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Veröffentlicht am 15.06.2018

Spannend, sehr beeindruckend. Unbedingt lesen!

Wofür es lohnte, das Leben zu wagen
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Dieses Buch ist mein erstes Highlight des Lesesommers 2018. Sehr beeindruckend, stark, in vielerlei Hinsicht, v.a. was die Aussagen und die Schilderungen der Gegebenheiten der damaligen Zeit angeht. Der ...

Dieses Buch ist mein erstes Highlight des Lesesommers 2018. Sehr beeindruckend, stark, in vielerlei Hinsicht, v.a. was die Aussagen und die Schilderungen der Gegebenheiten der damaligen Zeit angeht. Der Titel passt zum Inhalt sehr gut.
Es ist ein Sachbuch, liest sich aber wie ein einmaliger Mix aus Horror, Thriller, Familiengeschichten uvm. Man sieht hier wieder einmal: Das wahre Leben hat schon die besten, aber auch die schrecklichsten Geschichten geschrieben.

Das Buch besteht hpts. aus den Briefen von der Front aus den Jahren 1941 und 1942. Sie sind nicht nur ein wichtiges und sehr lesenswertes Zeitdokument. Sie führen ihren Lesern vor Augen so vieles, und v.a. das, was man heute vllt gern ausklammert, worum man sich aber dringend kümmern sollte, um nicht in die Situation zu geraten, in der sich Helmut, der Verfasser der Briefe, befand: Eines Tages nach der Machtergreifung der Nazis sah es sich gezwungen, in den Krieg zu ziehen, um die wichtigen Abzeichen wie EK (Der Eiserne Kreuz) I zu erkämpfen und sonst genug Gründe zu liefern, die erlauben würden, seine Familie arisieren zu lassen. Helmuts Frau hatte jüdische Wurzeln, die Kinder waren auch entspr. eingestuft. Um sie gesellschaftlich wieder eingliedern zu lassen, was man durch die von den Behörden offiziell erteilte Arisierung bewerkstelligen konnte, ging er an die Front. Dort hat Helmut, eigentlich ein Augenarzt und nun Unteroffizier, seine Erlebnisse und Gedanken in vielen Briefen festgehalten. Diese, samt Fotomaterial, schickte er seiner Frau Erna, die die Schriftstücke dann nochmals abschrieb. Auch Erna schrieb Helmut an die Front. Die Briefe der Kinder sind ebenfalls dabei.
Helmut war ein begnadeter Schreiber: Die Texte lassen sich sehr gut lesen. Sie sind im Buch auch sehr geschickt angeordnet: Die Längeren werden von den Kürzeren abgewechselt, schwierige von den eher leichteren Inhalten abgelöst.

Manche Schilderungen schockieren zutiefst, manche unterhalten, viele stimmen nachdenklich. In ihrer Gesamtheit jedoch bringen sie Helmuts Leben und Wirken an der Front und seine Sicht der Dinge den Lesern zum Greifen nah. Man sieht, wie optimistisch sie anfangs waren, auch weil sie schnell und recht unproblematisch vorankamen. Sie versuchten, etwas Normalität in ihr Leben zu bringen, freuten sich über die Post und die Päckchen mit gutem Essen und anderen nützlichen Dingen von daheim. Man sieht aber auch, wie, durch Goebbels‘sche Propaganda irregeleitet, sie geglaubt haben, sie würden ihre Heimat verteidigen, als sie auf dem ukrainischen Boden kämpften und weiter gen Osten vordrängten. Wie deutlich anders es schon 1942 aussah. Helmuts Osterspaziergang Anfang April 1942 ist sehr beeindruckend, auch literarisch gesehen. Helmut erscheint nachdenklich und wehmütig, spricht vom allgegenwärtigen Tod und dem Wunsch, zu sich zurückkehren zu können. Die wahre Schreckensgestalt des Krieges hat der Leser, hier wie in der gesamten Länge des Buches, klar vor Augen.

Man kann noch viel über dieses Buch schreiben. Besser, man liest es selbst.

Es gibt einige s/w Fotos zwischen den Briefen, die das Geschilderte näherbringen. Die beigelegte DVD liefert noch mehr an Fotomaterial und Zeitdokumenten.

Fazit: Ein sehr lesenswertes Buch, das die Leser von den ersten Seiten an gefangen nimmt und noch lange nicht loslässt, auch nachdem die letzte Seite umgeblättert worden ist. Toll, dass man diese Briefe nun der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat. Man sollte sie unbedingt gelesen haben.

Veröffentlicht am 07.06.2018

Humorig-ironisch, realistisch, großartig!

Ein Start ins Leben
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„Ein Start ins Leben“ (1981), den Debütroman von Anita Brookner, habe ich sehr gern gelesen. Es ist ein großartiges literarisches Werk voller Witz, Ironie und Humor, sowie Überlegungen, was ein gelungenes ...

„Ein Start ins Leben“ (1981), den Debütroman von Anita Brookner, habe ich sehr gern gelesen. Es ist ein großartiges literarisches Werk voller Witz, Ironie und Humor, sowie Überlegungen, was ein gelungenes Leben eigentlich ist, messerscharfen Beobachtungen des menschlichen Verhaltens uvm.
Klappentext beschreibt den Kern des Romans treffend: „Die mittlerweile vierzigjährige Ruth Weiss ist schön, intelligent – und einsam. Die Literatursüchtige sucht bei Balzacs Heldinnen Antworten auf die Fragen des Lebens und der Liebe und sinnt darüber nach, wo in ihrer Kindheit und Jugend die Ursachen dafür liegen, dass sie zu einer so einzelgängerischen Existenz wurde. Dabei schien doch anfangs alles noch so hoffnungsvoll, als sie als junge Frau in Paris ein neues Leben begann …Schon Anita Brookners Romandebüt ist ein vollendetes Stück Literatur. Tessa Hadley zählte ihn im Guardian zu den fünf besten ihrer 24 Romane und nannte ihn ‚schwarzhumorig, düster, und sehr, sehr witzig.‘“
Schwarzhumorig würde ich den Roman nicht nennen. Humorig-ironisch, recht realistisch sind die Beobachtungen der Autorin, die sie meisterhaft verpackt und dem Leser großartig, auf ihre besondere Art präsentiert.
Viele Fragen gingen mir durch den Kopf: Ist es nicht die Ironie des Schicksals, dass Ruths Mutter, die einst erfolgsverwöhnte, allseits beliebte, schöne Helen so ein elendes, einsames Lebensende findet? Oder ist sie einfach selbst schuld, weil sie ihre prinzessenhafte Angst vor dem eigentlichen Leben nie abgelegt und keine andere Rolle für sich gefunden hatte? Ihr Mann George, der Helens Eskapaden stets sportlich nahm, sich davon aber weiter nicht beeindrucken ließ und eine Beziehung zu einer anderen Frau heimlich pflegte, die viel normaler war, ihn bekochte und sonst keine weiteren großen Ansprüche an ihn stellte, hatte offenbar ganz andere Vorstellungen vom gelungenen Leben. Sein Ende fiel aber ähnlich aus. Und Ruth, die eigentlich einen guten Start ins Leben in Paris hingelegt hatte, warum dann alles Retour und dieses Im-alten-Trott-versinken, wo sie doch schon so gut wie da raus war? Mit all diesen Fragen beschäftigt man sich noch länger, nach dem die letzte Seite umgeblättert wurde.
Das Ende war zwar etwas abrupt, aber bei literarischen Werken finde ich es weiter nicht besonders störend. Das Wichtigste wurde ja bereits gesagt.

Fazit: Ein sehr lesenswerter Roman, der etliche vergnügte und nachdenkliche Stunden seinen Lesern schenkt. Großartig geschrieben.
Gern lese ich weitere Romane der Autorin, v.a. „Hotel du Lac“ mit dem Anita Brookner den Booker Prise 1984 gewann.

Nachruf auf Anita Brookner, 2016, von ihrem einstigen Mitstreiter um den Booker Prise Julian Barnes, „Der Lärm der Zeit“, eine Art Romanbiographie von Dmitri Schostakowitsch aus seiner Feder habe ich im letzten Jahr kennengelernt, war auch sehr gut und hilfreich. Nach dem Roman las ich seine Zeilen nochmals. Dann kamen seine Ausführungen, wie Anita Brookner als Mensch war, da er sie persönlich kannte, und dass sie von der Presse in eine Schublade gesteckt wurde, in die sie eigentlich gar nicht passte, besser zur Geltung: „Es gab niemanden, der ihr auch nur ansatzweise vergleichbar gewesen wäre.“ Dies kann ich nun sehr gut nachvollziehen.

Eisele Verlag, ET 07.09.2018, 256 S.

#NetGalleyDEChallenge.


Veröffentlicht am 23.05.2018

Ein großartiger Roman aus Japan.

Die Ladenhüterin
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Diesen Roman der japanischen Schriftstellerin Sayaka Murata habe ich sehr gern gelesen und empfehle diesen auch gern weiter.
Klappentext beschreibt den Inhalt sehr gut.
Ich war sofort in der Geschichte ...

Diesen Roman der japanischen Schriftstellerin Sayaka Murata habe ich sehr gern gelesen und empfehle diesen auch gern weiter.
Klappentext beschreibt den Inhalt sehr gut.
Ich war sofort in der Geschichte drin und konnte mit Keiko in Japan der Gegenwart eintauchen. Keiko ist eine tüchtige Frau, die gern und auch recht viel arbeitet, immer pünktlich ist, großen Wert darauflegt, ihre Aufgaben perfekt zu erledigen, just so, wie es von ihr erwartet wird und ihr Leben auch nach dem ausrichtet, wie die Chefs des Ladens es sich wünschen. Man wird ja auch dafür bezahlt, dass man frisch und munter zur Arbeit erscheint. Sie hört und spürt den Laden. Sie verschmilzt schon fast mit ihm. Da denkt man, prima, sie hat ihre Berufung gefunden. Aber! Sie gilt in dieser Gesellschaft, unter ihren Bekannten und Verwandten, als Außenseiterin, als etwas Abnormales, denn sie arbeitet „nur“ als Aushilfe. Sie soll aber, so die Konventionen, entweder voll arbeiten oder heiraten und ein Kind oder zwei bekommen. Erst dann gilt ihre Pflicht an die Gesellschaft erfüllt, was ihr auch oft genug vermittelt wird. Dass sie von dieser erwarteten Norm abweicht, gilt es zu vertuschen, was ihre angepasste Schwester übernimmt, denn sie gibt vor, wie Keiko argumentieren soll, damit alle anderen Normalos sie auch halbwegs verstehen und akzeptieren können.
Spannend wird es, als Keiko Shiraha trifft. Er ist auch ein Außenseiter, aber von einer ganz anderen Art. Er ist ein Rebell. Er will sich gar nicht an diese Gesellschaftsnormen anpassen. Er verachtet sie. Sie sind ihm zu primitiv und archaisch. Keiko dagegen will sich weiter dahingehend anpassen, dass sie einen Mann bei sich wohnen hat, den sie evtl. auch heiratet, sie will also einen weiteren Schritt in Richtung der geforderten Normalität wagen.
Die beiden liefern sich solch aufschlussreichen Dialoge, dass ich sage, jeder soll diese bitte selbst lesen und sich eigene Überlegungen anstellen, worum es eigentlich in diesem Roman geht. Vllt um die persönliche Freiheit im heutigen Leben? Vllt um die schiere Unmöglichkeit, diese zu haben, denn die eigene Freiheit endet dort, wo die Unfreiheit des anderen beginnt? Was ist eigentlich ein erfülltes Leben? Was ist ein richtiges Leben? usw.
Der Roman ist auch deshalb großartig, weil er mit ganz knappen Mitteln auskommt. Mit sparsamen, aber sehr gekonnten Darstellungen der Tatsachen gibt Sayaka Murata so viel Stoff, so viel Raum zum Nachdenken über eine atemberaubende Vielfalt an Themen des heutigen Lebens! Das ist eine große Kunst.

Folgenden Satz aus dem Klappentext kann ich auf jeden Fall unterschreiben: „Mit leichter Feder und einem untrüglichen Gespür für die absurden Gesetzmäßigkeiten unseres Alltags zeichnet Sayaka Murata eine scharfsinnige Satire auf unser heutiges Leben.“ Diese distanzierte, fast trockene Feinhumorigkeit hat mich auch sehr beeindruckt.

Fazit: Ein großartiger Roman. Ein must read. Erstaunlich, dass nur 145 Seiten so viel schaffen können. Nach einer Pause lese ich „Die Ladenhüterin“ bestimmt nochmals.


Veröffentlicht am 16.05.2018

Ein toller Mix aus Gesellschaftsroman, Krimi und Psychothriller.

Kühn hat zu tun
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„Kühn hat zu tun“ fand ich schlicht und einfach große Klasse. Ein großartiger Gesellschaftsroman mit Krimi- und Psychothriller-Elementen, der die Probleme der heutigen unteren Mittelschicht, diesen ewigen ...

„Kühn hat zu tun“ fand ich schlicht und einfach große Klasse. Ein großartiger Gesellschaftsroman mit Krimi- und Psychothriller-Elementen, der die Probleme der heutigen unteren Mittelschicht, diesen ewigen Tanz am Abgrund, gefährlich nah dem Abrutschen ins Mittellose, satirisch raffiniert und insg. ganz wunderbar zur Geltung bringt.

Das Ganze gewinnt durch die Verbindung zum Geschehen am Ende des 2.ten Weltkrieges nochmals an Tiefe. Diese Verklärung, in der die heutige Generation der etwas über Vierzigjährigen mit ihren Familien lebt, die Unmöglichkeit, den Irrtum klarzustellen, nur weil es den Politikern nicht in den gewollt verklärenden Narrativ passt, daher werden alle Versuche der Aufklärung verdrängt und die Aufklärer ausgegrenzt, damit bloß die Fassade a la Friede, Freude, weiter bestehen kann, was den heutigen Politikern wiederum sehr genehm kommt, all das steht klar vor Augen. Und da sieht man auch gleich die Auswirkungen dieser Scheinheiligkeit: die Nazi-Hydra hebt ihren Kopf, verkleidet als Bürgerinitiative der Siedlung, und wen schnappt sie? Kühns 16-jährigen Sohn. Kühn, stets im Dienst und auf der Verbrecherjagd, der sich bloß vornimmt, endlich mit seinem Sohn zu reden, dies aber nie schafft, der tut einem leid. Da findet sich „ein Stellvertreter“, der Anführer der Bürgerinitiative, der sich auf seine Art um den Jungen kümmert und ihn zu seinen Zwecken benutzt.

Kühn hat die Hände voll zu tun. Er ist dabei, einen Mord aufzuklären, der quasi vor seiner Tür geschah. Da ist noch ein Mädchen aus der Siedlung im Alter von Kühns Tochter verschwunden, dem muss er auch nachgehen. Dabei ist er längst von Burn-out gezeichnet und weiß nicht, wie er den Wunsch seiner Tochter nach einem Pferd erfüllen soll, denn seine bescheidenen Bezüge reichen bei weitem nicht. Und da ist noch Schimmel im Keller, der bei seinem Nachbarn noch stärker ausgeprägt ist, was so viel heißt, dass die Siedlung Weber Höhe auf verseuchtem Boden gebaut wurde und dass sich Kühn, wie viele anderen Bewohner, aufgrund falscher Angaben hochverschuldet haben, usw.

Das Ganze wurde sehr kunstfertig, mit Leichtigkeit und Augenzwinkern zu einem großartig erzählten Gesellschaftsroman mit Krimi-Elementen geformt. Am Ende wurde alles aufgeklärt, alle Motive etc. freigelegt. Die Überraschung zum Schluss kommt nicht zu knapp.

Jan Weiler hat selbst gelesen, ganz gut, wie ich fand. Er hat den besten Draht zu Kühn, so hat er ihn auch entspr. in Szene gesetzt.

Wenn man Teil 1 kennt, versteht man viel besser auch Teil 2, den ich zuerst gehört habe. Also wer die Reihe noch nicht kennt, erst Teil 1, dann Teil 2 hören bzw. lesen. Ich glaube, ich höre Teil 2 nochmals: Schön erzählt, gesellschaftssatirisch wie tragisch, unter einem anderen, dem heute aktuellen Aspekt.

Ich verbleibe auf weitere Folgen mit Kühn gespannt und vergebe gern 5 hell leuchtende Sterne und eine klare Hör-/Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 08.05.2018

Das nenne ich mal einen spannenden und gut gemachten Krimi!

Ein Gentleman in Arles – Mörderische Machenschaften
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Das nenne ich mal einen spannenden und gut gemachten Krimi! Ein wenig Politik, ein wenig Geschichte, sonst viel Lokalkolorit und ein Fall, der sich erst verzweigt, dann aber zu einem schlüssigen Ende kommt, ...

Das nenne ich mal einen spannenden und gut gemachten Krimi! Ein wenig Politik, ein wenig Geschichte, sonst viel Lokalkolorit und ein Fall, der sich erst verzweigt, dann aber zu einem schlüssigen Ende kommt, das Raum für Fortsetzungen bietet.

Schön atmosphärisch ist das Ganze: Mehrmals spaziert man mit Peter Smith und seinem Hund Arthur durch die Gassen von Arles, spürt die sommerliche Wärme, lässt die Sonne auf die Haut schienen, und kann auch wie die Einheimischen nachvollziehen, dass zu viel Sonne nicht so gut sein kann, deshalb bleibt man daheim, wie die sympathische ältere Frau, die Smith über die Geschichte der geheimen provenzalischen Bruderschaft erzählt, oder rettet sich in ein gut konditioniertes Restaurant.

Man genießt zudem den leckeren provenzalischen Käse und den Wein, besucht die Restaurants, in denen man sich die Köstlichkeiten der provenzalischen Küche schmecken lässt, trinkt gut gekühlten Rosé aus der Region, besucht die Oper uvm. Urlaubsfeeling garantiert.

Zudem ermittelt man zusammen mit Peter Smith in mehreren Strängen, in die sich sein Auftrag anfangs fächert: Hier sind die Profi-Schurken, die EU Gelder im großen Stil abzwacken, da ist ein pädophiler Ring. Ein Mafia-Boss aus den Marseiller „erlesenen Kreisen“ kommt zum Essen vorbei und erweist sich als feinfühliger, kultivierter Mann, etc.

Der Protagonist ist schon eine bemerkenswerte Figur. Anfangs kommt er wie ein gewöhnlicher Pensionist von über 65-Jahren daher, der zurückgezogen in seinem kleinen Häuschen mit seinem Hund lebt und sich gern mal auch am Tage einen oder zwei Whiskey oder Wein genehmigt, und sich sonst dem süßen Nichtstun hingibt. Recht bald sieht man, dass Peter Smith noch zu ganz anderen Taten fähig ist und weiß mit bewaffneten Gangstern umzugehen. Er ist sympathisch, aber nicht auf Teufel-komm-raus. Er ist ein Pragmatiker, der der EU-Politik und noch paar anderen Dingen kritisch gegenübersteht. Die Fragen der Moral lassen ihn kalt. Er macht, was zu tun ist, weiß Grenzen zu ziehen, um in Ruhe gelassen zu werden.

Eine neue Liebe findet er auch, eine schöne, kultivierte provenzalische Frau, obwohl er nicht unbedingt danach sucht. Das passt aber gut in die Geschichte.

Alle Figuren sind sehr gut geworden, wie dem wahren Leben entsprungen: so authentisch, lebendig und echt.

Bemerkenswert ist auch die persönliche Reife und tiefe Kenntnis sowohl der englischen als auch der provenzalischen Mentalität, die sich in Personen- und anderen Beschreibungen und Dialogen den Lesern bzw. Zuhörern offenbaren. Auch die Kenntnis der Geschichte und die Art, wie sie den Lesern vermittelt wird, hat mich angenehm überrascht.

Der Krimi wurde ganz gut gelesen, vllt etwas zu gemütlich und gemächlich. Aber das passte auch. Letztendlich ist es ein Krimi zum Sich-wohl-fühlen.

Fazit: „Ein Gentleman in Arles“ hat mir ausgezeichnet gefallen. Ich habe den in voller Länge genossen. Ein toller Auftakt. Ich hoffe, dass daraus eine lange und erfolgreiche Reihe wird. Verbleibe auf weitere Folgen gespannt und vergebe gern 5 hell leuchtende Sterne.