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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.06.2018

Suche nach einem eigenen Platz in der Welt

Leinsee
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In „Leinsee“ von Anne Reinecke begleitet der Leser den Protagonisten Karl von Berlin zurück in die titelgebende Heimat, wo die Mutter schwer krank ist und der Vater sich das Leben genommen hat. Im Leben ...

In „Leinsee“ von Anne Reinecke begleitet der Leser den Protagonisten Karl von Berlin zurück in die titelgebende Heimat, wo die Mutter schwer krank ist und der Vater sich das Leben genommen hat. Im Leben seiner berühmten Künstler-Eltern war nie wirklich Platz für ihn. Jetzt wird er im leeren Elternhaus von Erinnerungen eingeholt und muss sich entscheiden, wie er weitermachen will. So recht will er noch nicht zurück nach Berlin zu Mara und der städtischen Kunstszene, die ihn für seine Vakuumkunst bewundert. In Leinsee entsteht eine besondere Freundschaft zu einem Mädchen aus der Nachbarschaft, das sich immer wieder in seinen Garten schleicht und dem er bald kleine Geschenke hinterlässt. Besonders gut gefallen hat mir die bildhafte Sprache der Autorin sowie die kreativen Überschriften, die Karls Gefühlsleben farblich wiederspiegeln. Ein absolut gelungener Roman über Entwicklung und Erinnerungen, Erwachsenwerden und Wieder Kind sein wollen sowie der Suche nach einem eigenen Platz in der Welt.

Veröffentlicht am 10.06.2018

Unterhaltsames Musical-Projekt an einer Brennpunkt-Schule

Wenn's einfach wär, würd's jeder machen
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Kurz vor den Sommerferien erfährt Annika, die Lehrerin für Musik und Geographie am renommierten Werther-Gymnasium in Hamburg ist, dass sie die Schule wechseln muss. Ausgerechnet sie soll gleich nach den ...

Kurz vor den Sommerferien erfährt Annika, die Lehrerin für Musik und Geographie am renommierten Werther-Gymnasium in Hamburg ist, dass sie die Schule wechseln muss. Ausgerechnet sie soll gleich nach den Ferien an die unterbesetzte Astrid-Lindgren-Schule ausgeliehen werden, die weithin als Brennpunkt-Schule bekannt ist! Um schnell zurückgeholt zu werden gründet sie dort eine Musical-AG, mit der sie einen Preis gewinnen will. Doch vieles läuft anders als geplant: Als Unterstützung muss sie ausgerechnet ihre Jugendliebe Tristan anheuern, ihr neuer Nachbar Sebastian ist sympathischer als gedacht und will das Bühnenbild bauen, und die Kids sind vielleicht doch gar nicht alle so schlimm…

Auch dieser Sommer bringt ein neues Buch von Petra Hülsmann mit sich, auf das ich mich sehr gefreut habe. Wie die anderen Bücher spielt es in Hamburg, und diesmal taucht man an der Seite von Annika in den Lehrerberuf ein. Gleich auf den ersten Seiten erfährt sie ausgerechnet an ihren siebenundzwanzigsten Geburtstag, dass sie nach den Sommerferien erst einmal nicht an ihr geliebtes Gymnasium zurückkehren wird, sondern an eine Brennpunkt-Schule ausgeliehen wird.

Annika versinkt im Selbstmitleid, doch es ist unvermeidbar, dass sie ihren Dienst an der Astrid-Lindgren-Schule antritt. Die Schüler dort sind genauso unmotiviert, wie sie es befürchtet hat. Sie meckert und leidet und ist taub für die Einwände ihres neuen Nachbarn Sebastian, der selbst früher an der ALS war und es auch wieder nicht so schlimm fand. Erst ihre alten Kollegen öffnen ihr die Augen, warum es überhaupt sie getroffen hat: Als einzige Lehrerin mit der gesuchten Fächerkombination hat sie zwar guten Unterricht gemacht, sich darüber hinaus aber nirgends engagiert. Vielleicht darf sie zurück, wenn sich das ändert? So kommt es, dass Annika an der ALS die Musical-AG gründet.

Die Protagonistin ist mit ihrer selbstbezogenen Art erst mal nicht wirklich eine Sympathieträgerin. Das wird ihr aber auch durch ihre Umwelt zurückgespiegelt, sodass sie ins Nachdenken kommt, wie sie sich verhält und was das für Reaktionen hervorruft. Mir hat es großen Spaß gemacht, die Vorbereitungen auf das Musical mitzuerleben. Was die Schüler angeht überspitzt die Autorin mit einem Augenzwinkern so manchen Typ, das Resultat erinnert ein bisschen an Fack ju Göhte. Damit endet aber auch die Ähnlichkeit, denn Petra Hülsmann lässt die AG ihr ganz eigenes Abenteuer erleben.

Auch Freundschaft und Liebe dürfen in diesem Buch nicht fehlen. So wird bald Annikas Jugendliebe Tristan, der als Regisseur gerade auf einen neuen Job wartet, in die Vorbereitungen eingespannt. Damals hat er Annika eine Abfuhr erteilt, trotzdem vergleicht sie immer noch jeden Mann mit ihm. Hat sie nach all den Jahren vielleicht endlich eine Chance bei ihm? Auch Annikas WG-Leben konnte mich unterhalten. Sie wohnt mit einer Freundin zusammen und hat ständig Besuch von der Männer-WG nebenan. Kai und Sebastian lassen sich gern bekochen und kümmern sich dafür um die technischen Dinge. Dabei kommt es zu vielen unterhaltsamen Szenen, die das Buch zu einer kurzweiligen Lektüre machen.

In „Wenn’s einfach wär, würd’s jeder machen“ versucht Annika, mit Schülern einer Hamburger Brennpunkt-Schule ein Musical auf die Beine zu stellen. Die Höhen und Tiefen, die die AG dabei erlebt, werden humorvoll erzählt. Auch eine Liebesgeschichte darf nicht fehlen. Für mich ist es wieder ein rundum gelungener Roman von Petra Hülsmann, den ich sehr gern weiterempfehle.

Veröffentlicht am 10.06.2018

Psychologische Spannung mit einigen Überraschungen

Der Kreidemann
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Im Jahr 1986 sind Eddie Munster, Fat Gav, Hoppo, Metal Mickey und Nicky eine Gang, die zusammen durch dick und dünn geht. Im Jahr 2006 rekapituliert Eddie die Monate, in denen sich alles ändern sollte. ...

Im Jahr 1986 sind Eddie Munster, Fat Gav, Hoppo, Metal Mickey und Nicky eine Gang, die zusammen durch dick und dünn geht. Im Jahr 2006 rekapituliert Eddie die Monate, in denen sich alles ändern sollte. Erst kommt ein neues Lehrer an die Schule: Mr. Halloran ist ein Albino und deshalb ganz blass, und er bringt die Gang auf die Idee, sich mit Kreide Botschaften zu hinterlassen. Dann kommt es zu einem Unfall, einem Überfall, schweren Beschuldigungen und schließlich einem grausigen Fund… und irgendjemand scheint die Kreidezeichen der Gang für seine Zwecke zu missbrauchen. Auch im Jahr 2006 scheinen die Ereignisse noch nicht ganz abgeschlossen.

Schon im Prolog dieses Thrillers kommt es zu einer schauderhaften Entdeckung: Jemand findet Teile einer Mädchenleiche im Wald und nimmt den Kopf mit, den die Polizei nie findet. Wer hat den Kopf mitgenommen? Ist es die gleiche Person, die den Mord begangen hat? Warum findet die Polizei die Leiche erst einige Stunden später?

Meine erste Vermutung nach diesem Prolog war, dass die Geschichte im selben Tempo weitergeht und nun alle paar Seiten eine Leiche gefunden wird, doch dem ist nicht so. Wer eine rasante, blutrünstige Story erwartet, ist hier falsch. Stattdessen wird die Geschichte in ruhigem Tempo abwechselnd auf zwei Zeitebenen erzählt. Im Jahr 2006 wohnt Eddie, aus dessen Sicht die Geschichte erzählt ist, noch immer in seinem Elternhaus und ist inzwischen Lehrer. Er hat nur noch zu zwei Freunden aus der alten Gang Kontakt. Doch erhält er einen Brief mit einem Strichmännchen am Galgen und einem Stück Malkreide. Warum spielt ausgerechnet jetzt jemand auf die Ereignisse von damals an und warum? Eddie blickt ins Jahr 1986 zurück und erzählt dem Leser, was damals vorgefallen ist beginnend mit dem Tag, an dem sein zwölfjähriges Ich Mr. Halloran kennenlernte und gemeinsam mit ihm ein Leben rettete.

Die Geschichte nimmt sich viel Zeit, um dem Leser das Beziehungsgeflecht begreiflich zu machen. Es erklärt, wie die Mitglieder der Gang 1986 zueinander stehen und was sich während der fatalen Ereignisse und in den Jahren danach verändert hat. Darüber hinaus blickt es auf die anderen Charaktere der Kleinstadt, mit denen die Freunde Kontakt haben wie ihre Eltern und Lehrer. Alles nur, um vom Täter abzulenken? Nein! Im Laufe der Lektüre begreift man, wie geschickt die Autorin verschiedene Handlungselemente miteinander verknüpft hat und wie gut man die einzelnen Charaktere kennen muss, um nachvollziehen zu können, was geschehen ist. Als Leser kann man viel spekulieren und liegt vielleicht sogar mal richtig, doch die Geschichte besitzt eine gewisse Komplexität, durch die man unmöglich alles durchschauen kann.

„Der Kreidemann“ wird in ruhigem Tempo erzählt und setzt bietet dem Leser psychologische Spannung mit unerwarteten Vorfällen und überraschenden, aber plausiblen Antworten. Vieles ist nicht so, wie es zunächst den Anschein hat. Damit hat mich das Buch bis zu seinem verblüffenden und doch einleuchtendem Ende unterhalten können. Ein wirklich gelungenes Debüt!

Veröffentlicht am 10.06.2018

Neue Einblicke in die Welt der Besonderen

Die Legenden der besonderen Kinder
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„Die Legenden der besonderen Kinder“ nimmt den Leser mit in die Welt der Besonderen. Millard Nullings hat einige der Legenden aufgeschrieben, welche die Besonderen von Generation zu Generation weitergeben. ...

„Die Legenden der besonderen Kinder“ nimmt den Leser mit in die Welt der Besonderen. Millard Nullings hat einige der Legenden aufgeschrieben, welche die Besonderen von Generation zu Generation weitergeben. Da geht es zum Beispiel um eine Prinzessin mit einer gespaltenen Zunge, die ihre Gabe geheim halten muss. Oder einen Jungen, der Strömungen kontrollieren kann. Auch die historisch belegte Geschichte der ersten Ymbryne findet man in dieser Sammlung.

Nachdem mich die Trilogie rund um die besonderen Kinder sehr begeistern konnte, habe ich mich über die Nachricht gefreut, dass es mit den Legenden einen Ergänzungsband geben wird. In diesem lässt Ransom Riggs den Lesern der Trilogie bereits bekannten Millard Nullings zu Wort kommen. Dieser hat zehn verschiedene Legenden aus seiner Welt zusammengetragen. Nach einem unterhaltsamen Vorwort, in dem darauf hingewiesen wird, dass der Inhalt wirklich nur für die Augen von Besonderen bestimmt ist, geht es mit der ersten Legende los.

Den Legenden vorangestellt ist jeweils eine Illustration von Andrew Davidson. Diese greifen immer ein Detail aus der Geschichte auf – meist zeigen sie den oder die Besonderen, um die es in der Geschichte geht. Die gelungenen Illustrationen sowie die hochwertige Aufmachung des Buches machen dieses zu einem kleinen Schmuckstück.

Die Legenden haben Märchencharakter: In vielen Fällen müssen die Charaktere lange mit Rückschlägen und Ablehnung kämpfen, dabei gibt es immer eine Moral und fast immer ein Happy End. Dabei sind die einzelnen Legenden sind abwechslungsreich und geben ganz verschiedene Einblicke in die Welt der besonderen. In der Trilogie hat man einen Teil dieser Welt schon kennengelernt. In den Legenden trifft man deshalb einige bekannte Wesen wieder wie Ymbrynen oder die sprechende Emu-Raffe. Man lernt aber auch Besondere mit bislang unbekannten Fähigkeiten kennen und erfährt, was sie mit diesen Gutes und Böses vollbringen können.

Das Buch kann man theoretisch ganz ohne Vorkenntnisse lesen. Mehr Spaß macht es aber auf jeden Fall, wenn man wenigstens „Die Insel der besonderen Kinder“ gelesen oder als Film gesehen hat – dann kennt man den „Autor“ Millard und die Welt der Besonderen, in der die Geschichten angesiedelt sind. Wen die Welt der Besonderen begeistern kann, für den ist dieses Buch die perfekte Ergänzung!

Veröffentlicht am 10.06.2018

Warum hat Lenas verstorbene Mutter als Teenager Italien verlassen?

Zwischen dir und mir das Meer
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Lena Sanders lebt und arbeitet auf Amrum. Als sie eines Tages nach einer Nachtschicht im Hospiz nach Hause kommt, steht ein attraktiver Fremder vor ihrer Tür, der die Familie Sanders sucht. Er gibt vor, ...

Lena Sanders lebt und arbeitet auf Amrum. Als sie eines Tages nach einer Nachtschicht im Hospiz nach Hause kommt, steht ein attraktiver Fremder vor ihrer Tür, der die Familie Sanders sucht. Er gibt vor, Eier bei ihrer Großmutter kaufen zu wollen. Doch als er hört, das Lenas italienische Mutter Mariella vor fast zwanzig Jahren gestorben ist, ist er im Nu wieder von der Insel verschwunden. Lena hat nur einen Namen – Matteo Forlani – und Fotos, die er versehentlich im Hotel zurückgelassen hat. Ausgerechnet von ihrer Mutter in jungen Jahren! Gemeinsam mit ihrer Schwester Zoe macht sich Lena auf an die Amalfiküste, um mehr darüber herauszufinden, warum ihre Mutter damals Italien verlassen hat.

Im letzten Jahr konnte mich bereits „Immer wieder im Sommer“, der erste Amrum-Roman der Autorin begeistert. Dort spielt Lena bereits eine kleine Rolle, und ich habe mich sehr gefreut, dass sie in „Zwischen dir und mir das Meer“ nun zur Protagonistin wird. Der Prolog nimmt den Leser mit nach Ravello im Jahr 1972, wo Lenas Mutter Mariella zum ersten Mal Francesca Forlani begegnet, der Tochter des neuen Chefs ihres Vaters.

In der Gegenwart ist Mariella schon seit fast zwanzig Jahren tot. Sie ist eines Tages aufs Meer hinausgeschwommen und nicht mehr zurückgekehrt. Lena lebt bei ihrem Vater und ihrer Oma. Als Matteo Forlani vor ihrer Tür steht, bringt das ihr Leben ganz schön durcheinander. Zwar ist er nach wenigen Minuten wieder verschwunden, doch die Fotos ihrer Mutter in jungen Jahren, die er im Hotel vergisst, wecken Lenas Neugier. Mariella hat nie irgendetwas über ihr Leben in Italien erzählt. Warum hat sie das Land überhaupt verlassen?

Ich fand es nachvollziehbar, dass Lena nach diesem Fund nach Italien fahren will. Gut hat mir gefallen, dass ihre Schwester Zoe sie begleitet, die gerade für eine kurze Pause von ihrer beständigen Weltreise nach Amrum gekommen war. Die beiden sind ganz unterschiedlich und ihr Umgang miteinander nicht ganz unbefangen. Was ist zwischen ihnen vorgefallen? Die Fotos ihrer Mutter geben Hinweise, wo sie suchen müssen, sodass sie schon bald an der Amalfiküste eintreffen. Dort begeben sie sich auf Spurensuche, machen überraschende Entdeckungen und erleben abenteuerliche Momente.

Immer wieder springt das Buch in die Vergangenheit und berichtet von der Freundschaft zwischen Mariella und Francesca. Während Francescas Vater zu Mariella immer nett ist, erfährt diese von ihrem eigenen Vater, dass er ein rücksichtsloser Chef ist. Können die beiden trotzdem beste Freundinnen sein? Man begleitet sie über mehrere Jahre, in denen sie langsam erwachsen werden. Dabei hätte ich mir noch tiefere Einblicke in ihre Gefühle gewünscht, denn einiges kam für mich überraschend.

An Lenas Seite verbringt man als Leser eine aufregende Zeit in Italien. Lena muss vieles hinterfragen, denn sie erfährt ganz neue Dinge über ihre Mutter und deren Familie, verliebt sich, muss sich mit ihrer Schwester arrangieren und schmiedet Pläne für die Zukunft. Die Geschichte hat schöne und romantische, aber auch berührende Momente, was sie zu einem gelungenen Gesamtpaket macht.

In „Zwischen dir und mir das Meer“ reist Lena mit ihrer Schwester Zoe von Amrum an die Amalfiküste, um mehr über ihre verstorbene Mutter herauszufinden, welche die Gegend als Teenager auf Nimmerwiedersehen verlassen hat. Das Buch bietet eine interessante Spurensuche, bei der es um Familie, Freundschaft und Liebe geht. Über Mariellas Gefühlsleben hätte ich gerne noch mehr erfahren. Ich vergebe 5 Sterne.