Ein Auftauchen war fast unmöglich
Jeder kennt es. Man liest ein Buch. Liebt es, lebt es, fühlt es und fürchtet sich vor der letzten Seite. Man wünscht sich, die Geschichte würde danach einfach weitergehen. Die Seele des Ozeans tut genau ...
Jeder kennt es. Man liest ein Buch. Liebt es, lebt es, fühlt es und fürchtet sich vor der letzten Seite. Man wünscht sich, die Geschichte würde danach einfach weitergehen. Die Seele des Ozeans tut genau das. Man liest die letzte Seite und die Geschichte geht trotzdem weiter! Und nicht nur in der eigenen Fantasie, sondern in Form von Wörtern, Sätzen, Seiten. Unmöglich, sagst du? Nicht in diesem Buch!
Ich wusste nicht, dass man noch tiefer in eine Geschichte eintauchen kann, bis ich Die Seele des Ozeans gelesen hatte. Wenn man auftaucht ist man immer noch mittendrin, man muss noch ein weiteres Mal auftauchen, um sich dem vollständigen Bann zu entziehen. Eine Geschichte in der Geschichte. Die Idee ist einfach genial und die Umsetzung noch hundertmal besser. Auch wenn die "echte" Geschichte im Buch im Hintergrund steht, hatte ich nicht das Gefühl, als würde irgendwas fehlen. Auch dass somit die eigentliche Hauptperson keine große Rolle spielt und somit noch etwas blass und fremd wirkt, störte mich überhaupt nicht und ich hab mich am Ende doch mit ihr verbunden gefühlt, da wir ja irgendwie das gleiche durchgemacht haben ... Verwirrend? Für mich auch das zu beschreiben. Es ist schwer zu erklären...
Es ist so als würde ich eine Rezension über ein Buch schreiben, das gar nicht existiert. Aber so ist es jetzt nunmal.
Die Charaktere haben sehr viel Charakter, Ecken und Kanten, ich hab sie sehr lieb gewonnen!
Fae, 35 Jahre jung, hat schon einige Schicksalsschläge hinter sich, ist aber mit einer starken Persönlichkeit ausgestatten, bei der hin und wieder auch die kindliche Seite raushängt, was sie gleich noch viel sympathischer macht. Ihre Wortwahl hat sich für mich beim Lesen zwar manchmal etwas seltsam und fremd für ihre Person angefühlt, aber warum das so war, kann ich auch nicht so genau sagen.
Kjell (Nicht Kjell Junior!) fand ich sehr überzeugend in seinem Verhalten, nur dass er so viel gelesen hat und zwar so viel Unterschiedliches und deswegen alles weiß, war für mich nicht ganz nachvollziehbar.
Aus Alexander wurde ich nie schlau wie er auf einer Seite eine so (mehr oder weniger) "alternative" Lebensweise leben kann und auf der anderen Seite manchmal so eingeschränkt im Denken ist, und ich hatte deswegen immer auch ein ganz anderes Bild von ihm, als wie er beschrieben wurde, da hat sich meine Fantasie nicht ganz entscheiden können...
Ukulele fand ich toll. Der Mann war mir richtig sympathisch, mit ein bisschen Selbstironie und einem warmen Herz ein toller Charakter!
Henry blieb immer ein bisschen konturenlos, auch wenn man von ihm zur Verteidigung nicht so viel erfährt, und durch ein negatives Ereignis am Anfang, immer mit etwas Negativem behaftet war.
Der Schreibstil von Strauß ist lebendig und voller Bilder. Flüssig zu lesen und ich wurde jedesmal in eine Sog gerissen, wo ein Auftauchen mit größter Anstrengung verbunden war. Ich wurde von der Geschichte zeitweise so mitgenommen, dass ich es nicht mehr ausgehalten hab und das Buch zuklappen musste, um das Ganze kurz zu verdauen, um kurz darauf wieder mit Sehnsucht danach zu greifen.
An einer Stelle sind mir Tränen in die Augen geschossen. Ich hab schon alles verschwommen gesehen, als dann diese drei Sätze kamen: "Alexander strich ihr behutsam über das Haar. Fae spürte, wie ihre Augen zu brennen begannen. So lange hatte sie nicht mehr geweint." (Strauß 2013, S. 363)
Ich hab mit Fae geweint. Und auch das eigentliche Ende ist unendlich traurig. Ja es gibt ein Ende.
In den Grundzügen ist "Die Seele des Ozeans" ähnlich wie "Meeresblau" (ebenfalls von Britta Strauß), und dann doch wieder so ganz anders. Dadurch dass der Roman eigentlich in der Zukunft (2052) spielt und ja nur Fae's Geschichte "nacherzählt" wird, stehen so viele Möglichkeiten für den zweiten Band offen. Ich hab mir aber sagen lassen (aus vertrauenswürdiger Quelle), dass es keine Zukunftsszenario-Geschichte wird, wie sie zurzeit vom Buchmarkt regelrecht überschwemmt wird.
Fazit
Ein wunderschöner, gefühlvoller Fantasy Roman über die heilende Kraft der Liebe und die unglaubliche Macht des Meeres. Mit einem bezaubernden Schreibstil, überzeugenden Charakteren und einfach einer tollen Grundstimmung von Anfang an, konnte mich Die Seele des Ozeans mehr als überzeugen!