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Veröffentlicht am 11.06.2018

Was ist das richtige Leben?

Acht Berge
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Pietro wächst in der italienischen Großstadt Mailand auf. Von der Ferne kann er manchmal die Berge sehen, wo seine Eltern zur Welt gekommen sind. Jeden Sommer fährt die ganze Familie in das kleine Bergdorf ...

Pietro wächst in der italienischen Großstadt Mailand auf. Von der Ferne kann er manchmal die Berge sehen, wo seine Eltern zur Welt gekommen sind. Jeden Sommer fährt die ganze Familie in das kleine Bergdorf Grana im Aostatal, wo sie den Urlaub verbringen und Pietro sich mit dem gleichaltrigen Bruno anfreundet, der Tiere auf der Alm hütet. Gemeinsam streifen die beiden Jungen durch die immer karger werdende Wälder, durch verlassene Häuser und richten sich ein Plätzchen bei einem Bergsee ein. Dies ist der Beginn einer lebenslangen Freundschaft. Erst mit zunehmenden Alter werden die Berge für Pietro immer unwichtiger und die Lebenswege der beiden Freunde driften auseinander. Bruno bleibt in seinem Dorf und wird Käser und Bergbauer - ein Leben, das er seit seiner Kindheit kennt und nie in Frage gestellt hat. Pietro hingegen zieht es in die große weite Welt und auch zu höheren Gipfeln. Erst durch den Tod von Pietros Vater trifft er Bruno wieder und stellt fest, dass dieser in den letzten Jahren mehr Zeit mit seinem Vater verbracht hat, als er selbst.

Dieser ruhige und stimmige Roman lebt von den intensiven Naturbeschreibungen und der Liebe zu den Bergen. Im Mittelpunkt steht jedoch die tiefe Freundschaft von Pietro und Bruno, die schlussendlich zwei sehr unterschiedliche Leben führen und der Frage: Was ist das richtige Leben?
Auch das Vater-Sohn Verhältnis wird sehr eindringlich beschrieben. Sobald Pietro alt genug ist, nimmt ihn der Vater mit in die Berge. Seine Leidenschaft für das Bergsteigen und wandern teilt Pietro anfangs jedoch nicht wirklich. Auch die Höhenkrankheit, die ihm befällt, macht es Pietro nicht leichter und wird vom Vater ignoriert. Gemeinsam besteigen sie einen Berggipfel nach dem anderen. Pietros Vater ist ehrgeizig und sieht die Besteigung mehr als eine Art "Wettlauf" an, statt die Natur zu genießen. So ist das Vater-Sohn-Verhältnis anfangs etwas konfliktbehaftet. Die restliche Zeit im Jahr ist dieser eher unzufrieden. Er ist kein Stadtmensch und trotzdem haben sich Pietros Eltern geschworen in der Stadt ihr Glück zu versuchen und nur im Sommer dieser den Rücken zu kehren.
Beim Lesen hat man immer wieder das Gefühl, dass der Autor ähnliches erlebt hat. Mit einem Blick auf seine Vita erkennt man auch so einige Gemeinsamkeiten...

"Acht Berge" ist ein sehr spezielles Buch, das sehr ruhig ist und eigentlich keine große Spannung aufweist, das jedoch sehr lange im Gedächtnis bleibt. Die Charaktere sind wunderbar ausgearbeitet und trotz der oftmaligen Sprachlosigkeit zwischen den Figuren authentisch. Es geht um Beziehungen und Fragen des Lebens, wie die Zugehörigkeit und das Leben an sich.
Irgendwie hat sich bei mir auch das Gefühl eingeschlichen, dass es eher ein Männerbuch sein könnte...eine Geschichte von einem Mann für Männer. Die Frauen sind in der Geschichte auch mehr Beiwerk, als wichtige Figuren.

Die Präsenz der Berge ist auf allen 256 Seiten allgegenwertig und spürt man bei jeder Zeile. Ich hatte das Gefühl die Landschaft zu betrachten, die frische Bergluft zu atmen und beim Bergsee Rast zu machen. Als Österreicherin kenne ich die Berge ganz gut, auch wenn ich sie nicht direkt vor "meiner Haustüre" habe. In diesem Roman erlebt man einerseits noch viel urtümliche Natur und doch verschont der Autor den Leser nicht und öffnet ihm die Augen, wie sich diese durch die Abwanderung der Bergbauern, dem Bau von immer mehr Schiliften und der Abholzung bereits verändert hat.

Schreibstil:
Paolo Cognetti erzählt sehr bildhaft und eindrücklich. Trotzdem ist die Sprache etwas reduziert und passt sich der kargen Berglandschaft an. Geprägt von einer Einsamkeit, die jede seiner Figuren mit sich herumträgt, wirkt der Roman auch etwas melancholisch.
Rückblickend wird die Geschichte aus der Ich-Perspektive von Pietro erzählt.

Fazit:
Ein sehr ruhiger Roman, der von seiner Atmosphäre und den wunderbaren Naturbeschreibungen lebt. Man muss sich in die Geschichte fallen lassen, die sich der Vater-Sohn-Beziehung und der Freundschaft zweier junger Männer widmet, die in sehr unterschiedlichen Welten leben. Trotzdem konnte mich die Art des Romans faszinieren und er wird mir sicherlich im Gedächtnis bleiben. Für Bergsteiger natürlich eine Empfehlung und definitiv auch mehr ein "Männerbuch".

Veröffentlicht am 11.06.2018

Das größte und vergessene Schiffsunglück

Salz für die See
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Vor sieben Jahren habe ich bereits den Jugendroman "Und in mir der unbesiegbare Sommer" der Autorin gelesen, der ebenfalls den zweiten Weltkrieg als Thema hatte, und der mir wirklich sehr gut gefallen ...

Vor sieben Jahren habe ich bereits den Jugendroman "Und in mir der unbesiegbare Sommer" der Autorin gelesen, der ebenfalls den zweiten Weltkrieg als Thema hatte, und der mir wirklich sehr gut gefallen hat. Deshalb sind ihre weiteren Romane sofort auf meine Wunschliste gelandet. Leider steht der eine oder andere noch im Regal, aber "Salz für die See" haben wir nun in einer kleinen, aber feinen Blogger-Leserunde gemeinsam gelesen.

Kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges versuchen tausende Menschen aus Polen, Ostpreussen und dem Baltikum vor der russischen Armee in Richtung Westen zu fliehen. In Gotenhafen stehen einige Schiffe bereit, die die Flüchtlinge mit mehrheitlich deutscher Abstammung aufnehmen sollen. Darunter auch die Wilhelm Gustloff, ein ehemaliges Kreuzfahrtschiff, das sie in den sichern Hafen nach Kiel bringen soll.

Unter den Flüchtlingen sind auch Florian, ein Preuße und Deserteur, der in seiner eigenen Mission unterwegs ist. In seinem Rucksack hat er etwas Wichtiges versteckt und gibt sich als Soldat mit einem Spezialauftrag aus. Ebenso die litauische Krankenschwester Joana, die unter Schuldgefühlen leidet und als eine Art Buße ihr Helfersyndom auslebt. Zu Joana und Florian gesellt sich die junge schwangere Polin Emilia, die sowohl vor den Deutschen, als auch den Russen auf der Flucht ist. Jeder von den Dreien trägt ein Geheimnis mit sich. Die mögliche Gefahr aufzufallen oder entlarvt zu werden, schweißt sie zusammen. Der eiskalte Winter und der Fluchtweg über die zugefrorene Frische Haff nach Gotenhafen, stellt neben dem Hunger und der Angst vor den feindlichen Soldaten eine weitere große Gefahr für die Flüchtlinge dar.....

Die Autorin erzählt schonungslos und trotzdem sehr sensibel über die letzten Kriegsmonate. Wir begleiten die drei Hauptprotagonisten und einige Nebencharaktere auf ihren harten Weg voller Gefahren Richtung Gotenhafen. Wir schließen uns dem Flüchtlingstrek an und erfahren so immer mehr über die Lebensumstände der einzelnen Figuren und deren Vergangenheit.
Abwechselnd wird aus der Sicht von Joana, Emilia, Florian und dem deutschen Matrosen Alfred in der Ich-Perspektive erzählt.
Alfred ist auf der Wilhelm Gustloff und ein sehr eigener Charakter. Er ist treuer Anhänger von Hitler, wurde jedoch als Kind immer verspottet und träumt als Kriegsheld nach Hause zu kommen. In seinen Tagträumen ist er ein bedeutender Marinesoldat, seinem Vaterland treu ergeben. In Wahrheit ist er ein Feigling, der sich bei Gefahr im Verzug sofort aus dem Staub macht.

Auch die liebenswerten Nebencharaktere, wie der Schuh-Poet, Ingrid oder der kleine Klaus sind sehr lebendig und authentisch dargestellt. Diese Drei sind mir besonders ans Herz gewachsen.

Trotz der etwas schweren Thematik hat die Autorin ihrem Roman immer eine hoffnungsvolle Note beigefügt, die zum Ende hin dramatisch wird. Einziger Kritikpounkt war für mich, wie auch der meiner Mitleserin, dass ein Handlungsstrang, der wie ein roter Faden durch den Roman führte, offen blieb.

Warum, fragt man sich, weiß kaum jemand von dieser größten Schiffskatastrophe, bei der MEHR Menschen gestorben sind, als beim Untergang der Titanic?
Die Wilhelm Gustloff, die als Flüchtlings- und Lazarettschiff zweckentfremdet wurde, hatte insgesamt 10.000 Menschen an Board - 8.000 mehr als ursprünglich vorgesehen.
Die Autorin hat dieses schwere Unglück zum Anlass genommen und hat historische Ereignisse mit fiktiven Figuren verknüpft. Das Jugendbuch, das mehr ein All-Age-Roman ist (er sollte auch wirklich von allen Altersgruppen gelesen werden!) soll ein Andenken an die Menschen sein, die ihr Leben auf der Wilhelm Gustloff ließen.

Im Nachwort erzählt die Autorin warum sie diese Geschichte schreiben musste und wie aufwendig ihre Recherche war. Sie hat dabei viele Überlebende befragt und versucht keine Partei zu ergreifen, sondern zu zeigen, dass es immer auf beiden Seiten gute und schlechte Menschen gibt.

Schreibstil:
Der Schreibstil von Ruta Sepetys ist sehr einfühlsam und anschaulich. Der Inhalt ist bedrückend. Trotzdem erwischt die Autorin genau die richtige Dosis, um den Leser nicht damit zu erdrücken.
Die Kapitel sind sehr kurz gehalten und mit dem Namen des Erzählers versehen. Am Anfang und am Ende des Buches gibt es eine Karte des Gebietes von Russland bis Deutschland. Im vorderen Teil sieht man die damaligen Länderverhältnisse im Jahre 1945 und am Ende des Romans die aktuellen .


Fazit:
Ein eindringlicher Roman, der von allen Altersstufen gelesen werden kann und sollte. Ein Vermächtnis an die vergessenen Opfer der Wilhelm Gustloff, die sich ähnlich unserem heutigen Flüchtlingsstrom vor Not und Hunger auf einen gefährlichen Weg machten. Ich gebe gerne eine Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 06.06.2018

Die Sprache der Blumen

Sommerglück und Blütenzauber
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Gemeinsam mit ihrer Großmutter steht die Floristin Rita tagtäglich in ihrem Geschäft Ritas Blütenzauber. Nach dem frühen Tod ihrer Mutter hat sie den Blumenladen im Herzen von Wien geerbt. Umgeben von ...

Gemeinsam mit ihrer Großmutter steht die Floristin Rita tagtäglich in ihrem Geschäft Ritas Blütenzauber. Nach dem frühen Tod ihrer Mutter hat sie den Blumenladen im Herzen von Wien geerbt. Umgeben von Rosen, Duftveilchen oder Lilien stellt Rita wunderschöne Sträuße und Blumenarrangements zusammen. Mit ihrer Kenntnis der Blumensprache verzaubert sie ihre Kunden. Auch für die Hochzeit ihrer Freundin Charlie und ihren zukünftigen Mann Daniel organisiert sie den gesamten Blumenschmuck, bevor sie selbst an den Feierlichkeiten teilnimmt. Als ihr Charlie verrät, dass sie nicht bei den Freunden, sondern am Singletisch Platz nehmen soll, ist Rita entsetzt. In ihrer Not erfindet sie einen neuen Partner - doch wo so schnell hernehmen? Freunde und Verwandte schicken sie zu Blind Dates, ihr Bruder quartiert seinen Eishockey-Kumpel René in der gemeinsamen Wohnung über dem Blumenladen ein und sogar ihre Stiefmutter möchte sie mit ihrem Lehrerkollegen verkuppeln. Als der charmante und gutaussehende Marcel eines Tages in ihrem Laden steht, ist Rita plötzlich sicher ihren Traummann gefunden zu haben. Er scheint der perfekte Mann für sie zu sein. Doch gibt es tatsächlich noch den "Prinzen auf dem weißen Pferd"?

Der erfrischende Roman der österreichischen Autorin Emilia Schilling lässt einem sofort eintauchen in die süße Liebesgeschichte, die zwischen zarten Blütenblättern und rauhen Eishockeyspielern angesiedelt ist. Rita ist nämlich, neben dem Blumenladen ihrer Mutter, in der Eishockeyhalle aufgewachsen. Ihr Vater ist Trainer einer Eishockeymannschaft und Bruder Clemens träumt schon Jahre von einer Profikarriere. Deshalb kommt auch für sie ein ruppiger Eishockeyspieler wie Bruder Clemens oder seine testosterongeschwängerten Kumpel als Hochzeitsbegleitung nie in Frage. Doch dann lässt ausgerechnet René Ritas Herz immer heftiger schlagen. Plötzlich hat sie zwei Männer zur Auswahl: Marcel und René.

Äußerst amüsant sind die Dates, die Freunde und Bekannte für Rita organisieren. Die Autorin hat die Suche nach dem Traummann humorvoll verpackt. Neben der Liebesgeschichte gibt es noch jede Menge andere Themen, die als Rahmenhandlung perfekt ins Bild passen und so die Geschichte ergänzen. Man fliegt hier wirklich durch die Seiten: Man sitzt als Zuschauer beim Eishockeyspiel, testet Rollschuhe auf der Donauinsel oder grillt Tofu im Garten von Ritas Vater.
Auch die Sprache der Blumen zieht sich wie ein roter Faden durch den Roman. Über den einzelnen Kapiteln steht keine Zahl oder ein Datum, sondern der Name einer Blume und darunter ihre Bedeutung. Diese hat im darauffolgenden Kapitel eine bedeutende Rolle.

Die Charaktere sind allesamt liebenswert, haben aber ihre Ecken und Kanten. Clemens ist der Sunnyboy, der die Finger nicht von den Mädchen lassen kann und immer auf einen neuen Aufriss aus. Eine feste Beziehung kommt nicht in Frage. Eishockey ist sein Leben. Sein Freund René hingegen scheint einige verdeckte Talente zu haben. Tanja, die neue Lebensgefährtin ihres Vaters ist Lehrerin und überzeugte Vegetarierin. Ritas beste und ziemlich schrille Freundin Klara ist Überlebenskünstlerin und möchte einen Rollschuhladen eröffnen. Mit diesem etwas chaotischen Haufen wird sowohl Rita, als auch dem Leser nie langweilig.

Ein toller Wohlfühlroman für laue Sommerabende - zum Entspannen und genießen!

Schreibstil:
Emilia Schillings Schreibstil ist leicht, humorvoll und lässt sich wunderbar lesen. Man taucht sofort in die Geschichte ein und lebt mit den Figuren mit. Man erfährt mehr über die Sprache der Blumen und auch die Stadt Wien wird bildhaft beschrieben.

Fazit:
Auch wenn die Handlung teilweise etwas vorhersehbar ist, hat man hier den perfekten Wohlfühl-Sommerroman mit zauberhaftem Flair, amüsanten Charakteren und einem Hauch Romantik. Ich werde mir nun auch den ersten Roman der Autorin kaufen, der vom Brautpaar Charlie und Daniel handelt und deren Geschichte ich gerne nachlesen möchte.

Veröffentlicht am 26.05.2018

Sturz in den Tod

Playa de Palma
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Levke Sönkamp ist vor einem Jahr ein schwerer Schicksalsschlag widerfahren. Seitdem hat die junge Frau jeden Lebenswillen verloren und fliegt zum Jahrestag nach Mallorca um sich das Leben zu nehmen. Sie ...

Levke Sönkamp ist vor einem Jahr ein schwerer Schicksalsschlag widerfahren. Seitdem hat die junge Frau jeden Lebenswillen verloren und fliegt zum Jahrestag nach Mallorca um sich das Leben zu nehmen. Sie bereist nochmals alle Plätze, die sie mit ihrem Mann Max besucht hat, den sie auf der Insel kennen- und lieben gelernt hat. In Valldemossa erinnert sie ein junges Pärchen an sich selbst und ihren Mann. Insa, die junge Deutsche, ist jedoch am nächsten Tag tot. Sie stürzt im selben Hotel, in dem Levke abstieg, vom Balkon und fällt Rafael, einem Polizeireporter, fast vor die Füße. Als Chefinspektor Jordi Barceló eintrifft, geht er von einem Sebstmord aus. Doch Levke glaubt nicht daran. Insa war doch frisch verliebt und überglücklich. Sie nimmt mit Insas Freundin Anna Kontakt auf, die mit ihr zusammen angereist ist. Durch den sinnlosen Tod des Mädchens gewinnt Levke wieder ein bisschen Lebensmut und verbeißt sich in den Fall, der für sie eindeutig Mord war. Dabei begibt sie sich selbst in Lebensgefahr....

Mit Levke hatte ich anfangs ein bisschen Schwierigkeiten. Doch nachdem man nach und nach erfährt, welche Tragödie sie seit einem Jahr begleitet, beginnt man zu verstehen, dass sie sich auf eine Art Abschiedsreise begeben hat. Ihre Trauer fühlt sich real und greifbar an. Warum sie jedoch die Erinnerungen an die gemeinsam verbrachten Orte auslöschen möchte, war mir nicht ganz klar.
Mit Levke begibt man sich auf eine malerische Reise quer über die Insel. Die bildhaften Beschreibungen haben mich an meine beiden Urlaube auf Mallorca erinnert. Ich war mit Levke in Valldemossa und habe Chopin gelauscht, bin in Söller in die Straßenbahn gestiegen und bin in Palma durch die engen Gassen spaziert. Die Autorin hat mich mit ihrer Lektüre wieder von der Baleareninsel träumen lassen - trotz Mord- und Totschlag.
Der Krimi ist eher unblutig und der Spannungsaufbau beginnt gemächtlich. Die Ermittlungsarbeit tritt ein bisschen in den Hintergrund, den Levke nimmt ihre "Aufgabe" ernst und ist meist Kommissar Barceló einen kleinen Schritt voraus. Dieser kämpft mit den üblichen privaten Problemen eines Ermittlers...gescheiterte Ehe und Troubles mit den Kindern. Auch Polizeireporter Rafael scheint ein Geheimnis zu haben, das bis zum Ende hin nicht wirklich gelüftet wird (und hoffentlich in einem Folgeband meine Neugier befriedigt wird). Beide Männer wirken sehr authentisch. Besonders gut hat mir die konstante Entwicklung der Hauptcharaktere, besonders die von Levke, gefallen.

Der Krimi hat mich wunderbar unterhalten. Ich habe fleißig mitgerätselt und hatte bald einen Verdacht, der sich auch bestätigt hat. Hier hätte ich mir ein paar mehr überraschende Wendungen gewünscht, die den Leser in die Irre führen.
Der Krimi besticht vorallem durch seine Atmosphäre, den bildhaften Beschreibungen der Insel und den sehr authentischen Charakteren. Punkto Spannung hat er aber noch Luft nach oben.

Einen kleinen Minuspunkt muss ich erwähnen. Das Buch lässt sich furchbar schlecht lesen. Man muss es mit beiden Händen halten, um die Seiten ganz aufklappen zu können, um diese zu lesen. Es ist sehr fest gebunden und man benötigt viel Kraft, was über längere Zeit ziemlich mühsam wird.

Schreibstil:
Stina Jensen glänzt mit einem flüssigen und ansprechenden Schreibstil und hat in ihrem Debütkrimi sehr viel Lokalkolorit einfließen lassen. Man möchte am liebsten sofort den Koffer packen und der Baleareninsel einen Besuch abstatten. Auch die Charaktere sind lebendig und haben alle ihre Ecken und Kanten. Die Entwicklung jeder einzelnen Figur ist absolut gelungen.
Die Kapitel sind mit dem Namen der Person versehen, die wir als Leser in der dritten Person begleiten. Es gibt auch einige wenige Kapitel mit der Überschrift "Er", der kleine Einblicke in die Gedanken des Täters werfen lässt.

Fazit:
Ein unblutiger und ruhiger Krimi mit viel Lokalkolorit, toller Atmosphäre und sehr authentischen Figuren. Der Spannngsbogen steigt jeoch erst im letzten Drittel an. Hier gibt es noch Luft nach oben....
Für Mallorcaliebhaber und Krimifreunde sehr zu empfehlen.

Veröffentlicht am 24.05.2018

On the Road again

Ans Meer
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Vom österreichischen Autor René Freund habe ich bereits "Liebe unter Fischen", "Niemand weiß, wie spät es ist" und seinen biografischen Roman "Mein Vater, der Desserteur" gelesen.
Mit seinem neuem Buch ...

Vom österreichischen Autor René Freund habe ich bereits "Liebe unter Fischen", "Niemand weiß, wie spät es ist" und seinen biografischen Roman "Mein Vater, der Desserteur" gelesen.
Mit seinem neuem Buch "Ans Meer" hat er auf nur 144 Seiten einen sehr bewegenden, zu Herzen gehenden, aber auch humorvollen Kurzroman geschrieben. Auf den wenigen Seiten des Roadtrips steckt sehr viel Inhalt und man findet wunderschöne Zitate, die ich mir laufend notieren musste. Trotzdem wünschte ich mir, dass der Roman mehr Seiten hätte und der Autor noch auf einige Handlungen und Personen mehr hätte eingehen können.

Anton ist Linienbusfahrer. Schon als Kind wollte er Busfahrer werden, doch die Realität hat ihn bald eingeholt. Durch die Privatisierung der Buslinie verlor er erst den Job und wurde dann von einer privaten Busgesellschaft übernommen....Auslagerung nannte man so etwas oder "Liberalisierung des öffentlichen Verkehrs". Nun fährt er mit einem alten, klappernden Fahrzeug seine tägliche Strecke und trifft auf dieselben Menschen. Anton ist ein freundlicher und gutmütiger Mensch, der das Essen, im Speziellen seine Butterbrezeln, und gute Manieren mag. Außerdem ist er in seine Nachbarin Doris verliebt und erhält täglich mehrere Anrufe seiner Mutter, die ihn kontrolliert.
An einem Tag steigt Annika mit ihrer krebskranken Mutter Carla zu, die im Rollstuhl sitzt und während der Fahrt den Wunsch äußerst vor ihrer letzten Chemo noch einmal das Meer sehen zu wollen. Die gebürtige Italienierin möchte ein allerletztes Mal in ihr Heimatdorf San Marco und dort an den kleinen Strand, den sie als Kind immer besuchte. Anton lässt sich zuerst nicht auf Carlas Wunsch ein, doch nach einem Anruf, der ziemlich sicher seinen Arbeitsplatz kosten wird und der Aussage von Doris, dass sie echte Helden mag, setzt er seine Fahrt fort...ab ans Meer...

Als Leser befindet man sich inmitten der Fahrgäste und erlebt bei diesem Roadtrip quer durch Österreich und anschließend nach Italien jede Menge Überraschungen. Man lernt die Mitfahrer, ihre Ängste und Sorgen, besser kennen und es bildet sich eine wundervolle Gemeinschaft, die einigen Widrigkeiten trotzt. Die Geschichte und der Schreibstil sind herrlich erfrischend. Anton wächst jeden Kilometer, den er zurücklegt, mehr aus sich heraus. Einzig die kleine Liebesgeschichte zwischen Anton und Doris konnte ich nicht wirklich nachempfinden. Mir fehlte es am Zwischenmenschlichen. Außerdem war mir nicht wirklich klar, warum Doris gleich zu Beginn des Romans so reagiert, wie sie es tat....mehr kann ich dazu leider nicht sagen, um nicht zu spoilern.

"Manchmal muss man vielleicht ein bisschen von der Linie abweichen, um das Glück zu finden" - Seite 29

Obwohl der Roman nicht viele Seiten hat, wird er mir trotzdem in guter Erinnerung bleiben. Die vielen wunderschönen Zitate und Sprüche laden zum Notieren ein und haben mich auch des öfteren sehr nachdenklich gemacht.
Gerne hätte ich weitere 144 Seiten mehr davon gelesen - eines der wenigen Makel des Romans: er ist eindeutig zu kurz!

Schreibstil:
Der Autor hat einen sehr bildhaften und warmherziger Schreibstil, der immer wieder durch humorvolle Passagen aufgelockert wird. René Freund schreibt erfrischend und kurzweilig. Die Charaktere sind sehr liebevoll gezeichnet, haben aber auch Ecken und Kanten.
Der Roman wird großteils aus der Sicht von Anton erzählt, manche Teile auch aus der von Doris.

Fazit:
Ein Roman, den man gerne weiterschenkt, der warmherzig und bildgwaltig erzählt wird. Die Geschichte berührt, während auch der Humor immer wieder durchblitzt. Leider ist er etwas zu kurz geraten und ich hätte mir gewünscht, dass der Autor noch etwas mehr auf einige Handlungen eingegangen wäre.
Ein berührender Roman über Mut, Freundschaft und "von der Linie abweichen"