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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.05.2018

Frau Freitag, die II.

Voll streng, Frau Freitag!
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Frau Freitag hat es nicht leicht; ihre 10. Klasse ist zwar lebhaft, originell, mode- und selbstbewusst, aber FAUL! Mit viel Engagement, Witz und Selbstironie steuert sie ihre Lieben durch das Schulleben ...

Frau Freitag hat es nicht leicht; ihre 10. Klasse ist zwar lebhaft, originell, mode- und selbstbewusst, aber FAUL! Mit viel Engagement, Witz und Selbstironie steuert sie ihre Lieben durch das Schulleben und versucht, sie auf die Zeit nach der 10. Klasse und aufs Leben vorzubereiten. Abgründe tun sich auf, sprachlich sowieso, aber besonders in Hinsicht auf die Selbsteinschätzung und Naivtät der Jugendlichen. Trotzdem gelingt es Frau Freitag, auch ihre guten Seiten zu sehen und sie sehr zu mögen.

Und dafür mag ich Frau Freitag, ihre endlose Geduld und ihren Einsatz für die von vielen schon abgeschriebenen Jugendlichen. Sogar Facebook wird dafür genutzt. Auch wenn die Schüler das noch nicht anerkennen (sehr traurig die Verabschiedung), positive Erinnerungen werden ihnen bleiben. Und Frau Freitag hat zum Glück gute Freunde, die ihr über Krisen hinweghelfen.

Das Schulmilieu ist mir nicht unbekannt, deshab schätze ich dieses Buch als sehr authentisch und realistisch ein, bin nicht immer mit Frau Freitag einer Meinung (Sprache), finde ihren Einsatz aber absolut toll. Jugendliche bräuchten viele Frau Freitags.

Eine sehr unterhaltsame und realistische Schilderung des Schulalltags (u.a. durch Schüler-Originalzitate), humorvoll geschrieben. Frau Freitag ermöglicht tiefe Einblicke in die Bildungslandschaft Deutschlands.

Veröffentlicht am 31.05.2018

Durch die Hölle

Einmal durch die Hölle und zurück
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Josh Bazells Thriller "Schneller als der Tod" habe ich mit Spannung und gern gelesen. "Einmal durch die Hölle und zurück"  ist die Fortsetzung, wenn auch diesmal das Thema Umweltzerstörung und Geldgier ...

Josh Bazells Thriller "Schneller als der Tod" habe ich mit Spannung und gern gelesen. "Einmal durch die Hölle und zurück"  ist die Fortsetzung, wenn auch diesmal das Thema Umweltzerstörung und Geldgier stärker in den Vordergrund gerückt werden. Die Hauptfigur, ein ehemaliger Auftragskiller, jetzt Arzt mit ungewöhnlichen Behandlungsmethoden, wird von der Mafia gesucht. Von einem schwerreichen Amerikaner engagiert, um herauszufinden, ob es eine Art Nessie in einem abgelegenen See wirklich gibt. Ihm zur Seite gestellt wird die attraktive Paläontologin Violet, die er beschützen soll. Unterwegs stoßen sie auf Drogendealer, Straßengangs, mysteriöse Ärzte, rassistische Abenteurer, selbstgefällige Politiker, ungeklärte Morde, Felsmalereien und beginnen eine Kanutour mit ungeahnten Geschehnissen.

Viele, viele sonst eher ungeliebte Fußnoten beleuchten und erklären sowohl medizinische und politische Hintergrüne. Eloquent geschrieben, muss ja nicht immer wahr sein. Trotzdem werden erschreckende Ignoranz und Horrorszenarios für die Zukunft offenbart, Profitgier, Sensationslust und ideologische Beeinflussung werden angeprangert.

Nicht so spannend wie sein Vorgänger regt dieses Buch mehr zum Nachdenken über moralische Werte und den Schutz unserer Umwelt an und hinterlässt einen nachhaltigen Eindruck.

Veröffentlicht am 31.05.2018

Nicht alles ist so, wie es scheint

Zeugin der Toten
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Ein faszinierendes Buch, wenn auch anders, als erwartet.

1985, in einem Kinderheim in Stralsund. Ein fünfjähriges Mädchen wird gegen ein anderes ausgetauscht und heißt ab sofort wie diese: Judith Kepler.

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Ein faszinierendes Buch, wenn auch anders, als erwartet.

1985, in einem Kinderheim in Stralsund. Ein fünfjähriges Mädchen wird gegen ein anderes ausgetauscht und heißt ab sofort wie diese: Judith Kepler.

Mehr als 20 Jahre später hat Judith einiges hinter sich; lieblose Kindheit und Jugend im Heim, Alkoholmissbrauch, Drogenabhängigkeit. Jetzt arbeitet sie als Cleaner in einem Gebäudereinigungsunternehmen, putzt in öffentlichen Einrichtungen oder reinigt Haushalte Verstorbener. Das ist bei weitem nicht so harmlos, wie sich das zunächst anhört. Nicht nur die Todesumstände werden ersichtlich, oft trifft Judith auf Verwesung und eklige Hinterlassenschaften, die beseitigt werden müssen. Die Beschreibung der Szene in der Wohnung der alten Frau ist besonders gelungen, hier wird ein Schicksal erzählt.

Im Haushalt einer ermordeten jungen Frau findet Judith ihre Heimakte. Warum und wieso bei einer Unbekannten? Warum wurde diese ermordet? Nach und nach findet Judith Spuren, die ins Jahr 1985 zurückreichen. An speziellen Dokumenten aus dieser Zeit haben mehrere Organisationen Interesse, der BND, ausländische Geheimdienste, die StaSi. Auf ihrer Suche erlebt Judith brisante Situationen, sie wird bedroht, entführt, als Mörderin hingestellt. Allmählich werden Zusammenhänge klar, im Dunkeln Liegendes wird erhellt. Hilfe bekommt Judith von einem Exagenten des BND, auch von ihrem väterlichen Chef.

Mit Mut, Glück und Dreistigkeit erreicht sie... ja was?

Elisabeth Herrmann schreibt spannend, die handelnden Personen werden anschaulich dargestellt, man empfindet auch für sperrige Charaktere Sympathie. Nicht alles ist glaubhaft, aber der Handlungsablauf ist nachvollziehbar.

Ein lesenswertes Buch, das die Zeit des Kalten Krieges und seine Auswirkungen bis heute erhellt.

Veröffentlicht am 31.05.2018

Nie aufgeben!

Wie Mr. Rosenblum in England sein Glück fand
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Mr Rosenblum emigriert 1937 mit seiner Frau Sarah und seiner einjährigen Tochter Elizabeth nach Großbritannien. Sein sehnlichster Wunsch ist es, als Engländer anerkannt zu werden. Eine bei der Einreise ...

Mr Rosenblum emigriert 1937 mit seiner Frau Sarah und seiner einjährigen Tochter Elizabeth nach Großbritannien. Sein sehnlichster Wunsch ist es, als Engländer anerkannt zu werden. Eine bei der Einreise überreichte Liste mit Ratschlägen dazu wird zur Richtlinie seines Lebens; er versucht nach Kräften, vorgegebene Verhaltensregeln einzuhalten. Er unterwirft sich und seine Familie selbst den skurrilsten Regeln ohne Zweifel an deren Richtigkeit. Durch Zufall und Unternehmensgeist erkennt er eine Marktlücke und kommt zu Wohlstand.

15 Jahre später. Alle und noch zusätzliche Punkte auf seiner Liste gelten ihm als abgearbeitet, nur der letzte, der 150ste nicht: die Aufnahme in einen Golfklub. Als Deutscher und Jude erfährt er überall Ablehnung. Also verkauft er sein Haus und erwirbt ein Anwesen in Dorset. Ganz allein, nur ausgerüstet mit Bücherwissen, arbeitet er unermüdlich an seinem Plan, einen eigenen Golfplatz zu erschaffen. Ihm dabei zuzusehen, wird für die Dorfbewohner ein Sonntagspicknickvergnügen. In der Nacht vor seinem ersten Spiel wird sein Platz verwüstet. Nach erster Enttäuschung und Frust sucht er den Kontakt zu den Dörflern, unter denen er die Übeltäter vermutet. Die versuchen ihm zu erklären, dass nicht sie, sondern ein fabelähnliches Wollschwein den Schaden verursacht hat. Gewitzt erweckt er den Anschein, das zu glauben.

Jack Rosenblum fängt von vorn an. Seine Frau versteht und unterstützt ihn nicht. Ihren Kummer bemerkt Jack nicht einmal. Unüberwindlich erscheinende Schwierigkeiten tauchen auf. Manchmal sind es Regen, Kälte, abrutschende Hänge oder auch finanzielle Probleme, die seine Arbeit behindern. Curtis, der Vertreter der Wollschweintheorie und alter Dorfbewohner, fängt an, Jack zu helfen. Beide beschließen, einem amerikanischen Meistergolfer um Ratschläge zu ersuchen. Jede Woche schicken sie ihm einen Brief, bekommen aber nie eine Antwort. Um sein selbstgestecktes Ziel, sein erster Turnier am Krönungstag der Königin abhalten zu können, muss Jack Arbeitskräfte anwerben. Von seinem Plan besessen, merkt er nicht, dass sein Haus verfällt und ignoriert Probleme in seiner Fabrik. Damit nicht genug, muss er seine Bautätigkeit wegen fehlender Genehmigungen einstellen und erfährt, dass er einen starken Konkurrenten hat.

Es war nicht immer leicht, dieses Buch zu lesen. Zu belächeln war Jacks Obsession, alle Punkte auf dem Weg, ein "richtiger" Engländer zu werden, mit grenzenloser Naivität abzuarbeiten. Tragisch, seine Rückschläge mitzuerleben, ebenso tragisch, wie seine Frau Sarah versucht, ihre Vergangenheit und das Schicksal ihrer Familie zu verarbeiten, so ganz ohne das Verständnis ihres Mannes. Als Leser meint man, dass dieses gegenseitige Nicht-Verstehen abolut nicht sein müsste. Bewundernswert die unermüdliche Annahme der ständigen Rückschläge und das Weitermachen in scheinbar ausweglosen Situationen.

Als ich den Buchtitel zur Leseprobe las, dachte ich, dass im Buch heitere Anekdoten und amüsante Lebensweisheiten zu finden seien. Dies bestätigte sich durchaus nicht. Auch wenn ab und an eine gelöste Grundstimmung aufkam, lustig war das keineswegs.

Natasha Solomons hat ihre Helden liebenswert beschrieben, sich nie lustig gemacht über ihre Eigenheiten. Im Gegenteil, sie beschreibt starke Menschen, die, allen Widrigkeiten zum Trotz, bis an die absoluten Grenzen ihrer Möglichkeiten gehen. Erstaunlich, wie sie aber auch die kleinen Schikanen unter Eheleuten, die doch nur der Ruf nach Aufmerksamkeit sind, skizziert, aber auch andererseits die anrührenden Gesten der Vertrautheit und des Zusammenhalts. Aus einem unspektakulären Beginn wird ein allmählich wachsendes dramatisches Geschehen.

Sehr lesenswert, auch wenn man sich für die Lektüre wirklich Zeit nehmen sollte und keine leichte Unterhaltung erwarten darf.

Veröffentlicht am 31.05.2018

Packender Thrill

Die Zahlen der Toten
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Dieser Thriller ist so packend, dass mann ihn, hat man erst einmal zu lesen angefangen, nicht mehr aus der Hand legen möchte. Um das Ende zu erfahren, habe ich heute Nacht bis um 2.30 Uhr gelesen und danach, ...

Dieser Thriller ist so packend, dass mann ihn, hat man erst einmal zu lesen angefangen, nicht mehr aus der Hand legen möchte. Um das Ende zu erfahren, habe ich heute Nacht bis um 2.30 Uhr gelesen und danach, natürlich, unruhig geschlafen.

Das Buch beginnt mit den Gedanken einer Frau, die weiß, dass sie sterben wird. Ihre grausam zugerichtete Leiche wird gefunden. Kate, eine äußerlich toughe junge Polizeichefin, setzt alles daran, zusammen mit ihren Mitarbeitern den Mörder zu finden. Alles...? Wirklich alles? Kate hat ein dunkles Geheimnis aus ihrer Jugend bei den Amischen. Sie meint, den Mörder zu kennen und grenzt dadurch ihre Recherchen ein. Inzwischen gibt es weitere Opfer, noch grausamer zugerichtet als das Erste. Übergeordnete Stellen werden einbezogen und Kate bekommt gegen ihren Willen einen FCI-Agenten zur Seite gestellt. Tomasetti hat auch ein Geheimnis, ist alkohol- und tablettensüchtig und soll durch diesen Einsatz erkennen, dass er für den Polizeidienst nicht mehr taugt.

Ein weiterer Mord passiert und Kate wird wegen Erfolglosigkeit entlassen. An ihre Stelle tritt ein ehrgeiziger und skrupelloser Sheriff.

Linda Castillo hat ein wirklich spannungsgeladenes Buch geschrieben. Teilweise so anschaulich, dass einem beim Lesen übel wird. Man fragt sich die ganze Zeit, was für ein Mensch zu solchen Untaten fähig ist. Sehr sorgfältig werden die Charaktere der handelnden Personen gezeichnet, ihre Gedanken dargelegt. Ein tieferer Einblick in die Aufklärungsarbeit der Polizei wird gegeben. Der Leser erfährt, in welche Richtungen ermittelt wird, wie vielfältig die Spuren sind, die verfolgt werden müssen und wie mühselig die Ermittlungen sein können. Typische Reaktionen der möglicherweise involvierten Personen, von Entsetzen bis zu wütend machender Schnöseligkeit werden dargestellt und wecken beim Leser vielfältige Emotionen.
Ein interessantter Nebenschauplatz ist die Lebensweise der Amisch-Gemeinde, ihre Wertevorstellungen und ihr Lebensstil. Kate wuchs in ihrer Mitte auf.

Ein unerwartetes Ende wird präsentiert.

Dieser Thriller ist ein atemraubendes Leseerlebnis und macht süchtig nach weiteren Büchern der Autorin.