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Veröffentlicht am 24.05.2018

Eine eindringliche Geschichte

Und wenn es kein Morgen gibt
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Inhalt:

Lena und Sebastian sind schon seit ihrer Kindheit befreundet. Doch für Lena spielen mittlerweile Gefühle eine Rolle. Gefühle für den Menschen, der Abends über den Balkon in ihr Zimmer steigt, ...

Inhalt:

Lena und Sebastian sind schon seit ihrer Kindheit befreundet. Doch für Lena spielen mittlerweile Gefühle eine Rolle. Gefühle für den Menschen, der Abends über den Balkon in ihr Zimmer steigt, so selbstbewusst erscheint und fast jeden Moment ihres Lebens mit ihr geteilt hat. Bei einer Party kommt es zu einer dieser Situationen, in der beide miteinander rangeln und sich sehr nahe kommen. Lena traut sich Sebastian zu küssen, doch Sebastian erwidert den Kuss nicht. Ganz im Gegenteil, er zieht sich zurück.
Ab diesem Moment ist nichts mehr, wie es zuvor war. Über der Freundschaft liegt nun immer die Frage, was wäre gewesen, wenn Lena diesen einen Schritt nicht unternommen hätte. Das ist schon schlimm genug, aber auf einer weiteren Party kommt es zu einem Streit und zu einem ungewollten Auseinandergehen im Unfrieden. Lenas Leben und das ihrer engsten Freunde wird sich für immer verändern.



Schreibstil:

Bereits mit „Morgen lieb ich dich für immer“ hat mich die Autorin Jennifer L. Armentrout davon überzeugt, dass sie neben fantastischen Weltenentwürfen auch sehr berührende Liebesgeschichten mit einer bewegenden und zum Nachdenken anregenden Sujet schreiben kann.

In „Und wenn es kein Morgen gibt“ geht es um Lena, die seit ihrer Kindheit einen großen Teil ihres Lebens mit ihrem besten Freund Sebastian teilt. Sebastian ist selbstbewusst, er ist bei den Mädchen aufgrund seiner lockeren Art und seinem Aussehen beliebt. Es ist also kein Wunder, dass Lena, die schon längere Zeit tiefere Gefühle für Sebastian hegt, eifersüchtig reagiert, als die hübsche Skylar, die schon einmal mit Sebastian zusammen war, einen zweiten Versuch startet.
Lenas drei beste Freundinnen pflegen eine sehr innige und vertraute Beziehung miteinander. Sie teilen ihre Erlebnisse und stehen sich gegenseitig mit Rat und Tat zur Seite.

Skylars Annäherungsversuche, aber auch Sebastians Verhalten, das nichts für etwas mehr als Freundschaft hergibt, verunsichern Lena. Dennoch wagt sie in einem Moment einen Versuch und küsst Sebastian. Die folgende Abweisung durch Sebastian ist nicht einfach zu verdauen.

Einen Verlauf solch einer Liebesgeschichte, habe ich bereits öfters gelesen. Der Anfang der Geschichte gestaltete sich für mich vorhersehbar. Doch dann sorgte eine überraschende Wendung für eine Änderung des Plots. Der Fokus lag nicht mehr auf der Beziehung und dem Zusammenfinden der Charaktere sondern vielmehr auf einer tiefergehenden Problematik.

******************Achtung Spoilergefahr:*************

Im Verlaufe einer Party werden sowohl Drogen als auch Alkohol konsumiert. Als Lena und ihre Freunde nach Hause fahren wollen, verliert der Fahrer die Kontrolle über das Auto. Es kommt zu einem folgenschweren Unfall. Die daraus resultierenden Schuldgefühle bilden den Themenschwerpunkt des Romans. Was wäre, wenn Lena und die Menschen, die ihr am Herzen lagen, nicht in das Auto gestiegen wären? Was wäre, wenn jemand anders gefahren, wenn andere Entscheidungen getroffen worden wären? Ja, was wäre gewesen, wenn Lena und Sebastian sich vielleicht nicht geküsst hätten? Diese Fragen muss sich Lena stellen und diese Fragen werden ihr auch vorgehalten.

Und hier kommen wir auch schon zu meinem Kritikpunkt an der Geschichte. Anstatt Lena über den Autounfall und dessen Folgen beizustehen, überschüttet man sie mit Vorwürfen.
Sicherlich gab es die ein oder andere Person, die Fragen stellen darf (obwohl ich sie auch hier nicht gerade als passend empfand), doch viele zeigen sich leider zu oberflächlich, zu blind und zu unsensibel.



Fazit:

In dem Buch „Und wenn es kein Morgen gibt“ zeigt die Autorin, wie schnell ein unbeschwertes Leben durch Schicksalsschläge zerstört werden kann. Ein kleiner unbedachter Moment, eine falsche Entscheidung und schon ist nichts mehr so, wie es zuvor war.

Ist es sinnvoll jeden Moment bis ins Letzte zu durchdenken? Wie bestimmen Entscheidungenund ihre Konsequenzen unser Leben? Kann man sein Schicksal abwenden? Solche zeitlosen Fragen sind es, die Jennifer L. Armentrout stellt. Durch den Verzicht auf billige Antworten erlangt das Werk eine unglaubliche Eindringlichkeit, die im Leser auf sehr lebendige Weise nachwirkt.

Veröffentlicht am 08.05.2018

Ich habe mich beim Lesen, wie in einem guten Actionfilm gefühlt

Milo - Geliebter Todesengel
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Inhalt:

Als Unternehmensberater arbeitet Marcus Wirtmann nicht selten achtzig Stunden in der Woche. Gemeinsam mit seinem Kollegen Patrick reist er von Land zu Land, hält Vorträge und versucht die Kunden ...


Inhalt:

Als Unternehmensberater arbeitet Marcus Wirtmann nicht selten achtzig Stunden in der Woche. Gemeinsam mit seinem Kollegen Patrick reist er von Land zu Land, hält Vorträge und versucht die Kunden zu überzeugen. Am Abend feiern beide gerne exzessiv. Koffeintabletten sorgen am Tag dafür, dass der Körper funktioniert. Für seinen konsumorientierten, oberflächlichen und hedonisitischen Lifestyle zahlt Marcus einen Preis: Er leidet unter Vergesslischkeit, hat Halluzinationen und Depressionen. Marcus hat weder Freunde noch ein Lebensziel.

Eines Abends begibt sich der Unternehmensberater mit einer Partybekanntschaft auf einen Streifzug durch die Straßen. Plötzlich hört er das Wort „Bitch“. Er schaut sich um und bemerkt eine Frau, die in einem Auto sitzt und gelangweilt drein blickt. Die Beleidigung galt ganz offensichtlich ihm. Marcus reagiert nicht. Doch die Fremde gibt nicht auf und provoziert ihn weiter. Es kommt zu einer Prügelei, bei der Marcus den Kürzeren zieht. Bei diesem ersten Zusammentreffen wird es nicht bleiben. Milo, so der Name der Unbekannten, und Marcus begegnen sich ein weiteres Mal. Marcus kommt Milo diesmal aber gegen die Yakuza zu Hilfe. Diese beiden ungewöhnlichen ersten Treffen sorgen dafür, dass der Unternehmensberater die junge Kämpferin mit dem Samuraischwert nicht mehr vergessen kann. Vielleicht ist es die Freiheit, der Mut oder auch der Kampfgeist, den Milo ausstrahlt. Was auch immer es ist, Marcus fasst einen Entschluss, der sein Leben für immer verändern soll. Er folgt Milo und beginnt ein neues Leben an ihrer Seite, in ihrer Welt. Einer völlig neuen, unbekannten sowie unberechenbaren Welt, die voller Gefahren steckt.



Schreibstil:

In Milo – geliebter Todesengel begleitet der Leser den dreißig Jahre alten Unternehmensberater Marcus Wirtmann, der unter einem schweren familiären Trauma und seinem Beruf leidet, der ihm keinerlei Freiheiten lässt. Marcus hat weder Hobbies, noch Träume, geschweige denn Freunde. Er leidet unter Depressionen, Schizophrenie und Gedächtnislücken.

Sein Leben ändert sich von einem Tag auf den anderen, als er auf die lateinamerikanische Kämpferin Milo trifft. Milo ist, wie der Titel des Buches schon sagt, ein wahrer Todesengel. Sie kennt keine Gnade, sie zu besiegen ist nicht einfach.
Irgendetwas an der jungen Frau ist es, was Marcus anzieht. Von einem Moment auf den anderen beschließt er sein bisheriges Leben aufzugeben und Milo zu folgen. Er lässt sich nicht abwimmeln. Dass Milo ihn mehrfach verbal und auch mit körperlicher Gewalt zurückweist, schreckt Marcus nicht ab. Diese Hartnäckigkeit scheint Milo zu beeindrucken. Sie beschließt Marcus als ihren Lehrling aufzunehmen. Es beginnt eine harte Lehrzeit für den Unternehmensberater.

Milo kennt keine Gnade. Sie hat keine Zeit für Schwächlinge. Aus Marcus wird ein knallharter Kämpfer. Die Entwicklung des Protagonisten schreitet schnell voran. Mitleid und Scham kennt er bald nicht mehr. Ganz im Gegenteil: Bald schon findet sich der Leser mit Marcus in einem actiongeladenen Szenario mit wilden Verfolgungsjagden auf dem Motorrad, Schießereien, bei denen den Gegnern direkt ins Gesicht geschossen wird und noch ein cooler Spruch im Nachhinein fällt, wieder.

Auch ein Zurück wird es für Marcus, der das aber auch gar nicht will, bald nicht mehr geben. Er braucht eine neue Identität, sein Gesicht ist als Amokläufer im Fernsehen zu sehen. Auch die japanische Mafia will ihn bald tot sehen. Die Geschäfte, in die Milo verwickelt ist, sind auch schon bald Marcus Problem, dem er sich gerne stellt. Denn für Marcus zählt nur noch eins: Die Frau an seiner Seite, in die er sich hoffnungslos verliebt hat und das neue Leben, was ihm so viel mehr Erfüllung bietet, als die Zeit zuvor als Unternehmensberater ohne Ziele und Träume.

Beim Lesen dieses Buches habe ich mich oft, wie in einem guten Actionfilm gefühlt. Zum Durchatmen kommt man hier nicht. Eine rasante Szene, wechselt sich mit der nächsten ab. Gut geschriebene Nahkampfszenen findet der Leser hier ebenso, wie Schusswechsel.

Auch eine Liebesgeschichte der etwas anderen Art fehlt nicht. Marcus würde alles für seinen Todesengel tun. Auch Milo ist bald bereit für ihren Partner Opfer zu bringen. Die Liebesbeziehung der beiden ist ähnlich wie ihr Alltag. Auch hier werden Schläge und Ohrfeigen ausgeteilt, es geht etwas härter zur Sache.



Fazit:

Milo – Geliebter Todesengel ist ein actiongeladener Roman, der in Hollywoodfahrwassern schippert. M.E. Fiend schont den Leser nicht eine einzige Sekunde, seine Beschreibungen der Kampfszenen sind detailgenau und kurzweilig zu lesen. Die Geschichte ist weitgehend auf die Darstellung äußerer Geschehnisse konzentriert. Zuschlagen oder schießen ist das eine, aber auch noch in jeder Situation einen coolen Spruch auf Lager zu haben, gehört für die Protagonisten untrennbar dazu. Das alles ist unrealistisch. Wie George Lucas aber mal zu seinem STAR WARS sagte: die Explosionsgeräusche im Weltall (wo man doch im Vakuum gar nichts hören kann) sind gar keine Geräusche, sondern Teil der Filmmusik. Wer es unbedingt realistisch will, sollte sich allerdings ein Sachbuch kaufen und nicht diesen Roman lesen.

Alles in allem weiß Fiend seine Leser gut zu unterhalten. Der Leser muss allerdings nicht jenseits der Worte eine transzendente Bedeutung suchen.



Buchzitate:

„Hier ist es nicht sicher. Und warum stinkt das gesamte Haus nach chinesischem Essen?“ Ich beiße in das staubigte Croissant und huste, weil ich die Antiquität in die Lunge bekomme.

Ohne zu zögern, schieße ich dem Penner ins Gesicht. Schuldgefühle? Reue? Nein. Nichts. Und diesmal stehe ich nicht neben mir oder versuche, wie ein verdammtes Weichei meine Tat zu verharmlosen. Ich bin ich selbst, Marcus Wirtmann. Niemand sonst. Es ist, als wäre ein Schalter in meinem Gehirn umgelegt worden, als würde mir meine Menschlichkeit entgleiten.

Veröffentlicht am 03.05.2018

Eine berührende Geschichte zum Thema Trauerbewältigung

Irgendwas von dir
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Inhalt:

Cody und Meg waren beste Freundinnen. Seit Meg das College besuchte, hatten sich beide jedoch nicht mehr allzu häufig gesehen. Cody war wütend und enttäuscht, dass ihre beste Freundin sich für ...

Inhalt:

Cody und Meg waren beste Freundinnen. Seit Meg das College besuchte, hatten sich beide jedoch nicht mehr allzu häufig gesehen. Cody war wütend und enttäuscht, dass ihre beste Freundin sich für ein anderes Leben, entschieden hatte, in dem sie, zwangsläufig, nicht mehr den ständigen Platz an ihrer Seite einnehmen konnte. Doch dann begeht Meg Selbstmord. Cody bereut bald, dass sie sich von ihrer Freundin entfremdet hatte.
Als Megs Eltern Cody bitten, die Sachen ihrer Tochter aus deren Collegezimmer zu holen, zögert diese keine Sekunde. Sie begibt sich auf eine Tagestour zur University of Cascades. Schnell muss sich Cody eingestehen, dass sie viel weniger über Meg weiß, als sie immer gedacht hatte. War Meg nicht immer notorisch unordentlich? Ihr Studentenzimmer jedoch ist perfekt aufgeräumt. Auch die zwei kleinen Kätzchen, die plötzlich ohne Zuhause dastehen und die Meg angeblich gefunden und aufgepeppelt hat, sind ihr neu. Nach und nach lernt Cody die Mitbewohner ihrer Freundin kennen. Sie trifft auf den Heavy-Metal-Leadsänger Ben McCallister, den Meg vergöttert hat, der sie selbst aber scheinbar nur als One-Night-Stand sah. Beim Ausräumen der Wohnung stößt Cody dann auch auf den teuren Laptop, den Megs Eltern ihrer Tochter für die Collegezeit geschenkt hatten. Ein Blick in das E-mailpostfach verrät, dass Meg Ben viele Nachrichten geschrieben hattte. Diese Nachrichten werden jedoch von einer großzügigen zeitlichen Lücke unterbrochen. Auch scheint da etwas ganz und gar nicht zu stimmen. Es scheint, als hätte Meg ihren Tod nicht alleine geplant. Als hätte sie Hilfe gehabt. Cody beginnt zu forschen und erfährt immer mehr über ihre Freundin und über das Leben, das sie geführt hat. Sie stößt auf ein Geheimnis und entwickelt Gefühle für jemanden, auf den sie sich eigentlich nicht einlassen wollte.



Schreibstil:

Auf den ersten Seiten von „Irgendwas von dir“, taucht der Leser in die Gedanken der Protagonistin des Buches Cody ein. Das Mädchen hängt noch sehr an ihrer besten Freundin Meg, die vor geraumer Zeit Selbstmord begangen hat. Der Einstieg in diesen Roman fiel mir aufgrund, der gedanklichen Distanz von Cody zu ihrer Umwelt, aber auch aufgrund der stillen Wut, die Cody in sich trägt und die manchmal zum Ausbruch kommt, schwer.
Sodann reist Cody, auf Wunsch von Megs Eltern zum Studentenzimmer der Tochter, um dort deren persönliche Sachen zusammenzusuchen. Sie begegnet Kiffer-Richard, einem Mitbewohner von Meg, auf dessen Anwesenheit Cody schnell keine Lust mehr verspürt. Die Katzen, die Meg besessen hat und nun ohne Heimat dastehen, möchte sie in einem Tierheim unterbringen. Dabei ist es ihr (zumindest anfangs) egal, was mit den Tieren passiert. Auf der Suche nach Antworten besucht sie einen Club, den Meg gerne aufgesucht hat. Die Katzen überlässt sie während dieser Zeit sich selbst auf dem Rücksitz des Autos. Beim ersten Zusammentreffen mit Ben, nennt sie diesen recht bald einen Stadtarsch und reagiert auch im weiteren Verlauf recht garstig.

Ich fragte mich bald, wohin diese Geschichte führen sollte. Mir fehlte der rote Faden und eine Protagonistin, die den Menschen in ihrer Umgebung mit Neugier begegnet.

Doch umso mehr Cody herausfindet, was oder wer ihre Freundin Meg zu ihrer finalen Entscheidung getrieben haben könnte und umso besser sie die Menschen aus Megs Umfeld kennenlernt, desto mehr nimmt die Geschichte an Fahrt auf. Mit dem Wissen um Megs Vergangenheit verschwindet auch Codys stille Wut. Immer mehr kristallisiert sich heraus, dass Meg ein Geheimnis hatte. Cody begibt sich auf die Spurensuche und gerät damit immer tiefer in einen Sog hinein, der sie in Gefahr bringen könnte. Auf dieser Reise benötigt sie Hilfe. Es verwundert nicht wenig, dass Cody ausgerechnet die Menschen beistehen, die sie erst noch von sich stoßen wollte.



Fazit:

„Irgendwas von dir“ ist eine Geschichte, die Zeit braucht, bis sie sich öffnet, die auch dem Leser seine Zeit abverlangt, bis sie sich ihm öffnet. Es braucht seine Zeit, bis man die Protagonistin als Hauptfigur und Fokus der Geschichte zu schätzen lernt.
Eine von ihrer Umwelt distanzierte, verbitterte Protagonistin begibt sich hier auf die Suche nach Antworten rund um den Selbstmord ihrer besten Freundin. Auf ihrer Reise lernt Cody sich zu öffnen. Sie gerät in ein gefahrvolles Abenteuer, sie findet Freunde und entdeckt die Liebe zu jemanden, den sie eigentlich lieber von sich gestoßen hätte. Verhandelt werden über die spannende Geschichte, in der sich natürlich alles anders entwickelt, als man es anfangs erwartet, existenzielle Fragen von Leben und Tod, Liebe und Abenteuerlust.

Dieses Buch ist ein kleiner Schatz, den es zu entdecken gilt. Es liefert keine Antwort auf die Frage, wie man mit dem Verlust der bleibt, auf Dauer klarkommen kann. Diese Geschichte bewegt, sie berührt und sie regt zum Nachdenken an.

Veröffentlicht am 01.05.2018

Ein norddeutscher Roman mit Charakteren, die man einfach ins Herz schließen muss

Pferdefrauen ticken anders
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Inhalt:

Eigentlich ist Lisa ganz glücklich. Ihre Freizeit verbringt sie gerne auf dem Pferdehof ihres besten Freundes Tom, gemeinsam mit ihrem Kaltbluthengst Heinrich. Hier findet sie Ruhe und Erholung. ...

Inhalt:

Eigentlich ist Lisa ganz glücklich. Ihre Freizeit verbringt sie gerne auf dem Pferdehof ihres besten Freundes Tom, gemeinsam mit ihrem Kaltbluthengst Heinrich. Hier findet sie Ruhe und Erholung. Ein kleiner Klönschnack mit Toms Opa, ein wenig Abschalten von der Arbeit als Physiotherapeutin mit Stallarbeit. Das ist alles, was Lisa braucht.
Mit Beziehungen hingegen hat Lisa nicht viel im Sinn. Wenn sie Sorgen hat, so vertraut sie die gerne Heinrich an. Denn Heinrich und Lisa sind sich, was Stolz und Sturheit angeht, sehr ähnlich. Nur die Familie und die beste Freundin, „Tantra-Anke“, die gerne mal das Universum um Rat fragt, sind da ganz anderer Meinung. Sie finden, dass Lisa, sich endlich mal einen Mann suchen sollte.

Beim Familienessen trifft Lisa dann auch auf einen Schotten namens Joe. Lisa interessiert sich mehr für den Titel des englischen Ebooks, welches der junge Mann liest, als für den Besitzer selbst. Mit ihrer tolpatschigen Art gelingt es ihr dann allerdings bald ungewollt Kontakt zu knüpfen. Bald fühlt sich Lisa an Joe, einen alten Klassenkameraden, erinnert. Der Fremde ähnelt dem Jungen, der ihr einst die Haare verbrannte. Dem Außenseiter mit Schulproblemen.
Ab diesem Zusammentreffen geht Lisa Joe einfach nicht mehr aus dem Kopf. Und auch Anke hat sich vorgenommen, gemeinsam mit dem Universum einen Plan zu schmieden, der dem Schicksal ein wenig auf die Sprünge helfen soll.



Wichtigste Charaktere:

Der stoische und sture Kaltblüter Heinrich sorgt auf dem Pferdehof für allerhand Trubel. Kein Hindernis ist ihm zu groß, um an das teure Spezialfutter der Nachbarbox zu gelangen. Toms Hustenbonbons liebt er über alles, auch wenn er danach ständig mit Blähungen zu kämpfen hat. Aber was stört es den Hengst mit den Hufen so groß wie Suppenterinen, dem Hintern so breit wie ein Sofa und dem Gemüt eines störrischen Esels, wenn seine Besitzerin die Nase rümpft oder mal wieder etwas reparieren muss, was „versehentlich“ kaputt gegangen ist?

Selbst Tom, der eigentlich die Ruhe in Person und unglaublich harmoniesüchtig ist, verliert bei Heinrichs Allüren gelegentlich mal die Fassung. Die Streitereien zwischen seiner langjährigen Freundin Sandy, die eigentlich nichts mit Pferden am Hut hat und auch nicht gerade pfiffig ist und Lisa, die Sandy gerne mal die Stirn bietet, erträgt er mit Fassung.

Lisa wird nicht selten mit einer Walküre verglichen. Ihre Statur, ihre bissigen Kommentare und ihr robustes Auftreten sorgen dafür, dass Männer ihr mit Skepsis begegnen. Bei Familienfeiern ist es Tradition, dass Lisa am Kindertisch sitzt. Doch Lisa sagt auch klar, was Sache ist, wenn ihr etwas nicht passt.

Lisas beste Freundin Anke arbeitet in einer Beschwerdestelle. Ein Job, der schon viele ihrer Kolleginnen in den Burn-Out getrieben hat. Nicht so Anke, die mit einer absolut naiven Art, ihrem Verständnis für alles Gute und Böse, dass das Universum zu bieten hat und ihrem offenen Ohr für jeden, stets ihre gute Laune bewahrt. Ihren Frieden findet sie in meditativem Singsang und im Gesprächskreis der Tantra-Gruppe.



Schreibstil:

Durch einen Poetryslamwettbewerb bin ich auf die Autorin Tina Wolff aufmerksam geworden. Zu einem Pferderoman hätte ich vermutlich sonst nicht gegriffen. Doch der Humor und die sympathische Ausstrahlung der Autorin weckten meine Neugier. Pferdefrauen ticken anders ist ein Buch, das ohne große Konflikte sehr gut auskommt. Liebevoll gestaltete Charaktere und ein Leben auf dem platten Lande bieten genügend Potential für diese humorvolle Geschichte.

Die Autorin selbst kommt aus Niedersachsen, irgendwo zwischen Moor und Heide, und weiß wovon sie spricht, wenn sie von einer Protagonistin erzählt, deren Liebe einem dicken Halbbluthengst namens Heinrich gehört oder wenn der Opa mit seinem Gehwägelchen vorbeischlurft und auf Plattdeutsch kurz und knapp seine weisen Ratschläge unters Volk bringt.

Überhaupt sind es die Charaktere, die in diesem Buch für humorvolle Situationen sorgen. Während Tantra-Anke stets die Ruhe in Person ist und mit ihrem Singsang Kontakt zum und Hilfe vom Universum sucht, schimpft Lisa schon eher mal über die Probleme des Lebens. Gemeinsam fliegen die beiden Freundinnen jedes Jahr nach Gran Canaria, um dort ein wenig vom Alltag abzuschalten, ein gutes Buch zu lesen und die Sonne zu genießen. Doch in diesem Jahr ist alles etwas anders. Denn Miguel, der Ankes geerbtes Ferienhaus über das Jahr hinweg hütet, verkündet bei der Ankunft, dass weder die Toilette, noch der Strom funktionieren. Anke nimmt diese Tatsache gelassen hin, doch Lisa wundert sich. Das Licht im Kühlschrank geht sehr wohl und Miguel fährt ein teures Auto, welches er sich nach seiner finanziellen Selbstauskunft doch gar nicht leisten könnte. Etwas ist faul und Lisa ist bereit Nachforschungen anzustellen. Und dann taucht auch noch der Schotte Joe mit seiner Familie am Urlaubsort auf. Ein Zufall oder doch ein abgekartertes Spiel? Währenddessen hat Tom allerhand mit Heinrich zu tun, denn der geht, wie immer seinen eigenen Weg und strapaziert die Nerven seines neuen Stallburschen mit kleinen Schikanen so gut er kann.



Fazit:

Pferdefrauen ticken anders, ist ein norddeutscher Roman. Lisa ist eine Heldin nach norddeutschem Herzen, etwas tollpatschig, etwas liebenswert, etwas reserviert: So ganz wie wir hier oben. Der Roman ist durchaus originell geschrieben. Ebenso macht das mitgelieferte Lokalkolorit die Lektüre unterhaltsam und authentisch.
Wörter wie Klönschnack oder tüddeln kennt man hier. Zu Beerdigungen wird Butterkuchen serviert. Es wird nicht viel drumrumgeredet, sondern angepackt. Gemeinsam mit Lisa der Walküre, Heinrich dem stoisch sturem Halbbluthengst, dem harmoniesüchtigen Tom und Tantra-Anke, begibt sich der Leser in diesem Roman auf ein Abenteuer der besonderen Art. Es gilt einen Freund für Lisa zu finden, die eigentlich mit Heinrich an ihrer Seite bislang immer sehr glücklich war. Darüber hinaus ist ein Trickbetrüger dingfest zu machen und dem Universum ist die Stirn zu bieten.

Ich hatte ein paar sehr humorvolle Stunden mit diesem Roman und möchte nun ein Pferd haben. Und zwar genauso eines wie Heinrich, den Kaltbluthengst mit den Hufen so groß wie Suppenterinen, dem Hintern so breit wie ein Sofa und dem Gemüt eines störrischen Esels, der ständig pupst und gerne bockt, wenn man auf ihm reitet, der Hustenbonbons liebt und einfach der perfekte Mann fürs Leben ist.



Buchzitate:

Heinrich, das war ein stoffeliges Kaltblutpferd mit einer unterirdischen Arbeitsauffassung. Sein braunes Fell glänzte in der Spätsommersonne, die lange Wuschelmähne ließ er gekonnt im Wind wehen, er pupste unverdrossen und bockte durch die Reitbahn, weil er davon ausging, dass seine Herrin auf seinem Rücken das genauso toll fand wie er.

„Anki“, setzte Lisa an, „ich bin heute Abend zu nix zu gebrauchen. Ich habe vielleicht einen doofen Tag hinter mir.“ „Mmmmh-mmmmhhmmm, lass es raus Lisa. Mmmmhhmm“, summte Anke.

Veröffentlicht am 26.04.2018

Ein lebensbejahendes Buch über einen Jungen, der es nicht immer leicht in seinem Leben hat

Dieses Leben gehört: Alan Cole – bitte nicht knicken
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Inhalt:

Alan Cole ist zwölf Jahre alt. Er geht in die siebte Klasse auf der Evergreen. In der Pause teilt er sich den Wackeltisch der Cafeteria mit seinen nerdigen Mitschülern Zack und Madison. Zu Hause ...

Inhalt:

Alan Cole ist zwölf Jahre alt. Er geht in die siebte Klasse auf der Evergreen. In der Pause teilt er sich den Wackeltisch der Cafeteria mit seinen nerdigen Mitschülern Zack und Madison. Zu Hause erwartet Alan sein dominanter Vater. Sein Wort ist Gesetz. Er macht sich unglaublich viele Gedanken darüber, wie er bei anderen außerhalb der Familie ankommt und was die anderen wohl von ihm halten könnten. Harte Strafen sorgen dafür, dass die Familie seinem Willen nachkommt. Und dann gibt es da noch Nathan, Alans Bruder, der Alan das Leben schwer macht, wo es nur geht.
Alan verfolgt eine strikte „Keine-Freunde-Strategie“, denn er weiß, dass Nathan ihm jeglichen Freund vergraulen würde. Sein größtes Geheimnis, seine heimliche, homosexuelle Liebe zum begehrten Sport-Ass der Schule Connor, hütet er wie einen großen Schatz.
Nachdem Nathan Alans Computerpasswort herausfindet, konfrontiert er ihn mit seinem Geheimnis. Er wird dieses künftig als Druckmittel einsetzen. Auf seine Initiative hin treten die Cole-Brüder
daraufhin in einen Wettstreit. Beim Wettstreit Cole gegen Cole geht es darum herauszufinden, wer der bessere Cole-Bruder ist. Sieben fiese Aufgaben muss Alan erfüllen. Gelingt ihm das, so verspricht Nathan Stillschweigen. Bricht er jedoch vorzeitig ab oder löst er die Aufgaben nicht bis zum Ablauf der gesetzten Frist, dann wird jeder an der Schule und auch die Eltern erfahren, dass Alan Jungs liebt.

… Der Wettstreit hat begonnen.



Schreibstil:

In Eric Bells Roman „Dieses Leben gehört: Alan Cole (Bitte nicht knicken)", geht es um einen Jungen namens Alan, der in einer schwierigen familiären Situation aufwächst. Der Vater tyrannisiert die Familie, wo er nur kann. Alles was geschieht, muss seinem Willen entsprechen. Morgens übt er mit den Söhnen am Tisch die Worte, die sie beim nächsten Firmenessen aufsagen müssen. So soll Alan zum Beispiel vorgeben, gut im Sport zu sein. Dabei gilt Alans Liebe doch der Kunst. Etwas, was der Vater nie dulden würde. Selbst die Mutter muss sich dem Willen des Vaters unterordnen. Abwasch ist Frauensache. Die Söhne dürfen ihr nicht dabei helfen.

Kein Wunder also, dass Nathan seinem Frust Luft machen muss. Alan, der keiner Fliege etwas zu Leide tun könnte, der lieber den Kopf einzieht, als seinen Widersachern die Stirn zu bieten, ist da das perfekte Opfer. So muss Alan die Schikanen des Bruders über sich ergehen lassen.

Nathan ist auch der Grund, warum Alan beschließt keine Freunde haben zu wollen. Er weiß, dass Nathan in der Lage und gewillt ist, diese zu vergraulen. Auch Zack und Madison zwei absolute Nerds der Schule, die sich in der Mittagspause den Wackeltisch mit Alan teilen, möchte er am liebsten nicht näher an sich heranlassen. Dieses Vorhaben scheint aber fast unmöglich. Als Nathan den Cole gegen Cole Wettstreit ins Leben ruft, kann Alan jede Hilfe gebrauchen. Außerdem sind Zack und Madison auch zwei Jungs, die sich nicht so schnell abwimmeln lassen.

Eric Bell gelingt es mit seinem Roman sehr außergewöhnlichen Charakteren Leben einzuhauchen. Der Protagonist Alan ist ein Junge mit einem großen Herz, der es unter der Herrschaft des Vaters und den Schikanen des Bruders nicht leicht hat. Und dennoch geht er seinen Weg. Er behält seine positive Weltsicht. Nicht selten stolpert Alan von einem Desaster ins nächste. So rutscht ihm ungewollt ein Satz heraus, den er vielleicht besser hätte nicht sagen sollen. Auch seine Handlungen sind nicht immer bis ins Letzte durchdacht. So besagt eine Aufgabe, die Nathan ihm stellt, dass Alan den Gegenstand aufgeben soll, der ihm am meisten bedeutet. Alan verschenkt kurzerhand seine Glücksunterhose an einen Mitschüler. Etwas, was vermutlich die wenigsten getan hätten und etwas, was, so kann man sich vielleicht vorstellen, für die ein oder andere humorvolle bzw. skurrile Situation sorgt. Zack und Madison, die beiden Mitschüler von Alan, sind ebenfalls sehr speziell. Madison wird von seiner Mutter stets daran erinnert, dass er ein paar Kilos zu viel wiegt und weiß eine Menge. Zack hingegen ist überraschend, unvorhersehbar und eigenwillig. Auch, wenn seine Vorschläge oft nicht realistisch bis ins Detail sind, so sind sie stets assoziativ und phantasievoll.
Zack war es, der bei mir sehr oft ein Lächeln auf die Lippen gezaubert hat.
Spannung zieht dieser Roman aus der Frage, ob es Alan gelingen wird, die Aufgaben zu lösen, die Nathan ihm gestellt hat. Auch das Thema Coming-Out nimmt einen Part in diesem Roman ein. Aber auch die Frage, ob es Alan gelingen wird, aus dem familiären Schema, bei dem der Vater und Nathan ganz klar die Oberhand haben, auszubrechen, möchte man geklärt wissen.



Fazit:

"Dieses Leben gehört: Alan Cole (Bitte nicht knicken)" ist ein Buch mit einer Fülle von skurrilen, komischen Figuren und Situationen. Dass durch Schweigen die Traumata von Generation zu Generation weitergegeben werden, da das erlebte Schicksal nie an die Oberfläche der Sprache gelangen kann und somit immer und immer wieder aufs Neue verdrängt werden muss, zeigt Eric Bell auf eindrückliche Weise.
"Dieses Leben gehört: Alan Cole (Bitte nicht knicken)" ist ein lebensbejahendes und positives Buch
aus der Sicht eines Jungen, der sein "Anders-Sein" in einer Mischung aus Naivität und aufgeklärt-zurückgelehnter Abgeklärtheit erlebt. Alan bleibt immer hilfsbereit und gutmütig und stellt damit diejenigen, mit denen er es zu tun hat, umso deutlicher bloß.

Der Roman ist keine leichte Kost, was jedoch mehr auf die Thematik zurückzuführen ist. Schule ist hier der Ausgangspunkt, um Themen wie Gemeinschaft, Zugehörigkeit, Schuld, aber auch Macht, Dominanz und gesellschaftliche Fesseln zu vergegenwärtigen.
Ein Buch, welches ich daher ganz besonders auch jüngeren Lesern empfehlen möchte.