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Veröffentlicht am 08.06.2018

Die Sprache passt nicht immer zum Zeitgeist und die Personen sind mir bis zum Schluss fremd geblieben.

Feine Leute
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Berlin 1925: Im Todesfall an dem reichen Unternehmer Gottlieb Straumann ermittelt Kommissar Paul Genzer, der aus einfachen Verhältnissen stammt, und mit ihm der Ufastar Carl von Bäumer aus ostpreußischem ...

Berlin 1925: Im Todesfall an dem reichen Unternehmer Gottlieb Straumann ermittelt Kommissar Paul Genzer, der aus einfachen Verhältnissen stammt, und mit ihm der Ufastar Carl von Bäumer aus ostpreußischem Adel.
Doch nicht nur die Ermittlungen verbinden die jungen Männer, sie führen ein heikle, da verbotene Beziehung.
Der Fall erscheint inszeniert zu sein, doch als Frau Straumann ums Leben kommt, fällt ein anderes Licht auf die Tat.


Joan Weng bringt in ihrem taktisch klugen Krimi eine sehr verwickelte Reihe von Todesfällen zu Papier, die sich am Ende logisch aufklärt. Im Laufe der Handlung ist es allerdings nicht einfach, einen Zusammenhang zwischen den Nebenhandlungen, Personen und deren Verbindungen zu verstehen. Auch bleibt die Spannung durch diese vielen Nebenschauplätze ein wenig auf der Strecke.

Es ist das als problematisch zu bezeichnende Verhältnis der Protagonisten, zwischen dem schönen UFA Star Carl von Bäumer und dem unscheinbaren Kommissar Paul Genzer, dass den Krimi auf lange Strecke unterhält. Hier werden Beziehungsängste und die Probleme einer homosexuellen Partnerschaft sehr stimmig dargestellt. Zur damaligen Zeit war der Unzuchtparagraf 175 noch in voller Anwendung und machte Schwulen das Leben schwer. Auch wenn ich Verständnis für die schwierige Situation aufbringe, ist mit dieses Hin und Her der beiden Männer dann doch zu kompliziert und pubertär.

Die Charaktere werden zwar anschaulich gezeigt, bleiben mir aber bis zum Schluss fremd. Es fehlt einigen an personenbezogenen Besonderheiten und Wiedererkennung. Leider hat sich mir auch nicht erschlossen, dass ein Filmstar aus Recherchegründen für eine Rolle an polizeilichen Ermittlungen teilnehmen darf.

Der Autorin gelingt es mit ihren stilvollen Beschreibungen von damaliger Mode, Gebäuden und Einrichtungen recht authentisch und stimmungsvoll, den Zeitgeist der 20 er Jahre einzufangen. Man fährt die edlen Automobile von Horch, trinkt Champagner, nimmt Kokain und gibt sich den glamorösen Filmen der UFA hin.
Bei der sprachlichen Darstellung dieser Goldenen Zwanziger hat mir die bei einigen Personen angewandte Berliner Mundart gut gefallen. Doch es gibt auch einige zu modern gefärbte Sprachwendungen, gerade in den Dialogen geht es recht salopp zu.

Dieser Ausflug in die Goldenen Zwanziger hat eine schwierige Verkettung von Taten aufgezeigt, die mich gut unterhalten haben. Leider gab es keine echte Spannung und die Beziehung der Protagonisten steht mir zu sehr im Vordergrund.

Veröffentlicht am 08.06.2018

Unterhaltsame Lektüre, die in walisische Mythen entführt und ein Familiengeheimnis aufdeckt!

Sturm über dem Meer
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Ein Auftrag führt die Archäologin Dr. Samantha Goodwin an die irische See nach Wales. Sie hofft dort auf Funde, die das vor 2000 Jahren versunkene Königreich Cantre'r Gwaelod nachweisen lassen. Die Legende ...

Ein Auftrag führt die Archäologin Dr. Samantha Goodwin an die irische See nach Wales. Sie hofft dort auf Funde, die das vor 2000 Jahren versunkene Königreich Cantre'r Gwaelod nachweisen lassen. Die Legende darüber fasziniert Sam schon seit ihrer Kindheit, denn im nahegelegenen Fischerdorf Borth lebt Sams Großmutter Gwen. Bei den Untersuchungen entdeckt Sam ein altes Skelett, es gehört ihrem verschollenen Großvater und ein lange gehütetes Geheimnis wird endlich gelüftet. Durch die Nachforschungen begibt sich Sam in Gefahr.


Constanze Wilken liebt Wales und das bringt sie auch in ihrem Roman zum Ausdruck. Stimmungsvoll erzählt sie von alten Mythen und Legenden rund um das versunkene Königreich Cantre'r Gwaelod und zeigt die Kraft und die Gefahr, die hier von der rauen See ausgeht. Man wird unweigerlich Augenzeuge von Stürmen, die einigen Seeleuten und Fischern das Leben gekostet haben.

Die Geschichte spielt in zwei Handlungssträngen, die Nachkriegszeit aus dem Lieben von Sams Großmutter Gwen und die Gegenwart, die Sams Erlebnissen schildert. Dadurch verbinden sich zwei Lebensgeschichten miteinander, die die Frauen mit ihrer gemeinsamen Gabe bei Sturm das geheimnisvolle Glockenläuten von Cantre'r Gwaelod zu hören, noch näher zusammen schweißt. Auch die Liebe der Frauen wird zum Hauptthema, dass beide verbindet.

Es dreht sich in der Handlung um eine Liebesgeschichte, die eigentlich vorhersehbar ist, aber das Geheimnis, das sich um den verstorbenen Großvater rankt, steht im Vordergrund. Doch wer hat hier etwas gegen Sam? Es muss eine Verbindung zwischen dem Leichenfund und der Vergangenheit bestehen.

Die Protagonisten sind sehr anschaulich beschrieben, besonders Gwens Charakter ist hier zu nennen. Es gibt aber auch eine Vielzahl von Nebenfiguren, die die Geschichte in die Länge ziehen. Denn diese Figuren erscheinen ziemlich blass und wirken farblos. Im Mittelteil zieht sich die Handlung dadurch in die Länge und verliert an Spannung und Interesse.

Die Auflösung klingt zwar logisch, erfolgt aber im Nachhinein und da hatte ich mehr erwartet. Das Motiv des Täters passt so gar nicht zu den Legende und den schwierigen Umständen, die Gwens Leben ausgemacht haben.

Wer sich für Wales interessiert und einem Familiengeheimnis auf die Spur kommen möchte, hat sicherlich an diesem Roman seine Freude. Der Schreibstil der Autorin sorgt für unterhaltende Lesestunden.

Veröffentlicht am 08.06.2018

Eine schicksalhafte Liebe

Das Apfelblütenfest
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Jules war neun Jahre alt, als er eine Stellenanzeige in den größten Baum im Apfelhain der Familie ritzt. Er suchte damals eine Haushälterin für seinen Vater, dem nach dem Tod seiner Frau alles über den ...

Jules war neun Jahre alt, als er eine Stellenanzeige in den größten Baum im Apfelhain der Familie ritzt. Er suchte damals eine Haushälterin für seinen Vater, dem nach dem Tod seiner Frau alles über den Kopf wuchs. Nun sind zwanzig Jahre vergangen, sein Vater ist längst tot, und Jules hat das Hofgut übernommen, auf dem Calvados und Cidre produziert werden. Als sich die junge lebenslustige Lilou, die eigentlich Heilpraktikerin ist, um die Stelle bewirbt, nimmt Jules widerstrebend ihre Hilfe an. Ihr gelingt es Stück für Stück, Jules für die Schönheit der Natur und für die Lebensfreude zu begeistern. Als dann auch noch Liebe ins Spiel kommt, scheint das Glück perfekt, doch das Schicksal greift folgenschwer ein.

"Intelligenz und Liebe haben weniger gemeinsam als Essig und Öl. Und das ist auch gut so." Zitat Seite 101

Dieser Roman schafft es, dass sich der Leser in die schöne Landschaft der Normandie hineinträumt und die Schönheiten der Natur miterleben kann. Das normannische Dorf wird fühlbar, fast kommt es einem Urlaubsbericht gleich.

Die Geschichte von Lilou und Jules beginnt mit ihrem Kennenlernen und man erkennt schnell, dass Lilou mit ihrer überschäumenden, fröhlichen, dafür aber auch eigensinnigen und ehrlichen Art, den trockenen, als Brummbär bekannten Jules mitreißt und sich allmählich zwischen ihnen eine Liebesgeschichte entwickelt. Diese Beziehung ist am Anfang geprägt von beiderseitigem Verhalten wie zwischen Hund und Katze, doch allmählich entspannt sich ihr Verhalten.
Es ist schön zu sehen, wie Lilou den zurückgezogenen Jules zu gemeinsamen Unternehmungen aktiviert, die ihm gar nicht in den Sinn gekommen wären. Sie bringt ihm das Leben wieder näher und er fängt an, es zu genießen.

Jules hat familiäre Schicksalsschläge erlitten und ihn beunruhigen krankhafte Symptome seiner Beine. Zusätzlich belasten ihn die schlecht gehenden Geschäfte rund um sein Hofgut. Sein mürrisch wirkendes Verhalten kann man daher gut verstehen. Allerdings hat er auf mich eher wie ein gesetzter älterer Mann gewirkt und nicht wie jemand mit gerade mal Anfang 30.

Carsten S. Henn hat eine schöne angenehme Schreibweise, die auf eine völlig unkitschige Weise romantische Gefühle weckt und Personenbeziehungen deutlich darstellt. Die humorvoll frechen Dialoge der Protagonisten liest man gern und auch die melancholische Stimmung nach Jules Erkrankung ist glaubhaft dargestellt. Seine Vorliebe und sein Sachverstand für Weinbau werden im Roman nur zu deutlich und man merkt ihm sein Interesse für Calvados und Cidre an. Hier hätte man gerne während des Lesens eine entsprechende Kostprobe gereicht bekommen.

Bei der Handlung kommt es ungefähr in der Mitte des Buches zu einem Bruch. Beide Hauptfiguren haben persönliche Krisen zu meistern, die tragisch erscheinen, aber auf die sie unnatürlich reagieren. Ein paar Aspekte wirken schon etwas übertrieben oder klischeehaft. Es folgen Reaktionen und Verhaltensweisen der Protagonisten, die ich zum Teil nicht nachvollziehen kann. Zu engstirnig, lebensfremd und unreif agieren die Personen meiner Meinung nach, meine Sympathie zu ihnen schwand enttäuscht langsam dahin. Mich konnte die Darstellung der Krankheit nicht überzeugen und emotional packen, es wirkte ein wenig unrealistisch auf mich. Auch Lilous großer Wunsch nach einem Kind wurde mir nicht natürlich genug dargestellt.
Doch das Ende konnte mich dann wieder mit den Personen und einer einzigartigen traurigen Atmosphäre versöhnen.
Die den Kapiteln vorangehenden Haikus wirken auf mich seltsam und oft erschliessen sie sich mir nicht eindeutig genug.

Dieser Roman lässt sich gut lesen, unterhält mit einer schicksalshaften Liebesgeschichte und netten Nebenfiguren und entführt in die französische Lebensart der Normandie. Hier zwischen Meer und Apfelgärten mit kulinarischen Köstlichkeiten bekommt man sehnsüchtige Urlaubsgefühle.


Veröffentlicht am 08.06.2018

Viel kriminelle Energie, zu viele Mitstreiter und dadurch blieb die Spannung auf der Strecke.

Leuchtturmmord
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Dieses ist mein erster Krimi der Autorin und ich habe mich gespannt auf die Lektüre gefreut.
Zuallererst habe ich den Leuchtturm auf dem Cover vermisst, hier hätte ich keine Seebrücke erwartet. Das ist ...

Dieses ist mein erster Krimi der Autorin und ich habe mich gespannt auf die Lektüre gefreut.
Zuallererst habe ich den Leuchtturm auf dem Cover vermisst, hier hätte ich keine Seebrücke erwartet. Das ist jedoch nur eine Anmerkung am Rande.

Das Konzept des Krimis mit der Verbindung mehrerer Fälle von illegalen Wettgeschäften, Geldwäsche und Intrigen gefällt mir recht gut. Dadurch kommt viel kriminelle Energie ins Spiel. Wenn jedoch die etlichen Verbrechen von noch mehr Figuren ermittelt oder verbrochen werden, geht der rote Faden schnell verloren. Ich kann schon recht viele Personen und Namen verkraften und auseinanderhalten, wenn sie jedoch mal mit Vornamen und mal mit dem Nachnamen betitelt werden, wird das Lesen unweigerlich zu einer nicht nötigen Namenssuche. So etwas nervt mich und hält mich im Lesefluss auf, was sich leider auch als Spannungskiller auswirkt. Einige Personen, die für den Verlauf der Aufklärung wichtig sind, wurden auch erst im letzten Drittel eingeführt.

Bei den Verbrechen wird sich nicht in Details verrannt, sie werden aber auch nur mehr oder weniger sachlich erwähnt. Hier fehlt mir die inhaltliche Tiefe, die nicht unbedingt blutig und grausam geschildert sein muss, aber so, dass sie Betroffenheit beim Leser ausübt.

Die Charaktere sind sehr vielschichtig und gut beschrieben. Es ist wie gesagt die Personenmenge, in der die Ermittler fast untergehen. Romy Beccare hätte ich als Hauptfigur mehr im Mittelpunkt des Geschehens erwartet. In diesem Fall arbeiten jedoch zwei Teams sehr erfolgreich daran, um die miteinander verknüpften Verbrechen aufzulösen. So wechseln sich die Ermittler und Orte häufig ab. Private Dinge spielen keine große Rolle, sie dienen nur als Randnotiz.
Meine Lieblingsperson ist Gerit Schlegel, deren Charisma sich deutlich von den anderen Figuren abzeichnet.

Vielleicht sollte man erst die Vorgängerbände gelesen haben, ehe man in die Reihe quer einsteigt.

Dieser Krimi hat mich mit den kriminellen Verknüpfungen gereizt, es aber nicht mit genug Spannung ausgefüllt. Für Rügenfans gibt es einige schöne Hinweise.

Veröffentlicht am 04.06.2018

Solider Thriller mit einer unprofessionellen Ermittlerin und viel Blut

Elli Werner Reihe / Märchenblut
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Dieser Thriller zeigt eine grausame Gedankenwelt eines kranken Mörders, der mit Hilfe von Märchenzitaten Verbindungen zu seinen Opfern herstellt.

Die Autorin hat einen Schreibstil, der mir zusagt. Aber ...

Dieser Thriller zeigt eine grausame Gedankenwelt eines kranken Mörders, der mit Hilfe von Märchenzitaten Verbindungen zu seinen Opfern herstellt.

Die Autorin hat einen Schreibstil, der mir zusagt. Aber leider geht es bei den Grausamkeiten des Mörders schon blutig und sehr genau ins Detail. Diese schockierenden Beschreibungen muss man vertragen können.

Das Buch ist in drei Handlungsstränge aufgeteilt. Da ist die Hauptprotagonistin Elli zuerst zu nennen, von ihr erfahren wir auch sehr viel Privates. Dann gibt es die sehr authentisch dargestellte Sicht des Täters und die schrecklichen Erzählungen eines Kindes aus einem Kinderheim.

Die Thrillerhandlung ist schlüssig aufgebaut und durch die skrupellose Gewalt des Täters sehr spannend dargestellt. Ich finde jedoch, hier hätten auch weniger Leichen und Misshandlungen aufgeführt werden können.

Elli ist eine Frau, die früher sportlich fit war und in ihrer langjährigen Beziehung zu einer dicken Couchpotaoe wurde. Jetzt verliert sie sich in ihren privaten Problemen und Lebensfragen. Sie ist außerdem auch recht unprofessionell, das zeigt sich am Ende des Buches, wo sie durch eigene Dummheit in Gefahr gerät. Ihre Figurprobleme und Schwärmereien für ihren Chef wurden mir dann doch zuviel. Auch wie sie sich ihm gegenüber verhalten hat, war mehrfach daneben. Das Private hätte man ruhig etwas kürzer fassen können, es hätte der Länge des Thrillers auch gut getan.

Die Darstellung der Misshandlungen ist sehr genau, fast zu brutal und gewaltätig und interessanterweise an Märchensprüche angelehnt. Hinter der Fassade des Täters lautert eine traurige Vergangenheit, die er jetzt rächen will. Wie ihm in seiner Kindheit mitgespielt wurde, klingt unsagbar grausam. Dieses Leid hat sich im Laufe seines Lebens auf ein unerträgliches Mass angesammelt und die kranke Seele wird sehr gut deutlich. Da muss man schon durchdrehen.
Die Darstellung im Kinderheim kommt mir allerdings auch etwas übertrieben vor. Die ständigen Misshandlungen durch die Pflegerinnen hätten durchaus behandelnden Ärzten auffallen müssen.


Was mir aber gar nicht gefällt, sind die schnellen Wechsel zwischen heiteren Einschüben und den brutalen Handlungen. Dieser Wechsel zwischen fröhlicher Heiterkeit bei Elli und ihren Kollegen und der Gewalt macht mir Probleme. Auch hatte ich sehr früh den wahren Täter in Verdacht.


Märchenblut gibt tiefen Einblick in die kranke Seele eines Psychopathen und fesselt mit gewaltsamen Szenen, die man als Leser vertragen muss. "Achtung, blutig! Nichts für schwache Nerven" - heißt es denn auch warnenderweise auf der Rückseite des Buches.