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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.05.2018

Ein absolutes Jahres- wenn nicht All-Time Highlight!

Wie man die Zeit anhält
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Tom Hazard wirkt auf den ersten Blick wie ein ganz normaler Lehrer Anfang 40 in London, doch eigentlich ist er über 400 Jahre alt. Er altert etwa 15 Mal langsamer als der durchschnittliche Mensch. In "Wie ...

Tom Hazard wirkt auf den ersten Blick wie ein ganz normaler Lehrer Anfang 40 in London, doch eigentlich ist er über 400 Jahre alt. Er altert etwa 15 Mal langsamer als der durchschnittliche Mensch. In "Wie man die Zeit anhält" begleiten wir ihn durch die Jahrhunderte, durch Liebe, Einsamkeit, Verstoß, Ausgrenzung, Freundschaft und vieles mehr.

"Wie man die Zeit anhält" ist meiner Meinung nach ein Roman über die Suche nach dem Sinn des Lebens, was mache ich mit meiner Zeit, wenn sie fast unbegrenzt ist? Und vor allem geht es - wie schon in "Ich und die Menschen" von Matt Haig - um einen Außenseiter, der Blick von außen auf die Gesellschaft. Er beleuchtet kritisch, wie wir mit Menschen umgehen, die nicht in unser "normal" Schema passen- und da hat sich, nüchtern betrachtet, in den Jahrhunderten nur wenig geändert, Ausgrenzung passiert, Formen sind vielleicht andere, das Ergebnis dasselbe.

Mir hat der Roman unglaublich viele Denkansätze gegeben, er hat mich zum Lachen gebracht, berührt und mich vor allem glücklich gemacht. Es ist eines der wenigen Bücher die ich wirklich JEDEM empfehlen würde!

Veröffentlicht am 31.07.2019

Schöne Liebesgeschichte mit einer grandiosen Grundidee!

Love to share – Liebe ist die halbe Miete
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Tiffy braucht dringend eine günstige Wohnung, weil ihr Freund Schluss gemacht und sie vor die Tür gesetzt hat. Leon braucht dringend Geld und will seine kleine 2-Zimmer-Wohnung während seiner Nachtschichten ...

Tiffy braucht dringend eine günstige Wohnung, weil ihr Freund Schluss gemacht und sie vor die Tür gesetzt hat. Leon braucht dringend Geld und will seine kleine 2-Zimmer-Wohnung während seiner Nachtschichten untervermieten. Die perfekte Lösung für die beiden: sie teilen sich die Wohnung, sind aber nie gleichzeitig dort. Die beiden kommunizieren ausschließlich über Post-ist, die sie sich überall in der Wohnung hinterlassen. Bis der Zufall dazwischen kommt!
Wenn man sich morgens schon drauf freut, dass man am Abend weiterlesen kann, dann ist es eindeutig ein gutes Buch! Eine wunderbare Liebesgeschichte, locker unterhaltsam, lustig, ohne zu kitschig zu sein! Die Autorin passt ihren Schreibstil wunderbar an die wechselnden Erzählweisen an. Kein New Adult, sondern eine Liebesgeschichte, mit einer Grundidee, die bisher wirklich einzigartig ist!

Veröffentlicht am 27.04.2019

Ein Pageturner für Thrillerfans!

Liebes Kind
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Eine Frau wird nach einem Autounfall ins Krankenhaus gebracht, begleitet von ihrer Tochter. Es soll sich um Lena handeln, die vor rund 14 Jahren spurlos verschwunden ist. Die Polizei kontaktiert Lenas ...

Eine Frau wird nach einem Autounfall ins Krankenhaus gebracht, begleitet von ihrer Tochter. Es soll sich um Lena handeln, die vor rund 14 Jahren spurlos verschwunden ist. Die Polizei kontaktiert Lenas Eltern, um die verletzte Frau im Krankenhaus zu identifizieren. Noch bevor sie die Frau gesehen haben, ist klar: die Tochter, Hannah, ist mit Sicherheit Lenas Tochter, denn sie ist ihr wie aus dem Gesicht geschnitten. Doch das Mädchen scheint seltsam. Wie sich zeigt, hat Hannah ihr komplettes bisheriges Leben in einer Hütte im Wald verbracht, gemeinsam mit ihrer Mutter Lena, mit ihrem Bruder Jonathan und mit ihrem Vater, der alles kontrolliert und Lena offenbar seit ihrem Verschwinden in dieser Hütte gefangen hält.

Der Thriller beginnt da, wo viele Geschichten aufhören: bei der Flucht des Entführungsopfers. Mit Flashbacks der Protagonistin wird erklärt, was sich in der Hütte abgespielt hat, wie der Tagesablauf war, was der Entführer alles bestimmt hat, wie unvorstellbar es – für einen in Freiheit lebenden Menschen – zugegangen ist.
Romy Hausmann erzählt die Geschichte aus drei Perspektiven: aus jener der entführten Frau, aus der Sicht der Tochter Hannah und aus der Sicht von Lenas Vater, Matthias. Sie schafft es, die Sprache unglaublich gut an die jeweiligen Erzähler anzupassen, vor allem Hannahs Perspektive war sehr speziell und packend. Bevor die Perspektive gewechselt wird, kommt meist ein kleiner Cliffhanger, so hält die Autorin die Leser bei der Stange.
Sie hat es außerdem geschafft, mich unglaublich zu verwirren: was ist wirklich passiert? Was ist wahr? Was haben sich die Opfer in ihrer psychischen Ausnahmesituation eingebildet?
Die Geschichte ist zügig und spannend erzählt. Im Mittelteil hat sie sich ganz kurz im Kreis gedreht – zumindest wars für mich gefühlt so – und dadurch waren die Protagonisten kurz etwas unsympathisch. Vermutlich so gewollt, aber nicht ganz meins.
Unterm Strich ein sehr spannender Thriller, eine große Leseempfehlung, auch wenn er diesen enormen Hype vielleicht nicht ganz wert ist. Das ist aber jammern auf sehr hohem Niveau!

Veröffentlicht am 04.11.2018

Tragisch, packend und historisch sehr interessant!

Hemingway und ich
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In „Hemingway&ich“ erzählt Autorin Paula McLain die Liebesgeschichte zwischen Ernest Hemingway und seiner dritten Ehefrau, Martha Gellhorn.
Martha, oder Marty wie sie von ihrer Familie genannt wird, lernt ...

In „Hemingway&ich“ erzählt Autorin Paula McLain die Liebesgeschichte zwischen Ernest Hemingway und seiner dritten Ehefrau, Martha Gellhorn.
Martha, oder Marty wie sie von ihrer Familie genannt wird, lernt Ernest Hemingway durch Zufall in einer Bar in Florida kennen, kurz nachdem sie ihren Vater verloren hat. Martha ist eine ruhelose Frau, selbst Schriftstellerin und demnach höchst interessiert an der Persönlichkeit Hemingway, anfangs aber absolut nicht darauf aus, eine Liebesbeziehung mit ihm anzufangen.
Mitte der 30er Jahre brodelt es in Europa bereits, in Spanien tobt der Bürgerkrieg und gemeinsam mit anderen möchten die beiden Autoren dabei etwas ausrichten, berichten – sie wollen, dass die Welt erfährt, was in Spanien passiert, damit Hilfe geleistet wird. Als Reporter im Kriegsgebiet wachsen Ernest und Martha in einer unvorstellbaren Situation zusammen und so beginnt ihre Beziehung.

Diesen unglaublich inhaltsreichen Roman in wenigen Zeilen zusammen zu fassen, ist für mich wirklich sehr schwierig, weil man ihm damit kaum gerecht werden kann. Vordergründig wird natürlich die Liebesgeschichte der Protagonisten erzählt, ihre Höhen ihre Tiefen, die Schwierigkeiten mit einem exzentrischen Charakter wie Hemingway eine Beziehung zu führen.

Martha ist eine sehr moderne Frau für ihre Zeit, sehr feministisch, sie kann nicht verstehen, warum für sie andere Regeln gelten sollten, als für Männer. Gleichzeitig ist sie reiselustig und sehr ruhelos. Sie will die Welt sehen, will etwas bewirken, will schreiben. Oft hat man als Leser den Eindruck sie will so viel, dass sie sich damit selbst im Weg steht. Sie versucht immer wieder sich vom Erfolg ihres Mannes nicht unterkriegen zu lassen, sie will es selbst schaffen.
Gleichzeitig wirkt sie neben Hemingway oft klein, lässt sich von ihm unterdrücken, wirkt ihm hörig.
So entsteht das Bild einer sehr unausgeglichenen Protagonistin, hin und her gerissen zwischen dem Drang, eine häusliche Ehefrau zu sein und dem Zwang in die Welt hinaus zu gehen und unabhängig zu sein. Das kommt der echten Martha Gellhorn vermutlich sehr nahe, sie war wirklich gut gezeichnet, nur leider ab und an etwas anstrengend aufgrund ihrer Ruhelosigkeit.

Der Ernest Hemingway, der in diesem Buch dargestellt wurde, war für mich durch und durch Künstler, Egozentriker und oftmals wirkte er, als ob er in seiner eigenen Welt leben würde. Ich denke, damit hat Paula McLain ein recht akkurates Bild Hemingways dargestellt. Auch er war wie Martha oft ruhelos, hin und hergerissen, zwischen der Rolle als Partner und Vater und jener des erfolgreichen Autors. Die Ansprüche, die er oft an Martha gestellt hat, sie müsse pausenlos für ihn da sein, habe ich als unfair empfunden, weil er auf der anderen Seite nie so viel zurück geben wollte. Er wirkt dadurch ich-bezogen und teilweise unsympathisch.

Auch wenn das Zentrum des Romans die Liebesgeschichte von Gellhorn und Hemingway ist, ist es gleichzeitig ein Kriegsroman – auch der Krieg ist Protagonist. Die verschiedenen Gesichter des Krieges, die Martha in Spanien, in Frankreich, in China und Finnland kennenlernt, sind extrem authentisch geschrieben und waren für mich die packendsten Teile der Geschichte – mit einem gewaltigen, tragischen und gleichzeitig mutigen Ende.

Die Geschichte war – auch wenn ich natürlich nicht wissen kann, wie die Wirklichkeit ausgesehen hat – sehr glaubhaft, ich kann mir gut vorstellen, dass die Ehe zwischen Hemingway und Gellhorn so abgelaufen ist, dass die Dramen sich zwischen ihnen genauso abgespielt haben. Das ist auch mein einziger Kritikpunkt: die Dramen waren für mich ab und zu etwas aufgesetzt. Ich kann nichts mit überdramatisierenden, künstlich aufgebauschten Problemen anfangen, die auf einmal aus dem Nichts kommen – obwohl ich glaube, dass es bei den beiden durchaus so gewesen sein könnte. Hemingway hat für mich oft gewirkt wie der klischeehafteste Künstler überhaupt, viel zu exzentrisch und mit dieser Art kann ich nichts anfangen.

Unterm Strich ein sehr berührender, biographischer Roman über eine wahnsinnig interessante Frau und eine sehr turbulente Zeit. Das Buch hat es immer wieder geschafft, dass ich nebenbei einzelne geschichtliche Fakten nachrecherchiert habe, hat in mir das Interesse geweckt, mehr über gewisse Persönlichkeiten herauszufinden ich habe mir wirklich viele Stellen – ob berührend, tragisch oder einfach gut geschrieben – im Buch markiert. Ich hätte mir gewünscht, mehr Zeit für das Buch zu haben, denn es verdient die volle Aufmerksamkeit des Lesers. Deswegen werde ich es auf alle Fälle nochmal lesen.

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Veröffentlicht am 25.09.2018

genauso gut wie beim ersten Mal!

Schachnovelle
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Auf einem Schiff Richtung Südamerika treffen die unterschiedlichsten Charaktere zusammen: Ein Schachweltmeister, ein erfolgsbesessener Geschäftsmann, der eher unauffällige Dr. B, und weitere Charaktere, ...

Auf einem Schiff Richtung Südamerika treffen die unterschiedlichsten Charaktere zusammen: Ein Schachweltmeister, ein erfolgsbesessener Geschäftsmann, der eher unauffällige Dr. B, und weitere Charaktere, darunter auch der Erzähler.
Als sich herumspricht, dass Schachweltmeister Mirko Centovic an Bord ist, will ihn McConnor unbedingt zu einer Partie Schach herausfordern.
Nach langem Überreden willigt er ein. Die ersten Partien verlieren die Herausforderer klar, bis sich Dr. B. einmischt. Er scheint alle Züge des Weltmeisters voraussehen zu können. Und das obwohl – wie er selbst sagt – er seit über 20 Jahren keine Partie Schach mehr gespielt hat. Dadurch kommt die Vergangenheit von Dr. B. ans Licht und, dass er beinahe dem Nazi-Regime zum Opfer gefallen wäre.

Ein Re-Read aus der Schulzeit. Ich hatte in Erinnerung, dass mich das Buch vor 14 Jahren gut gefallen hatte, deswegen wollte ich rausfinden, ob das jetzt noch immer der Fall ist: ja ist es.

Das Buch ist extrem vielschichtig, es beleuchtet unglaublich genau die Psyche der Protagonisten. Den einfach gestrickten Mirko Centovic, der nach einer schlimmen Kindheit den Aufstieg zum Schachweltmeister geschafft hat, trotz aller Einfachheit.
Mister McConnor, immer auf der Suche nach Erfolg, nie zufrieden, braucht immer Selbstbestätigung.
Und dann Dr. B., der unglaublich viel durchgemacht hat.

Seine Geschichte zeigt so viel auf einmal. Einerseits die Psychische Komponente: was das absolute Nichts aus einem Menschen machen kann, was passiert, wenn man einem Menschen jeglichen geistigen Anreiz nimmt. Wie schnell ein Mensch einer Sucht verfallen kann und wie schwierig es ist, daraus auszubrechen.

Gerade in unserer schnelllebigen Welt, in der es immer etwas zu tun gibt, in der der Mensch dauernd Beschäftigung sucht, können wir uns das absolute Nichts fast gar nicht mehr vorstellen. Auch wenn der Gedanke an etwas Ruhe meist schön ist, was Dr. B. durchgemacht hat, kann in der heutigen Zeit wohl niemand mehr ansatzweise nachvollziehen. Gut gefallen hat mir als Leseratte natürlich auch, dass ihm ein Buch aus dieser Leere heraus geholfen hat.

„Vier Monate lang hatte ich kein Buch in der Hand gehabt, und schon die bloße Vorstellung eines Buches, in dem man aneinander gereihte Worte sehen konnte, Zeilen, Seiten und Blätter, eines Buches, aus dem man andere neue, fremde, ablenkende Gedanken lesen, verfolgen, sich ins Hirn nehmen könnte, hatte etwas Berauschendes und gleichzeitig Betäubendes.“ (S.67)

Und dann geht’s natürlich auch um das Nazi-Regime und um die unglaublichen Folter Methoden, die angewendet wurden. Ich wusste gar nicht, dass manche Häftlinge so behandelt wurden. Es ist einfach unfassbar, welche ausgeklügelten und psychisch verstörenden Methoden sich die Nazis einfallen haben lassen. Jegliche Art von Folter – und auf diese wäre wohl fast kaum jemand gekommen.

Den halben Stern habe ich abgezogen, weil ich anfangs etwas gebraucht habe, um in die Geschichte hineinzufinden. Die Sprache ist eindeutig gehoben, Stefan Zweig verwendet viele Fremdwörter, auch der Satzbau ist anfangs ungewohnt. Ab der Hälfte liest sich die Schachnovelle aber flüssig, Klassiker hin oder her.

Unterm Strich ein sehr empfehlenswerter Klassiker, der sich schnell weglesen lässt und der trotzdem unglaublich viel enthält. Wer sich noch nicht an vielen Klassikern versucht hat, sollte hier auf alle Fälle mal reinlesen. Ich werde mir jetzt nach und nach noch weitere Bücher aus der Schulzeit vornehmen, auch die, die mir damals nicht gefallen haben. Vielleicht weiß mein älteres Ich sie jetzt ja zu schätzen.