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Veröffentlicht am 08.06.2018

Einfach wunderbar geschrieben

Der Mann, der das Glück bringt
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Catalin Dorian Florescu, geboren 1967 in Timisoara in Rumänien, lebt als freier Schriftsteller in Zürich. Seine Werke wurden vielfach mit Preisen ausgezeichnet.

Ray und Elena lernen sich in einer dramatischen ...

Catalin Dorian Florescu, geboren 1967 in Timisoara in Rumänien, lebt als freier Schriftsteller in Zürich. Seine Werke wurden vielfach mit Preisen ausgezeichnet.

Ray und Elena lernen sich in einer dramatischen Nacht in New York kennen. Sie ist eine Fischerstochter aus dem Donaudelta, er ein erfolgloser Künstler, der noch an den Durchbruch glaubt. Sie muss die Asche ihrer Mutter nach Amerika bringen, er will erreichen, was sein Großvater für sich erhoffte. In New York treffen sich ihre Wege und sie erzählen einander ihre Familiengeschichten.

"Auf der einen Seite, am Hudson River, kamen die Lebenden an; auf der anderen, am East River, verließen die Toten die Stadt. ... Sie wussten nichts voneinander, sie trafen sich nie, aber sie nährten den ewigen Kreislauf des Lebens...
...New York nahm die Menschen im Westen auf und schied sie im Osten wieder aus. Dazwischen schenkte es wenigen ein gutes, sattes, bequemes Leben und quetschte die anderen aus wie eine Zitrone." (Zitat Seite 92)

Dieser Roman beginnt 1899 in New York. Damals finden Migranten, Glücksritter, Existenzlose und arme Seelen eine neue Heimat und hoffen darauf, ihr Glück zu machen. Doch für viele von ihnen ist es ein harter Überlebenskampf, der statt dem gewünschten Erfolg eher Krankheit, Armut, Hunger und Tod bringt.

Der Autor hat einen wunderbaren Erzählstil, der den Leser entführt in die glamourhafte Traumwelt des Broadways, in Kuriositätenhallen mit Zwergen und Bauchrednern und Einblick gibt in das einträgliche Geschäft der Bestatter und in das Elend des Molochs der Weltstadt New York.

Florescu bildet einen Brückenschlag und verbindet Amerika mit dem europäischen Kontinent: man taucht ein in das landschaftlich wunderschöne Donaudelta in Rumänien, wo die einfache Bevölkerung kaum Arbeit findet und später die Textilindustrie die Menschen ausbeutet, aber wenigstens ernährt.
In diesen beiden Welten leben die Hauptfiguren Ray und Elena, die der Autor mit viel Herzblut begleitet. Durch sie erfährt der Leser das Leben ihrer Großeltern und auch ihr eigenes, dass sie in Amerika zusammen führt.
Neben die Schwierigkeiten der menschlichen Existenz mit Leid oder Elend stellt der Autor in seiner schönen Erzählweise wunderschöne Bilder der Natur.
Was ist Glück, mag man sich fragen? Ist es die Liebe an sich oder das Glück zu überleben oder anderen Menschen zu helfen und in ihren schweren Zeiten beizustehen?

Rays Großvater hatte ein schweres Leben, er kannte Hunger und Kälte und Tote waren für ihn allgegenwärtig. Als Zeitungsjunge und als Schuhputzer überlebt er und lernt später die Liebe kennen, sein persönliches kurzes Glück.

Elena wächst ohne Mutter in Pflegefamilien auf, ihre eigene Mutter lebt in einer Leprakolonie. Elena erfährt, dass ihre Mutter ihr Glück in Amerika suchen wollte, die Krankheit hat diesen Traum vernichtet.
Elena bringt die Asche ihrer Mutter nach New York, gerät am 11. September in das Chaos des Terror-Anschlags.
Sie hat Glück, dass sie den 11.September überlebt. Dieses Ereignis hat mich überrascht, es erscheint mir an dieser Stelle schon etwas konstruiert. Doch zum Grundgedanken des Buches passt es, denn hier können die Überlebenden wirklich von Glück sprechen.


Die Kernaussage des Romans ist das Glück. Florescu lässt den Begriff "Glück" in vielfältiger Weise und Bedeutung entstehen. Am Schicksal leidgeprüfter, hoffnungsvoller und einfacher Menschen zeigt er, wie diese ihr Leben meistern. Er beschreibt, welche Bedeutung für sie in den verschiedenen Lebenssituationen Glück hat. Für Ray und Elena stellt sich mit dem Kennenlernen Glück ein, dessen Tragweite außerhalb des Romans weiter geht.

Mich hat dieser Roman sehr beeindruckt, auch wenn die Lebensumstände oft hart und der Tod allgegenwärtig war, bin ich dennoch gern eingetaucht in diese Welt zwischen Traum und Wirklichkeit. Ich vergebe volle 5 Sterne für diesen wunderbaren Roman.

Veröffentlicht am 08.06.2018

Wunderschöner Glücks-Roman für vergnügliche Stunden!

Unser Haus am Meer
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Die Reporterin Josefine arbeitet normalerweise für den Politikteil
einer Münchner Zeitung und bekommt von ihrem Chef den Auftrag für ein Interview eines Autors und Kapitäns auf Usedom. Sie soll seinen ...

Die Reporterin Josefine arbeitet normalerweise für den Politikteil
einer Münchner Zeitung und bekommt von ihrem Chef den Auftrag für ein Interview eines Autors und Kapitäns auf Usedom. Sie soll seinen Glücksratgeber ihren Lesern vorstellen. Der Kapitän stellt sich als sehr attraktiv heraus und Josefine beginnt die Zeit an der schönen Ostsee zu genießen. Es stört sie eigentlich nur Markus, der stoffelige Bruder des Kapitäns. Ihre Nachforschungen bringen sie einem alten Geheimnis des Kapitänshauses auf die Spur.


"Wie findet man sein Glück?" - So hätte der Titel dieses Romans auch heißen können.
Ein wenig stellt sich dieses Glücksgefühl schon ein, wenn man das Buch zufrieden zuklappt und das Gelesene nachwirken lässt.

Ach, war das ein schöner Roman!

Diese Lektüre hat es immer wieder geschafft, dass ich das Buch am liebsten in einem Rutsch ausgelesen hätte. Es war einfach nur wohltuend und die Lesezeit hat für angenehme Unterhaltung gesorgt. Dabei habe ich mich nach Usedom in einen Strandkorb geträumt, sah den langen Sandstrand und das Meer vor mir und ließ mir den Wind um die Ohren wehen. Ich genoss die Aussicht vom Leuchtturm auf das Umland und floh vor Kälte und Nässe ins warme schöne Ambiente des rustikalen Kapitänshauses zu einem Grog und gemütlicher Runde mit Freunden. Denn die Protagonisten sind mir während der Lektüre alle ans Herz gewachsen.

Die Autorin bringt auf fesselnde, vergnügliche Art eine Geschichte aufs Papier, die nicht so ganz neu ist. Der nicht so erfolgreiche Romanautor Markus versucht sich in einem anderen Genre, ein Ratgeber zum Thema Glück und gibt dafür den Namen und das Bild seines Bruders an. Der ist ein fröhlicher smarter Surferboy, dem die Frauenherzen nur so zufliegen. Als die Reporterin Josefine für ein Interview recherchiert, fliegt der Schwindel auf. Doch die Geschichte ist so überzeugend geschrieben, dass man ihr sofort verfällt.

Die Handlung glänzt in erster Linie durch die reizenden, sympathischen Charaktere, durch ihre Erlebnisse und das toll geschilderte Ambiente auf Usedom. Der angenehm zu lesende Erzählstil rundet alles wohltuend ab. Man mag es kaum glauben, dass die Autorin mit diesem Roman gerade mal ihr Debüt schreibt. Der Wechsel von lustigen Szenen, romantischen Treffen, Streitereien und Familienzwist gelingt Nele Jacobsen routiniert.

Auch wenn manche Dinge oder Situationen konstruiert erscheinen, nimmt man es der Autorin dank ihrer lockeren Sprache und dem ganz eigenen Charme der Story einfach ab. Die Suche nach dem Glück ist der treibende Gedanke und es endet wie es enden muss. Mehr möchte ich hier lieber nicht verraten!

Eine kurzweilige und wohltuende Lesezeit ist mit diesem Roman garantiert. Wer sich gern an die Ostsee träumen möchte, sollte zu diesem Buch greifen! Beste Unterhaltung für Strandkorb oder heimisches Sofa!

Veröffentlicht am 08.06.2018

Auch in der Küche lebt man gefährlich!

Der Mittagstisch
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Die alleinerziehende Nelly ist Mitte dreißig. Matthew, der leibliche Vater der Kinder ist Amerikaner und vor einiger Zeit auf und davon. Nelly bringt sich und ihre Kinder dank ihrer Kochkünste über die ...

Die alleinerziehende Nelly ist Mitte dreißig. Matthew, der leibliche Vater der Kinder ist Amerikaner und vor einiger Zeit auf und davon. Nelly bringt sich und ihre Kinder dank ihrer Kochkünste über die Runden. Dazu verköstigt sie eine kleine Anzahl von Gästen, die den privaten Rahmen eines Mittagstisches nutzen, der wohlgemerkt nicht steuerlich beim Finanzamt als Gewerbe gemeldet ist.


Diese Frau kann einfach schreiben und das Ganze in einer interessanten Handlung verpacken! Wieder hat Ingrid Noll nach bekannten "Strickmuster" ein grandioses Buch mit Mordfällen zustande gebracht, in dem sich die schwarze Seele einer harmlos wirkenden Frau offenbahrt.

In kleinem Freundeskreis baut sich Nelly als Einkommensquelle einen privaten Mittagstisch auf, die Aktion trifft auf begeisterte Mitesser und es kommen schnell immer mehr Teilnehmer der familiär wirkenden Runde zusammen. Besonders der Kapitän wird ihr und den Kindern zu einem väterlichen Freund, der gern und tatkräftig zum Opa-Ersatz mutiert.
Doch die Idylle bröckelt, nicht alle "Freunde" des Mittagstisches sind durch und durch liebenswert und freundlich. Gegen die boshafte Grete hat Nelly so ihre Vorbehalte und auch die Tatsache, dass Nelly Gretes Freund Markus für einen Traummann hält, macht die Sache nicht besser.

Was in der Geschichte als unspektakuläre Erzählung beginnt, ist köstlich erzählt und unterhält auf humorvoll lockere Art und Weise. Aber wie bei Ingrid Noll üblich, begeht auch in diesem Buch eine normale Frau Verbrechen, die äußerst genial erdacht sind und fast wie in einer Säuberungsaktion Menschen auslöschen oder verschwinden lassen.
Unter der scheinbar harmlosen Oberfläche entwickelt sich das Böse und entwickelt perfide Mordgedanken. Nelly bedient sich dabei in diesem Buch ihrer Kochkunst bzw. ihrer Küchenutensilien.

Auch wenn die Verbrechen tödlich enden, versteht man die Gründe Nellys. Man kann man es der Protagonistin nicht verübeln und stellt sich auf die Seite der Täterin. Der schwarze Humor und die unliebsamen Charaktere der Opfer verleiten den Leser zu dieser Unterstützung.

Die Krimis von Ingrid Noll muss man gelesen haben.
Ihre Sprachfertigkeit ist einzigartig, ihre Geschichten und Mordideen sind spektakulär und hintergründig. So muss gute Unterhaltungsliteratur sein! Bitte weiter so, Frau Noll!

Veröffentlicht am 08.06.2018

Diese Krimödie ist der Kracher!

Cool im Pool
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Loretta soll Trauzeugin bei der Hochzeit ihrer Freundin Diana werden und sie schwelgen bei der Suche nach dem perfekten Kleid in Rüschen, Stickereien, Tüll und Seide. Das Traumkleid wird gefunden, aber ...

Loretta soll Trauzeugin bei der Hochzeit ihrer Freundin Diana werden und sie schwelgen bei der Suche nach dem perfekten Kleid in Rüschen, Stickereien, Tüll und Seide. Das Traumkleid wird gefunden, aber leider kommt alles ganz anders als gedacht. Der schwule Brautvater schleppt seinen neuen Lover an, der kurz darauf tot im Pool schwimmt. Wieder einmal geht Loretta der Sache auf die Spur und trotz der eher traurigen Umstände kommt der Humor nicht zu kurz, ganz im Gegenteil, hier bleibt kein Auge trocken!

Lotte Minck entführt ihre Leser in diesem Band mitten in die romantische Traumwelt der Traumhochzeiten. Sie nennt es: "Das weiße, glitzernde Gift der Romantik" und hat damit recht. Denn natürlich trifft sie damit voll den Hochzeitsnerv der weiblichen Leserschaft. Aber was sich Diana aus all dem Satin, Samt und Seide hier zum Genuss der weiblichen Leserschaft als Traumkleid ausgesucht hat, entpuppt sich als leider als Albtraum, der auch noch einen Toten zur Folge hat.
Natürlich gelingt es der Autorin all die negativen Erlebnisse in humorvoller Art und Weise und mit Einfügung so manch schwarzem Humors in eine positive Wirkung umzukehren. Dafür sorgen schon die lockeren Sprüche ihrer Protagonisten, die mit Ruhrpottschnauze und Herz auf dem rechten Fleck einerseits die verpatzte Hochzeit retten und andererseits den Todesfall aufklären. Hier sind Loretta, Ruhrpottler Frank und ihr Kumpel Erwin natürlich als treibende Ermittlungskraft gefragt. Mutig und engagiert gehen sie der Mordsache auf den Grund und unterhalten dabei ausgezeichnet.

Man fühlt mit den Figuren und kommt ihnen sehr nahe, denn sie sind mit ihrer einzigartigen Charakterisierung wirklich gut gelungen.
Wenn man schon Loretta-Bücher aus der Feder von Lotte Minck gelesen hat, ist man schnell wieder vertraut mit den Eigenarten ihrer Figuren. Es ist als ob man alte Freunde wieder trifft.

Besonders der freundschaftliche Zusammenhalt der Truppe gefällt mit so gut. Da wird nicht nur toll gefeiert und gut gegessen und getrunken, hier war die Zeremonie für Diana und Okko ja nun wirklich das große Highlight, sondern es wird auch miteinander und füreinander eingestanden. Jeder hilft, wo er kann und diese Kameradschaft ist wie eine große Familie.

Auch wenn ich die Mordaufklärung nicht so spektakulär finde, hat mir doch das Buch wieder gut gefallen. Die Aussicht auf ein Detektivbüro finde ich klasse und freue mich auf weitere Fälle mit Loretta.


Wer trotz einer geplatzten Hochzeit und einem Todesfall lachen möchte, dem kann ich diese Krimödie nur ans Herz legen. Es ist ein tolles Wiedersehen für alle Loretta-Fans mit ihrer Kultfigur und da bleibt kein Auge trocken!

Veröffentlicht am 08.06.2018

Fesselnd bis zum Schluss und literarisch ein Genuss!

Die Prinzessin von Arborio
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Elisabetta Zorzi ist Italienerin und führt erfolgreich in Wien ein eigenes Restaurant. Sie ist attraktiv und die Männer fliegen auf sie, aber sie möchte eigentlich nur ihren Traummann finden und eine Familie ...

Elisabetta Zorzi ist Italienerin und führt erfolgreich in Wien ein eigenes Restaurant. Sie ist attraktiv und die Männer fliegen auf sie, aber sie möchte eigentlich nur ihren Traummann finden und eine Familie gründen. Wie ihre Liebschaften ablaufen bzw. enden, zeigt dieser Roman in einer Mischung aus Krimi und unterhaltender Liebesgeschichte.

Bettina Balàka ist wirklich eine begnadete Autorin. Ihr neuer Roman zeigt eine Frau auf der Suche nach ihrem persönlichen Glück und führt den Leser in eine Welt der Liebe, Gefühle, Psychologie und letztendlich auch hinter Gitter.
Dabei bedient sich die Autorin eines intelligenten Erzählstils, der scheinbar beiläufig beschreibt und in einem eher sachlich wirkenden Tonfall die Handlung begleitet. Die Geschichte nimmt im Verlauf an Brisanz zu und gipfelt in einzelnen spannenden Höhepunkten, die entsetzen, erheitern und überraschen. Gefesselt liest man dem Ende entgegen.

Doch noch einmal von vorn:
Gemeinsam mit dem Polizeipsychologen Arnold Körber geht man auf eine Art Ermittlungsreise und lernt die charmante Zorzi kennen.
Ihr Wunsch nach einer harmonischen Beziehung erfüllt ihr Denken und sie fällt immer auf einen besonderen Typ Mann herein, groß, stark und dominant. Zorzis Gefühl von Himmelhochjauchzen geht einige Zeit lang gut, dann ordnet sie sich der großen Liebe wegen unter, erträgt die Demütigungen scheinbar klaglos und irgendwann beendet sie die Liaison auf ihre eigene Art und Weise.
Dabei ist sie kein männermordender Vamp, eher eine intelligente kleine, verletzlich wirkende Frau, hinter deren hübscher Fassade eine kalte Seele steckt. Ihr ist die Liebe heilig und die Mittel zum Zweck ebenfalls.
Ihre Denkart ist so detailliert beschrieben, dass man Verständnis für Zorzi aufbringt.
So ergeht es auch Körber. Langsam aber sicher verfällt er ihr zunehmend und wie wir im Roman erfahren, nennt man das "Hybristophilie".
Normalerweise befällt die Liebe zu Schwerverbrechern eher Frauen. Aber das Interessante ist in Körbers Fall, dass er auch noch Psychologe ist.

"Wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein." - heißt es auf Seite 201 treffend.

Es entwickelt sich eine Tragikomödie mit schwarzem Humor, die nebenbei eine Menge über Forensik von Meerleichen und Psychologie im Allgemeinen informiert und den Strafvollzug aus nächster Nähe betrachten lässt.

Der Autorin ist ein außergewöhnlicher Roman gelungen, der ein gelungener Mix aus Krimi und Liebesgeschichte ist, Einblicke in die Denkstrukturen einer Serienmörderin gibt und für wunderbare Lesestunden sorgt.