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Veröffentlicht am 09.09.2018

Sehr lesenswerter Debütroman

Die Hochhausspringerin
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INHALT
Riva ist Hochhausspringerin - ein perfekt funktionierender Mensch mit Millionen Fans. Doch plötzlich weigert sie sich zu trainieren. Kameras sind allgegenwärtig in ihrer Welt, aber sie weiß nicht, ...

INHALT
Riva ist Hochhausspringerin - ein perfekt funktionierender Mensch mit Millionen Fans. Doch plötzlich weigert sie sich zu trainieren. Kameras sind allgegenwärtig in ihrer Welt, aber sie weiß nicht, dass sie gezielt beobachtet wird: Hitomi, eine andere junge Frau, soll Riva wieder gefügig machen. Wenn sie ihren Auftrag nicht erfüllt, droht die Ausweisung in die Peripherien, wo die Menschen im Schmutz leben, ohne Möglichkeit, der Gesellschaft zu dienen. Was macht den Menschen menschlich, wenn er perfekt funktioniert?
(Quelle: Klappentext Hanser Berlin)
MEINE MEINUNG
Mit ihrem fesselnden und sehr beklemmenden Roman „Die Hochhausspringerin“ hat Julia von Lucadou ein äußerst gelungenes Debüt vorgelegt, das mit seinem komplexen Zukunftsszenario eine faszinierende Mischung aus Dystopie, Utopie und Science Fiction darstellt.
Angesiedelt ist die Handlung in einer nicht allzu weit entfernten Zukunft in einer nicht näher benannten Metropole mit einem futuristischen Weltenentwurf, der keineswegs so weit von unserer Realität entfernt zu sein scheint. Die Autorin hat in ihrem Roman sehr anschaulich ein wahres Horrorszenario einer „Schönen Neuen Hightech Welt“ kreiert – einer durchgestylten Welt, in der Leistungsoptimierung, Erfolgsorientierung und Pflichterfüllung den Status der Menschen bestimmen und digitale Transparenz sowie extreme Überwachung den Alltag der Bevölkerung prägen.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht die berühmte Hochhausspringerin Riva Karnovsky, die mit Fotoshootings und hochdotierten Sponsorenverträge als absoluter Megastar dieser lebensgefährlichen Trendsportart in den Medien gefeiert wird und von heute auf morgen beschließt, durch Totalverweigerung aus ihrem Leben als Vorzeigestar auszubrechen. Als eigentliche Protagonistin und Erzählerin lernen wir die junge Wirtschaftspsychologin, Hitomi Yoshida kennen. Diese hat den Auftrag erhalten, dem abtrünnigen Skydiving-Star Riva aus ihrer Krise heraus zu helfen, zu motivieren und schnellstmöglich wieder auf Linie zu bringen. Doch ihre Bewährungsprobe scheint sich in ein Desaster zu wandeln und Hitomis Leben gerät zunehmend aus den Fugen. Durch eingestreute Rückblicke in die Vergangenheit lernt man die Hauptfiguren und einige prägende Episoden aus ihrer Vergangenheit besser kennen. Äußerst faszinierend ist es, die charakterliche Weiterentwicklung und das Verhalten der beiden jungen Frauen mit zu verfolgen, die einander völlig fremd sind, deren Schicksal dennoch unzertrennbar miteinander verwoben ist. Durch die sehr distanzierte Figurenzeichnung ist es allerdings nicht einfach, sich gut in das Gefühlsleben und die Beweggründe der Hauptfiguren hinein zu versetzten, da sie sehr unnahbar, gefühlskalt und nicht übermäßig sympathisch wirken.
Nach und nach lässt uns die Autorin an der Seite von Hitomi in eine auf den ersten Blick nahezu perfekt wirkende, voll durchkommerzialisierte Welt eintauchen. Die anfänglich noch bruchstückhaften Einblicke in den Alltag enthüllen schließlich einen schockierenden Überwachungsstaat mit einer bis ins kleinste Detail durchorganisierten Klassengesellschaft. Denn der Status und die Sicherheit der auserwählten Stadtbevölkerung werden mit permanenter Überwachung, Kontrolle durch Dritte und Dokumentation erkauft. Ein Scheitern in dieser Welt geht zwangsläufig einher mit Prestigeverlust und der Ausweisung in die heruntergekommene „Peripherie“, dem Sammelbecken der unterprivilegierten Underdogs. Sehr vielgestaltig, ideenreich und stimmig hat die Autorin die verschiedenen Elemente dieser befremdlichen, emotionslosen Welt ausgearbeitet – mit Details, die teilweise auch schon in unsere Realität Einzug gehalten haben. Völlig nüchtern und ohne jegliche Wertung führt sie uns die ganze Bandbreite dieses pervertierten Lebens mit Performance-Reviews, diversen Rankings, Fitnesstrackern, Selbstoptimierung, von Algorithmen ausgearbeitete Datingseiten oder NostalgiaPorn vor Augen.
Äußerst gelungen ist der extrem nüchterne, prägnante Schreibstil der Autorin mit perfekt konstruierten Sätzen und sehr innovativ erdachten Technikbegriffen, der insgesamt hervorragend die gesamte kalte, emotionsarme Atmosphäre widerspiegelt und sehr gut zu den Hauptfiguren passt.
FAZIT
Ein fesselnder, atmosphärisch dichter Roman über eine beklemmende, düstere Zukunftsvision, die den Leser zum Nachdenken anregt. Ein sehr lesenswerter Debütroman!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Geschichte
  • Erzählstil
  • Atmosphäre
  • Idee
Veröffentlicht am 12.08.2018

Spannende Ermittlungen im Münsterland

Totenbauer
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INHALT
Auf einer Parkbank im Münsterland bricht ein Mann zusammen. An seiner Schläfe klafft eine blutige Wunde. Der Frau, die ihm helfen möchte, flüstert er die Worte "toter Bauer" zu - und stirbt. Oberkommissar ...

INHALT
Auf einer Parkbank im Münsterland bricht ein Mann zusammen. An seiner Schläfe klafft eine blutige Wunde. Der Frau, die ihm helfen möchte, flüstert er die Worte "toter Bauer" zu - und stirbt. Oberkommissar Maik Bertram hat einen Verdacht: Ist der Mann das Opfer eines tödlichen Liebes- oder Eifersuchtsdramas geworden? Aber ohne die Hilfe Heinrich Tenbrinks, der sich von einem Schädelbasisbruch erholt und mit immer stärkeren Erinnerungslücken zu kämpfen hat, tritt er bald auf der Stelle. Also wendet er sich an seinen ehemaligen Partner und sofort meldet sich Tenbrinks untrügerisches Bauchgefühl: Was haben die letzten Worte des Toten zu bedeuten? Bertram und Tenbrink arbeiten wieder als Team und schon bald führen sie ihre Ermittlungen zu alten Familiengeheimnissen und zu einer ehemaligen Knochenmühle. Gleichzeitig kämpfen die Kommissare mit ihrer eigenen Vergangenheit und stoßen auf Dinge, die besser für immer unentdeckt geblieben wären ...
(Quelle: Klappentext von beTHRILLED)
MEINE MEINUNG
Nach dem rundum überzeugenden Regionalkrimi-Auftakt „Galgenhügel" von Tom Finnek war ich sehr gespannt auf den zweiten Band der neuen Reihe mit dem Titel „Totenbauer“, der ebenfalls im westlichen Münsterland nahe der holländischen Grenze angesiedelt ist. Insgesamt ist Finnek erneut ein fesselnder Kriminalroman mit viel Lokalkolorit und einem hochinteressanter Fall gelungen, der mich wieder bestens unterhalten konnte.
Geschickt startet der neue Fall mit einem fesselnden Auftakt, der uns sogleich eine Leiche präsentiert und uns gespannt weiterlesen lässt. Während die Ermittlungen im Mordfall Peter Gausling allmählich in Gang kommen, geben die Rückblenden zu den Ereignissen während eines etliche Jahre zurückliegenden Familienurlaubs auf Kreta große Rätsel auf. Lange Zeit ist unklar, wie die beiden Handlungsstränge auf den unterschiedlichen Zeitebenen zusammenhängen könnten. Erst nach und nach enthüllen sich durch die verschiedenen, geschickt platzierten Hinweise einige Verdachtsmomente und liefern schließlich eine heiße Spur. Insgesamt ist die Handlung des raffiniert konstruierten, spannenden Kriminalfalls sehr undurchschaubar und mit einigen Überraschungseffekten angelegt, so dass man wieder hervorragend miträtseln und spekulieren kann. Der Krimi gipfelt schließlich in einem äußerst packenden, nervenaufreibenden Showdown und endet mit einer sehr nachvollziehbaren und stimmigen Auflösung. Zum krönenden Abschluss hält der Autor für uns noch einen etwas unheilvollen Ausblick auf den nächsten Band bereit, der mich schon mit großer Spannung und gemischten Gefühlen auf die Fortsetzung warten lässt, den über die Vergangenheit von Tenbrink und Bertram gibt s noch so manches finstere Geheimnis zu entdecken.
Vor allem habe ich mich bei diesem Band wieder auf das eigenwillige Ermittlerpaar Tenbrink und Bertram und ihre unkonventionelle Zusammenarbeit gefreut. Tenbrink, der wegen seiner schweren Kopfverletzung nach seinem letzten Fall noch vom Dienst suspendiert ist, mischt als typischer Münsterländer Dickschädel mit den richtigen Connections vor Ort natürlich wieder kräftig mit und liefert Bertram mit seinen „in cognito“-Nachforschungen äußerst wichtige Hinweise, die die Aufklärung des Falls maßgeblich vorantreiben. Glücklicherweise ist er nun auch bereit sich von ärztlicher Seite wegen seiner bedenklichen Erinnerungslücken helfen zu lassen, auch wenn er nun gezwungen ist, sich mit einigen offenbar verdrängten Begebenheiten aus seiner Vergangenheit auseinander zu setzen. Für so manchen Schmunzler sorgt auch die nicht besonders harmonische Zusammenarbeit zwischen Bertram und seinem neuen Vorgesetzten Arno Bremer.
Finnek sind mit seinen Protagonisten zwei lebendige, sehr facettenreiche Charaktere mit allerlei Ecken und Kanten gelungen, die mir sehr sympathisch sind und über deren Eigenheiten und Geheimnisse ich gerne noch mehr erfahren möchte. Sehr spannend und unterhaltsam sind die interessanten Einblicke in ihr Privatleben, die geschickt in die Ermittlungen eingeflochten sind. Trotz aller Gegensätze harmonieren Tenbrink und sein junger, strafversetzter Kollege aus Magdeburg, Maik Bertram, hervorragend miteinander und mittlerweile verbindet sie eine enge, kollegiale Freundschaft.
Sehr glaubwürdig und lebensnah werden auch die anderen Nebenfiguren beschrieben und sorgen für reichlich Abwechslung in diesem sehr gelungener Regionalkrimi, bei dem auch der Humor wieder nicht zu kurz kommt.
FAZIT
Ein spannender, unterhaltsamer Regionalkrimi aus dem Münsterland mit liebenswerten Charakteren, viel Lokalkolorit, der richtigen Prise Humor und einem gut durchdachten, fesselnden Fall!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Figuren
  • Spannung
  • Handlung
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 09.06.2018

Mitreißende, warmherzige Coming-of-age-story

Der rote Swimmingpool
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INHALT
Adam lebt in einer perfekten Familie mit einer wunderschönen, von allen angehimmelten Mutter und einem erfolgreichen, liebevollen Vater. Doch eines Tages geschieht das für ihn Unvorstellbare: Ohne ...

INHALT
Adam lebt in einer perfekten Familie mit einer wunderschönen, von allen angehimmelten Mutter und einem erfolgreichen, liebevollen Vater. Doch eines Tages geschieht das für ihn Unvorstellbare: Ohne Vorankündigung zieht sich sein Vater zurück und verschwindet von der Bildfläche, während seine Mutter sich in Schweigen hüllt. Für Adam bricht eine heile Welt zusammen, und er ist plötzlich völlig auf sich allein gestellt. Eine unüberlegte Tat von Adam hat folgenschwere Konsequenzen. Doch ganz unerwartet bringt der Sommer mit dem Mädchen Tina auch einen wundervollen Neubeginn für ihn …
MEINE MEINUNG
Mit ihrem bemerkenswerten Debütroman „Der rote Swimmingpool“ ist der deutschen Autorin Natalie Buchholz ein sehr mitreißender, warmherziger Roman gelungen, der eine interessante Familiengeschichte und zugleich eine schöne, tiefgründige Coming-of-age-story erzählt.
Mit einem ruhigen, dennoch leichten Erzählstil schildert Buchholz das dramatische Ende einer scheinbar perfekten Ehe und glücklichen Familie. Gekonnt führt sie dem Leser die verschiedenen Facetten des Lebens vor Augen, zeigt die verhängnisvollen Auswirkungen von Misstrauen, Sprachlosigkeit, Verlust und Einsamkeit auf aber auch die wundervollen Dinge wie Hoffnung, Freundschaft und Liebe, die das Leben trotz aller Krisen für einen bereit hält.
Die Autorin hat ihren Familienroman mit zwei leicht zeitversetzten Handlungssträngen sehr abwechslungsreich und spannend gestaltet. Erst nach und nach enthüllen sich dem Leser in verschiedenen Rückblicken die zurückliegenden, teilweise sehr dramatischen Ereignisse. Allmählich kann man die einzelnen Bruchstücke von Adams Geschichte zusammensetzen, die wir aus seiner Sicht in der 1. Person erzählt bekommen. Auf sehr anschauliche Art stellt sie in ihrem Roman dar, wie nah oft Glück und Unglück im Leben beieinander liegen können. Überaus gelungen ist hierbei der optimistisch stimmende Ausklang von Adams Geschichte, der zeigt, dass es trotz aller schmerzhaften Prozesse beim Erwachsenwerden und Abnabeln auch ein hoffnungsvoller Neuanfang mit schönen Momenten möglich ist.
Die vielschichtige Charakterisierung ihres Protagonisten Adam als typischen, pubertierenden Teenager ist sehr einfühlsam und wirkt äußerst lebensnah. Als Leser konnte ich mich gut in Adam hineinversetzen und sein Gefühlschaos mitfühlen, als seine heile Familienwelt zerbricht, sein perfektes Leben von einem auf den anderen Tag vollkommen aus den Fugen gerät und er jeglichen Halt verliert. Sehr glaubwürdig hat die Autorin seine Persönlichkeit und sein Innenleben mit all der Hilflosigkeit, Zerrissenheit, Misstrauen, Wut und Verzweiflung dargestellt, so dass die Beweggründe für sein zeitweise unreflektiertes Handeln sehr gut nachvollziehbar sind. Sehr nachvollziehbar erleben wir die charakterliche Weiterentwicklung von Adam zu einem an der Krise gereiften, verantwortungsvollen jungen Mann, der nun mit beiden Füßen im Leben steht und der Zukunft gelassener und zuversichtlich entgegenblicken kann.
Auch die übrigen Nebencharaktere sind hervorragend getroffen – allen voran die sehr unkonventionelle Tina und Adams bester Freund Tom, die immer wieder für viel Abwechslung und sehr witzige Situationen sorgen.
Die Autorin hat Adam eine sehr glaubwürdige, jugendliche Stimme gegeben, so dass es nicht schwer fällt sich in seine Lage hineinzuversetzen. Die lebendige, einfühlsame Sprache der Autorin gewürzt mit einigen sehr humorvollen Passagen vermittelt dem Roman trotz seiner tiefgründigen Thematik eine herrliche Leichtigkeit und eignet sich auch hervorragend für Jugendliche.
FAZIT
Ein mitreißender, warmherziger Debütroman mit einer interessanten Familiengeschichte und eine tiefgründige Coming-of-age-story! Sehr lesenswert!
Mitreißende, warmherzige Coming-of-age-story

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Figuren
  • Geschichte
  • Dramaturgie
Veröffentlicht am 15.05.2018

Interessanter Provence-Krimi mit viel Lokalkolorit!

Ein Gentleman in Arles – Mörderische Machenschaften
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INHALT
Peter Smith hat ein bewegtes Leben als Unternehmensberater, Lehrer für Kunstgeschichte und britischer Geheimdienstler hinter sich und beschließt nun, in mittleren Jahren, dem verregneten England ...

INHALT
Peter Smith hat ein bewegtes Leben als Unternehmensberater, Lehrer für Kunstgeschichte und britischer Geheimdienstler hinter sich und beschließt nun, in mittleren Jahren, dem verregneten England den Rücken zu kehren und sich zusammen mit seinem Windhund Arthur im schönen Arles zur Ruhe zu setzen. Schluss mit Trubel und Nebelwetter, sein knurriges Temperament sehnt sich nach Sonne, köstlichem französischem Essen und Ruhe. Doch genau die ist ihm nicht vergönnt: Kaum hat Smith das berühmte römische Amphitheater nach einem Stierkampf verlassen, wird ihm plötzlich ein Schlag auf den Hinterkopf versetzt. Als er wieder zu sich kommt, findet er sich unter einer auffallend gut gekleideten Leiche wieder. Ohne es zu wollen, stolpert er mitten hinein in einen mysteriösen Mordfall, ein Netz aus Intrigen und eine provenzalische Verschwörung ...
(Quelle: Klappentext Pendo-Verlag)
MEINE MEINUNG
Mit „Ein Gentleman in Arles – Mörderische Machenschaften“ hat der britische Autor Anthony Coles einen gelungener Auftakt zu seiner bislang dreiteiligen Provence-Krimi-Reihe rund um den britischen Ruheständler Peter Smith vorgelegt, der es sich im pittoresken provençalischen Arles gut gehen lässt und ganz unbeabsichtigt in einen mysteriösen Mordfall verwickelt wird.
Sehr schön stimmt bereits das hübsche Cover mit einem typischen Touristen-Postkartenmotiv vom berühmten Amphitheater in Arles auf den Handlungsort in der Provence ein und weckt Vorfreude auf einen unterhaltsamen „Provence-Krimi“ mit viel Lokalkolorit.
Lebendig und sehr anschaulich beschreibt Coles neben der provenzalischen Landschaft auch die Atmosphäre von Arles. Man merkt an vielen Details, dass der wie seine Romanfigur in Arles lebende Autor die Schauplätze hervorragend kennt. Gekonnt fängt er das herrliche Flair der malerischen südfranzösischen Gegend ein und lässt seine Liebe zu Land und Küche mit einfließen. Beim Lesen des Krimis sieht man geradezu die Landschaft im flirrenden Licht der Provence vor sich und meint, die kulinarischen Köstlichkeiten riechen und beinahe schmecken zu können.
Nach einem fesselnden Einstieg entwickelt sich der mysteriöse Kriminalfall recht gemächlich. Mit sehr ausführlichen Beschreibungen lässt uns der Autor zunächst einmal in den faszinierend beschaulichen Alltag seiner Hauptfigur Peter Smith eintauchen und wir lernen ihn als zurückgezogen lebenden, sehr kultivierten und weltmännischen Pensionär und auch sein näheres Umfeld in Arles kennen. Erst als Smith von der faszinierenden Witwe des Mordopfers beauftragt wird, Licht in die Hintergründe des reichlich schnell von der Polizei ad acta gelegten Mordfalls zu bringen und die verantwortlichen Drahtzieher aufzudecken, nimmt die Geschichte allmählich an Fahrt auf. Seine Nachforschungen fördern einen verzwickten Fall zutage, der auf Subventionsbetrug mit EU-Fördergelder, politische Verschwörung und eine Verflechtung mit gefürchteten Gangsterbanden aus Marseille hindeutet. Schon bald gerät Smith ins Visier von Personen, die großes Interesse an den Ergebnissen seiner Ermittlungen zu haben scheinen und sich an seine Fersen heften. Der Krimi lebt neben den atmosphärisch dichten Beschreibungen des südfranzösischen Flairs vor allem von seiner hochinteressanten, sympathischen Hauptfigur Peter Smith, die der Autor sehr lebendig und vielschichtig ausgearbeitet hat - und von seinem äußerst liebenswerten Windhund Arthur, der fast bei allen Befragungen mit dabei sein darf.
Während man anfangs vom ehemaligen Unternehmensberater und Kunsthistoriker Smith den Eindruck eines formvollendeten jedoch etwas eigenbrötlerischen englischen Gentleman bekommt, der in Arles seinen Ruhestand in vollen Zügen bei Sonne, Wein und französischem Essen genießt, lernen wird bald auch eine völlig andere, überraschende Seite von ihm kennen. Auch im Alter hat er seine Fähigkeiten als knallharter Geheimdienstler offenbar nicht verloren und erweist sich zudem noch als gewiefter IT-Spezialist. Auch seine ruhige, abgeklärte Ermittlungsarbeit und pragmatische Sicht der Dinge passt zu seinem liebenswerten Charakter, und sind sehr authentisch. Die übrigen Nebenfiguren sind abhängig von ihrer Rolle ebenfalls glaubwürdig und lebendig beschrieben.
Trotz des insgesamt recht gemächlichen Tempos versteht es der Autor die Handlung abwechslungsreich, unterhaltsam und spannend zu gestalten, so dass zu keiner Zeit Langeweile aufkommt. Auch bei den vielen Treffen mit köstlichen französischen Menus bleibt die Aufklärung des Falls stets im Vordergrund. Zum Ende hin gibt es einige unerwartete Wendungen, der Spannungsbogen zieht merklich an und gipfelt in einer mitreißenden, actionreichen Szene. Die Auflösung des Falls ist insgesamt in sich schlüssig und nachvollziehbar, auch wenn nicht alle Details erklärt werden.
Schön, dass der Mordfall in sich abgeschlossen ist, man sich aber auf eine Fortsetzung mit einem neuen Fall für Peter Smith, einigen liebgewonnenen Charakteren und manch einer interessanten Nebenfigur freuen darf.
FAZIT
Insgesamt ein recht unaufgeregter, aber sehr unterhaltsamer Provence-Krimi - mit einer gehörigen Portion Lokalkolorit und dem typischen Flair der französischen Provence. Ein kurzweiliges Leseerlebnis zum Wohlfühlen!

Veröffentlicht am 06.05.2018

Sehr unterhaltsame Fortsetzung der "Bullenbrüder"

Bullenbrüder: Tote haben kalte Füße
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Die Autoren Edgar Rai und Hans Rath haben nach ihrem gelungenen Krimi-Debüt „Bullenbrüder - Tote haben keine Freunde" nun ihren zweiten spannenden Fall mit dem Titel „Tote haben kalte Füße“ vorgelegt. ...

Die Autoren Edgar Rai und Hans Rath haben nach ihrem gelungenen Krimi-Debüt „Bullenbrüder - Tote haben keine Freunde" nun ihren zweiten spannenden Fall mit dem Titel „Tote haben kalte Füße“ vorgelegt.
Erneut ist ihnen ein toller, kurzweiliger Krimi mit jeder Menge Situationskomik gelungen, der vor allem von den herrlich gegensätzlichen Charakteren der Bullenbrüder und ihren ewigen Sticheleien getragen wird.
Eine besondere Würze erhält das Ganze noch durch die eingebauten Episoden aus Holgers und Charlies Privatleben. Ihre lebenslustige, ziemlich abgedrehte Mutter Anita taucht ganz unvermittelt mit ihrem 20 Jahre jüngeren, kolumbianischen Verlobten Rodrigo auf und sorgt für reichlich Chaos bei den Brinks zu Hause. Sie erwartet nämlich von ihren Söhnen, dass diese ihre 5. Hochzeit zu einem unvergesslichen Tag machen und eine Hochzeitsparty im Garten ausrichten. Ständig neue Sonderwünsche lassen die Planungen zu einem finanziellen und organisatorischen Albtraum werden und sorgen beim Lesen für etliche etwas arg zugespitzte, aber dennoch sehr amüsante und unterhaltsame Szenen.
Mit den beiden sympathischen Protagonisten Holger und Charlie haben die Autoren zwei sehr facettenreiche, originelle Figuren geschaffen, die mit ihrer unterschiedlichen Persönlichkeit für viel Witz und Unterhaltung sorgen und zum besonderen Charme dieses Krimis beitragen. Während der ernste, verantwortungsbewusste Holger eher als überkorrekter Spießer und kleinbürgerlicher Familienmensch daher kommt, dem aber auf den zweiten Blick auch eine gewisse Schlitzohrigkeit nicht abgesprochen werden kann, erleben wir seinen Bruder Charlie als unbekümmerten, lebenslustigen und leicht chaotischen Menschen, der auf schöne Frauen, schnelle Autos steht, und es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt. Zudem manövriert er sich mit seinen unorthodoxen, unüberlegten Aktionen auch leicht mal in recht heikle Situationen. Sind die beiden in ihren Ermittlungsmethoden auch das genaue Gegenteil, ergänzen sie sich jedoch bei ihrem neuen spannenden Fall unbeabsichtigt zu einem perfekten Dream Team, so dass schließlich jeder auf seine Art zur Aufklärung beiträgt.
Sehr lebendig und interessant sind auch viele der skurrilen Nebenfiguren ausgearbeitet wie beispielsweise die beiden Promi-Schwestern Pam und „Luder-Lou“, Holgers dominante Quoten-Chefin Frau Dr. Niermeyer, die sich in diesem Fall äußerst parteiisch verhält und ziemlich weit aus dem Fenster lehnt, und natürlich Anita mit ihrem heißblütigen Rodrigo.
Auch wenn die eigentliche Krimihandlung etwas Tiefgang vermissen lässt, konnte mich dieser abwechslungsreiche Krimi mit seiner lockeren, witzigen Schreibweise und seinen spritzigen, pointenreichen Dialogen bestens unterhalten.
FAZIT
Eine überzeugende, sehr unterhaltsame Fortsetzung der "Bullenbrüder" – mit den grandiosen Protagonisten Holger und Charlie, tollen skurrilen Charakteren und jede Menge Situationskomik und Wortwitz.