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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.05.2018

Eintauchen in die Welt von 1896

Verrat am Kaiser-Wilhelm-Kanal
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Der vorliegende historische Krimi ist der 3. Fall für den geradlinigen Kommissar Hauke Sötje. Nach wie vor beschäftigt ihn der Untergang seines Schiffes “Revenge”, der seiner gesamten Mannschaft den Tod ...

Der vorliegende historische Krimi ist der 3. Fall für den geradlinigen Kommissar Hauke Sötje. Nach wie vor beschäftigt ihn der Untergang seines Schiffes “Revenge”, der seiner gesamten Mannschaft den Tod brachte und ihm selbst nagende Gewissensbisse, einen Aufenthalt im Gefängnis und in der Irrenanstalt. Noch immer fehlt ihm die letzte Gewissheit, was damals vorgefallen ist.
Auch in diesem Kriminalfall wird die Such nach der Wahrheit zu Haukes Vergangenheit zum zentralen Thema.

Doch schnell zum aktuellen Fall:

Gleich im Prolog wird die Leiche einer jungen Frau gefunden, die obwohl ärmlich wie ein Dienstmädchen gekleidet, ein vier preußische Ellen langes Stück kostbarster Brüsseler Spitze um den Arm gewickelt hat. Obwohl sowohl Haukes Vorgesetzter Kleinschmidt und der dröge Rechtsmediziner den Tod der jungen Frau als Selbstmord möglichst schnell zu den Akten legen möchten, fallen Sötje Ungereimtheiten auf, denen er nachgehen will.
Allerdings wird er mit einem geheimen Auftrag ins Kieler Schloss beordert: Er soll einen Agenten, den er persönlich lieber tot sehen möchte, beschützen. Diese Mann ist der Schlüssel zu Haukes Vergangenheit. Getrieben vom Wunsch endlich die Wahrheit zu erfahren, lässt sich Hauke für die Zwecke des Geheimdienstes einspannen, nicht wissend, dass er dabei nicht nur sich selbst, sondern auch seinen Mitarbeiter Levi Bloch und seine Verlobte Sophie in höchste Gefahr bringt.
Wird es Hauke Sötje gelingen, den Agenten zu beschützen und gleichzeitig die Wahrheit über den Untergang der “Revenge” herauszufinden? Und wie passt das tote Dienstmädchen dazu?

Meine Meinung:

Anja Marschall kann wunderbare historische Krimis schreiben. Schon in den beiden Vorgängern („Fortunas Schatten“ und „Tod am Nord-Ostseekanal“) hat sie dies unter Beweis gestellt. Die Geschichten haben Hand und Fuß, sind penibel recherchiert und lassen den Leser ob der vielen historischen korrekten Details in die Zeit von 1896 eintauchen. Genau diese akribisch herausgesuchten Details, wie Ausschnitte aus den damals aktuellen Zeitungen wie der „Kanalzeitung“ und der „Kieler neuesten Nachrichten“ machen den Krimi authentisch.
Der einsame Wolf Hauke hat in seinem Schreiber, dem Juden Levi Bloch, einen großartigen Helfer. Doch auch der scharfe Verstand von Sophie hilft bei den Ermittlungen. Allerdings muss Hauke noch ein wenig „Nachhilfe“ zu Thema „was Frauen wünschen“ erhalten. Da hilft Haukes liebenswürdig schrullige Vermieterin, Fräulein Bender, die sowohl ihn als auch Sophie ins Herz geschlossen hat, gerne aus.
Der Kriminalfall selbst ist gut durchdacht und der Leser wird gerne einmal in die Irre geschickt. Lange sind die Zusammenhänge nicht klar, bis die Hinweise und Querverbindungen sich zu einem kompakten Ganzen vereint werden. Persönliche Rache, politische Intrigen und verräterische Umtriebe – das alles sind Zutaten für einen fesselnden historischen Kriminalroman. Auch die Liebe, ein Anflug von Eifersucht sowie das eine oder andere Fettnäpfchen dürfen nicht fehlen – so spielt das Leben einfach.
Kurze Kapitel, rasante Szenen- bzw. Perspektivenwechsel lassen den Spannungsbogen hochhalten. Die Leser können mit den Personen so richtig schön mitfiebern.
Kurze Kapitel und schnelle Szenenwechsel schaffen zudem enorm Fahrt und die Seiten fliegen nur so dahin. Auch die kleine Liebelei mit Sophie samt Eifersucht, Grant und das eine oder andere Fettnäpfchen so am Rande der Ermittlungen machen richtig Spaß.
Mir gefällt auch sehr gut, wie die Autorin größere und kleiner historische Details elegant und subtil in die Geschichte verwebt. Allein das Zwiegespräch Hauke mit Levi über die feine Brüsseler Spitze und die Maßeinheiten „vier Alte Preußische Ellen sind 2 Meter 67“ ist historisch korrekt und liebevoll geschrieben. Geschickt flicht Anja Marschall auch die politischen Strömungen ein, ohne dass der Leser den Eindruck hat, Geschichte zu lernen.
Wieder ist eine Karte des Kaiser-Wilhelm-Kanals auf den Vorsatzseiten abgedruckt, sodass der Leser die Orte der Handlungen selbst verfolgen kann.

Fazit:

Ein komplexer, fesselnder Kriminalroman, der uns authentisch in eine längst vergangene Zeit entführt. Gerne gebe ich 5 Stern und eine absolute Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 13.05.2018

Habe ich gerne gelesen

Mit Michael Ende am Schreibtisch
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Diese Kurzbiografie ist mein drittes Buch aus der Reihe von Gernot Uhl.

Wie alle diese Bücher, fasst der Autor das Leben und Wirken von Michael Ende auf gerade einmal 63 Seiten zusammen. Sehr lebendig ...

Diese Kurzbiografie ist mein drittes Buch aus der Reihe von Gernot Uhl.

Wie alle diese Bücher, fasst der Autor das Leben und Wirken von Michael Ende auf gerade einmal 63 Seiten zusammen. Sehr lebendig verknüpft Gernot Uhl die Lebensgeschichte von Michael Ende mit dem Entstehen "Der unendlichen Geschichte".
Wir erfahren sehr persönliche Details aus Michael Endes Familiengeschichte.

Diese Kurz-Biografien eignen sich hervorragend als Unterrichtsbehelfe, weil kurz und prägnant auf wichtige Ereignisse im Leben des Porträtierten eingehen, ohne die Leser zu langweilen.
Das Buch macht Lust, sich sowohl mit Michael Ende als auch mit seinen Werken zu beschäftigen.

Fazit:

Es ist wirklich eine Kunst, ein so erfülltes Leben auf so wenige Seiten zu komprimieren. Gerne gebe ich wieder 5 Sterne.

Veröffentlicht am 10.05.2018

"Großartiges Porträt einer untergegangenen Welt."

Das sowjetische Jahrhundert
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Historiker Karl Schlögel hat uns mit seinem 960 Seiten schweren Wälzer ein umfassendes Bild der Sowjetunion vorgestellt.
Auch wenn wir den 100. Geburtstag dieses Staates (glücklicherweise) nicht feiern ...

Historiker Karl Schlögel hat uns mit seinem 960 Seiten schweren Wälzer ein umfassendes Bild der Sowjetunion vorgestellt.
Auch wenn wir den 100. Geburtstag dieses Staates (glücklicherweise) nicht feiern konnten, bleibt ein bisschen die Frage offen, ob die Entwicklung nach dem Zerfall der UdSSR, die bessere Variante ist oder nicht. Vor allem für wen besser? Die Staatsbürger oder die Welt? Doch das ist wohl ein anderes Thema.

Anders als in ähnlichen Werken nimmt sich der Autor der Menschen an, die im sowjetischen System leben an. Es werden weniger die Machthaber, sondern die vielen kleinen Rädchen, die die Maschine Sowjetunion am Laufen hielten, beschrieben.
So gibt es ein Kapitel, das sich der Sprache der Tätowierungen widmet. In einer Zeit, in der fast jeder irgendwo ein „Peckerl“ (wienerisch für Tatoo) hat, ohne sich der Bedeutung der Bildersprache zu bewusst zu sein, ein interessanter Teilaspekt.
Auch auf die Gigantomanie mancher Staatschefs und dem damit verbundenen Personenkult wird eingegangen.
Die Idee der sozialistischen Machthaber, einen neuen Menschen zu formen, ist eindrucksvoll dargestellt.

Gut gefällt mir, dass das umfangreiche Buch in übersichtliche Themenblöcke und Kapitel gegliedert ist. Das 9 - seitige Inhaltsverzeichnis ermöglicht dem Leser den Einstieg genau dort wo es seinen Interessen am Nächsten kommt. Einzelne Texte sind in sich abgeschlossen. Dadurch kann der Leser das eine oder andere überspringen, ohne den roten Faden zu verlieren.

Die knapp 90 Fotos liefern einen imposanten Eindruck der untergegangenen Alltags- und Konsumkultur in der ehemaligen Sowjetunion.

Obwohl gewichtig, ist der Inhalt des Buches nicht erdrückend. Es schwingt eine Leichtigkeit beim Lesen mit, die schon ein wenig poetisch anmutet, die für mich aber kein Widerspruch zum Thema ist. Der Autor bindet eigene Erlebnisse und Beobachtungen geschickt in seine Texte ein, woraus sich ein interessantes Alleinstellungsmerkmal des Werkes ergibt.

Fazit:

Ein eindrucksvolles zeitgeschichtliches Dokument, für das der Autor zu Recht den Buchpreis 2018 der Leipziger Buchmesse erhalten hat.

Veröffentlicht am 08.05.2018

Fesselnd bis zur letzten Seite

Der Falter
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Vorliegendes Buch ist der zweite Fall für den Privatdetektiv Falco Brunner.

Auf dem Weg zu seinen Kindern überfährt Brunner eine Frau. Doch bei näherer Betrachtung der Leiche stellt sich heraus, dass ...

Vorliegendes Buch ist der zweite Fall für den Privatdetektiv Falco Brunner.

Auf dem Weg zu seinen Kindern überfährt Brunner eine Frau. Doch bei näherer Betrachtung der Leiche stellt sich heraus, dass die Frau schon vor dem Unfall ermordet wurde. Wieso, warum und vor allem von wem?

Aus einer gewissen Verpflichtung heraus, beginnt Falco Brunner zu recherchieren. Schnell wird klar, dass es mehrere Tote gleichen Musters gibt. Ist hier ein Serienmörder unterwegs? Und was hat Prof. Alexander Hofmann damit zu tun? Immerhin hat er der ersten Toten eine Ausbildung und eine Wohnung finanziert.

Während seiner Ermittlungen, die er nun mit Duldung seines Ex-Chefs durchführen darf, trifft er auf eine alte Bekannte – Paula, Mitarbeiterin im Frauenhaus. Gemeinsam versuchen sie die Spur des Täters aufzunehmen.

Dabei stechen sie in ein Wespennest voll häuslicher Brutalität, Kindheitstraumata und einer nie enden wollenden Spiral der Gewalt und Paula gerät in akute Lebensgefahr.

Meine Meinung:

Diesmal konfrontiert uns Autor Michael Seitz erschreckend oft mit häuslicher Gewalt. Sei es, dass ein kleiner Junge miterleben muss, wie seine Mutter von seinem Vater mehrfach brutal verprügelt und im Lauf des Geschehens sogar erschossen wird. Sei es, dass es, vor allem auf dem Land, Familien gibt, die häufig davon betroffen sind, aber aus Scham nicht darüber sprechen bzw. externe Hilfe holen.

So ist es denn nicht verwunderlich, dass aus verprügelten, gedemütigten und missbrauchten Kindern, Erwachsene werden, die auch nur die Sprache der Fäuste oder des verbalen Missbrauchs kennen. Manchmal ist es schwer zu sagen, wer Opfer, wer Täter ist. Denn häufig sind die Täter von heute, die Opfer von gestern.

Autor Michael Seitz weiß wovon er schreibt, ist er doch im Brotberuf im psychosozialen Dienst beschäftigt. Solche un ähnliche Vorkommnisse sind sein tägliches Brot.

Die Charaktere der Protagonisten sind sorgfältig und glaubhaft angelegt. Auch Paulas gefährlicher Alleingang ist durchaus realistisch dargestellt. Ist sie doch eine resolute und patente Frau, die auch ohne männliche Hilfe auskommt.

Mehrmals führt der Autor seine Leser in die Irre. Doch auch die Ermittlungen von Falco und den Polizisten enden manchmal in einer Sackgasse. Ein kleiner Seitenhieb auf die Innenpolitik bzw. unterschiedlichen Meinungen der Wiener und Kärntner Polizisten („Wien ist anders“ bzw. „von denen lassen wir uns nix sagen“) darf sein.

Die Recherche über die österreichische Polizei ist leider nicht so sorgfältig wie die Charakterstudien. Hier könnte noch ein wenig gefeilt werden. Allerdings wird das eher nur den österreichischen Lesern wie mir auffallen.

Fazit:

Ein vielschichtiger Krimi, der sich mit einem oft unterschätzten und verschwiegenen Thema auseinandersetzt. Gerne gebe ich 5 Sterne.

Veröffentlicht am 05.05.2018

Ein erlebnisreicher Streifzug durch das Salzburger Erzbistum.

Mit Macht und Pracht
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Der gebürtige Pinzgauer Siegfried Hetz und der Pustet-Verlagen erfreuen die Freunde monumentaler Prachtbauten mit diesem großartigen Bildband.

Autor Hetz präsentiert Sehenswürdigkeiten, die lange Zeit ...

Der gebürtige Pinzgauer Siegfried Hetz und der Pustet-Verlagen erfreuen die Freunde monumentaler Prachtbauten mit diesem großartigen Bildband.

Autor Hetz präsentiert Sehenswürdigkeiten, die lange Zeit dem Erzbischöflichen Salzburg und dessen Herrschern untertan waren.

In wohlgesetzten Worten erfahren wir einiges aus der 600-jährigen Geschichte vom Land Salzburg, das erst nach den Napoleonischen Kriegen 1816 zur Habsburgermonarchie gekommen ist.

Die Geschichte ist wechselvoll und nicht nur unter Napoleon
Spielen einige der prachtvollen Bauten eine Rolle. Denn auch die Nationalsozialisten reisierten gerne feudal. Manche Schlösser und Burgen sind als Außenstellen von KZs missbraucht worden.

Der Autor stellt uns die geografischen Landstriche mit seinen Prachtbauten wie folgt vor:

17 in der Stadt Salzburg
14 in Bayern
15 im Flachgau
6 im Tennengau
8 im Pongau
4 im Lungau
14 im Pinzgau
4 in Nord- und Osttirol

Schlösser in Bayern ist klar, weil Salzburg eine nicht immer friedliche Symbiose mit den Bayernherrschern hatte.
Da sich die Herrschaftsansprüche des Erzbistums bis nach Nord- und Osttirol erstreckt haben, sind auch dort monumentale Spuren zu finden.


Meine Meinung:

Ein wunderbarer Bildband, der einem die Schönheiten dieser Prachtbauten vor Augen führt. Auf den Vorsatz- bzw. Nachsatzseiten sind Landkarten abgebildet, die den Konnex zu den einzelnen Bauwerken herstellen. So lässt sich gezielt nach der Traumimmobilie suchen.

Gut gefällt mir der kurze Exkurs in die Baugeschichte, in der die Begriffe wie Burg, Schloss, Herrenhaus auf der weltlichen Seite und Kloster, Stift und Abtei auf der geistlichen Seite erklärt werden.

Mir persönlich gefallen ja die vielen kleineren Burgen und Schlösser viel besser als z. B. Hohensalzburg oder Kleßheim. Auf Schloß Tandalier habe ich meinen ersten Schulschikurs verbracht und im ehemaligen Kapuzinerkloster in Tamsweg ist seit Anfang des Jahres eine unserer Dienststellen untergebracht. Die Burg Hohenwerfen thront nach wie vor majestätisch über dem Pass Lueg.

Viele der vorgestellten Burgen sind auf strategische wichtigen Stellen errichtet und haben im Laufe der Jahrhunderte so manchem Kampfhandlungen getrotzt. Dennoch haben sie langsam aber sicher ihren urspürnglichen Zweck verloren. Der damit einhergehende Verfall konnte in vielen Fällen aufgehalten werden und die prachtvollen Bauten finden heute einen neuen, anderen Verwendungszweck. So ist in einigen Burgen, Schlössern und Klöstern neues Leben in Form von Schulen und Pensionistenwohnheimen eingezogen. Doch auch der Tourismus oder die Filmbranche hat sich ihrer angenommen.

Allen ist gemeinsam, dass die Erhaltung der Gemäuer Unsummen verschlingt. So ist es nicht verwunderlich, dass sich ein Großteil der Prunk- und Profanbauten in der Öffentlichen Hand befindet.

Die aufschlußreichen und informativen Texten werden durch die eine oder andere Anekdote und Sage bereichert. Was mir persönlich besondere Bewunderung abringt, sind die schönen Fotos, auf denen wenig von den Touristenmassen, die alljährlich einfallen, um die Pracht der Macht zu genießen, zu sehen sind. Da muss der Fotograf wohl lange auf einen von Menschen freien Augenblick gewartet haben.
Im letzten Kapitel „Wenn Mauern erzählen“ gibt sich Siegfried Hetz den Gedanken an Macht und Pracht, die immer mit Blut und Tränen einher gehen, hin. Die stummen Zeitzeugen könnten hier viel berichten.
„Die beschriebenen Profanbauten – die Klöster eingeschlossen – prägen die Landschaft und repräsentieren das große kulturelle Erbe des Landes. Gleichzeitig sind sie für viele Menschen aber auch intime Orte, die mit sehr unterschiedlichen persönlichen Erinnerungen gefüllt sind. Mauern können aber auch schweigen.“


Fazit:
Ein erlebnisreicher Streifzug durch mehr als 600 Jahre Geschichte des Salzburger Erzbistums. Ein toller Bildband, der auch als Geschenk seine Liebhaber finden wird. Gerne gebe ich 5 Sterne.