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Veröffentlicht am 17.06.2018

Einmal Masserberg - immer Masserberg

Masserberg
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Die 17-jährige Mel Tauber kommt wegen ihrer Erblindung in die Augenheilstätte Masserberg in Thüringen. Ihr geht es hier nicht wirklich gut, bis ein junger neuer Arzt in der Klinik anfängt und Farbe in ...

Die 17-jährige Mel Tauber kommt wegen ihrer Erblindung in die Augenheilstätte Masserberg in Thüringen. Ihr geht es hier nicht wirklich gut, bis ein junger neuer Arzt in der Klinik anfängt und Farbe in Mels Leben bringt.

Ich habe mich anfangs etwas schwer getan. Vor allem mit Mel – frech, unangepasst, schrill, aber auch künstlerisch sehr begabt und vor allem sehr verletzlich und manchmal auch ängstlich. Als ich mich aber mit Mel, die den Altersschnitt der Augenheilklinik am Masserberg drastisch senkt, arangiert hatte und sie richtig sympatisch fand, war es für mich nur noch ein Lesegenuss.
Ich tauche ein in die ehemalige DDR. Manches ist für mich Westling nicht zu greifen, nicht zu verstehen. Aber durch den immer wieder einfließenden sarkastischen Humor und kleine Seitenhiebe auf das system hatte ich immer beste Unterhaltung.

Fasziniert hat mich die exzellent sich ausdrückenden deutsche Sprache, die Else Buschheuer so gekonnt einsetzt, dass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen wollte. Sie hat mich auf eine ganz besondere Art und Weise beeindruckt, berührt und mit ihren tollen Bildern, die sie mit Worten zeichnet, meinen Blick auf Masserberg zu fesseln vermocht.

Wer hier einen alltäglichen Arztroman mit einer kleinen Romanze vermutet, der liegt absolut falsch. Obwohl gerade die Freundschaft eine große beeindruckende Rolle spielt. Und auch die Liebe, mag sie noch so kurz sein.

Ich bin mit Mel durch Höhen und Tiefen gegangen, habe über sie geschmunzelt und auch den Kopf geschüttelt. Schlussendlich aber hatte ich drei wunderbare, mich fesselnde Lesetage.

Veröffentlicht am 14.06.2018

Knifflig, ziemlich schräg und genial

Eifersucht
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Warum muss Rechtsanwältin Rachel Eisenberg gerade in dem Moment in Münchens größtem Biergarten, dem Hirschgarten, eine Pause einlegen, als eine Bekannte von ihr, Judith Kellermann, festgenommen wird. Natürlich ...

Warum muss Rechtsanwältin Rachel Eisenberg gerade in dem Moment in Münchens größtem Biergarten, dem Hirschgarten, eine Pause einlegen, als eine Bekannte von ihr, Judith Kellermann, festgenommen wird. Natürlich bittet Judith, die ihren Lebensgefahrten in seiner Holzhütte in der Nähe von Straßlach in die Luft gesprengt haben soll, Rachel um ihren Beistand. Für die Rechtsanwältin, die das Mandat übernimmt, beginnt die Suche nach einem Täter, den niemand zu kennen scheint, und der sich auch vor einem weiteren Mord nicht scheut.

Genau wie eine eventuelle Zeugin fand ich den Fall anfangs "ziemlich schräg". Aber Andreas Föhr schafft es excellent alles so aufzudröseln und aufzulösen, dass ich mit dem Ende absolut überzeugt zurück geblieben bin. Der Fall strotzt nur so von falschen Verdächtigungen und Fährten, auf die auch ich mich immer wieder habe locken lassen. Ich habe es genossen, mich an Rachel anhängen zu können und gemeinsam mit ihr und einem Detektiv den kniffligen Fall bis zum Ende zu begleiten.
Der Spannungsbogen ist ab der ersten Seite sehr hoch, was sich bis zur Auflösung nicht ändert. Ber nicht nur die Spannung des Fales hat mich in Beschlag genommen, auch ein privates Geheimnis, dass Rachel seit fast 30 Jahren belastet, löst sich ganz langsam auf. Wie schrecklich muss es sein, nach der Tragödie, die sie erlebt hat, niemanden an seiner Seite zu haben.
Durch Rückblicke ins Jahr 2012 lerne ich die Angeklagte Judith näher kennen. Und es ist schon zu vermuten, dass das alles mit dem Hier und Heute zu tun hat. Aber es hat lange gedauert, bis ich begriffen habe, welche Zusammenhänge hier bestehen.
Rachel, ihre Tochter Sarah, ihren Mann Sascha, von dem sie getrennt lebt, aber die Kanzlei noch zusammen betreibt und einige andere Personen aus ihrem Umfeld kenne ich schon aus ihrem ersten Fall. Ich mag es sehr, wenn ich die Ermittler nicht nur beim ermitteln begleiten darf, sondern auch etwas aus ihrem Privatleben erfahre. Und auch hier stimmt für mich das Zusammenspiel zwischen dem Kriminalfall und dem Privaten.
Für mich ist es immer absolut spannend, wenn ich bei Ermittlungen in und um München herum teilnehmen kann. Da kenne ich mich größtenteils aus und mein Kopfkino beamt mich sofort zu den Stellen, die ich beim Lesen beschrieben sehe. Hier z.B. habe ich ein 12-stöckiges Hochhaus im Nachbarviertel direkt vor Augen. Bei solchen Büchern bin ich noch mehr mittendrin.

Ich bin mitgerissen worden, habe Rachel Eisenberg über die Schulter und dem eigentlichen Täter in seine Gedanken schauen dürfen. Ich wurde allerbestens unterhalten und wünsche mir bitte bald mehr davon.

Veröffentlicht am 10.06.2018

Unglaublich und erschütternd

Gleis der Vergeltung
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Lynn-Elisabeth von Raaben und Benedikt Hallbach wollen die Gäste zu ihrer Hochzeit am 06. Mai 2010 schockieren. Sie planen, anstatt mit einer weißen Limousine mit einem Roller beim Standesamt vorzufahren. ...

Lynn-Elisabeth von Raaben und Benedikt Hallbach wollen die Gäste zu ihrer Hochzeit am 06. Mai 2010 schockieren. Sie planen, anstatt mit einer weißen Limousine mit einem Roller beim Standesamt vorzufahren. Doch zu dieser Hochzeit soll es nicht kommen. Benedikt verunglückt auf dem Weg zu seiner Braut tödlich.
7 Jahre später meldet sich bei Lynn eine Frau, die den Unfall gesehen haben will. Sie behauptet, es sei kein Unfall gewesen und sie kenne die beiden Männer und die Frau, die für den Tod von Benedikt verantwortlich seien.
Und Lynn, die seit damals in einem Loch der Trauer gefangen scheint, entwirft zusammen mit genau dieser Frau einen entsetzlichen Racheplan. Dabei merkt sie nicht, dass sie zum Spielball in einem perfiden Spiel wird.

Das Interesse für dieses Buch hat schon das Cover geweckt. Es zieht mich magisch an und ich habe mich gefragt: Was hat es mit der jungen Frau im Brautkleid auf den Gleisen auf sich?

Der Einstieg ins Buch war für mich nicht ganz einfach. Ich musste mich erst auf die verschiedenen Zeitebenen und den unterschiedlichen Schauplätzen zurecht finden. Das ist mir aber schnell gelungen. Jedes Kapitel wird mit Namen eingeleitet, so dass ich immer genau weiß, um wessen Geschichte es sich hier gerade handelt.
Astrid Korten hat es sehr schnell geschafft meine absolute Aufmerksamkeit auf die Geschichte zu lenken, mich regelrecht an das Buch gefesselt und darin gefangen. Schnörkellos und ohne Wertung erzählt sie von einer nach aussen scheinbar tadellosen Familie, von Scheidungskrieg, von Demenz, von sexuellem Missbrauch und sie lässt mich tief in die Seelen und Abgründe der Protagonisten schauen.
Die gesamte Geschichte dreht sich hauptsächlich um Benedikt und um die Rache, mit der sich Lynn auseinanderzusetzen hat, bis sie merkt, dass sie gerade wieder zum Opfer wird. Dazu kommen diverse Nebenschauplätze, die sich alle lückenlos und nachvollziehbar in die Hauptgeschichte einfügen.
Die Protagonisten sind so detailliert beschrieben, dass ich sie mir sehr gut vorstellen kann. Die Autorin macht es mir leicht, mich auch in das Gefühlsleben der meisten Personen hinein denken zu können. Manches ist allerdings so ungeheuerlich, dass es wirklich kaum zu glauben ist. Schlimm wird es für mich immer dann, wenn ich mir vorstelle, dass dies alles auf einem wahren Kriminalfall beruht. Da stockt mir immer wieder der Atem und auf meinen Armen stellen sich die Haare auf.
"Gleis der Vergeltung" macht mich sprachlos, geht mir unter die Haut, berührt mich sehr und wird mich noch lange beschäftigen. Und ich hoffe, dass sich noch viele Leserinnen und Leser diesem immer noch totgeschwiegenen Thema annehmen und das Buch lesen werden.
Meine absolute Leseempfehlung für das beste Buch, das ich seit langem gelesen habe!

Veröffentlicht am 10.06.2018

Ein Thriller der leisen Töne

Der Kreidemann
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Es geht sehr fröhlich zu auf der Kirmes im südenglischen Städtchen Anderbury. Bis sich plötzlich aus einem der Fahrgeschäfte eine Gondel löst und herum fliegende Eisenteile einem Mädchen das halbe Gesicht ...

Es geht sehr fröhlich zu auf der Kirmes im südenglischen Städtchen Anderbury. Bis sich plötzlich aus einem der Fahrgeschäfte eine Gondel löst und herum fliegende Eisenteile einem Mädchen das halbe Gesicht weg reißen. Zusammen mit einem großen, bleichen, hageren Mann bleibt der 12-jährige Eddie Adams bei ihr bis der Krankenwagen sie abholt. Der Mann, den Eddie dort kennengelernt hat, ist ein neuer Englischlehrer an seiner Schule und er zeichnet mit Kreide. Von ihm schauen sich Eddie und seine Freunde Hoppo, Metal Mickey, Fat Gav und Nicky bunte Strichmännchen ab, die sie ab jetzt als Erkennungs- und Geheimzeichen nutzen. Bis weiße Strichmännchen die Clique eines Tages zu einer weiblichen Leiche führen.
Als Eddie und seine Freunde von damals 30 Jahre später Mitteilungen mit weißen Strichmännchen erhalten, wir die Vergangenheit für sie wieder lebendig und zwingt sie, sich damit auseinander zu setzen.

Die Geschichte, erzählt auf zweit Zeitebenen: einmal die Ich-Erzählebene des 12-jährigen Eddie in der Vergangenheit und einmal die des 42-jährigen Ed in der Gegenwart.
Der Prolog beginnt sofort sehr spannend und reißt mich gleich mitten hinein in die Geschehnisse in Anderbury 1986. Ab dem anschließenden Jahr 2016 wird es allerdings etwas ruhiger, gemächlicher, spannend bleibt es allerdings bis sich endlich alle Fragen klären und sich alles schlüssig und glaubhaft auflöst.

C.J. Tudor erzählt die Geschichte von Eddie, seinen Freunden und ihren Familien sehr lebendig, flüssig und leicht zu lesen. Die doch sehr unterschiedlichen Charaktäre schieben sich mit ihren Besonderheiten, Ecken und Kanten bildhaft, präzise und sehr gut vorstellbar vor mein inneres Auge. Ich finde es interessant, die Kinder und z.T. auch ihre Eltern sowohl 1986, als auch 2016 kennenzulernen und ihre Schicksale und ihren Werdegang beobachten zu können. Dabei kommt immer mehr zum Vorschein, was bei den Bewohnern in der Kleinstadt im Verborgenen liegt. Nach und nach kommt einiges ans Tageslicht, was eigentlich im Dunkeln bleiben sollte. Und so langsam formt sich ein Bild, bei dem erst ganz zum Schluss klar wird, was und warum sich einiges so verhält, wie es nun aufgedeckt wird.

Auch die Umgebungen und die besonderen Ort, die hier angesprochen werden, werden klar und deutlich geschildert und ich fühle mich in Anderbury auf der Kirmes oder im dicht bewachsenen Wald mittendrin.

"Der Kreidemann" hält nur wenige blutige Stellen für mich parat, was meinem Lesegeschmack sehr entgegen kommt. Die Geschichte ansich ist eher ruhig und man meint, sie plätschert einfach so dahin. Dabei fesselt sie trotzdem. Dann gibt es nicht zu erklärende Umstände, gruselige und unheimliche Szenen und Begegnungen, die es mir richtig schwer gemacht haben, das Buch mal zur Seite zu legen. Die Cliffhänger nach jedem Abschnitt tun ihr Übriges.

Obwohl ich mir von dieser Geschichte etwas ganz anderes erwartet hatte, bin ich absolut begeistert. Die Autorin versteht es gekonnt, leise Töne mit Hintergründigem zu vermischen. Sie lässt Gänsehaut entstehen und sät immer wieder Zweifel an dem Gelesenen.

Wer es mag die verschiedensten Geheimnisse zu ergünden, mit den Protagonisten auf Spurensuche in der Vergangenheit und der Gegenwart zu gehen und sich nicht scheut auch mal in Abgründe zu schauen, der ist hier genau richtig.

Veröffentlicht am 07.06.2018

Mia Kaminski - die etwas andere Ermittlerin

Der letzte Gast
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Maria-Antonia "Mia" Kaminski, 34, verdient sich in München als Dogwalkerin ihren Lebensunterhalt. Berna Kiening, 69, eine ihrer Kundinnen mit Pudel Coco beabsichtigt wegen ihrer unheilbaren Nervenkrankheit ...

Maria-Antonia "Mia" Kaminski, 34, verdient sich in München als Dogwalkerin ihren Lebensunterhalt. Berna Kiening, 69, eine ihrer Kundinnen mit Pudel Coco beabsichtigt wegen ihrer unheilbaren Nervenkrankheit in 14 Tagen in der Schweiz ihrem Leben ein Ende setzen zu lassen. Ihre Schwester, ihre beiden Neffen und ihre Nichte versuchen alles um ihr diese Idee auszureden. Wollen sie evtl. sogar entmündigen lassen. Die kommenden 2 Wochen will Berna nun noch nutzen um sich von Freunden zu verabschieden und noch einmal die Stellen aufsuchen, die ihr besonders am Herzen liegen. Doch dann ist Berna tot, stranguliert, und das kurz nachdem sie sich an der Haustür, wie Mia es scheint, endgültig von ihr verabschiedet hat. Mia stellt die letzten Worte von Berna an sich infrage und versucht auf eigene Faust den Mörder ausfindig zu machen. Hat der machtbesessene und skrupellose Neffe Nikolai Nawrath etwas mit dem Tod der alten Dame zutun? Oder liegt es an dem Testament, das zur Unterschrift beim Notar bereit liegt? Die Beweislage scheint eindeutig, aber Mia bekommt immer mehr Zweifel und merkt bei ihren "Schnüffeleien" nicht, wie sie sich selbst immer wieder in Gefahr bringt.

Der Kriminalfall, den mir Mia aus ihrer Sicht in allen Einzelheiten schildert, scheint eindeutig. Der Beschuldigte hat ein Motiv, die Indizien sind eindeutig, aber sie hat ihre Zweifel. Und die begleiten sie und mich durch einige Wendungen bis zur endgültigen Auflösung. Spannungsgeladen ab der ersten Seite, unterbrochen durch die Schilderungen der Hunde, die Mia betreut und von denen einer eine ganz besondere Rolle hier spielt, düse ich nur so durch die Seiten. Ich bin mit Mia ohne es zu wissen immer mal wieder ganz nahe am Mörder dran. Was mich zum Schluss sogar etwas erschreckt hat. Hier am Ende löst sich alles sehr real auf und ich bin froh, dass nicht mehr passiert ist. .

Ich finde es toll mit Mia mal einer ganz anderen Art von Ermittlern zu begegnen. Sie reagiert oft so ganz anders als ich es z.B. von den beiden Kriminalermittlern, die hier auch tätig sind, gewohnt bin. Was aber auch dafür sorgt, dass ich oft denke: So doch nicht Mädel. Aber sie macht ihre Sache im Großen und Ganzen sehr gut. Ich habe sie mit ihrer aufrichtigen, gradlienigen und herzlichen Art sofort ins Herz geschlossen. Genau so wie Greta, eine Dame, die mit ihrer Tochter in der Wohnung über ihr wohnt. Warum, das werdet ihr beim Lesen sehr schnell heraus bekommen. Und natürich die Hunde, mit denen ich durch den Englischen Garten und am Eisbach entlang streife und die den Kriminalfall etwas auflockern.
Auch die anderen Protagonisten kann ich mir gut vorstellen und meine Sympathien bzw. Antipathien, die es auch gibt, sind schnell verteilt.
Die bildhaften Beschreibungen, die immer wieder vorkommen, tragen dazu bei, dass mein Kopfkino ständig routiert.

Das die Geschichte in München spielt hat mich von daher fasziniert, dass ich alle Wege, die Mia mit ihren Hunden oder mit Greta geht, im Geiste mit gehen kann. Denn hier kenne ich mich aus. Da macht mir das Lesen noch einen Tick mehr Spaß. Und als Nicht-Münchner bekommt man den Beschreibungen z.B. vom Odeonsplatz oder dem Hofgarten bestimmt Lust, sich das auch mal anzuschauen.

Was meinen Augen aufgefallen ist, ist die vergleichsweise große Schrift, die sie als sehr angenehm empfunden haben.

Zum Schluss noch ein Zitat, das mir sehr gut gefallen hat: „Das Leben meisterst du nur, wenn du schwimmst, nicht, wenn du alles nur vom Beckenrand aus beobachtest.“

Spannende Unterhaltung, ein Kriminalfall bei dem ich mittendrin bin und miträtseln kann und ein Schreibstil, der mich an die Seiten fesselt – das alles hat dieser wieder sehr gute Kornbichler-Krimi.