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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.05.2018

Ein Viertel vor und nach der Wende

Skandinavisches Viertel
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Matthias Weber ist im skandinavischen Viertel in Ostberlin aufgewachsen und kehrt nun nach Jahren im Ausland dorthin zurück. Keiner kennt das Viertel so gut wie er. Als Kind lief er täglich durch das Viertel ...

Matthias Weber ist im skandinavischen Viertel in Ostberlin aufgewachsen und kehrt nun nach Jahren im Ausland dorthin zurück. Keiner kennt das Viertel so gut wie er. Als Kind lief er täglich durch das Viertel und dachte sich für viele Straßen alternative Namen aus. Doch sein Leben wurde überschattet von Verlusten, bereits in jungen Jahren. Seine Familiengeschichte ist trist. Matthias kehrt nun mehr zufällig ins Viertel zurück, als Makler, und kann fortan entscheiden, wer „würdig“ genug ist, in das Viertel zu ziehen.


Thorsten Schulz erzählt diesen tiefgründigen Roman abwechselnd in der Gegenwart und der Vergangenheit. Die Erzählstränge verschmelzen und ergänzen sich ausgezeichnet. Obwohl man sich von dem Titel vielleicht etwas anderes erwartet, erzählt Schulz mit einer beeindruckenden Sprache vom Aufwachsen in der DDR, von Familie, frühen Verlusten, Vertrauen bzw. Vertrauensbrüchen, Enttäuschungen, Geheimnissen, Alkohol, und vom Alleinsein. Insbesondere die Einblicke in die DDR waren für mich sehr spannend, teils hätte ich mir mehr Erklärung dazu gewünscht. Die Geschichte regt sehr zum Nachdenken an. Vieles wird nicht explizit erwähnt, die Interpretation bleibt dem Leser überlassen. Auch macht es traurig, wie wenig Matthias bzw. generell alle in seiner Familie aus Rückschlägen zu lernen scheinen. Ich bin nicht ganz sicher, ob ich alles verstanden habe, was der Autor mit dem Roman sagen wollte. Das, was ich verstanden habe, hat mir wirklich gut gefallen. Ein sehr lesenswerter Roman.

Veröffentlicht am 02.05.2018

Kurz aber gut

Die Amerikanerin
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In der Nähe von Kapstadt wird am Sir Lowry’s Pass eine Leiche entdeckt: eine weiße Frau. Die Leiche ist durch Bleichmittel völlig unkenntlich gemacht, und es scheint niemand vermisst zu werden. Was ist ...

In der Nähe von Kapstadt wird am Sir Lowry’s Pass eine Leiche entdeckt: eine weiße Frau. Die Leiche ist durch Bleichmittel völlig unkenntlich gemacht, und es scheint niemand vermisst zu werden. Was ist passiert? Wer ist die geheimnisvolle Frau und was hat sie in Südafrika gemacht? Nachdem sich die ersten 72 Stunden kein Fortschritt in den Ermittlungen abzeichnet, wird der Fall schließlich Bennie Griessel übergeben. Dieser ermittelt mit seinem Partner Cupido.

Dies war mein erster „Griessel“ Krimi von Deon Meyer. Bisher hatte ich nur „Fever“ von ihm gelesen, was ich wahnsinnig toll fand. Auch diesmal hat Meyer nicht enttäuscht. Ich habe zwar eigentlich ein deutlich längeres Buch erwartet. Die Länge bzw. Kürze wird im Nachwort erklärt. Durch die Kürze des Buches geht einiges an den schönen, ausführlichen Beschreibungen Meyers verloren. Trotzdem gelingt es Meyer auch mit den Vorgaben, ein kürzeres Buch zu schreiben, den Leser zu fesseln und mit der Auflösung zu überraschen. Ein sehr schöner und temporeicher Krimi, den ich mit Freude gelesen habe.

Veröffentlicht am 08.04.2018

Berührende Mischung aus Trauer, Verlust und Humor

Bis zum Himmel und zurück
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„Meine Eltern waren in der Trauer abgetaucht, nicht zusammen sondern jeder für sich. (…) Der Schmerz hatte sie überrollt, und jetzt waren sie zerbrochen.“

Katja ist Drehbuchautorin. Katja musste einiges ...

„Meine Eltern waren in der Trauer abgetaucht, nicht zusammen sondern jeder für sich. (…) Der Schmerz hatte sie überrollt, und jetzt waren sie zerbrochen.“

Katja ist Drehbuchautorin. Katja musste einiges durchmachen und geht das Leben nun entsprechend reserviert an. Sie lebt so vor sich hin, ohne sich groß etwas zu wagen, für mutige Aktionen hat sie schließlich ihre Drehbücher. Und es gibt da Ratko, einen Mann in ihrem Leben, den sie jedoch nicht ihren Freund nennt, der ihre Gutmütigkeit ausnützt. Nun soll Katja ausgerechnet ein Drehbuch zu einer Familienserie schreiben, obwohl sie doch zu ihrer eigenen Familie seit Jahren keinen Kontakt hatte. Doch plötzlich tauch Jella auf, eine Halbschwester, von der sie nie wusste. Und Jellas Halbbruder Joost, mit dem Katja nicht verwandt ist, der doch so schöne grüne Augen hat… Und Katja beginnt, ihren bisherigen reservierten Lebensstil zu überdenken.

Junks Schreibstil gefällt mir sehr gut. Der Roman wird aus Katjas Sicht erzählt, die auch über sich selbst lachen kann und eine ziemlich sarkastische Art hat. Immer wieder gibt es Rückblicke in Katjas Kindheit, die teils sehr emotional sind. Es wird sehr gut beschrieben, wie ein Tod eine Familie komplett auseinanderreißen kann. Alle Beteiligten bleiben für sich allein und müssen einen Weg finden, damit umzugehen. Junk beschreibt sehr gut, wie man sich nach dem Verlust eines Nahestehenden fühlt. Jedoch kamen mir manchmal all die Schicksalsschläge etwas überspitzt vor. Die Geschichte wird sehr gefühlvoll und mit einem guten Mix an Gefühlen und Humor erzählt. Alles in allem eine berührende Geschichte.

Veröffentlicht am 24.03.2018

Der Frühstücksklassiker

halb zehn - das Frühstückskochbuch
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Das Buch überzeugt mit seiner tollen Aufmachung: Hard Cover, in einem rosa-lila Farbton gehalten, mit goldener Aufschrift. Die Qualität des Drucks und der Seiten ist sehr gut. Zu jedem Rezept gibt es ein ...

Das Buch überzeugt mit seiner tollen Aufmachung: Hard Cover, in einem rosa-lila Farbton gehalten, mit goldener Aufschrift. Die Qualität des Drucks und der Seiten ist sehr gut. Zu jedem Rezept gibt es ein Bild, das jeweils wirklich gelungen ist. Das Buch beginnt mit ein paar allgemeinen Worten zum Frühstück und genießen und leitet dann über in die verschiedenen Kapitel. Hier finden sich Brot bzw. Gebäck, Hefegebäck und süßes Gebäck, Sandwiches etc., Rezepte mit Eiern, Pancakes, Waffeln, Müsli und Porridge, sowie diverse Aufstriche und Marmeladen und zu guter Letzt Getränke. Mein Lieblingsteil und der von dem ich schon am meisten Rezepte ausprobiert habe ist ganz klar der Müsli bzw. Porridge Teil. Der klassische Hafer Porridge und auch der Amarant-Quinoa Porridge sind einfach und überzeugen. Der Kokosmilchreis mit Mango erinnert mich an das Dessert im Asia Restaurant (positiv gemeint), schmeckt selbst gemacht aber noch besser. Die Backrezepte habe ich bisher noch nicht probiert (aktuell habe ich nicht so oft Zeit für ein ausgiebiges Frühstück), das kommt aber im nächsten Urlaub dran. Einige Rezepte im Buch enthalten Fleisch oder Fisch, dies kann man jedoch meistens gut abwandeln (für Vegetarier). Dieses Buch bleibt sicher ein Klassiker in unserer Küche und ich kann es ganz klar empfehlen.

Veröffentlicht am 11.03.2018

Ein musikalisches Romandebüt

Nackt über Berlin
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Jannik ist sechzehn, ein großer Liebhaber klassischer Musik, und er ist schwul, was bisher keiner weiß. Wie die meisten sechzehnjährigen zofft er sich regelmäßig mit seinen Eltern, die ihm Vorschriften ...

Jannik ist sechzehn, ein großer Liebhaber klassischer Musik, und er ist schwul, was bisher keiner weiß. Wie die meisten sechzehnjährigen zofft er sich regelmäßig mit seinen Eltern, die ihm Vorschriften machen. Außerdem ist er verliebt in seinen guten Freund Tai, einen Vietnamesen den man nur mit einer Kamera in der Hand kennt. Tai filmt alles und jeden, der ihm über den Weg läuft. Scheinbar zufällig entdecken die beiden den Schuldirektor Lamprecht eines Tages sturzbetrunken und beschließen kurzerhand, ihn in seiner eigenen Wohnung gefangen zu halten. Und so nimmt die Geschichte seinen Lauf. Eigentlich wollten sie Lamprecht nur zwei Tage gefangen halten, aber es kommt anders… Und nach und nach zweifelt Jannik, ob es wirklich Zufall war, dass sie den Schuldirektor einfach so „gefunden“ haben. Nebenbei kommt er Tai näher. Und so entfaltet sich eine Geschichte, zahlreiche Zusammenhänge werden klar, es kommt zu einer Beichte des Schuldirektors…

Zwei Handlungsstränge erzählen einmal aus der Sicht von Jannik und einmal aus der Sicht des Schuldirektors. Die Sprache ist teils ordinär, sarkastisch gehalten, der Schreibstil flüssig. Das Besondere an diesem Buch war für mich vor allem die klassische Musik: Ranisch schafft es, die Musik in seinem Buch lebendig werden zu lassen. Er hat eine Gabe, die Musikstücke so wunderbar zu beschreiben, dass man, wenn man diese kennt, sie beim Lesen automatisch hört. Mozarts Requiem spielt eine Hauptrolle, aber auch Tchaikovsky (wie Jannik von Tai auch liebevoll genannt wird) kommt regelmäßig vor. Ich kann mir jedoch nur schwer vorstellen wie das Buch auf Menschen wirkt, die mit klassischer Musik nichts anfangen können.

Axel Ranisch hat ein Buch über das Erwachsen werden, Beziehungen, „coming out“ und über die Musik geschaffen. Fazit: ein brillanter Debütroman der Lust auf mehr macht.