An einem Tag durchgelesen
In dem Buch "Der Vorleser" von Bernhard Schlink geht es um eine Liebe zwischen einem 15-jährigem und einer älteren Frau, welche sehr geheimnisumworben ist. Denn jedes Mal, wenn er sie besucht, muss er ...
In dem Buch "Der Vorleser" von Bernhard Schlink geht es um eine Liebe zwischen einem 15-jährigem und einer älteren Frau, welche sehr geheimnisumworben ist. Denn jedes Mal, wenn er sie besucht, muss er ihr vorlesen bevor sie miteinander schlafen und auch sonst erfährt er kaum etwas aus ihrem Leben.
Nachdem sie auf ein Mal spurlos verschwindet, sieht er sie als Jura-Student Jahre später im Gerichtssaal wieder. Hanna, als angeklagte KZ-Aufseherin in einem Prozess über Kriegsverbechen. Doch, was für ein Geheimnis verbirgt sie? Und was hat ihr seltsames Verhalten auf sich?
Ich persönlich bin begeistert von diesem Roman. Ich fand ihn so fesselnd, dass ich ihn innerhalb von einem tag durchgelesen habe. Ich habe mitgefühlt und musste oft über die dort angesprochenen Themen nachdenken. Von daher war es ein ziemlich intensives Leseerlebnis. Ich war erstaunt, dass es trotz der Ernsthaftigkeit der Themen nicht allzu schwer auf den Schultern lastet. Der Schreibstil war manchmal ein wenig komplizierter, meistens aber dennoch leicht zu verstehen.
Ich habe noch nie ein Buch gelesen, das vom Thema Analphabetismus handelt und konnte auch hier einiges lernen. Das Thema ist leider immer noch stark stigmatisiert und ich fand die Umsetzung wirklich absolut hervorragend. Ich konnte die Scham über die verschiedenen Beeinträchtigungen gut nachvollziehen und war erstaunt, in welchen Bereichen Analphabetismus zu Beeinträchtigungen führt.
Auch die Charaktere fand ich sehr überzeugend. Vor allem Hanna, die Geliebte des Protagonisten. Sie hat zwar verschiedene Fortschritte gemacht, im Laufe der Geschichte, ist sich dennoch selbst treu geblieben und war bis zum Schluss nicht durchschaubar.
Am Anfang hat mich der Aufbau ihrer Liebesbeziehung gestört, weil ich bemängelt hatte, dass eine Liebesbeziehung ja weit mehr ist als Sex und ich es daher nicht wirklich überzeugend fand.
Dazu muss ich sagen, dass ich das heute anders sehe. Denn, so wie auch Hanna sehr geheimnisumworben ist, war es auch die Liebesbeziehung zwischen ihr und dem Protagonisten. Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich Liebe war oder sie ihn im Endeffekt nur ausgenutzt hat- aber genau diese Unsicherheit gehört zu der Geschichte und passt daher auch einwandfrei dazu.
Letztendlich kann ich dieses Buch jedem empfehlen, der gerne über ernste Themen liest, die in der Gesellschaft sehr verpönt sind. Ich kann sie jedem empfehlen, der gerne Historik liest und vor allem jedem, der sich mit Schuld und Scham auseinandersetzen kann/will.