerroman entführt und Petra Schier wieder einmal nach Lichterhaven, in den entzückenden kleinen Ort am Meer

Vier Pfoten am Strand
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Als der Künstler Ben Brungsdahl nach Lichterhaven kommt, möchte er dort eigentlich nur in Ruhe arbeiten, aber dann macht ihm sein Hund einen Strich durch die Rechnung. Boss ist eine amerikanische Bulldogge, ...

Als der Künstler Ben Brungsdahl nach Lichterhaven kommt, möchte er dort eigentlich nur in Ruhe arbeiten, aber dann macht ihm sein Hund einen Strich durch die Rechnung. Boss ist eine amerikanische Bulldogge, und er hat in seinem jungen Leben schon Schlimmes erlebt. Ben nahm ihn bei sich auf, weil ihm der Hund leid tat, aber dass es so schwierig sein würde, hatte er sich nicht vorgestellt. Boss hat kein Vertrauen zu den Menschen, denn zu oft wurde er schon enttäuscht oder gequält. Da Ben sich mit der Erziehung des sturen Vierbeiners nicht mehr zu helfen weiß, engagiert er die Hundetrainerin Christina. Sie gewinnt nicht nur das Herz des Hundes, sondern nimmt plötzlich auch in Bens Leben und Gedanken immer mehr Raum ein.

Dies ist nicht der erste Lichterhaven-Roman, denn schon im Sommer 2016 habe ich „Körbchen mit Meerblick“ gelesen, und auch dieses Buch spielt in dem fiktiven Ort am Meer. Die Wahl eines Schauplatzes für mehrere Bände und die Verknüpfung verwandtschaftlicher oder freundschaftlicher Verhältnisse in mehreren Romanen, das ist bei Petra Schier schon so etwas wie ein Markenzeichen. Mir gefällt das sehr, denn beim Lesen ist es fast so, als würde man gute alte Freunde besuchen. Der kleine Ort ist schon vertraut, und auch viele der Charaktere in diesem Roman kannte ich bereits vom vorherigen Band. Auch in „Körbchen mit Meerblick“ war ein Hund die „Hauptperson“, und Schoki ist hier ebenfalls wieder mit von der Partie.
Die wichtigste Rolle spielt aber diesmal Boss, und er hat seinen Namen mit der Tat, denn wenn er mit Ben unterwegs ist, weiß man nicht, wer hier eigentlich wen an der Leine führt. Boss ist in der Handlung kein niedlicher kleiner Welpe mehr, wie auf dem Cover abgebildet, sondern er befindet sich gerade in der Hunde-Pubertät. Mit seinen fünfzig Kilo wirft er sein Herrchen mit Leichtigkeit um, was Ben so gar nicht gefällt. Zum Glück ist Christina nicht nachtragend, denn die erste Begegnung zwischen der Hundetrainerin und Ben fällt alles andere als liebenswürdig aus.

Zugegeben, eine amerikanische Bulldoge wäre nicht der Hund meiner Wahl, schon der Größe wegen. Würde mir ein Hund wie Boss begegnen, würde ich respektvollen Abstand halten. In diesem Roman bekommt er aber eine eigene Stimme. In vielen Kapiteln ist Boss der Ich-Erzähler und erklärt, wie er die Welt und die Menschen sieht. Das ist mit so viel Einfühlungsvermögen und so liebenswert geschrieben, dass ich den großen, tollpatschigen und etwas stürmischen Hund sehr schnell ins Herz geschlossen habe. Auch die menschlichen Protagonisten dieses Lichterhaven-Romans sind wieder sehr sympathisch, und man kann sich wunderbar in die verschiedenen Situationen hineinversetzen. Es ist, als würde man den Sommer am Meer selbst miterleben. Entsprechend leidet man in diversen Momenten auch direkt mit, und ich muss zugeben, dass ich am Ende sogar ein paar Tränen vergossen habe, was zeigt, wie tief ich emotional in die Handlung eintauchen konnte. Großes Kompliment an die Autorin, die es mit tollen Charakteren, spannenden Handlungsfäden und einem herzlichen, humorvollen Schreibstil regelmäßig schafft, mich mit ihren Romanen zu fesseln und in ihre fiktiven Welten mitzunehmen.
Es ist mir nicht leicht gefallen, mich von Boss, Ben und Christina zu verabschieden. Aber es gibt einige Hinweise im Buch, dass es sicher ein freudiges Wiedersehen in Lichterhaven geben wird, und darauf bin ich schon riesig gespannt!