Dieses Buch ist nicht direkt neu – auf Deutsch erschien es erstmals 2016 -, aber da der zweite Band Anfang Mai erscheint, bin ich mit dieser Rezension doch nicht zum vollkommen falschen Zeitpunkt fertig.
Bei der Recherche für diese Rezension habe ich festgestellt, dass es ursprünglich auf Wattpad geschrieben und dort ein großer Hype darum gemacht wurde. Hängt denn jedes Buch inzwischen mit Wattpad zusammen?! Ich finde es erstaunlich, dass diese Schreibplattform eine so große Bekanntheit erlangt hat, dass mit ihr geworben wird. Also, dass man auf das Buch oder in die Verlagsvorschau schreibt, das Wattpad da die Finger mit im Spiel hatte. Das zeigt ja, dass die Leserschaft mit dem Begriff etwas anfangen kann.
Ich glaube, ich habe noch nie so oft das Wort „Wattpad“ verwendet wie in diesem einen Absatz …
Es gibt positive und negative Dinge, die mir während des Lesens auffielen. Witzig fand ich, dass sich die Geschichte ein bisschen so liest, wie ich die Gothic-Computerspiele in Erinnerung habe: Ein Protagonist, der neu in einer speziellen Welt ist oder erstmals von vielen Dingen erfährt, läuft von einer Person zur nächsten, holt sich Aufträge ab oder muss Botschaften überbringen, und lernt dabei, sich zurechtzufinden. Gleichzeitig steigen seine Fähigkeiten. Mit der Zeit gewinnt er Freunde, macht sich aber auch Feinde. Und jederzeit kann irgendjemand oder irgendetwas ihn aus dem Hinterhalt angreifen. Auch die Art und Weise, wie die Figuren sprechen, ist sehr ähnlich. Das alles ist gut versteckt, aber wenn man als Leser darauf achtet, sind diese Rollenspielaspekte kaum zu übersehen.
Was mir ebenfalls sehr schnell auffiel, war der Albino-Ork, der scheinbar den Anführer gibt (Und nein, das ist kein Spoiler). Dass es Orks gibt, genau wie Zwerge und Elfen, ist schön und gut. So sind eben die meisten Welten der Fantasyliteratur gestrickt und das ist vollkommen in Ordnung. Dass allerdings der Anführer der Orks größer und stärker ist als die anderen, dass er seltene und merkwürdige magische Fähigkeiten hat und insbesondere, dass er ein Albino ist, das geht mir gehörig gegen den Strich. Denn das ist sowas von Tolkiens Der Herr der Ringe abgekupfert! Ja ja, schon gut. Die meisten Bücher in der Fantasy weisen irgendwelche Parallelen zu Tolkien auf. Das lässt sich ja inzwischen kaum vermeiden, so komplex ist die Welt, die er sich damals ausgedacht hat. Als ich Eragon von Christopher Paolini gelesen habe und das erste mal die Urgals auftauchten, fiel mir ebenfalls sofort auf, dass sie von den Uruk’hai inspiriert sind. Soll heißen: Es ist keine Seltenheit, dass Tolkien als Vorbild oder Inspirationsquelle dient, und das ist okay. Es kommt zwar nicht ganz so häufig vor, aber dennoch oft genug, dass dieses (in meinen Augen) Abschreiben von Details (Albino) oder Namen und Charakteren (Urgals – Uruk’hai) so offensichtlich ist, dass zumindest mir dieser Gedanke bzw. die Verknüpfung mit einem anderen Buch, das eigentlich überhaupt nichts mit diesem zu tun hat, während des Lesens schlicht nicht mehr aus dem Kopf geht. Und dann vergleiche ich die konsequent. Das ist nicht immer gut … Bei den Dämonen kam mir immer wieder der Gedanke an Pokémon, allerdings waren Matharus Wesen so anders und originell, dass es nur wenige Parallelen im Detail, aber eben einige in den Grundlagen gab. Zum Beispiel die Tatsache, dass die Dämonenbändiger (Pokémontrainer) ihre Dämonen (Pokémon) in sich (ihren Pokébällen) aufnehmen und sie wieder freigeben können. Dass das nicht ähnlich ist, kann mir niemand erzählen! Man merkt einfach sehr deutlich, dass der Autor ein Kind seiner – und auch meiner – Zeit ist. Das finde ich großartig.
Soviel also dazu. Positiv und sehr amüsant: Der Rollenspiel-Aspekt und der Gedanke an Pokémon. Weniger schön, aber (weil er nicht omnipräsent ist) nicht so richtig schlimm, nur etwas ärgerlich: Der Albino-Ork. Kommen wir jetzt am besten zu dem, was Den Erwählten selbst ausmacht.
Fletcher lernen wir in seinem Dorf Pelz kennen, das seinen Namen wegen seiner wichtigsten Handelsware bekommen hat. Außerdem erfahren wir direkt, welchen Charakter unser Protagonist hat. Mir persönlich gefällt er. Er ist eben der typische Held, nur noch nicht recht in seine Rolle hinein gewachsen. Anfangs waren mir die langen Erklärungen, wer gegen wen Krieg führt und wie die Welt überhaupt aussieht, zu ausführlich. Später, wenn der Junge das erste Mal auf die Dämonenakademie stößt, gibt es allerdings noch viel mehr Neues zu erfahren, weshalb ich verstehen kann, dass Taran Matharu die Masse an Informationen lieber auf mehrere Szenen aufteilt – denn sonst wäre es wirklich unerträglich. So gibt es zwar ein paar kleine Spannungslücken, aber tendenziell hat mich das Buch die meiste Zeit bei Laune gehalten – obwohl ich es über zwei Wochen hinweg auf meinem Weg zur Arbeit und zurück in der S-Bahn gelesenhabe.
Die Figuren sind gut gezeichnet. Natürlich werden dabei Stereotypen (wie die starke, schöne Elfe, die aber doch irgendwie zart und zerbrechlich ist – jedenfalls körperlich – oder der großkotzige, unausstehliche reiche Schnösel mit einem bösartigen Charakter) bedient, von einem Jugendbuch erwarte ich jedoch gar nichts anderes und war deshalb nicht negativ überrascht. Besonders gut gefiel mir, dass Fletcher zwar der Held der Geschichte und damit reinen Herzens ist und häufig, aber eben nicht immer der Beste in allem ist. Er hat Stärken in bestimmten Gebieten, aber Schwächen in anderen. Die Moral, die man aus dieser Geschichte mitnehmen könnte, ist: Man braucht nicht der Stärkste zu sein, wenn man der Klügste ist. Oder jedenfalls nicht dumm.
Die Dämonen sind für mich das Highlight der Dämonenakademie. Wie oben schon erwähnt erinnern sie mich sehr an die Pokémon, weil sie einfach so gesehen kleine (oder größere) Monster sind, die ihre Bändiger begleiten und für sie kämpfen. Sie trainieren zusammen und können Manastufen hinzugewinnen, also wie die Pokémon im Level steigen. Ich finde sie einfach knuffig, um ehrlich zu sein. Hinten im Buch sind im Anhang Skizzen zu den einzelnen Dämonen, die in der Geschichte auftauchen (ich nehme an, dass dieser Anhang sich mit den folgenden Bänden verlängert, wenn neue Dämonen eingeführt werden) und genauere Infos dazu. Witzigerweise sehen die Wesen ziemlich genau so aus, wie ich sie mir während des Lesens vorgestellt hatte …
Fazit
Also, zusammengefasst: Taran Matharu erfindet mit seiner Dämonenakademie das Rad der fantastischen Jugendliteratur nicht neu, zur guten Unterhaltung ist dieser erste Band allerdings sehr gut geeignet. Ich bin nicht total aus dem Häuschen und es wäre kein Weltuntergang für mich, sollte es bei diesem einen Band bleiben (rein theoretisch, denn das ist ja nicht der Fall), doch viele Szenen haben mich amüsiert und allein die vielen Anspielungen auf Rollenspiele, den Nintendo-Klassiker und ja, auch die Übernahme von Tolkiens Albino-Ork haben mich sehr zufrieden, wenn nicht gar ziemlich glücklich gemacht.