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Veröffentlicht am 26.01.2020

Das Drehbuch, das die Filmgeschichte verändert

Das geschwärzte Notizbuch
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Pablo ist erfolgreicher Drehbuchschreiber. Das weiß nur niemand, denn er wird von Santiago in dessen Keller gefangen halten. Santiago, der jedes geschriebene Wort von Pablo als sein eigenes ausgibt, der ...

Pablo ist erfolgreicher Drehbuchschreiber. Das weiß nur niemand, denn er wird von Santiago in dessen Keller gefangen halten. Santiago, der jedes geschriebene Wort von Pablo als sein eigenes ausgibt, der Ruhm und Ehre dafür einstreicht. Jetzt möchte er von Pablo das Drehbuch, das die Filmgeschichte verändern soll. Mit allen Mitteln.

Den Klappentext und Plot fand ich superinteressant. Kann man unter Druck kreativ sein und ein Meisterwerk schaffen? Wie verändert sich das Abhängigkeitsverhältnis über die Jahre? Warum sucht niemand nach Pablo? Wird er sich wehren? All diese Fragen werden angerissen, z.T. auch geklärt. Aber die Antworten gehen in Langeweile und Wiederholungen quasi unter. Die Geschichte wird von Pablo erzählt, logischerweise passiert in seiner jahrelangen Haft nicht sonderlich viel. Trotzdem ist es nicht wirklich spannend ein und denselben Gedanken zigmal zu lesen. Oder seinen chaotischen Gedankensprüngen zu folgen. Klar wird nur eines, dass ihm diese Haft nicht gut bekommt. Keine große Überraschung. Überraschend fand ich jedoch, dass er nie aufzubegehren scheint; er wehrt sich quasi nicht, tut alles was Santiago von ihm will, und versucht noch nicht mal einen Ausbruch. Das konnte und wollte ich einfach nicht nachvollziehen. Sein Verhalten wirkt auf mich völlig realitätsfremd, und das nimmt der Handlung zusätzlich an Glaubwürdigkeit. Der Erzählstil ist einfach gehalten, man kann die Wiederholungen dementsprechend zumindest schnell hinter sich bringen. Lesegenuss sieht allerdings anders aus. Ich war von dem Roman doch sehr enttäuscht, denn ich hatte mir sehr viel mehr erwartet.

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Veröffentlicht am 06.04.2019

Tief im Spessart

Zornfried
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Ein hochtrabendes Gedicht ist der Auslöser für eine Reportagereise in den tiefsten Spessart: Jan arbeitet als freier Journalist für eine Frankfurter Zeitung und ist von den Gedichtzeilen Storm Linnés sofort ...

Ein hochtrabendes Gedicht ist der Auslöser für eine Reportagereise in den tiefsten Spessart: Jan arbeitet als freier Journalist für eine Frankfurter Zeitung und ist von den Gedichtzeilen Storm Linnés sofort wie elektrisiert. Nicht weil die besonders poetisch wären, sondern weil von Ruhm, Ehre und Kampf fürs Vaterland die Rede ist. In einem Ton, der auch Nazideutschland gut gefallen hätte. Wer ist dieser Storm Linné und was treibt er auf Zornfried, einer altehrwürdigen Burg mitten im Wald? Jan wittert eine gute Story.

Ich weiß, dass Zornfried sich als Satire verstanden wissen will; manchmal klappt das auch, aber nicht immer. Die Faszination der Neonazis für die guten, alten Werte, die geschichtsträchtige Burg, die regionalen Erzeugnisse und natürlich allem voran der unendlich verehrte Dichter wird mir eine Spur zu unreflektiert dargestellt; die Abgrenzung zwischen echter Begeisterung und Satire nicht gut genug herausgearbeitet. Das liegt auch daran, dass die Hauptfigur irgendwie meinungslos zwischen den Rechten steht, man liest wenig Provokantes, Brock sucht kaum die Konfrontation, also eigentlich das, was ich mir von der Handlung erwartet habe. So wurschteln die Neonazis auf ihrer Burg vor sich hin, Linné dichtet wie verrückt (dessen Werke sind dafür mehr als ausufernd abgedruckt), und ich habe mich als Leser mehr als einmal gefragt, was mir dieses Buch sagen will. Unterm Strich bleibt Enttäuschung zurück, da das Potential für Provokation und eiskalte Satire gegeben war – nur eben nicht genutzt wurde.

Veröffentlicht am 06.12.2018

Der Verrat

Sechs Koffer
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Jede Familie hat so ihre Eigenheiten, viele vielleicht auch kleine und große Geheimnisse. In der Billerschen Familie geht es um die große Frage, wer denn nun damals den Großvater Tate denunziert hat; diese ...

Jede Familie hat so ihre Eigenheiten, viele vielleicht auch kleine und große Geheimnisse. In der Billerschen Familie geht es um die große Frage, wer denn nun damals den Großvater Tate denunziert hat; diese Tat endete mit dessen Hinrichtung. Keine Kleinigkeit also, die da auf der von Prag nach Hamburg emigrierten Familie lastet.

Ich kam mit dem Buch nicht zurecht, oder das Buch nicht mit mir. Die Figuren fand ich in Ansätzen interessant, aber das war es auch schon. Weder der Ich-Erzähler, noch andere mysteriöse Figuren wie sein Onkel Lev haben mich irgendwie fesseln können, berühren schon gar nicht. Jeder verdächtigt hier jeden, und was eigentlich eine große Sache sein sollte (schließlich ist der Großvater ermordet worden), verliert sich irgendwie in dem Hickhack wer denn nun wem Geld schuldet, die Beziehung vergiftet oder sonstwie geschadet hat. Ich hatte das schnell satt, dieses ewige Gezanke. Die Frage nach dem „echten“ Schuldigen kann ich nach der Lektüre nicht beantworten, falls sich die Antwort irgendwo zwischen den Zeilen versteckte, dann habe ich darüber hinweggelesen, wahrscheinlich auch, weil ich die Lektüre hinter mich bringen wollte. Gut gefallen haben mir die verschiedenen Erzählperspektiven (auch wenn die wie gesagt keine große Erleuchtung bringen), der Blick in den Alltag der 1960er und die Erfahrungen der emigrierten Familie. Ansonsten sind die sechs Koffer an mir vorbeigegangen, ohne mich wirklich zu berühren.

Veröffentlicht am 22.05.2018

Stadt ohne Gott

Stadt ohne Gott
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In Beirut treffen vier ganz unterschiedliche junge Erwachsene aufeinander. Die Berlinerin Rosie ist eigentlich auf der Suche nach ihrem verschollenen Freund als die Liebe sie findet. Daoud entkommt seiner ...

In Beirut treffen vier ganz unterschiedliche junge Erwachsene aufeinander. Die Berlinerin Rosie ist eigentlich auf der Suche nach ihrem verschollenen Freund als die Liebe sie findet. Daoud entkommt seiner Familie, aber nicht seiner Erziehung. Rafik plant eine große Karriere in der Modebranche, findet aber gar keinen rechten Einstieg.

Auf zwei Zeitebenen bringt uns der Autor das Geschehen um Rosie, Daoud, Rafik und den anderen näher. Also versucht er, ich habe bis zum Schluss zu keinem der Figuren irgendeine Art von Beziehung aufgebaut. Alle wirken unnahbar und je weiter ich las, desto mehr waren sie mir irgendwann egal. Sicherlich nicht die vom Autor gewünschte Wirkung ; ) Jeder von ihnen kämpft um sein persönliches Stückchen Glück, jeder schwelgt in Erinnerungen, keiner von ihnen weiß so recht wohin mit sich. Dieses Hin und Her ohne rechtes Vorwärtskommen fand ich bald sehr ermüdend, die Figuren (naja, der Autor somit) macht es einem sehr schwer alle Intentionen zu verstehen. Die Handlung selbst verschwindet fast unter diesem Berg von Gefühlen und Gedanken undundund, sodass mir als Leser ein bisschen der rote Leitfaden und damit Sinn und Zweck des Ganzen abhanden gekommen ist. Die immer mal wieder aufflackernden Kämpfe rund um Beirut, sowie die Darstellung des Alltags unter diesen Bedingungen selbst, sind dem Autor hingegen gut gelungen. Dadurch und auch durch die sprachliche Gestaltung war ich dann doch wieder ein bisschen mit „Stadt ohne Gott“ versöhnt. Unterm Strich reicht das aber nicht aus, um viele Fragezeichen und das Gefühl zu vertreiben, dass der Autor diesen Roman sicherlich zielgenau für irgendjemanden geschrieben hat. Nur halt nicht für mich.

Veröffentlicht am 04.11.2017

Bruchstücke

Die Affekte
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Monika ist die Tochter von Riefenstahls ehemals bestem Kameramann. Nach dem zweiten Weltkrieg landet die Familie in Bolivien. Während der Vater statt Nazigrößen jetzt den Urwald und seine Bewohner filmt, ...

Monika ist die Tochter von Riefenstahls ehemals bestem Kameramann. Nach dem zweiten Weltkrieg landet die Familie in Bolivien. Während der Vater statt Nazigrößen jetzt den Urwald und seine Bewohner filmt, zerfällt die Familie immer mehr und gerade Monika kommt mit ihrer neuen Identität immer weniger zurecht.
Ich mag episodische, bruchstückhafte Erzählungen. Aber ich erwarte schon, dass der rote Faden, der sie verbindet nicht hauchdünn ist. Mir hat in Hasbúns Roman etwas der Zusammenhalt gefehlt; man könnte da jetzt Parallelen zum dargestellten Familienleben ziehen, das ist nämlich schon bald nicht mehr vorhanden. Der Autor beschreibt dieses tragische Geschehen trotzdem sehr emotionslos, mich hat kaum ein Ereignis berührt. Eine Identifizierung mit den Protagonisten ist schwer möglich, auch weil die Perspektiven zu schnell wechseln, die Kapitel zu kurz sind, alles sehr gerafft erzählt ist. Die Handlung orientiert sich an Fakten, die Familie Ertl und ihr Wirken sind historisch verbürgt. Wieviel Wahrheit tatsächlich drin steckt, kann ich nicht wirklich beurteilen. Verleiten mich ähnliche Romane oft dazu, mehr und Genaueres über die Personen herausfinden zu wollen, hat „Die Affekte“ bei mir so gar keine Lust auf weitere Recherche ausgelöst.
Fazit: Insgesamt kein Buch, das ich weiterempfehlen könnte.