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Veröffentlicht am 10.08.2020

ein schönes Märchen für Erwachsene

Das Antiquariat der Träume
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Klappentext:

Die Magie der Bücher – und der Liebe

Im Spätsommer 1983 verliert Johan Andersson bei einem Schiffsunglück seine große Liebe Lina. Er bricht alle Brücken hinter sich ab und beginnt ein neues ...

Klappentext:

Die Magie der Bücher – und der Liebe

Im Spätsommer 1983 verliert Johan Andersson bei einem Schiffsunglück seine große Liebe Lina. Er bricht alle Brücken hinter sich ab und beginnt ein neues Leben als Antiquar und Cafébesitzer. Doch die Veränderungen in seinem Leben greifen weiter: Seit dem traumatischen Ereignis erscheinen Johan die Figuren seiner Lieblingsbücher leibhaftig. William von Baskerville, Pippi Langstrumpf und Sherlock Holmes bringen aber nicht nur Trost und Zerstreuung. Sie zwingen Johan auch zu einer Entscheidung: Will er ein neues Leben beginnen oder seine verloren geglaubte große Liebe finden? Ein geheimnisvoller Fremder bringt Johan schließlich auf die entscheidende Spur, denn Lina scheint nicht die gewesen zu sein, für die sie sich ausgegeben hat …

Der 320 Seiten starke Roman, der Ende Mai 2020 erschienen ist, ist in vier Teile unterteilt, die alle ihren ganz eigenen Stil und Schwerpunkt bilden und auf verschiedenen Zeitebenen spielen. Die Kapitel sind mit Ort und Datumsangabe versehen, so dass eine Orientierung leicht fällt.

Meine Meinung:

Schon das Cover ist bezaubernd und wundervoll, es passt hervorragend zum Titel und zur Geschichte! "Das Antiquariat der Träume" von Lars Simon ist wirklich eine charmante Geschichte, die besonders von der Liebe zu Büchern getragen wird. Wer große Spannung sucht, sucht in diesem Buch vergebens. Trotzdem muss man es immer wieder zur Hand nehmen und weiterlesen. Das Buch lässt einen nicht so schnell wieder los. Denn die Geschichte ist klug aufgebaut, bis zum Ende ist man sich nicht sicher, ob Lina tatsächlich existiert oder eine Erscheinung ist. Johan ist ein wunderbarer Protagonist, der Bücher über alles liebt. Nach seinem Austritt aus dem Verlag beginnt er mutig ein neues Leben als Antiquar, er richtet sein Leben ganz um seine Schätze aus. Dabei kommt er immer wieder ins Zweifeln, ob die Entscheidung, solch ein ruhiges Leben zu führen, die richtige war oder ob er lieber die Chance ergreifen sollte, zurück in die Hauptstadt zu gehen und wieder am Verlags- und Stadtleben teilzunehmen. Seine literarischen Freunde, die ihm immer wieder in erscheinen, spiegeln dabei Johans eigene Gedanken und helfen ihm, diese zu strukturieren. Sie führen erfrischende und tiefgründige Diskussionen, sind seine größte Stütze in der Zeit der Trauer und der Weg bis zur Erkenntnis, wo sein Zuhause ist, ist einleuchtend und schön beschrieben.


Lars Simon hat hier ein magisches Buch geschrieben, das nachdenklich macht und auf seine poetische Art gefangen nimmt! Es geht um die Liebe und das Vertrauen auf seine eigene Stimme. Man sollte niemals aufgeben, wenn man an ein gutes Ende glaubt, egal was die Anderen sagen. Der Glaube kann ja bekanntlich Berge versetzen...

Schönstes Zitat:

Bücher können einen Menschen und die ganze Welt verändertn, sie können einen zum Lachen und zum Weinen bringen, sie können einen verzaubern und sogar eine Seele retten, davon bin ich überzeugt." S.62

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Veröffentlicht am 23.06.2020

Eine Hyme auf New York

City of Girls
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"City of girls" spielt im New York der 1940iger Jahre. Hauptakteurin Vivian zieht 19jährig zu Ihrer Tante Peg nach Manhatten und taucht sofort und insbrünstig in ihr neues Leben ein. Ihre Tante besitzt ...

"City of girls" spielt im New York der 1940iger Jahre. Hauptakteurin Vivian zieht 19jährig zu Ihrer Tante Peg nach Manhatten und taucht sofort und insbrünstig in ihr neues Leben ein. Ihre Tante besitzt ein heruntergekommenes Theater, das Lily's, und Vivian freundet sich mit den Schauspielerinnen an, entdeckt Musik, Tanz, Sex, Alkohol. Stets an ihrer Seite: das Revuegirl Celia, eine Freundin auf Zeit, wunderschön, lebenshungrig und risikobereit wie sie selber. „Celia sollte mir alles beibringen, was sie wusste - über Männer, über Sex, über New York, über das Leben-, und das tat sie gern."(S102) Das Eingreifen der Vereinigten Staaten in den 2. Weltkrieg, ihr weiterer Berufsweg, Nöte und Sorgen der Menschen um sie herum... alles Dinge, die an Vivian vorbeigleiten als hätten sie nichts mit ihr zu tun.

Als die berühmte englische Schauspielerin Edna Parker-Watson ins Lily Playhouse kommt, ist Vivian von der Frau - insbesondere von ihrem Stil und ihrem Auftreten - hingerissen! Das Ensemble des Lily's kreiert eine neue Show, die viel ehrgeiziger und aufwendiger als die bisherige seichte Unterhaltung ist und Edna Parker-Watson auch in New York zum Star machen soll.

Der Cocktail aus jugendlichem Überschwang und planloser Unbeschwertheit scheint ewig weiterzugehen aber dann kommt es zu einem Skandal, der es bis in die New Yorker Zeitungen schafft und Vivian dazu zwingt, reumütig zu ihren Eltern zurückzukehren. Vivians Sturz ist vollständig und bitter. Sie scheint sich völlig willenlos in ihr neues Leben zu fügen, ist mit dem langweiligen Bürojob im väterlichen Unternehmen ebenso zufrieden, wie mit dem Verlobten, den der Vater aussucht. Doch sie kommt noch einmal davon - gerade so - denn unvermittelt taucht ihre Tante Peg bei den Eltern auf und befreit Vivian aus ihrer Eintönigkeit.

Hier erkenne ich den wahren Kern des Buches - eine wortgewandte Arbeit über das Urteil über und die Bestrafung von Frauen. "Die dreckigen kleinen Huren hatte man entsorgt, der Mann durfte bleiben" (S315)

Aber Vivian erkennt auch, dass ihr Verhalten zwar Konsequenzen hat aber es führt nicht zu ihrem Untergang. "Irgendwann im Leben einer Frau wird sie es einfach satt, sich die ganze Zeit zu schämen", sagt Vivian später. "Danach ist sie frei, zu werden, wer sie wirklich ist." (S398) Vivians

Vivian kehrt also kurz vor Ende des 2. Weltkrieges nach Manhatten zurück, der Stadt ihres Lebens, die sie nicht mehr verlassen wird. Sie hilft zunächst ihrer Tante Peg bei der Zusammenstellung von Shows für die Arbeiter im Brooklyn Navy Yard und gründet nach Ende des Krieges gemeinsam mit Ihrer Freundin Marjorie ein eigenes kleines Geschäft. Sie lebt weiter ein unkonventionelles freies Leben, eines, das nur ihr gehört. 90 Jahre alt ist Vivian am Ende des Romans, der eigentlich ein Brief ist an die Tochter des einzigen Mannes, den sie je geliebt hat. Die Beziehung zu diesem Mann, einem Kriegsveteran, schwer verwundet an Körper und Seele, ist ebenso frei und andersartig wie ihr gesamtes Leben. Jahrelang wandert Vivian mit ihm durch das nächtliche New York, ohne dass es körperliche Berührungen gibt. Sie entwickelt sich zu einer Frau, die zu Freundschaft und Liebe fähig ist. "Ich habe früher gern behauptet, dass ich nur zwei Dinge gut beherrsche: Nähen und Sex. Aber da habe ich mich unter Wert verkauft, denn ich bin auch sehr gut darin, eine Freundin zu sein." (S.487)

Fazit:

Das Buch ist für mich das Statement einer selbstbewussten, emanzipierten Frau, die sich nimmt, was sie will. Selbstkritisch blickt die alte Vivian am Ende des Romans auf die Tollheiten ihrer Jugend zurück. Sie legt ihre Geschichte dar und die der Frauen um sie herum - Frauen, die so gelebt haben, wie sie wirklich sind. Ihr Resümee nach einem langen, selbstbestimmten Leben? „Die Welt folgt keinem Plan. Menschen haben ein bestimmtes Wesen, so ist das nun mal. Und Menschen passieren Dinge - Dinge, die sie nicht kontrollieren können.“ (S.467) Ein ganz und gar großartiges Buch!

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Veröffentlicht am 04.05.2020

Die Macht eines Sommers

Offene See
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„Dieser ferne Streifen Meer, wo Himmel und Wasser eins werden.“

"Offene See" ist ein schmales Büchlein voller starker Worte und einer einfachen Geschichte. Man könnte es auch in die Coming-of-Age-Sparte ...

„Dieser ferne Streifen Meer, wo Himmel und Wasser eins werden.“

"Offene See" ist ein schmales Büchlein voller starker Worte und einer einfachen Geschichte. Man könnte es auch in die Coming-of-Age-Sparte stecken aber das würde dem Buch nicht gerecht werden.
Die Geschichte spielt kurz nach dem Ende des 2. Weltkrieges und wird im Rückblick erzählt. Der Schreibstil ist ruhig, poetisch, klar und dabei doch präzise und modern. Und genauso ist die Handlung: Man begleitet Robert ein Stück auf dem Weg zum Erwachsenwerden. Sein Leben scheint vorgezeichnet zu sein aber manchmal ändern sich die Dinge eben. Robert begeistert sich für die Stille, für mit Mythen beladene Orte. Und so unternimmt er, kurz bevor er in des Vaters Fußstapfen tritt, eine Reise, die ihn zu Dulcie führt, einer emanzipierten, starken und doch tieftraurigen älteren Frau. Ihr Einfluss wird ihm helfen, sich zu dem Mann zu entwickeln, der in ihm steckt. Er wird die Lyrik entdecken, ein unkonventionelles Leben kennenlernen und seinen Horizont erweitern.

Benjamin Myers spricht auf wenigen Seiten sehr viele verschiedene Themen an: Zunächst ist da natürlich der 2. Weltkrieg, der in den Köpfen der Menschen auch 1 Jahr nach seinem Ende alle Gedanken beherrscht und dessen Verarbeitung noch Jahrzehnte in Anspruch nehmen wird.

"Denn niemand gewinnte einen Krieg wirklich, manche verlieren bloß ein bisschen weniger als andere."

Dann ist da die wundervolle Natur, die Bienen, das geliebte Haustier und wie all das zur seelischen Heilung beitragen kann.

"Weil Honig flüssige Poesie ist. Er ist wie ein Scheibchen Sonne auf deinem Brot. Er ist die Essenz der Natur - die Essenz von Land und Insekt und Mann oder Frau, die in vollkommener symbiotischer Harmonie zusammenarbeiten. Bienen sind wahre Wunderwesen, die unermüdlich Pollen in Gold verwandeln."

Das Meer wird in seiner Zwiegespaltenheit dargestellt - ist es nun wunderschön, anziehend und ein Sehnsuchtsziel oder abstoßend, kalt und gefährlich? Und schlußendlich geht es um die Kraft der Freundschaft und was sie bewegen kann. Beschreibungen und Handlung halten sich dabei immer die Waage.

"Reisen ist die Suche nach sich selbst. Und manchmal genügt es schon alleine das Suchen."

Beide Protagonisten sind mir sofort ans Herz gewachsen, das ist auch eher selten. Dulcie wird durch ihre Schlagfertigkeit, ihre burschikose, einnehmende Art sofort symphatisch während Robert mit seinem stillen, scheuen, fleißigen Charakter punktet. Die beiden sind ein seltsames Paar. Die Interaktionen der Beiden sind schön zu verfolgen.

„Du redest nicht viel, und das gefällt mir. Im Schweigen liegt Poesie, aber die meisten nehmen sich nicht die Muße, sie zu hören. Sie reden und reden und reden, aber sie sagen nichts, weil sie Angst davor haben, ihren eigenen Herzschlag zu hören. Angst vor ihrer eigenen Sterblichkeit.“

"Offene See" ist zu einem meiner Lieblingsbücher bisher in 2020 geworden. Ich möchte es immerfort an meine Brust drücken und mit mir herzumtragen. Die Geschichte hat mich sehr berührt und hat sie völlig ohne eine turbulente Handlung sondern nur mit der Kraft der Worte geschafft.

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Veröffentlicht am 06.06.2018

Der schönste Sommer der Welt

Ein Sommer in Sommerby
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Obwohl ich nicht zur Zielgruppe des Buches gehöre (diese wunderbare Geschichte ist für Leser ab 10 Jahren geschrieben), hat es mich berührt und das Herz ganz warm gemacht.
Das Cover ist wunderschön und ...

Obwohl ich nicht zur Zielgruppe des Buches gehöre (diese wunderbare Geschichte ist für Leser ab 10 Jahren geschrieben), hat es mich berührt und das Herz ganz warm gemacht.
Das Cover ist wunderschön und der Name Sommerby erinnert mich irgendwie an Pipi Langstrumpf.
Im Buch geht es um die 12jährige Martha und ihre beiden jüngeren Brüder Mikkel und Mats. Nach einem Unfall der Mama kommen sie unfreiwillig zur schrulligen Oma aufs Land. Und was für ein Land das ist! Kein Internet, WLAN und Co dafür ganz viel Natur, Wasser, Tiere und Freiheit. Wer wünscht sich sowas nicht für seine Kinder?
Die Autorin zeigt mit dem Finger auf unsere Elektronik-verseuchte Welt, lässt die kleine Martha ganz hibbelig vor Glück werden wenn sie Rehkitze aus ihrem Fenster beobachtet oder die Einfachheit eines guten Buches schätzen lernt. Sie lässt Mats die Tiere lieb haben und Mikkel sich wichtig fühlen, wenn er ganz alleine die Eier holt.
Kinder brauchen Aufgaben, an denen sie wachsen können und die bekommen sie von „Frau Oma“ zur Genüge. Es ist hinreißend mitzuerleben, wie die Kinder lernen zu helfen und wie Oma und Kinder sich annähern bis die am Ende gar nicht mehr weg wollen.
Für mich ist dieses Buch ein wunderbares Familienbuch, zum Vorlesen, Lesen lassen und diskutieren.

Die Lesung von Julia Nachtmann ist hervorragend gelungen. Sie transportiert Stimmungen und leise Töne genauso wundervoll wie die Wutausbrüche von Mats. Sie lässt Sommerby vor unseren Augen real werden... gut gemacht!

Veröffentlicht am 29.05.2018

"Wann hat man schon eine Viertelstunde Zeit im Leben, und das Meer zu sehen?"

Sieh mich an
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Katharina entdeckt einen Knoten in ihrer Brust aber anstatt sofort zum Arzt zu gehen um abzuklären, um was für ein Scheusal es sich handelt, lebt sie ihr Familienleben weiter, funktioniert zwischen Wäsche, ...

Katharina entdeckt einen Knoten in ihrer Brust aber anstatt sofort zum Arzt zu gehen um abzuklären, um was für ein Scheusal es sich handelt, lebt sie ihr Familienleben weiter, funktioniert zwischen Wäsche, Einkauf und den Problemchen ihrer beiden Kinder. "Man kann ja nicht einfach sterben, wenn die Dinge noch so ungeklärt sind." Diesen Satz wird wahrscheinlich jede Mutter verstehen. Mich berührt er tief.
Und das Buch ist voller solcher Sätze, am liebsten möchte ich sie alle markieren. Oder in eine Liste schreiben.
Während Kathi die großen und kleinen Herausforderungen ihres Alltags bewältigt, zwingt sie der Knoten in ihrer Brust zu Gedanken über den Sinn ihres Lebens und über dass, was nach dem Sterben bleibt, nachzudenken. Das macht sie für mich sehr menschlich und liebenswert. Mir gefällt Katharina sehr gut, ich kann mich mit ihrem Handeln identifizieren, Ihrem Wunsch danach alles richtig zu machen. Ich habe selbst 2 Kinder, ich kenne das Chaos, die Liebe, die Sorgen und Ängste. "Ich habe manchmal den Gedanken, ich könnte nur frei sein, wenn meine Kinder nicht mehr da wären. Solange sie leben, werde ich gefesselt und an sie gekettet sein, von Sorgen geplagt, von Zweifeln zerfressen, und niemals in der Lage, eine einzige Entscheidung für mein eigenes Leben zu treffen, die ihre Gefühle nicht mit berücksichtigt. Aber ich weiß, dass das nicht stimmt. Wären sie nicht mehr da, wären sie tot. Und niemand auf dieser Welt ist unfreier als Eltern, die ihre Kinder verloren haben." Eine ganz wahre Aussage für mich.

Für Frauen, die vielleicht gerade zwischen Kindern und Arbeit feststecken eine klare Leseempfehlung!