Nach „Der Marsianer“ erwartete ich viel von Andy Weirs neuem Werk, doch hing ich an jenem Buch nicht aus positiven Gründen für eine lange Zeit.
Artemis floriert als erste und einzige Stadt auf dem Mond. Sie ist nicht nur ein neuer Lebensraum für den Menschen, sondern auch ein sehr beliebtes Reiseziel. Jazz Bashara lebt seit ihrer Geburt in dieser außergewöhnlichen Stadt, welche jedoch auch sehr teuer ist. Schmuggeln ist ein guter Weg, an mehr Geld zu kommen. Als ihr ein lukrativer, wenngleich illegaler Auftrag angeboten wird, sagt sie zu, ohne zu wissen, dass die Sache größer und bedeutender ist als gedacht.
Schon von Beginn an hatte ich große Probleme mit diesem Buch, sodass ich es sogar für eine kurze Zeit lieber aus der Hand legte. Nach der Marsianer hatte ich wohl etwas ähnlich Spannendes erwartet. Eine interessante Geschichte auf vielen Ebenen verbunden mit der Faszination des Lebens außerhalb der Erde und kleinen Details aus dem Bereich der Wissenschaft. Jedoch konnte ich das Gefühl des Desinteresses und der Langeweile nicht abschütteln.
Weir hat sich dieses Mal an eine weibliche, arabische Protagonistin gewagt, die nur allzu sehr die männliche Version von Mark Watney ist. Die Hauptfigur seines vorherigen Romans funktionierte in ihrer Geschichte sehr gut, fügte sich perfekt ein, obschon mich Watney zum Ende hin mit seiner Art nervte. Diesbezüglich hat jeder Mensch andere Vorlieben. Jazz, welche die Handlung aus personaler Ich-Perspektive erzählt, ist jedoch unausgereift in ihrem Auftreten und ihrer Gestaltung, für mich nicht ernst zu nehmen. Der Leser kann mit einem sarkastischen Kommentar in gefühlt jedem Abschnitt rechnen. Er soll ansprechend sein, gewollt lustig, aber nicht selten sind diese nebenbei angehangenen Kommentare überflüssig, albern, manchmal nicht passend zur heutigen Zeit und Situation und manche werden den schwarzen Humor eventuell als unter der Gürtellinie empfinden. Natürlich dürfen nicht die zahlreichen sexuellen Anspielungen und Witze fehlen, die Hervorhebung von Jazz‘ Sexleben. Ebenfalls kann mit lustigen Antworten und Anmerkungen zu nie gestellten Fragen seitens des Lesers gerechnet werden, die aber hübsch die Situation und das Komische daran untermalen sollen. Nicht zu vergessen ist das unnötige Scherzen über andere Sprachen, wie beispielsweise die Meinung, dass ein ungarischer Name nach einer schweren Vokaldürre erhalten wurde. Oder die Erklärung eines eher unbekannteren Begriffes mit den Worten: „Na gut, sie können jetzt aufhören so zu tun, als wüssten Sie, was ein Niqab ist“ (Zitat, Seite 107), aber andere Fremdwörter werden dann nicht weiter erläutert. Im Großen und Ganzen erinnert die Hauptfigur Jazz mehr an ein kleines Mädchen, was bei ihrem Alter und ihrem Charakter nicht im positiven Sinne gemeint ist, wodurch das Verfolgen der Geschehnisse aus ihrer Sicht nicht unbedingt angenehm ist. Dennoch kann man zu Teilen auch wirklich amüsante Wortspiele auffinden und ist Jazz Bashara kein perfekter Mensch, sondern eher tollpatschig, gewieft in ihrer Sphäre.
Die Handlung an sich war für mich ebenfalls nicht berauschend. Trotz dass die Welt gut vorstellbar ist, sich das Buch ohne großes Denken leicht lesen lässt, bleibt die große Mission mehr oder weniger durchschnittlich. Sie hat einen tieferen Sinn und wäre wohl mit einer anderen tragenden Rolle vollkommen anders. Es passiert alles, ohne dass man sich wirklich darum tangiert. Beispielshalber wird ein Charakter verletzt, aber war man von dieser Person nie besonders ergriffen. Zu viele Details und Bemerkungen sind schlichtweg ohne Belangen. Zudem baut sich vieles darauf auf, dass gewisse Aktionen leicht zu bewerkstelligen sind, da sich auf dem Mond niemand darum schert, und allzu viel wird als Fakt ohne großartige Begründung in den Raum geworfen.
Faszinieren konnte mich die interessante Darstellung der Wohnsituation und des komplexeren Gebäudesystems, ebenso wie die kleinen technischen Ausführungen. Mittels eines Briefaustausches über mehrere Jahre zwischen Jazz und einem Freund auf der Erde, wird ein Einblick in die Vergangenheit gewährt und gibt dem Buch dadurch etwas mehr Tiefe. Neben all den sarkastischen Worten mochte ich wirklich jene über das Unvermögen des Menschen, auf welche Weise das menschliche Können einmal nicht mit Übertreibung und Hervorhebung glänzte, sondern mehr real wirkte.
Fazit
Wer Mark Watney nicht leiden konnte, wird mit Jazz Basahra noch mehr zu kämpfen haben und damit auch mit der ganzen Erzählung. Der Stil des Erzählens wird nicht jeden Leser überzeugen können. Nach dieser Lektüre, die sich mehr wie ein anfänglicher Entwurf anfühlt denn eine fertige Version, kann ich nicht mit Gewissheit sagen, dass ich wieder ein Buch von Andy Weir wählen würde.