Die Räterepublik ist Geschichte
HerbststurmMünchen, 1922:
Kommissär Reitmeyer untersucht zwei mysteriöse Mordfälle. Seine Ermittlungen führen den Mann in die Kreise russischer Exil – Monarchisten, die seit der Oktoberrevolution Zuflucht in München ...
München, 1922:
Kommissär Reitmeyer untersucht zwei mysteriöse Mordfälle. Seine Ermittlungen führen den Mann in die Kreise russischer Exil – Monarchisten, die seit der Oktoberrevolution Zuflucht in München
gefunden haben.
Zeitgleich sucht Reitmeyers bester Freund Sepp Leitner die adelige Tochter Anja Alexandrowna. Steht ihr Verschwinden womöglich in Zusammenhang mit den beiden Toten? Und gibt es einen Maulwurf in den Reihen der Polizei?
Es ist eine unruhige Zeit, die Reparationsforderungen nach dem Ersten Weltkrieg sorgen für Unmut in der Bevölkerung, es werden Anschläge auf die Französische Gesellschaft verübt, marodierende Freikorps – Angehörige machen das Leben in der Stadt nicht sicherer, und die galoppierende Inflation macht den Menschen schwer zu schaffen…
„Herbststurm“ ist der dritte Band einer Reihe historischer Kriminalromane rund um Reitmeyer. Histokrimifans kommen hier voll auf ihre Kosten, die geschichtlichen Hintergründe sind korrekt dargestellt worden, und die Ermittlungen sind spannend. Die Sprache wirkt modern, zu modern? Man kann während der Lektüre trotzdem in eine andere Zeit „abtauchen“ und man hat fast das Gefühl, mittendrin statt nur dabei zu sein! Dieses Gefühl hatte ich schon beim Lesen des Prologs, bei mir ist es ja so: Entweder „packt“ mich ein Roman gleich – oder gar nicht. Die Beschreibung der Polizeiarbeit gefiel mir auch gut, das Ende der Geschichte überraschte mich:
" […] Während Rattler die Wohnung verließ, überprüfte Reitmey-
er die restlichen Schubladen, die alle leer waren. Dann stellte
er sich ans offene Fenster. 'Die Vorhänge sind ja noch älter, als
das Kaiserreich geworden ist. ' Er schob die linke Stoffbahn
zurück.
'Und voller Mottenfraß.'
Steiger nahm das andere Foto vom Schreibtisch und hielt
es ins Licht.
'Da steht er bei einer Maschinengewehreinheit.
Für mich sieht das aus, als wär’s in München bei der Niederschlagung der
Räterepublik aufgenommen worden. Im Mai 19.' "
Vom eigentlichen Handlungsverlauf will ich an dieser Stelle nicht viel verraten, um Spoiler zu vermeiden.
Auch die Figurenzeichnung ist sehr gelungen, manchmal agieren die Protagonisten in historischen Romanen leider irgendwie ahistorisch, was hier nicht der Fall ist! Hier profitiert die Autorin ganz klar von ihrem Studium der Geschichte und Germanistik.
„Herbststurm“ ist jedoch keine trockene Ansammlung von Fakten, sondern ein stilistisch fein ausgearbeitetes Mosaik, das ich sehr gerne gelesen habe. Potentielle Leser sollten jedoch ein prinzipielles Interesse für (Regional)geschichte mitbringen. Vielleicht schadet es auch nicht, die komplette Reihe zu lesen, beginnend mit dem „eiserne[n]Sommer“ (ISBN: 978-3518467138) und „Wintergewitter“ (ISBN: 978-3518467190), obwohl man „Herbsturm“ meiner Meinung nach auch als stand – alone lesen kann.
Gerne spreche ich eine Empfehlung aus!