Es ist wieder diese Zeit im Jahr - man liest einen Urlaubsroman nach dem anderen und vor lauter Fernweh hält einen nur noch wenig zu Hause. Auch "Ans Meer" von René Freund weckt das Fernweh - allerdings ist es definitiv kein Urlaubsroman, sondern vielmehr ein spannendes Abenteuer und eine Geschichte, die zeigt, dass das Gute in der Welt noch nicht verloren hat.
Worum geht es?
Anton ist Busfahrer, weil das schon als Kind sein Traumberuf war und jetzt, Jahrzehnte später, macht er halt einfach weiter. Jeden Tag fährt er den Linienbus in die Stadt, um die Kinder zur Schule zu bringen und später wieder abzuholen. Sein einziger Lichtblick: Seine Nachbarin Doris, in die er sich irgendwie verguckt hat und die ausgerechnet auf solche Männer steht, die Anton in nichts ähneln - oder sich zumindest auch mal etwas trauen.
Doch dann steht sein Leben auf einmal Kopf, denn die krebskranke Carla, die er schon seit Jahren mit dem Bus zur Klinik fährt, hat beschlossen, dass sie ein letztes Mal das Meer sehen möchte, bevor ihre nächste Chemotheraphie beginnt. Und ausgerechnet Anton soll diese Reise leiten! Währe da nicht Doris Wunsch nach einem mutigen Mann gewesen, hätte er die Herausforderung vermutlich abgelehnt, doch so beginnt eine abenteuerliche Fahrt mit einem Haufen Passagiere, die unterschiedlicher nicht sein könnten.
Graphische und rhetorische Gestaltung
Das Cover war das Erste, was mich an diesem Buch angesprochen hat. (Noch vor dem Titel.) Es erinnert mich unheimlich an das von "Die hohen Berge von Portugal" von Yann Martel, einem meiner absoluten Lieblingsbücher und in dem Moment wr dann auch klar, dass ich "Ans Meer" unbedingt lesen muss.
Der Schreibstil des Autors ist unheimlich lustig und auch wenn es sich praktisch bei der Reise um eine Busentführung handelt wird das Buch nie zu ernst und bleibt auch stets unterhaltsam. Die Charaktere der Geschichte sind einfach einmalig und wunderbar zu erleben - angefangen bei Anton, der (gefühlt) keine Stunde ohne eine Butterbrezel überlebt.
Sprachlich hat mich das Buch öfters, im bestmöglichen Sinne, an ein Kinderbuch erinnert. Die Charaktere reden sehr ehrlich, aber nicht derb, und allgemein macht es Spaß, das Buch zu lesen.
Erzählt wird aus der Perspektive der dritten Person und natürlich dreht es sich dabei hauptsächlich um Anton, aber auch andere Charaktere "kommen zu Wort". (Bzw. ihre Gedanken.)
Meine Meinung
Bisher war dies mein erstes Buch von René Freund und ich war sofort hin und weg. Wenn seine Romane alle so sind ist meine Leseliste vermutlich gerade um mindestens einen halben Meter gewachsen.
"Ans Meer" macht einfach Spaß - die vielen unterschiedlichen Charaktere bieten eigentlich jedem eine Identifikationsmöglichkeit und langweilig wird einem auch nie. Ich habe das Buch in einem Rutsch durchgelesen, weil ich es einfach nicht aus der Hand legen wollte! Der Autor hat so viele unerwartete Wendungen eingebaut, dass man ständig überrascht wird und gleichzeitig tritt das, was man von Anfang an vermutet/ befürchtet nicht ein.
Fazit
Insgesamt ist "Ans Meer" ein fantastischer kleiner Roman (mit 140 Seiten ist der Titel berechtigt), den ich jedem nur ans Herz legen kann. Antons Geschichte ist abenteuerlich und gleichzeitig unglaublich unterhaltsam, so dass ich aus dem Grinsen nicht mehr heraus kam. Eine Warnung sei jedoch ausgesprochen: Das Buch kann extremes Fernweh verursachen!