Sprachlich gut und packend, inhaltlich zu nichtssagend !
Ich blicke Buchtechnisch immer wieder gerne einmal über den sprichwörtlichen Tellerrand hinaus, so wurde ich auch auf "Die Ladenhüterin" aufmerksam.
Nicht nur das asiatisch anmutende Cover, sondern auch ...
Ich blicke Buchtechnisch immer wieder gerne einmal über den sprichwörtlichen Tellerrand hinaus, so wurde ich auch auf "Die Ladenhüterin" aufmerksam.
Nicht nur das asiatisch anmutende Cover, sondern auch der Klappentext sprachen mich direkt an, unter anderem auch deshalb, weil es zwischen mir und Protagonistin Keiko auch vermeintliche Paralellen gab, die sich im Leseverlauf allerdings irgendwann nur noch auf das Alter bezogen.
Keiko Furukura ist 18 Jahre alt und besucht eigentlich die Uni, als sie an einem Gebäude vorbeikommt, in dem in Kürze ein Supermarkt eröffnet werden soll. Kurzerhand bewirbt sie sich dort als Aushilfe und wird schnell ein fester Bestandteil, des Konbini-Teams. 18 Jahre später, da arbeitet sie noch immer als Aushilfe in ebenjenem Konbini, sie sieht Mitarbeiter und Chefs Kommen und Gehen, doch sie bleibt.
Das ist eigentlich auch schon das Grundgerüst und der rote Faden der Geschichte, der Konbini. Hier spielt sich Keikos komplettes Leben ab. Hier passt sie sich dem Aussehen und der Aussprache ihrer Kolleginnen an, hier funktioniert sie und hat ihren festen Platz.
Doch zwischen den Zeilen und im Hintergrund, da passiert deutlich mehr. Da bestätigt die Autorin nämlich zum einen jede Menge Klischees über das Leben der Japaner und zum anderen setzt sie sich intensiv mit deren Gepflogenheiten und ihrem Bestreben nach Anerkennung und Zugehörigkeit auseinander.
In Japan gilt es nämlich alles andere als schick mit Mitte 30 eine unverheiratete Aushilfe zu sein. Entweder man hat eine richtige Arbeit oder aber man heiratet und bekommt Kinder. Keiko fällt hier also total aus der Rolle, zudem ist sie auch noch absolut emotionslos. Sie hat kein Interesse an Mode, an Musik, am Leben ansich. Das Einzige was sie wirklich kann, ist ihr Job. Hier sehen, aufgrund der Arbeitsuniform, alle Mitarbeiter gleich aus, hier spult man sein Programm ab und trägt eine vorgegebene Maske. Außerhalb des Konbinis ist Keiko ein Sonderling.
Von ihrem Umfeld, Freunden ( die man ihr aufgrund ihrer Emotionslosigkeit gar nicht zutraut ) und Familie wird sie immer wieder bedrängt, weil ihr Leben einfach nicht voranschreitet.
Irgendwann da reicht es ihr schließlich und da kommt ihr ihr Exkollege Shiraha gerade recht. Er ist ein zynischer Mann Anfang 30, der eine verdrehte Vorstellung vom Leben hat und mit seiner seltsamen Lebenseinstellung überall aneckt. Für Keiko allerdings wird er zum Projekt. Wenn sie ihn einfach bei sich aufnimmt und mit ihm zusammenlebt, dann wird man sie schon bald in Ruhe lassen.
Was sie nicht bedacht hat, ist, wie kompliziert ihr Leben dadurch erst recht werden wird.
Ich kann nicht sagen, das mich dieser 145 Seiten dünne und doch sprachlich so gewaltige Roman nicht unterhalten hätte. Das hat er zweifellos, trotz des vielen Zynismus und seiner absurden und kühlen Atmosphäre. Aber hundertprozentig begeistern konnte er mich dennoch und trotz des Untertitels "Der Sensationsroman aus Japan" leider nicht.
Sayaka Murata spiegelt hier ganz klar meine Vorstellung der japanischen Bevölkerung wider: Ausgesucht höflich, ja fast schon auf Höflichkeit und Perfektion programmiert, fleißig wie die Ameisen und bestrebt niemals negativ aufzufallen oder aus der Reihe zu tanzen. Da polarisiert Keiko mit ihren seltsamen Anwandlungen und ihrem Wunsch da irgendwie in den Haufen hineinzupassen schon irgendwie. Alles macht Sinn und trotzdem blieb ich am Ende mit der Frage zurück, was ich da eigentlich gelesen habe und was mir die Autorin letzten Endes vermitteln wollte, außer einem teilweise sehr fragwürdigen Gesellschaftsbild.
Ich bin ehrlich, ich weiß nicht ob ich diesen Roman empfehlen will oder nicht. Es ist kein schlechter Roman, sprachlich sehr gut, von der Atmosphäre seltsam und trotzdem packend, aber auch irgendwie distanziert und zumindest für mich zu nichtssagend. Vielleicht habe ich den Kern der Sache aber auch einfach nicht verstanden oder schlicht übersehen.
Wer Interesse an dem Roman hat, der sollte sein Glück wirklich versuchen und wer vorhatte ihn eh nicht unbedingt zu lesen, der kann es auch getrost sein lassen.