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Venatrix

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Veröffentlicht am 04.07.2018

Kollaborateure, Kriegsgewinnler und Kunstraub

Die Toten von Paris
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Paris 1944 – die Alliierten sind längst in der Normandie gelandet, die Deutschen verlassen die französische Hauptstadt. Das ist der historische Hintergrund, vor dem Michelle Cordier ihren Krimi ansiedelt.

Jean ...

Paris 1944 – die Alliierten sind längst in der Normandie gelandet, die Deutschen verlassen die französische Hauptstadt. Das ist der historische Hintergrund, vor dem Michelle Cordier ihren Krimi ansiedelt.

Jean Ricolet, ein junger Polizist ist voll Tatendrang aus den Cevennen nach Paris gekommen, um dem Verbrechen die Stirn zu bieten. Sein erster Fall mutet enttäuschend an, soll er doch den Lynchmord an einem Fleischhauer, der seinen Kunden Hundefleisch verkauft haben soll und daher von der aufgebrachten Menge erschlagen worden ist, aufklären. Zusätzlich soll er den Mord an einem mutmaßlichen Nazi untersuchen, der wertvolle Kunstwerke nach Deutschland verschoben haben soll. Doch dieser Fall soll so schnell wie möglich zu den Akten gelegt werden. Dem ehrgeizigen Neuling kommen die Anweisungen seines Chefs, Commissaire Brulait seltsam vor. Als er dann noch der Kunstexpertin Pauline Drucat begegnet, die für das Mordopfer gearbeitet hat, verbeißt er sich in den Fall des Kunsträubers. Was Jean noch nicht weiß ist, dass Pauline eigentlich für die Résistance gearbeitet hat und ein höchst persönliches Interesse an einem der verschwundenen Gemälde hat.

Je tiefer Ricolet in die Kunstszene einsteigt, desto mehr beschleicht ihn das Gefühl, dass auch im Morddezernat Kollaborateure und Sympathisanten des Nazi-Regimes sitzen.

Seite für Seite deckt Michelle Cordier die unterschiedlichsten Verwicklungen und persönlichen Verstrickungen der handelnden Personen auf. Nichts ist so wie es scheint, nicht einmal der so einfach aussehende Fall des getöteten Fleischhauers.

Meine Meinung:

Michelle Cordier schafft es sehr gut, die historischen Hintergründe von 1944 einfließen zu lassen. Die Deutschen räumen das Feld und in ihrem Fahrwasser versuchen die Anhänger der Vichy-Regierung noch schnell ihre Schäfchen ins Trockene zu bringen. Sehr geschickt sind auch die Verbrechen des Marcel Petiot eingeflochten, der angibt, über ein weitverzweigtes Fluchthilfenetzwerk zu verfügen, um Menschen zu retten. In Wahrheit ist er ein geisteskranker Massenmörder, der belegte 27, aber vermutlich über 60 Menschen, aus reiner Habgier ermordet hat.

Habgier ist überhaupt eine starke Triebfeder im Paris von 1944. Lebensmittel und Güter des täglichen Bedarfs sind rar, weil die Produkte an die Deutschen abgeliefert werden müssen. Der Schwarzmarkt blüht, einige wenige bereichern sich. Sehr gut ist der oft vergebliche Kampf der Polizei gegen die Verbrecher, die sich von Kleinkriminellen bis hin zu Kollaborateuren und Kriegsgewinnlern in den eigenen Reihen erstreckt.

Die Figur des jungen, unbedarften und beinahe schon naiven Jean Ricolet gefällt mir recht gut. Er wirkt ein wenig verloren in der Großstadt Paris. Doch mit jedem Tag, den er dem Moloch abtrotzt, wird er sattelfester in seinem Beruf. Es ist ihm zu wünschen, dass er seinen Enthusiasmus behalten darf. Hin und wieder wirkt er in seinen Alleingängen und Aktionen überheblich. Seine Kollegen scheinen resigniert zu haben und versuchen ein wenig durch zu tauchen. Das scheint mir angesichts der miesen Bezahlung und des schlechten Images der Polizei durchaus authentisch.

Pauline Drucat ist für mich eine widersprüchliche Figur. Auf der Suche nach dem Bild geht sie fast buchstäblich über Leichen. Das hat sie mir ein wenig unsympathisch gemacht. Allerdings muss man die Zeit mitberücksichtigen. Alles, was sie sich erträumt hat, ist verloren. Jeden Tag danach trachten, auch den nächsten zu erleben. Ihr Engagement für die Résistance bleibt mir ein wenig zu blass. Ihre persönliche Familiengeschichte ist mir jetzt ein Haucherl „too much“. Der verbissene Nazi-Halbbruder hätte jetzt nicht unbedingt sein müssen. Der Gefahren sind ohnehin genug, das hätte es diese tiefe persönliche Verstrickung nicht unbedingt mehr gebraucht.

Der flüssige Schreibstil ist mir bekannt, da ich die beiden Krimis der Reihe „Pomelli & Vidal“ kenne. Die atmosphärische und hautnahe Beschreibung vom Paris um 1944 haben mir gut gefallen. So streifen wir an der Seite des staunenden Ricolet durch Paris und bewundern die verschiedensten Sehenswürdigkeiten.



Fazit:

Ein historischer Krimi, der im Paris von 1944 angesiedelt ist und der durchaus Potential für eine Fortsetzung hat. Gerne gebe ich 4 Sterne.

Veröffentlicht am 07.06.2018

Unheilvolle Verbindungen zwischen dem Kongo und der Schweiz

Höllgrotten
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Mit diesem Krimi, der Auftakt zu einer neuen krimi-Reihe sein soll, spricht Monika Mansour einige aktuelle Probleme direkt an. Zum einem die Ausbeutung von Bodenschätzen in den ehemaligen Kolonien in Afrika ...

Mit diesem Krimi, der Auftakt zu einer neuen krimi-Reihe sein soll, spricht Monika Mansour einige aktuelle Probleme direkt an. Zum einem die Ausbeutung von Bodenschätzen in den ehemaligen Kolonien in Afrika und deren, oft nicht absehbare, Folgen. Zum anderen die Krankheit Epidermolysis bullosa (EB), die jene Menschen, die daran leiden zu Ausgestoßenen macht. Durch einen Gendefekt ist die Haut der Betroffenen so empfindlich wie ein Schmetterlingsflügel, daher auch der Name „Schmetterlingskind“.

Warum geht’s?

Im Lorzentobel wird die Leiche einer jungen Schwarzafrikanerin gefunden. Relativ bald ist klar, dass die Frau aus dem Kongo stammen muss, hat sie doch zwischen den Zehen einen kleinen Hinweis hinterlassen, der die Polizei zu Natalie führt. Doch das ist nicht das Einzige, was von Emeline bleiben wird. Sie hat nämlich erst kürzlich ein Kind zur Welt gebracht, das nun verschwunden ist.
Die Polizei, allen voran Sara, die Chefin der Zuger Kripo, suchen fieberhaft nach dem Baby. Natalie weiß mehr als sie zugibt, betreibt sie doch via Darknet eine Plattform, mit der sie Frauen und Männern in Not hilft.

Wird es gelingen Emelines Baby zu finden?

Meine Meinung:

Die brutale Lebensgeschichte Emelines wird durch Zwiegespräche mit ihrem noch ungeborenen Baby geschickt als Rückblende in die Handlung eingebettet.

Gut gefällt mir, dass Monika Mansour ihre Leser anregt, weitere Recherchen über das Thema EB und/oder den Kongo anzustellen. So lernt der interessierte Leser immer wieder etwas dazu.

Die Charaktere polarisieren. Besonders mit Natalie haben es weder der neue Bodygard Tom, die Ermittlerin Sara noch die Leser leicht. Sie ist auf Grund ihrer Krankheit EB einsam und wird von ihrem reichen Vater über Gebühr beschützt. Leider manipuliert sie ihre Umgebung und nutzt den Status, den ihr ihre unheilbare Krankheit verleiht, ziemlich aus. So versteigt sie sich zu vielen Alleingängen und bringt damit nicht nur sich selbst, sondern auch andere Menschen in akute Lebensgefahr. Das macht sie mir sehr unsympathisch. Doch auch Natalies Gegenspielerin muss erst Sympathiepunkte erarbeiten, hat sie doch eine etwas ruppige Art mit ihren Mitarbeitern umzugehen.

Einzig Tom scheint empathisch zu sein, was ihn aber nicht daran hindert, hin und wieder körperliche Gewalt anzuwenden.

Wie wir es von der Autorin gewöhnt sind, ist die Spannung extrem hoch. Diesmal ist mir nur der Showdown in den Titel gebenden „Höllgrotten“ ein wenig zu viel. Natürlich kann auch die schwerkranke Natalie in dieser Extremsituation über sich hinauswachsen, doch für mein Empfinden, ist dieses Szenario ein bisschen unglaubwürdig. Aber, das ist meine persönliche Einschätzung.

Fazit:

Ein rasanter Auftakt einer neuen Krimi-Serie, der ich wegen des etwas überzeichneten Abschlusses diesmal nur 4 Sterne geben kann.

Veröffentlicht am 01.06.2018

Einstein zum Kennenlernen

Albert Einstein
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Hubert Goenner, Physiker und Buchautor hat sich mit Albert Einstein auseinandergesetzt. In elf Kapiteln erzählt das Leben des berühmten Wissenschaftlers. Diese sind wiie folgt gegliedert.

1. Der junge ...

Hubert Goenner, Physiker und Buchautor hat sich mit Albert Einstein auseinandergesetzt. In elf Kapiteln erzählt das Leben des berühmten Wissenschaftlers. Diese sind wiie folgt gegliedert.

1. Der junge Einstein
2. Beruf und Familiengründung
3. Früchte des Nachdenkens und Diskutierens
4. Auf dem Weg nach ganz oben
5. Weltruhm
6. Hoch geschätzt und angefeindet
7. Erst gefeiert, dann vertrieben
8. Neuanfang in Princeton
9. Anstoß zur Atombombe, ethischer Mahner, einsamer Forscher
10. Der nicht ganz abgeklärte Altersweise
11. Das Einsteinbild

Allerdings halt sich Goenner nicht immer sklavisch an die Chronologie der Ereignisse. Häufig hüpft er durch Zeit und Raum. Doch das ist ihm, der sich intensive mit Einsteins Relativitätstheorie beschäftigt hat, nicht zu verdenken. Als angesehener Wissenschaftler der “alten Schule” verneint er den Anteil den Einsteins erste Frau Mileva Malic an seinen wissenschaftlichen Arbeiten hat. Das finde ich ein bisserl schade.
Die letzten Jahre im Exil in Princeton gestalten sich nicht mehr ganz so glamourös. Einsteins Erkenntnisse werden von Jüngeren in Zweifel gezogen und manch einer belächelt ihn und seine Theorien wahrscheinlich. Eher unbekannt ist, dass er vielen gefährdeten Juden durch Ausstellen von sogenannten “Affedavits” die Einreise in die USA ermöglicht hat.

Der Schreibstil ist dem Thema angemessen – sachlich.

Fazit:

Ein guter Einstieg in das Leben und Werk Albert Einsteins.

Veröffentlicht am 30.05.2018

Gelungener Krimiauftakt

Mord mit Meerblick
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Während seiner nächtlichen Tour in Rijeka findet der Mitarbeiter der städtischen Reinigung die männliche Leiche in einer Blutlacke liegen.

Inspektorin Sandra Horvat wird mit ihrem Team gerufen an den ...

Während seiner nächtlichen Tour in Rijeka findet der Mitarbeiter der städtischen Reinigung die männliche Leiche in einer Blutlacke liegen.

Inspektorin Sandra Horvat wird mit ihrem Team gerufen an den mutmaßlichen Tatort gerufen. Die erste Befragung der Hausbewohner bringt wenig Brauchbares. Das Team um Sandra Horvat untersucht das Umfeld des Toten und findet recht bald ein paar Hinweise auf ein mögliches Mordmotiv.


Beinahe gleichzeitig wird ein alte Frau mit einem Schnellkochtopf erschlagen. Dieser Mord ist in Gefahr, als “unaufgeklärt” zu den Akten zu wandern, als sich herausstellt, dass die beiden Morde zusammenhängen …

Meine Meinung:

„Mord mit Meerblick“ ist das Debüt der Autorin Ranka Nikolic, die als Kind mit ihren Eltern von Kroatien nach Deutschland übersiedelte.

Der Krimi ist schön strukturiert und lebt einerseits vom Lokalkolorit der malerischen Hafenstadt Rijeka (vormals Fiume), die nach wie vor das Flair der Donaumonarchie verströmt.

Andererseits geben die unterschiedlichen Charaktere des Ermittlungsteams, der Truppe den richtigen Pfiff. Da ist zum Beispiel die Reinigungskraft Ika, die alle mit Gesundheitstipps und Essen versorgt, oder Sandra selbst, die sich in der rauen Männerwelt recht gut behauptet. Jeder ihrer Mitarbeiter hat ein kleines oder größeres Schicksalspäckchen zu tragen, sei ein Alkoholproblem oder ein Problem mit Frauen, weil derjenige nach wie vor bei seiner Mutter wohnt. In diese höchst unterschiedliche, aber gut zusammengeschweißte Truppe, platzt ein neuer Mitarbeiter hinein, der bei der toughen Sandra eine neu, weiche Seite erklingen lässt. Ob sich da etwas anbahnt?

Die Mitglieder der Gruppe führen häufig humorvolle Dialoge, die recht authentisch wirken. Der Chef nervt nur ein klein wenig.

Gut gefällt mir, dass die oft eintönige Ermittlerarbeit beschrieben wird: Das oft mühsame Befragen von Zeugen, das Stochern in Familienleben und die häufig unangenehme Situation, Angehörigen von Opfern wenig Zeit zum Trauern geben zu können, weil der Mörder gefasst werden muss.

Fazit:

„Mord mit Meerblick“ ist ein Kriminalroman mit einem ganz eigenen, durchaus rauen Charme, der sich am wahren Leben und an angenehm realistischen Figuren orientiert. Mir hat der Krimi sehr gut gefallen. Der 2. Fall „Mord im Olivenhain“ liegt auch schon bereit.

Veröffentlicht am 30.05.2018

Unfall oder Mord?

Anna und die Südwand Der Schladming-Krimi von Günter Lehofer
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Als eine betrunkene deutsche Urlauberin von der Dachstein-Südwand fällt, klingeln bei der Schladminger Postenkommandantin Anna Bergmann die Alarmglocken. Der Tod der Deutschen erinnert fatal an einen ähnlichen ...

Als eine betrunkene deutsche Urlauberin von der Dachstein-Südwand fällt, klingeln bei der Schladminger Postenkommandantin Anna Bergmann die Alarmglocken. Der Tod der Deutschen erinnert fatal an einen ähnlichen Vorfall vor fünf Jahren, bei dem die junge Eva Kindl ums Leben kam. Damals wird der Fall als Selbstmord zu den Akten gelegt, da der Liebeskummer der jungen Frau allgemein bekannt war.



Anna Bergmann entdeckt einige Gemeinsamkeiten, die ein wenig zu viel des Zufalls erscheinen: So heißen beide Frauen Eva, stürzen an derselben Stelle ab und, besonders auffällig, Norbert Mooser ist bei beiden Todesfällen in der Nähe.



Da Anna Bergmann und ihr Team den Fall der Eva Kindl, trotz anonymer Anrufe, die Mooser des Mordes bezichtigen, nicht wieder aufnehmen dürfen, weil es zu wenig neue Verdachtsmomente gibt, ermitteln Anna und ihr Stellvertreter gemeinsam mit dem pensionierten Postenkommandanten vorerst heimlich.

Immer mehr Indizien weisen auf Norbert Mooser, dem zweiten Sohn eines Hoteliers hin. Doch Mooser ist so aalglatt wie unsympathisch und windet sich immer wieder heraus. Allerdings scheint er, nachdem er überfallen worden ist, lieber im Polizeigewahrsam zu sein als in seiner Wohnung. Wovor oder vor wem hat er Angst?



Gleichzeitig brennen in Schladming zwei schlecht gehende Hotels ab. Die Eigentümer, darunter Moosers Eltern, können die Brandruinen mit Gewinn an den Immobilienmakler Hans Maderer verkaufen.



Meine Meinung:



Ein subtiler Krimi, der sich mit der engmaschigen Struktur einer kleinen Stadt wie Schladming auseinandersetzt. Hier kennt jeder jeden. Es müssen manchmal Rücksichten genommen werden, die polizeiliche Ermittlungen stören. So mancher gut situierter Geschäftsmann hat Dreck am Stecken. Jeder weiß etwas, keiner sagt etwas.

Hin und wieder kommt auch ein wenig Menschen verachtendes zum Vorschein. Wenn der Bürgermeister der Meinung ist, auch schlechte Presse sei eine Gratis-Werbung für den Tourismus. Immerhin schreibt die “Bild-Zeitung” über Schladming und den Dachstein. Das könnte für ein Nächtigungsplus sorgen, wenn Schaulustige die Dachsteinsüdwand sehen wollen.

Ich hoffe, dass es eine Fortsetzung für Anna Bergmann und ihr Team geben wird.


Fazit:


Ein subtiler Krimi, der die Abgründe mancher honoriger Mitbürger aufdeckt. Gerne gebe ich 4 Sterne.