Ein Krimi, der in die Tiefe geht
„...Mag sein, dass die größten Nazis vielleicht aus Österreich gekommen gekommen sind...Aber wir waren nicht so blöd, dass wir sie an die Macht gelassen hätten!...“
Der ehemalige Kommissar und jetzige ...
„...Mag sein, dass die größten Nazis vielleicht aus Österreich gekommen gekommen sind...Aber wir waren nicht so blöd, dass wir sie an die Macht gelassen hätten!...“
Der ehemalige Kommissar und jetzige Privatdetektiv Falco Brunner hat gerade mit seiner Ex-Frau telefoniert und will nun die Kinder für ein Wochenende abholen. In Gedanken lässt er seine Vergangenheit mit Christine Revue passieren. Da muss er an der Straßenbahnhaltestelle plötzlich bremsen und sieht beim Blick in den Rückspiegel eine Frau hinter dem Auto liegen. Er steht unter Schock, glaubt er doch, sie überfahren und getötet zu haben.
Christine wird angerufen und kommt an die Unfallstelle. Als Pathologin sieht sie sofort, dass die Frau schon länger tot war.
Falco ermittelt zunächst auf eigene Faust und wendet sich um Hilfe an Paula, die in einem Frauenhaus arbeitet und aus Deutschland stammt.
Der Autor hat einen fesselnden Krimi geschrieben, in dessen Mittelpunkt das Thema häusliche Gewalt in vielen ihrer Variationen steht. Die Geschichte beginnt in Wien, wird mich als Leser aber auch nach Kärnten führen.
Der Schriftstil ist sehr ausgewogen. Er passt sich gekonnt der jeweiligen Situation an. Das Eingangszitat stammt von Paula. Als Deutsche hat sie es in Wien nicht immer einfach. Trotzdem schwingt in ihrem Gespräch mit Falco ein feiner Humor oder eine leichte Ironie mit.
Ganz anders wirken die kursiven Teile des Buches. Hier hat der Autor ein besonderes Stilmittel gewählt. Er lässt das Opfer seine Geschichte erzählen. Und die ist heftig! Ein Stiefvater, der sich an ihr vergriffen hat, eine Mutter, die weg geschaut hat, und bis heute ihren Mann verteidigt, waren nur der Anfang. Nach dem ersten Missbrauch kommen von der Mutter die folgenden Worte:
„...Jetzt bist du dem Vater seine kleine Prinzessin geworden...“
Doch der Autor macht schnell deutlich. Missbrauch und Gewalt gibt es nicht nur im dörflichen Milieu. Bei der Suche nach dem Täter erzählt der Autor verschiedene Schicksale. Bei seinen Recherchen stößt Falco auf den Arzt Alexander Hoffmann. Auch hier wird die Geschichte der Kindheit erzählt. Dann aber folgen die psychischen Probleme seines kleinen Sohnes – und die haben einen bestimmten Grund. Zwar versuchen die Eltern, den Jungen aus den elterlichen Gewaltszenen herauszuhalten, doch Kinder haben feine Antennen. Niklas spürt die Angst der Mutter Der folgende Satz ist keine Beruhigung für ihn.
„...Der Papa ist der liebste Mensch auf der Welt...“
Auch Pflegefamilien sind nicht immer die Lösung, manchmal werden sie zu einem neuen Problem.
Dann aber bezieht Gruber, Falcos ehemaliger Chef, ihn mit in die Ermittlungen ein. Es wird Grubers persönlichster Fall werden.
Sehr subtil und genau ermöglicht mir der Autor vor allem in den gut ausgearbeiteten Gesprächen oder den vereinzelten gedanklichen Monologen der Protagonisten einen tiefen Einblick in ihre Psyche. Die Gewalterfahrungen der Kindheit sind prägend. Die Flucht daraus gelingt nur wenigen. Betroffen macht mich das Weltbild jener Mutter, die sich ein schönes Familienleben zusammengebastelt hat und nicht verstehen kann, warum die Tochter nichts mehr vom Vater wissen will.
Erschütternd wirkt das Motiv des Täters. Er sieht sich als Erlöser der Frauen.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es zeigt, was sich hinter manch getünchter Fassade wirklich abspielt und welche Auswirkungen das für die Zukunft haben kann. Speziell an Grubers Fall wird außerdem deutlich, dass selbst ein intaktes Familienleben nicht immer die Kinder vor Fehlentwicklungen schützen kann.