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Veröffentlicht am 20.07.2018

Wenn ein Deutscher in eine italienische Sippe einheiratet ...

Maria, ihm schmeckt's nicht!
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… entsteht daraus dieses herrlich witzige Buch.
In vielen einzelnen Geschichten oder besser Anekdoten erzählt der Autor, wie es ist, eine Halbitalienerin zu heiraten und auf einmal verwandt zu sein mit ...

… entsteht daraus dieses herrlich witzige Buch.
In vielen einzelnen Geschichten oder besser Anekdoten erzählt der Autor, wie es ist, eine Halbitalienerin zu heiraten und auf einmal verwandt zu sein mit einer Sippe von Antonios und Marias, mit denen Urlaube in Italien und viele Familienfeste verbracht werden. Er selbst trifft auf so manches Klischee vom Landesnachbarn, findet einige bestätigt, muss aber auch einige revidieren. Andererseits sieht seine neue Verwandtschaft in ihm den typischen Deutschen, der ihrem vorgefassten Bild dann aber doch nicht immer entspricht. An sehr viel Unterhaltungswert und Authentizität gewinnt das Buch durch den Schwiegervater des Erzählers, Antonio Marcipane, der so herrlich in einer Mischung aus deutsch und italienisch radebrecht. Die zweite Hälfte des Buches ist gar fast vollständig ihm gewidmet, indem er seinem neuen Schwiegersohn und Freund seine sogar dem engsten Familienkreis nicht bekannte Vergangenheit rund um seinen Entschluss, in den 60er Jahren als Gastarbeiter nach Deutschland zu kommen, anvertraut. Dieser Hintergrund stimmt schon etwas nachdenklich, wenn – zu Recht - dargestellt wird, wie wenig willkommen die Südeuropäer hier damals waren und wie sie eigentlich immer Fremde geblieben sind.

Ein wirklich lesenswertes Buch, das in Zeiten der Migration nach Deutschland an Wert noch gewinnt.

Veröffentlicht am 19.06.2018

Die Anfänge der Krankenhausmedizin

Die Charité: Hoffnung und Schicksal
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Ein gelungener historischer Roman, der besonders an der Medizin interessierte Leser ansprechen dürfte. Die Geschichte ist im Berlin der Jahre 1831 bis 1841 angesiedelt. Im Wesentlichen dreht sich alles ...

Ein gelungener historischer Roman, der besonders an der Medizin interessierte Leser ansprechen dürfte. Die Geschichte ist im Berlin der Jahre 1831 bis 1841 angesiedelt. Im Wesentlichen dreht sich alles um das Wirken und Leben der Ärzte und des Pflegepersonals an der Charité, der berühmten Kranken-Heil-Anstalt, vor allem des berühmten Prof. Dieffenbach, der real existierte, und der „Wärterin“ Elisabeth. Es werden nachhaltig beeindruckende Einblicke in den Stand der Medizin vor bald 200 Jahren gegeben. Heute kaum vorstellbar, dass Operationen ohne Betäubung durchgeführt wurden, stattdessen durch Festhalten der Patienten durch starke Männer und das rasche Vorgehen der Ärzte beim Aufschneiden, oder dass die in so hoher Zahl (häufig an Wundbrand) verstorbenen Patienten obduziert wurden, um daraus Erkenntnisse für die Zukunft zu ziehen. Auch die Rolle der Frauen in der Medizin ist interessant zu lesen. Ihnen war es in Preußen verwehrt, Ärztinnen zu werden. Nur der niedere Beruf der „Wärterin“ war erlaubt und vor allem von Ungebildeten oder Dirnen ausgeübt. Das erklärt dann auch die Überzahl der Männer im Berufsfeld der Ärzte bis in die jüngste Zeit hinein. Auch in diesem Bereich wurde damals der Grundstein für eine Weiterentwicklung der Pflege gelegt. Die Schilderung des Privatlebens der Romanfiguren kommt natürlich nicht zu kurz und so gibt es auch hier unterhaltende Einblicke in die fast noch ständisch geordnete Gesellschaft im Preußen gegen Mitte des 19. Jahrhunderts.


Veröffentlicht am 03.06.2018

Romantische Liebeskomödie in der Welt der Künstlichen Intelligenz

Wahrscheinlich ist es Liebe
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Mit seinen fünf Protagonisten, von denen zwei Menschen und drei Künstliche Intelligenzen (KI) sind, könnte man meinen, es mit einem Science-Fiction-Roman zu tun zu haben. Aber mitnichten, es handelt sich ...

Mit seinen fünf Protagonisten, von denen zwei Menschen und drei Künstliche Intelligenzen (KI) sind, könnte man meinen, es mit einem Science-Fiction-Roman zu tun zu haben. Aber mitnichten, es handelt sich vielmehr um eine romantische Liebeskomödie.
Jen ist die menschliche weibliche Protagonistin. Sie ist Journalistin und trainiert für ein Softwareunternehmen Aiden, die eine männliche KI, damit er einmal in der Arbeitswelt Menschen „freisetzt“. Zwischen beiden entwickelt sich über ihre Liebe zu Filmen und Büchern eine innige Freundschaft. Als Jen von ihrem Freund sitzen gelassen wird, will Aiden sie mit einem Mann zusammenbringen und beginnt außerdem einen Rachefeldzug gegen ihren Ex. Aisling, die eine weibliche KI, hat einen Narren an Tom aus den USA gefressen. Aiden und Aisling sind ins weltweite Netz entkommen und beginnen, Jen und Tom auf romantische Art zu verkuppeln. Konterkariert wird ihr Vorhaben allerdings von dem feindselig gestimmten Sinai, der dritten KI.
Das Buch ist fantasievoll geschrieben und sehr humorvoll. Es gibt Anlass zum Nachdenken über die immer aktueller werdende Thematik der Künstlichen Intelligenz. Es wird ein System aufgezeigt, das sehr befremdlich erscheint – Computersysteme sind omnipräsent und lassen dem Menschen keine Privatsphäre mehr. Sehr gelungen ist die Darstellung, was einen Menschen im Gegensatz zu einer Maschine ausmacht. Die Ergebnisse sind dann schon erstaunlich. Während gemeinhin etwa die Eigenschaft Mitgefühl nur Menschen zugeschrieben wird und sie von Maschinen unterscheidet, ist es in der Geschichte umgekehrt. Aiden zeigt ein hohes Maß an Mitgefühl und wirkt in seiner stetigen Freundlichkeit menschenähnlich, während Jens Ex jedes Mitgefühl fehlt und er wie eine Maschine wirkt. In der Welt der KI findet er sein Spiegelbild in Sinai, einer kaltherzigen Maschine. Nicht zuletzt haben mir die eingestreuten Informationen über Filmklassiker gefallen, z.B. über Aidens Lieblingsfilm „Manche mögen’s heiß“.
Sehr lesenswert.

Veröffentlicht am 28.05.2018

Freundschaft zwischen einem misanthropischen Astronauten und einer alten Lady

Miss Gladys und ihr Astronaut
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Der griesgrämige Thomas Major springt für einen am Todestag von David Bowie verstorbenen Astronauten ein, um ohne Rückkehrmöglichkeit zum Mars zu fliegen, weil er auf der Erde nichts hat, was ihn halten ...

Der griesgrämige Thomas Major springt für einen am Todestag von David Bowie verstorbenen Astronauten ein, um ohne Rückkehrmöglichkeit zum Mars zu fliegen, weil er auf der Erde nichts hat, was ihn halten könnte. Die Medien stellen schnell den Zusammenhang zwischen seinem Namen und Bowies Song „Space Oddity“ her und fortan ist er für alle Major Tom. Als Thomas aus dem All seine Ex-Frau anrufen will, landet der Anruf bei der dementen Gladys, die sich während eines Gefängnisaufenthaltes ihres Sohnes um ihre beiden Enkelkinder kümmern soll. Tatsächlich aber lasten alle Arbeit und Verantwortlichkeit auf der fünfzehnjährigen Ellie, die um jeden Preis vermeiden will, dass die Behörden von der Demenz ihrer Oma erfahren, damit sie diese nicht in einem Heim und sie und ihren Bruder nicht in Pflegefamilien unterbringen. Die Lage spitzt sich zu, als ihnen die Zwangsräumung droht, weil Gladys den Mietdauerauftrag gelöscht und all ihre Ersparnisse einem Betrüger überwiesen hat. Alle Hoffnung liegt jetzt auf dem naturwissenschaftlich begabten zehnjährigen James, der an einem Wissenschaftswettbewerb teilnehmen darf, bei dem es Geld zu gewinnen gibt, das die Familie retten würde. Thomas unterstützt ihn aus dem All.
Die Geschichte ist ganz wundervoll. Sie handelt über eine ganz besondere Freundschaft, die sich zwischen Thomas einerseits und Gladys sowie ihren Enkeln andererseits entwickelt. Trotz des ernsten Hintergrundes fehlt es nicht an humorvollen Passagen. Gladys hat noch lichte Momente, in denen sie über sich hinauswächst. Über Thomas erfahren wir in Rückblenden auf seine Kindheit, Jugend und sein bisheriges Erwachsenenalter, warum er sich für die Reise ins All ohne Rückfahrticket entschieden hat. Eine ganz besondere Bedeutung kommt Songs wie „Space Oddity“ u.a.m. zu, die als Ohrwurm hängenbleiben und von dem begnadeten Schallplattensammler Thomas eingeführt werden.
Sehr empfehlenswert.

Veröffentlicht am 28.05.2018

Wenn Eltern sich trennen

Der rote Swimmingpool
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Die Farbe Rot, in der das Buchcover gehalten ist, ist gemeinhin aufregend, beachtenswert, lebendig, anregend. Exakt diese Eigenschaften hat der vorliegende (Debüt)Roman, den zu lesen sich wirklich lohnt. ...

Die Farbe Rot, in der das Buchcover gehalten ist, ist gemeinhin aufregend, beachtenswert, lebendig, anregend. Exakt diese Eigenschaften hat der vorliegende (Debüt)Roman, den zu lesen sich wirklich lohnt.
Bis er 17 Jahre ist, glaubt sich Adam einer perfekten Familie zugehörig, während die Eltern der meisten seiner Freunde geschieden sind. Umso heftiger trifft es ihn, als der Vater die Familie plötzlich ohne ein Wort der Erklärung gegenüber Adam verlässt und ihn sogar nicht mehr sehen will. Auch die Mutter hüllt sich in Schweigen. Adam ist fassungslos und sucht nach einem Schuldigen. Für ihn ist es der Vater, dem er es heimzahlen will. Doch liegt Adam damit richtig?
Dieses Buch zu lesen, macht wirklich Spaß. Es wechseln sich Abschnitte ab, die in der Vergangenheit spielen und das Leben der scheinbar perfekten Vorzeigefamilie bis kurz nach ihrem plötzlichen Zerbrechen wiedergeben, mit solchen, die einige Monate später in der Gegenwart angesiedelt sind. Alle sind aus der Ich-Perspektive von Adam wiedergegeben. Häufig enden sie mit einem Cliffhanger und es bleiben fast bis zum Schluss zwei Fragen offen: Auf welche Weise hat sich Adam gerächt? Was war der wirkliche Grund für die Trennung der Eltern (denn es gibt einige vage Hinweise, dass ein außereheliches Verhältnis des Vaters allein nicht ausschlaggebend ist)? Adams Gefühlswelt als plötzlich zum Trennungskind gewordener junger Erwachsener, seine ganze Verzweiflung werden gelungen dargestellt. Zugleich gibt die Geschichte Hoffnung, denn in seiner verfahrenen Situation verliebt sich Adam zum ersten Mal. So traurig alles für Adam ist, bedeutet dies nicht, dass auch der Grundton des Buches so gehalten ist. Im Gegenteil, es gibt viele gedeckt humorvolle Passagen, z.B. wenn es um die Beschreibung des fetten Katers von Adams Freundin geht oder um seinen besten Freund vor dessen Geburt.
Das Buch ist eine empfehlenswerte Lektüre für all jene, deren Familie sich vielleicht auch gerade in der Auflösung befindet, weil es am Ende lehrt, wie die Erwachsenen sich in solch einer Situation richtiger verhalten können.


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