Kleinstadtgeheimnisse
Klappentext:
Mit geschlossenen Augen hätte Eva damals den Weg zu Pims Bauernhof radeln können. Sie könnte es heute noch, obwohl sie viele Jahre nicht in Bovenmeer gewesen ist. Hier wurde sie zwischen ...
Klappentext:
Mit geschlossenen Augen hätte Eva damals den Weg zu Pims Bauernhof radeln können. Sie könnte es heute noch, obwohl sie viele Jahre nicht in Bovenmeer gewesen ist. Hier wurde sie zwischen Rapsfeldern und Pferdekoppeln erwachsen. Hier liegt auch die Wurzel all ihrer aufgestauten Traurigkeit.
Dreizehn Jahre nach dem Sommer, an den sie nie wieder zu denken wagte, kehrt Eva zurück in ihr Dorf – mit einem großen Eisblock im Kofferraum.
Meine Meinung:
Dieses Buch ist der Debütroman der aus Belgien stammenden Autorin Lize Spit, der in Belgien bereits mehrere Preise gewonnen hat. Und wenn ich ehrlich sein soll: zu recht!
Bevor ich das Buch gelesen hatte, hatte eine Freundin aus meinem Litertaurkurs bereits über das Buch sehr detailliert gesprochen, sodass ich dachte, ich wüsste was auf mich zu kommt und währe dementsprechend vorbereitet. Tatsächlich lag ich sehr falsch mit der Annahme.
Der Roman ist im Grunde in zwei Teile gegliedert. Zum einen in der heutigen Zeit, in der die Protagonistin Eva mit einem Eisblock im Kofferraum von Brüssel zurück in ihr Heimatdorf fährt, und zum anderen die Rückblenden, die ihre Kindheit beschreiben. In diesen dreht es sich meistens um einen Sommer, in denen Eva dreizehn Jahre alt ist.
Eva ist ein sehr interessanter Charakter. Denn sie ist ein sehr ruhiger Mensch, den man schon fast als den klassischen Mittläufer bezeichnen könnte. Zumindest versucht sie ihren beiden Freunden Pim und Laurenz – die sogar ihre einzigen Klassenkammeraden sind – alles recht zu machen, selbst wenn sie dabei eigen entdecke Prinzipien über Bord wirft.
Split beschreibt sehr schonungslos und ohne Umschweife das Erwachsenwerden in den Neunzigern, die ersten Erfahrung mit der Pubertät und somit auch mit der Sexualität. So auch,, wie sich Eva beispielweise mit Gegenständen entjungfert, während ihre Schwester im Bett nebenan liegt, da sie einer ehemaligen Freundin gesteckt hätte, sie wäre ja keine Jungfrau mehr.
Die Charaktere in diesem Roman sind teilweise sehr tief und so wiedersprüchlich in ihrem Handeln, dass sie menschlicher nicht sein könnten. Nur bei den Erwachsenen – speziell bei Evas eigenen Eltern – kratzt Split nur an der Oberfläche. Allerdings glaube ich, dass es einfach an Evas Sichtweise liegt. Als Dreizehnjährige sind einem die Eltern entweder unsagbar peinlich oder schlichtweg egal.
Viele Stellen in diesem Roman fand ich sehr befremdlich und deswegen musste ich das Buch auch manchmal weg legen und pausieren. Es ist auch das erste Mal, dass mir beim Lesen eines Romans buchstäblich schlecht geworden ist.
Doch ich finde, dass das für den Roman spricht. Splits Schreibstil, der sowohl warm, als auch kalt zugleich ist und der sehr detailliert ist, fesselt einen und mildert sogleich die schrecklichen Parte nicht ab. Anders als es in deutschen Romanen sonst üblich ist.
Ich kann euch dieses Buch tatsächlich nur ans Herz legen, aber ich warne euch dennoch: dieses Buch ist nicht ohne und für zart besaitete Seelen vielleicht nicht die richtige Wahl.
Fazit:
Wer dieses Buch lesen sollte, sollte wissen, dass er einen Schatz vor sich hat. Aber einen Schatz, der vergiftet. Dieses Buch nimmt einen mit und lässt einen wie eine kalte Dusche zurück.
Zitat:
“Auf der Anrichte, rechts von mir, stand eine Reihe unangerührter Schokonikoläuse von Tesje. Es waren vier, sie hatte sie alle mit dem Gesicht zur Wand gedreht. Dennoch schien es, als würden auch sie mich anstarren.”
(S. 347)