Im Jahre 1913 ist Agneta 27 Jahre alt und studiert Kunst in Stockholm. Sie liebt ihre Freiheit, nachdem vor allem ihre Mutter sie auf dem heimischen Löwenhof in die starren Regeln der Tradition pressen und verheiraten wollte, damit sie Kinder bekommt. Doch dann ruft ihre Mutter sie zurück auf den Löwenhof, denn Agnetas Vater und ihr Bruder hatten einen lebensgefährlichen Unfall und sie muss sofort den Hof übernehmen.
Dieser Auftakt der Löwenhof-Saga ist recht kurzweilig, obwohl die Handlung zum größten Teil sehr vorhersehbar ist. Das Rad wird hier nicht neu erfunden, aber mir zumindest hat die Geschichte ganz gut gefallen und mich gut unterhalten. Der Schreibstil ist locker und flüssig und ich konnte der Geschichte gut folgen. Anfangs hat mich jedoch gestört, dass die Mutter plötzlich ab und zu einfach Stella genannt wurde, was meines Erachtens einfach nicht in die Geschichte passte, da ansonsten immer nur von der Mutter die Rede ist. Ich wusste anfangs nicht, wer denn plötzlich Stella ist und hielt sie für ein weiteres Hausmädchen. Und etwa ab der Hälfte wird Max plötzlich nur noch als der ehemalige Stallmeister bezeichnet. Max war jedoch der Verwalter und übernahm nur kurzfristig mal die Rolle des Stallmeisters, um Lasse einzuarbeiten. Dies ist sehr verwirrend, da der echte Stallmeister auch eine recht große Rolle in der Geschichte hat und hier von der Autorin offenbar die beiden Personen verwechselt wurden. Recht seltsam finde ich auch, dass es im späteren Geschehen eine Zwillingsschwangerschaft gibt, die angeblich völlig problemlos verläuft und wo beide Kinder nach den neun Monaten bei der Geburt drei Kilo wiegen sollen. Ich denke, hier wurden die Grenzen des real Möglichen sehr arg strapaziert und es wurde ins Reich der Wünsche abgetaucht.
Aber das sind nur sehr kleine Punkte, auch wenn sie in dieser Zusammenfassung so groß erscheinen. Viel mehr störte mich, dass es eigentlich eine 08/15-Geschichte ohne jeden Tiefgang ist. Die ganzen Probleme, die Agneta gerade in der damaligen Zeit als Gutsherrin gehabt haben dürfte in einer reinen Männerwelt, werden nicht thematisiert. Die ganze geschäftliche Seite spielt in der Geschichte keine Rolle. Sie muss sich kein einziges Mal gegen Konkurrenten behaupten, sich nie mit männlichen Geschäftsherren auseinander setzen und hat nie finanzielle Probleme, obwohl anfangs der Grundstein für einen solchen Handlungsstrang gelegt wurde. Ob es sich nun um eine große Pferdezucht, eine Fabrik oder einen Automobilkonzern handelt, spielt keine Rolle. Die ganze Geschichte dreht sich ausschließlich um Agneta, ihre Mutter und die Liebe. Insofern hätte die Handlung zu jeder x-beliebigen Zeit und auch in jedem anderen Land der Erde spielen können. Das finde ich sehr schade, denn es wäre viel Potenzial für mehr da gewesen, um sich von anderen 08/15-Romanen abzuheben. Obwohl ich die Geschichte daher schön und kurzweilig finde, gebe ich nur eine durchschnittliche Punktzahl, denn sie konnte mich auch nicht fesseln.
Zudem ist die gehörte Geschichte meiner Meinung nach auch keine Familiensaga, da alles fehlt, was einen normalen Liebesroman zu einem Teil einer Saga machen könnte. Es fehlt eben der große Bezug zum Familienunternehmen und es fehlt auch die große Zeitspanne und eine Entwicklung von Agneta. Hier werden gerade einmal zwei Jahre erzählt. Anfangs ist Agneta noch eine Studentin, aber schon im zweiten Kapitel fängt sie an, als Erbin des Löwenhofes aufzutreten und macht dann auch keine echte Entwicklung mehr durch, sondern wechselt höchstens noch die Männer. Der Löwenhof als großes Familienunternehmen bildet hier in der Geschichte gerade mal den Handlungsort und ist kein echter Mittelpunkt. Der Hof scheint sich von allein zu führen. Der Hörer erfährt gerade einmal, dass Agneta ab und zu über den Büchern sitzt. Für eine Familiensaga fehlt mir auch, dass es sich um eine größere oder einflußreiche Familie handelt. Die Familie besteht nur aus Agneta und ihrer Mutter. Und die Familie und/oder ihre Traditionen bildet auch nicht das große Thema, sondern ausschließlich Agneta, ihre Liebschaften und vielleicht noch die Konventionen der damaligen Zeit.
Die Sprecherin Nora Jokhosha ist dagegen große Klasse und ich konnte ihr hervorragend lauschen. Sie sprach deutlich in einer angenehmen Tonlage und hat gut intoniert. Die verschiedenen Personen haben von ihr auch unterschiedliche Sprecharten bekommen. So hatte die Mutter etwa immer den leicht affektierten, hochnäsigen Ton, was in der Geschichte auch ansonsten hervorgehoben wurde.
Fazit:
Ein netter Liebesroman ohne Überraschungen, vorgelesen von einer überragend guten Nora Jokhosha