Eine andere Sicht auf Syrien
"Weil die Hoffnung niemals stirbt"„...Wenn Sie mich fragen, wer ich bin, antworte ich Ihnen leidenschaftlich: Ich bin Syrerin. Ich bin Ordensschwester mit verletztem Herzen, einer unbezwingbaren Liebe zur Heimat und eine Botschaft der ...
„...Wenn Sie mich fragen, wer ich bin, antworte ich Ihnen leidenschaftlich: Ich bin Syrerin. Ich bin Ordensschwester mit verletztem Herzen, einer unbezwingbaren Liebe zur Heimat und eine Botschaft der Hoffnung, die ich mit Ihnen teilen möchte...“
Mit dem Eingangszitat hat sich Schwester Marie-Rose, die Autorin selbst charakterisiert. In ihrem Buch gewährt sie mir als Leserin einen Einblick in das heutige Syrien. Das ist aber nur die eine Seite. Sie zeigt mir auch, wie Syrien noch vor wenigen Jahren war.
„...Syrien gilt seit jeher als eine der historischen Heimaten des frühen Christentums. Vor dem syrischen Krieg 2011 betrug der Anteil der Christen an der Gesamtbevölkerung etwa 12 bis13 Prozent...Obwohl sie nur eine Minderheit waren, wurden sie nie als solche behandelt...“
Das Buch beginnt mit einem Vorwort von Dr. John Eibner. Er ist Leiter der CSI, einer christlichen Menschenrechtsorganisation, die die Arbeit des Konvents in der Küstenstadt Tartus unterstützt. Die Gegend ist weitgehend vom Krieg verschont geblieben. Dort finden Flüchtlinge eine Heimat, die Syrien nicht verlassen wollen oder können.
Nach einem Kapitel, in der die Autorin sich und ihre Arbeit vorstellt, kommen eine Reihe von Überlebensgeschichten. Die Erzählungen sind kurz und prägnant, beschränken sich auf das Wichtigste und sind in einem eher einfachen und sachlichen Schriftstil gehalten. Letzteres aber macht sie besonders eindringlich und bewegend.
Es geht um Verlust von Heimat und Angehörigen, um Schmerz und Trauer, aber auch um Mut zum Neuanfang und Überlebenswille. Die Geschichten erzählen vom Menschenhandel, Kindersoldaten und sexueller Vergewaltigung. Eines wird dabei deutlich. Die körperlichen Wunden können heilen. Für finanzielle Probleme ist der Konvent eine Anlaufstelle. Er bietet Hilfe, indem sich die Mitarbeiter unter anderen um Arbeit kümmert, die Kinderbetreuung organisiert und Unterricht anbietet. Die tiefen psychischen Wunden aber werden lange Zeit brauchen, um zu heilen, wenn es überhaupt geschieht.
Zwischen den Erlebnisberichten gibt es kurze Einblendungen zur syrischen Geschichte oder zum Erleben von Marie - Roses eigener Familie.
Deutlich wird, dass die Autorin ihre Kraft und ihren Mut aus ihrem tiefen Glauben nimmt. Mit politischen Bemerkungen hält sie sich weitgehend zurück. Nur unterschwellig ist eine leise Kritik vor allem an der westlichen Welt spürbar, denn viele der Gruppen, die mit Waffen und Logistik unterstützt werden, dulden in ihrem Einflussbereich danach keine christlichen Glaubensgemeinschaften mehr. Für die Christen beginnt dann die Zeit der Unterdrückung und Verfolgung.
Eine Zeittafel und die Karte Syriens vervollständigen das Buch.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es zeigt eine andere Sicht auf die syrischen Verhältnisse als die üblichen Massenmedien. Das Zitat einer 28jährigen syrischen Mutter von drei Kindern möge meine Rezension abschließen:
„...Wenn die Welt für uns hier zu klein wird, dann haben wir immer noch den Himmel – wir werden nicht verzweifeln...“