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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.05.2018

Die Sünden der Väter

Der rote Schal
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Ein düsterer Fluch überschattet das Leben zweier Freunde. Die Sünden der Väter suchen sie heim. Während der eine Allan Armadale sorglos und nichtsahnend sein Leben und Vermögen genießt, ahnt er nicht, ...

Ein düsterer Fluch überschattet das Leben zweier Freunde. Die Sünden der Väter suchen sie heim. Während der eine Allan Armadale sorglos und nichtsahnend sein Leben und Vermögen genießt, ahnt er nicht, dass sein bester Freund auch sein Namensvetter ist. Als Ozias Midwinter sieht dieser seine Lebensaufgabe darin, Allan vor dem Fluch der Familie zu bewahren. Seine diffusen Ahnungen einer düsteren Bedrohung werden real als die Vergangenheit sie einholt.

Der bisher schwächste Collins, den ich gelesen habe. Die Geschichte ist gewohnt düster und spannend, doch ich konnte keinerlei Bindung zu den Charakteren aufbauen. Sympathieträger fehlen völlig. Ozias kommt dem zwar noch am nächsten, ist aber mit seiner manischen Art bald anstrengend. Allan ist so fröhlich, naiv und oft geradezu plump, dass er einem schon nach kurzer Zeit auf den Geist geht. So ist auch jeder andere Charakter auf die eine oder andere Art schnell disqualifiziert. Erschwerend kommt hinzu, dass ihre Motivation oft gekünstelt wirkt und sie gleichzeitig inkonsequent sind.
Außerdem fehlt dieser Geschichte der Mystery-Faktor, der die anderen Werke von Collins (Die Frau in Weiß, Der Monddiamant) so faszinierend machte. Das Düstere und Geheimnisvolle fehlt hier gänzlich. Der Leser wird bereits früh über alle Hintergründe und Motivationen aufgeklärt. Es bleibt nur noch die Frage, zu was für einem Ende Collins die Geschichte führen wird.

Fazit: Ein durchaus gut konstruierter und lesenswerter Roman, dem allerdings der entscheidende Reiz der Collins-Werke fehlt.

Veröffentlicht am 12.05.2018

Schatten auf der Gilde der Langen Messer

Nacht über Herathis
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Der Schwarze Dorn und Pitt sind erfahrene Meuchler der Gilde der Langen Messer. Sie halten sich streng an den Codex. Ihr „Kunden“ haben ihren Tod in irgendeiner Form verschuldet. Doch plötzlich steigen ...

Der Schwarze Dorn und Pitt sind erfahrene Meuchler der Gilde der Langen Messer. Sie halten sich streng an den Codex. Ihr „Kunden“ haben ihren Tod in irgendeiner Form verschuldet. Doch plötzlich steigen die Mordaufträge an, werden willkürlich. Ein neuer Befehlshaber der Gilde folgt anderen Regeln. In Herathis gehen immer seltsamere Dinge vor. Der Schwarze Dorn und Pitt müssen sich entscheiden, auf welcher Seite sie stehen.

Ein klassisches Fantasyabenteuer, das durchaus brutal, aber auch maisch ist. Die Hauptcharaktere sind trotz ihres Handwerks sympathisch und lange bleibt auch dem Leser verborgen, worum es hier eigentlich geht. Die düstere Splittermondwelt zieht den Leser sofort in ihren Bann. Einen Charakter konnte ich nicht ganz nachvollziehen, doch sonst ist es ein tolles Fantasyabenteuer mit magischen Lesemomenten.

Veröffentlicht am 15.04.2018

Ein faszinierender zweiter Band

Die Affäre Carambol (Goethe und Schiller ermitteln)
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Eigentlich wollten die beiden Freunde nur Goethes Mutter besuchen, doch Fürst Anselm von Thurn und Taxis beauftragt Goethe und Schiller zu ermitteln, wer verhängnisvolle Depeschen an Bonaparte verschickt, ...

Eigentlich wollten die beiden Freunde nur Goethes Mutter besuchen, doch Fürst Anselm von Thurn und Taxis beauftragt Goethe und Schiller zu ermitteln, wer verhängnisvolle Depeschen an Bonaparte verschickt, die den französischen Kaiser glauben machen sollen, dass Frankfurt für einen Krieg rüstet. Außerdem starben zwei Stadträte unter verdächtigen Umständen. Die beiden Literaten sollen nicht weniger als einen neuen Krieg verhindern.

Ein spannender zweiter Band, bei dem ich mich den Charakteren endlich nähern konnte. Während der erste es bei mir nicht schaffte Sympathie zu wecken und ich sehr distanziert blieb, Schiller sogar unsympathisch war, konnte ich in diese Geschichte richtig eintauchen.

Zu etwas ganz Besonderem wird das Buch nicht nur durch das außerordentliche Setting, die tolle Gestaltung und das ungewöhnliche Format, sondern vor allem durch die alte Schreibweise. Sie verleiht der Geschichte das richtige Flair der deutschen Klassik. Man taucht in die längst vergangene Welt ein und streift mit den großen Dichterfürsten durch Frankfurt. . Die Mischung aus Historizität, Krimi, Biographie und Literatur, die ein ganz eigenes fiktives Werk bildet hat mich schon im ersten Band gefesselt. Sie verleiht auch diesem Buch einen ganz besonderen Reiz.

Am Ende fand ich die Auflösung des Falls allerdings etwas banal. Ziemlich viel Aufstand für diese Art Lösung – doch der Weg dahin ist düster und aufregend.

4 Sterne für ein tolles Lesevergnügen. Ich bin jetzt schon auf den dritten Band gespannt. Wenn der Autor sich weiter so steigert, dann kann ich ein 5 Sterne Abenteuer erwarten!

Veröffentlicht am 08.04.2018

Ein spannender zweiter Band

Der Fluch des Skipetaren
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Kara Ben Nemsi und Hadschi Halef Omar wollen eigentlich nur ihren Freund Sir David Lindsay verabschieden, doch in der britischen Botschaft findet Kara Hinweis auf seinen alten Feind: den Schut! Sollte ...

Kara Ben Nemsi und Hadschi Halef Omar wollen eigentlich nur ihren Freund Sir David Lindsay verabschieden, doch in der britischen Botschaft findet Kara Hinweis auf seinen alten Feind: den Schut! Sollte der Schurke seinen Sturz in die Felsspalte damals wirklich überlebt haben? Zusammen mit der selbstbewussten albanische Freiheitskämpfern Qendressa, die auf der Suche nach dem Grabmal des Skipetarenfürsten Skanderbeg ist, reisen die Freunde durch den südlichen Balkan. Mysteriöse Ereignisse lassen Kara immer mehr daran zweifeln, dass Magie wirklich ins Reich der Märchen gehört.

Ein spannender zweiter Band der außergewöhnlichen Fantasyschöpfung aus der Welt Karl Mays. Zitate aus Werk, Leben und Werkgeschichte geben dem Buch Kennern eine interessante Dimension. Es wird nicht nur auf das Werk selbst, sondern auch auf die Filme angespielt. Diese sind so geschickt eingewoben, dass man sie oft zweimal liest, weil man beim ersten Mal eher unbewusst darüber stolpert.

Den 5. Stern kann ich leider nicht vergeben, da die Diskurse zu Land und Leuten, Geschichte und Hintergrundinformationen zwar so wie von Karl May selbst umgesetzt wurden, die leichte Hand aber fehlt. Sie wirken oft sperrig, wenn nicht lächerlich. Zudem ist der Lehrer Lohse, der hier bei Halefs Haddeddihn europäisch – vornehmlich natürlich deutsche – Kultur vermitteln soll, und permanent im Munde geführt wird, äußerst nervtötend. Man würde diesen, gar nicht in Erscheinung tretenden, Mann gerne erwürgen. Wie vieles andere auch wird hier May nachgeahmt und sich ihm genähert, doch es fehlt das Geschick es angenehm in den Lesefluss einzubauen.

Bis in das kleinste Detail wird hier Karl May mit all seinen Stärken und Schwächen aufgenommen und in ein spannendes Fantasyuniversum versetzt. So kommen hier nicht nur Fans des Abenteuerautors auf ihre Kosten, sondern auch Fantasyfreunde, die ein ungewöhnliches Abenteuer zu schätzen wissen.

Spannend, außergewöhnlich und sehr lesenswert – nicht nur für Fans!

Veröffentlicht am 08.04.2018

Tod und Leben

Mein Leben oder ein Haufen unvollkommener Momente
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Tess ist am Boden zerstört. Sieben Monate war sie mit Jonah zusammen und dann erfährt sie von seinem Selbstmord. Dass ihre Beziehung fast ausschließlich über Facebook lief und sie sich nur ein einziges ...

Tess ist am Boden zerstört. Sieben Monate war sie mit Jonah zusammen und dann erfährt sie von seinem Selbstmord. Dass ihre Beziehung fast ausschließlich über Facebook lief und sie sich nur ein einziges Mal persönlich begegnet sind, ändert nichts an ihrer Trauer. Verstört flüchtet sie zu ihrem Vater. Sie schreibt Jonah weiter, um den Verlust zu verwinden – doch dann erhält sie plötzlich Antwort.

Ein außergewöhnliches Buch über schwierige Themen: Tod, Trauer, Depression, Selbstmord und nicht zuletzt soziale Medien mit all ihren problematischen aber auch positiven Facetten. Die Art wie an das Thema herangegangen wird ist bestimmt nicht jedermanns Sache. Man schwankt zwischen Mitgefühl, Banalität und abstrusen Ansätzen. Die Bestattungsinszenierungen von Tess‘ Vater klingen makaber, Tess‘ Trauerbewältigung ist sicher außergewöhnlich und mir war die Geschichte tatsächlich zu überladen. Fast jeder Charakter kämpft mit dem Verlust geliebter Menschen und schwankt zwischen Trauerbewältigung und Depression. Das ist mir für ein Buch von knapp 270 Seiten zu viel.

Trotz meiner Kritik fand ich das Buch wunderbar. Es werden wichtige Themen abgehandelt, die sich zwar nicht konventionell entwickeln und lösen, aber den Leser trotzdem berühren. Besonders schön ist, dass nichts von nur einer Seite betrachtet wird. Soziale Medien werden mit ihren Nachteilen, aber auch Vorteilen thematisiert. Depressionen im Kontext des Kampfes der Betroffenen, aber auch der Eltern und Freunde dargestellt. Außerdem macht die Geschichte deutlich wie individuell die Bewältigung eines Verlustes ist. Es gibt keinen gesellschaftlichen Königsweg, keine Verhaltensvorschriften.

Der Roman schafft es schwierige und erschütternde Themen zu einer erschütternden und doch herzerwärmenden Geschichte zu verweben. Für mich ein einzigartiges Leseerlebnis.