Platzhalter für Profilbild

Alphafrau

Lesejury Star
offline

Alphafrau ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Alphafrau über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.08.2018

Verliebt, verlobt, verheiratet?

Sommerglück auf Fehmarn
0

In den schönsten Wochen des Jahres greife ich gern zu einem heiteren Liebesroman, der mir ein Lächeln auf die Lippen zaubert. Diesmal ist meine Wahl auf das Buch "Sommerglück auf Fehmarn" von Sandra Grauer ...

In den schönsten Wochen des Jahres greife ich gern zu einem heiteren Liebesroman, der mir ein Lächeln auf die Lippen zaubert. Diesmal ist meine Wahl auf das Buch "Sommerglück auf Fehmarn" von Sandra Grauer gefallen, das mich auf meinem Reader in den Urlaub begleitet hat.

Im Mittelpunkt steht Emily, die ihren Traum verwirktlicht und n den vergangenen Jahren erste berufliche Erfahrungen im Management einer großen Hotelkette auf Fuerteventura gesammelt hat. Als sie sowohl beruflich als auch privat das große Glück in ihren Händen zu halten scheint, erhält sie eine merkwürdige Nachricht: "Emily, glaub mir. Ich bilde mir das nicht ein: Das Hotel steckt in großen Schwierigkeiten." Der unerwartete Hilferuf ihrer Mutter und die Bitte, rasch nach Hause zu kommen, bringen Emily völlig aus dem Konzept. Zwar hat sie Fehmarn vor Jahren den Rücken gekehrt, das kleine Familienhotel am Strand liegt ihr aber noch immer am Herzen. So aufgeregt ist Emily, dass ihr erst viel später auffällt, dass ihr Freund ihr gerade einen Antrag machen wollte. Nicht das beste Vorzeichen für ihren Plan, die "Strandperle" in ein Romantikhotel umzuwandeln und Verliebten bei der Organisation des perfekten Heiratsantrags zu helfen.

Das Cover besticht durch seine frischen Farben und zeigt ein reetgedecktes kleines Haus, das inmitten einer idyllischen Landschaft gelegen ist. Auch der Titel ist geschickt gewählt und verspricht die perfekte Ferienlektüre. Laut Klappentext darf sich der Leser auf kleines Hotel am Strand von Fehmarn, eine chaotisch-liebenswerte Familie und jede Menge Heiratsanträge freuen. Kann man sich mehr für seine Urlaubslektüre wünschen?

Tatsächlich ist Sandra Grauer ein sommerlich-humorvoller Roman mit bezauberndem Schauplatz gelungen. Der Plot ist schön umgesetzt worden, und das Setting auf der beliebten Insel an der Ostsee gut gewählt. Das Geschehen wird aus der Ich-Perspektive von Emily geschildert, die aufgrund der familiären Probleme wieder in ihre Heimat zurückkehrt. Der lakonische Schreibstil ist perfekt auf die kühle, rationale Protagonistin abgestimmt, die nach ihrer persönlichen Selbstverwirklichung strebt und lieber auf ihren Kopf als auf ihr Herz hört. Auch wenn sie das familieneigene Unternehmen zu einem Romantikhotel umfunktionieren will, um eine geschäftliche Pleite zu vermeiden, haben große Gefühle nicht allzu Platz in ihrem Leben.

Sandra Grauer hat einen ausgeprägten Sinn für Humor, und wir schwimmen in diesem Punkt auf einer Wellenlänge, wenn ich es mal so ausdrücken darf. Leider hat mich das Buch nicht völlig überzeugen können. Minuspunkte gibt es für die extrem vorhersehbare Liebesgeschichte, die von den ersten Seiten an viel zu direkt auf das Happy-End zusteuert und Esprit und Raffinesse vermissen lässt. Auch die Charaktere sind zu eindimensional konstruiert und wirken blass und oberflächlich. Dies gilt vor allem für die Eltern von Emily, die ihr eigenes Benehmen an keiner Stelle in Frage stellen und jegliche Einsicht in ihre Fehler vermissen lassen.

Alles in allem ist noch etwas Luft nach oben. Deshalb habe ich mich heute für eine Bewertung mit 3,5 Sternen für ein humorvolles Buch entschieden, das seinen festen Platz im Urlaubskoffer finden sollte.

Veröffentlicht am 11.06.2018

Goldrausch

Save You
0

Love is like a piece of gold, hard to find and hard to hold.

Dieses Sprichwort läßt sich auf den zweiten Teil der neuen Trilogie anwenden, den Mona Kasten vor wenigen Wochen präsentiert hat. Ihre Protagonistin ...

Love is like a piece of gold, hard to find and hard to hold.

Dieses Sprichwort läßt sich auf den zweiten Teil der neuen Trilogie anwenden, den Mona Kasten vor wenigen Wochen präsentiert hat. Ihre Protagonistin Ruby ist am Boden zerstört. Noch nie hatte sie für jemanden so intensive Gefühle wie für James — und noch nie wurde sie so verletzt. Sie wünscht sich ihr altes Leben zurück — als sie auf dem Maxton Hall College niemand kannte und sie kein Teil der elitären und verdorbenen Welt ihrer Mitschüler war. Doch sie kann James nicht vergessen, vor allem nicht, als dieser alles daransetzt, sie zurückzugewinnen.

Für den zweiten Teil der Trilogie ist das auffällige Cover, das ganz in Gold gehalten ist, beibehalten worden. Was den prägnanten Titel betrifft, hat man lediglch das Possessivpronomen ausgetauscht. Aus diesem Grunde ist der Wiederkennungswert in einer Buchhandlung relativ hoch.

Was den Inhalt des Romans betrifft, darf der Leser die weitere Entwicklung der komplizierten Liebesbeziehung zwischen Ruby, dem ehrgeizigen, sympathischen Mädchen aus einem einfachen Elternhaus, und James, dem arroganten, verwöhnten Erben eines renommierten Unternehmens, der gerade seine Mutter verloren hat, verfolgen. Aber auch die Entwicklung der (ungeplanten) Schwangerschaft von Lydia, der Zwillingsschwester von James, und die Ambitionen der aufstrebenden Bloggerin Ember, die sich in Sachen "Plus-Size"-Mode einen guten Namen möchte, stehen im Fokus des Geschehens.

Prinzipiell finde ich es lobenswert, dass Mona Kasten ihre Erzählperspektive variiert hat, um ihre Nebendarsteller zu Wort kommen zu lassen. Auf diese Weise kann sie der Handlung neuen Schwung verleihen, und der Leser sieht die Romanze von Ruby und James mal mit anderen Augen. Faktisch ist ihr die Umsetzung nicht gelungen. Denn alle Charaktere in diesem Roman sprechen die gleiche Sprache, will sagen: Mona Kasten verleiht ihnen keine individuelle Ausdrucksweise, wie wir aus dem echten Leben kennen. Wenn sie nicht den Namen des jeweiligen Erzählers ausdrücklich angegeben hätte, würde man keinerlei Unterschiede im Sprachduktus feststellen können.

Leider muss ich weitere Kritik an diesem Roman üben. Für meinen persönlichen Geschmack plätschert die Handlung mehr oder weniger dahin. Mona Kasten schreibt zwar in einem gefühlvollen, schönen Stil, aber sie hat nebensächliche Ereignisse zu breit ausgewaltzt und gängige Klischees in diesem literarischen Genre überstrapaziert. Vor allem der Cliffhanger wirkt melodramatisch und überzogen. Hier wäre weniger mehr gewesen.

Insgesamt hat der zweite Teil der Trilogie meine hohen Erwartungen nicht ganz erfüllen können. Aus diesem Grunde kann ich heute nur 4 Sterne vergeben.

Veröffentlicht am 05.04.2018

Die perfekte Welle

Sylt oder solo
0

Ich fühle mich in Kampen auf Sylt ein bisschen wie ein Affe im Zoo, aber mit lieben Besuchern. (Gunter Sachs)

Dieses Bonmot möchte ich meiner Rezension des Romans "Sylt oder solo" voranstellen, der auf ...

Ich fühle mich in Kampen auf Sylt ein bisschen wie ein Affe im Zoo, aber mit lieben Besuchern. (Gunter Sachs)

Dieses Bonmot möchte ich meiner Rezension des Romans "Sylt oder solo" voranstellen, der auf meiner Lieblingsinsel spielt. Claudia Thesenfitz führt die Geschichte um Nina fort, deren Wünsche in Erfüllung gegangen sind. Liebe, Geld und ein Leben auf Sylt – Nina hat alles, wovon sie früher nur träumen konnte. Sie lebt zusammen mit ihrem Traummann Jan auf Deutschlands schönster Insel. Die Tage in der Surfschule und dem kleinen Strandbistro sind märchenhaft. Doch wie hält man die Liebe fest? Geht das überhaupt? Als Jan urplötzlich eine Auszeit will, Ninas Ex auftaucht und das Leben noch einige andere Überraschungen für sie parat hält, begreift sie, dass nichts selbstverständlich ist. Und sie beginnt, um ihr Glück zu kämpfen.

Das Cover ist ein richtiger Hingucker. Der Blick des Betrachters richtet sich automatisch auf das auffällige rote Kleid einer Frau, das im Wind flattert. Sie hat auf feste Schuhe verzichtet, balanciert auf einem Holzsteg und verbringt allem Anschein nach einen unbeschwerten warmen Sommertag in den Dünen. Im Hintergrund kann man einen Leuchtturm erkennen. Die gesamte Darstellung ist in warmen Farben gehalten und vermittelt die berühmte "Feel-Good" - Atmosphäre, von der jeder Leser bei der Auswahl seiner Uralubslektüre träumt.

Der Titel "Sylt oder solo" ist eingängig und bleibt im Gedächtnis haften. Im Untertitel verspricht Claudia Thesenfitz einen "Glücksroman". Diese Aussage hat mich neugierig gemacht und zu diesem Buch greifen lassen. Nun, lassen wir uns vom Inhalt dieses Romans überraschen.

Der Plot klingt vielversprechend. Die meisten Liebesromane begnügen sich mit einem Happy-End; auf eine Fortsetzung ist niemand scharf, weil man zwangsläufig über viele Krisen sprechen müsste, die sich (fast zwangsläufig) im Laufe einer normalen Liebesbeziehung einstellen und eine schwere Belastungsprobe für alle verliebten Paare bilden. Diese traurige Wahrheit wird lieber in heiteren Romanen ausgeblendet. Insoweit finde ich es mutig, dass Claudia Thesenfitz dieses Thema in ihrem neuen Roman behandelt, zumal ihre Protagonisten einen beträchtlichen Altersunterschied zueinander aufweisen.

Auch das Setting auf der beliebten Urlaubsinsel ist perfekt. Dieses Buch atmet viel Lokalkolorit. Claudia Thesenfitz kennt sich gut auf der Trauminsel aus, und jeder Tourist, der die schönsten Wochen im Jahr auf Sylt verbracht hat, wird viele berühmte "Ecken" wiedererkennen.

An dem Schreibstil von Claudia Thesenfitz gibt es nichts zu meckern. Das Buch liest sich leicht und locker, genauso wie es von einem guten Unterhaltungsroman erwartet wird. Hin und wieder blitzt etwas Humor auf. Diese Zutat kann in einem guten Buch nicht schaden. In diesem Punkt reitet Claudia Thesenfitz die perfekte Welle, um einen weiteren Bestseller zu landen.

Leider verderben mir die Protagonisten den Spaß an der Lektüre. Wie wir auf den ersten Seiten erfahren, ist Nina inzwischen 43 Jahre alt. Trotzdem kann ich ihr nur die geistige Reife eines Teenagers bescheinigen. In finanzieller Hinsicht handelt sie aus dem Bauchgefühl heraus, gibt das geerbte Vermögen mit vollen Händen aus, ohne Rücksicht auf Verluste. In ihrer Liebesbeziehung lässt sie sich gnadenlos unterbuttern und in die Rolle eines braven Hausmütterchens drängen, das dem in der Surf-Schule hart arbeitenden Mann den Rücken freihält.

Wenn man sich hier an die konservativen 50er Jahre erinnert fühlt, kommt es später noch schlimmer. Jan ist auf einen knallharten Ego-Trip. Er benimmt sich wie ein verzogenes Kind, rührt keine Hand im Haushalt und lässt den Macho raushängen. Wenn Nina mit ihm über ihre Probleme sprechen möchte, knallt er ihr freche Antworten an den Kopf, die mir die Haare zu Berge stehen lassen.

Gleichzeitig entdeckt er den Spießer in sich und will sein abgebrochenes Medizin-Studium beenden, um auf eigenen Füßen stehen, sein eigenes Geld verdienen und den klassischen Traum von Haus, Frau und Kindern leben zu können. Dagegen ist prinzipiell nichts einzuwenden, aber dass ein angehender Arzt sich einen Joint nach dem anderen reinzieht, um sein Hirn auf Trab zu bringen, ist für mich starker Tobak.

Als er nach Berlin zurückkehrt und sein angekratztes Ego mit einer Tinder-Affäre wiederherstellt, verhält sich Nina wie in ihrer Pubertät. Sie bombardiert ihren Ex mit SMS und Whats App- Nachrichten, textet seine Schwester zu, sucht ihn in seiner Wohnung auf und nutzt jede Gelegenheit, sich vor ihrem Lover lächerlich zu machen. Auch ihr sorgloser Umgang mit wechselnden Geschlechtspartnern bringt mich ins Grübeln; nach dem Sex mit dem Ex geht sie kurzentschlossen mit einem (verheirateten) Jugendfreund ins Bett, ohne auf die Verwendung von Kondomen zu bestehen, nachdem sie selbst die Pille abgesetzt hat. Natürlich gelingt ihr der Jackpot in der Schwangerschaftslotterie und sie steuert direkt auf ein Happy-End mit Jan zu, das für mich einen extrem schalen Beigeschmack hat. Man fragt sich, wie ihr gemeinsames Leben zu dritt aussehen wird - und nein, ich möchte es lieber nicht wissen.

Unterm Strich hat mich dieser Roman von Claudia Thesenfitz enttäuscht, der bereits als neuer Bestseller gehandelt wird. Deshalb kann ich nur ein kritisches Fazit ziehen und 3,5 Sterne für einen seichten Unterhaltungsroman mit flachen Charakteren vergeben, der sämtliche Klischees dieses Genres bedient.


Veröffentlicht am 14.03.2018

Drei Gänge für die Liebe

Bernsteinzauber und Liebesglück
0

Wer keine Vergangenheit mehr hat, der hat auch keine Zukunft (Michael Ende)

In ihrem Roman "Bernsteinzauber und Liebesglück" erzählt Lilli Wiemers eine interessante Geschichte, die weit in die Vergangenheit ...

Wer keine Vergangenheit mehr hat, der hat auch keine Zukunft (Michael Ende)

In ihrem Roman "Bernsteinzauber und Liebesglück" erzählt Lilli Wiemers eine interessante Geschichte, die weit in die Vergangenheit zurückreicht und uns gleich an drei traumhafte Schauplätze entführt. In dem ersten Teil "Ein Sommer auf Rügen " steht Hanna im Mittelpunkt, welche die die Jugendliebe ihrer Großmutter aufzuspüren, denn deren Bernsteinanhänger soll in die richtigen Hände kommen. Doch auch für Hanna selbst hält die Reise eine Liebesüberraschung bereit. Im zweiten Teil "Liebe, zart wie Porzellan" begleiten wir Celina nach Meißen, wo sie ihrer Oma einen bestimmten Wunsch erfüllen will: Das Bernsteinherz von dem falschen Mann zurückholen und es dem richtigen übergeben. Dabei trifft sie den charmanten Marc, dem sie schnell näherkommt. Alles scheint nach Plan zu laufen, da erfährt Celina das Unfassbare. Der letzte Teil "Prickelnde Küsse am Nordseestrand" spielt in St. Peter-Ording, wo Emily unerwartet ein Abenteuer mit dem gutaussehenden Alexander erlebt, bis dessen Ex eine böse Intrige gegen sie anzettelt.

Das Cover ist sehr ansprechend gestaltet und strahlt einen gewissen Shabby-Chic aus. Die zarten Farben vermitteln eine romantische Stimmung. Der Betrachter blickt direkt auf eine weißgestrichene Bank, auf der ein fein geschliffenes Bernsteinherz liegt. Man fühlt sich sofort wohl in diesem besonderen Ambiente, das zum Träumen einlädt, im HIntergrund kann man einen Leuchtturm erkennen und man glaubt, das leise Rauschen des Meeres zu hören. Was mir besonders gut gefällt, ist der Umstand, dass das Motiv dieses Romans (das Herz aus Bernstein) in die Covergestaltung eingeflossen ist. Der Titel ist schlicht und weit weniger überzeugend. Er bringt den Inhalt des Buches klar auf den Punkt und macht jedem Leser klar, was er von dieser Lektüre erwarten darf.

Der Plot ist nichts Neues und kommt in nahezu allen Feel-Good-Romanen auf dem Markt vor. Das Setting an malerischen Schauplätzen ist gut durchdacht. Lilli Wiemers hat ein gutes Händchen für malerische Landschaftsbeschreibungen; sie nimmt den Leser mit auf eine literarische Reise und er fühlt sich an den drei beliebten Urlaubsorten gut aufgehoben.

Weit weniger gelungen finde ich die drei Protagonistinnen, die ausnahmslos jung, ledig, schön, klug und talentiert sind. Zwar ist in ihrer Vergangenheit nicht alles rund gelaufen, aber ihre Traumata können - überspitzt formuliert - nach wenigen heißen Küssen und einer romantischen Liebesnacht im Handumdrehen abgeschüttelt werden. Auch die männlichen Protagonisten sind genauso schlicht gestrickt; sie besitzen keine schwerwiegenden Macken, sondern haben alle Trümpfe auf ihrer Seite. Sie sind nicht nur gut gebaut, ledig, klug und stark, sondern auch integer, kinderlieb und sozial engagiert. Ebenso wie ihre auserwählten Traumfrauen glauben sie an die Liebe auf den ersten Blick und streben eine romantische Hochzeit in Weiß an. Deshalb steht dem unvermeidlichen Happy-End in allen drei Liebesgeschichten nichts im Wege.

Leider waren die drei Gänge für die Liebe nicht in jedem Punkt überzeugend. Sie sind gute Hausmannskost, aber gehören nicht zur Haute Cuisine, wenn ich bei diesem Vergleich aus der Gastronomie bleiben darf. Ein großes Manko ist die Vorgehensweise der Autorin. Lilli Wiemers hat ihre drei (in sich abgeschlossenen) Geschichten stets nach dem gleichen (langweiligen) stereotypen Schema gestaltet. Nach der Lektüre fühlt man sich gelangweilt und an einen Groschenroman erinnert; es fehlt einfach die Würze des Lebens!
.
Deshalb kann ich heute nur 3,5 Sterne für einen zu sehr auf heile Welt getrimmten, seichten Liebesroman vergeben, der meine hohen Erwartungen nicht erfüllen konnte.

Veröffentlicht am 18.02.2018

Auf Spurensuche in Portugal

Nelkenliebe
0

Welcher Urlauber hat nicht schon einen zauberhaften Urlaub an der Algarve verbracht? Aber - unter uns Touristen - wissen wir überhaupt etwas von der Historie dieses Landes?

Diese Lücke will Anja Saskia ...

Welcher Urlauber hat nicht schon einen zauberhaften Urlaub an der Algarve verbracht? Aber - unter uns Touristen - wissen wir überhaupt etwas von der Historie dieses Landes?

Diese Lücke will Anja Saskia Beyer mit ihrem Roman "Nelkenliebe" füllen. Das Buch erzählt von Katharina, die den großen Wunsch ihres todkranken Vaters erfüllen und nach Portugal reisen will, um seine große Liebe Marisa wiederzufinden, die ihn damals mitten in den portugiesischen Umtrieben der Siebzigerjahre in Lissabon ohne Erklärung verließ. Für Katharina ist es der Aufbruch in eine revolutionäre Vergangenheit. Die unruhigen Ereignisse der Nelkenrevolution und die unerfüllte Sehnsucht ihres Vaters bringen auch ihre eigene Gefühlswelt durcheinander: Es wird eine Suche, die ihr Herz nicht vor Turbulenzen verschont. Die geheimnisvolle Geschichte, die sie mit ihrem Vater verbindet, führt Katharina nach und nach vor Augen, für was es sich im Leben zu kämpfen lohnt und was wahre Liebe wirklich bedeutet.

Das Cover ist ansprechend gestaltet. Der Betrachter blickt auf köstliche Plätzchen, die in den Bäckereien und Cafés in Portugal verkauft werden. Auch die einprägsamen Mosaike, die in den Farben Blau und Weiß gehalten sind, fehlen nicht. Der Titel ist kurz und knackig und rekurriert auf ein wichtiges geschichtliches Ereignis in den 1970er Jahren, das für alle Portugiesen eine wichtige Zäsur in der politischen Geschichte ihrer Heimat bedeutete.

Der Plot dieses Romans ist ambitioniert, das Setting an der Algarve perfekt. Anja Saskia Beyer schreibt in einem gut lesbaren, flüssigen Stil. Ihr gelingt es, mit wenigen Worten die atemberaubende Schönheit Portugals zu vermitteln. Man glaubt, die einzelnen Protagonisten und die verschiedenen Schauplätze direkt vor sich zu sehen. Auch die landestypischen Rezepte, die eine wichtige Rolle im Verlauf des Geschehens spielen und im Anhang präsentiert werden, sind klare Pluspunkte in diesem Buch.

Die Handlung des Romans spielt auf zwei verschiedenen Zeitebenen. Die Autorin wechselt ständig zwischen der Gegenwart (2018) und der Vergangenheit (1970er Jahre) hin und her. Durch diese Rückblenden werden die späteren Ereignisse gut verständlich, und man kann sich in die Gefühls- und Gedankwelt der Protagonisten einfühlen. Leider erspart uns die Autorin nicht billige Klischees und dümmliche Lebensweisheiten, die mir die Lektüre verdorben haben.

Der Roman krankt an seinen schwachen Protagonisten, die mir die Haare zu Berge stehen lassen. Was mich an diesem Buch massiv gestört hat, ist das tradierte klassische Frauenbild, welches in diesem Roman vermittelt wird. An und für sich ist Gerd, der Vater von Katharina, ein sympathischer Protagonist, der vor allem durch seinen Einsatz für Marisa viele Pluspunkte erwirbt. Mir will nicht in den Kopf, dass ausgerechnet ein Mann, der in den freien 1970er Jahren aufgewachsen ist, auf die konservative Schiene abfährt und seine einzige Tochter wie ein kleines Kind gängelt. Sein Wunsch, alles vor seinem Tode zu regeln, ist ehrenwert, aber warum will er seine Tochter unbedingt vor seinem Tod "in guten Händen" wissen, wie ein süßes verhätscheltes Haustier, das man nicht ohne Schutz auf dieser Welt zurücklassen will?

Auch das Verhalten von Gerd gegenüber Marisa und Gisela ist zwiespältig. Einerseits liebt er die starke Marisa, die einen Wandel von einer ängstlichen Duckmäuserin zu einer rebellischen Frau vollzieht, fürchtet sich aber vor ihrem Intellekt, der ihn - so habe ich den Eindruck - überfordern würde. Gisela ist eine schwache Person, die er sich - nach seinen eigenen Worten - so backen kann, wie er sie sich wünscht. Auf diese Weise geht er allen Schwierigkeiten aus dem Weg und führt eine lange und glückliche (?) Ehe

Seine Tochter Katharina wirkt wie ein verhuschtes Mäuschen von 35 Jahren, das nicht nur seinen beruflichen Weg noch nicht gefunden hat, sondern auch in der Liebe nicht alleine die Segel setzen kann. Nach dem ersten Staatsexamen in Jura wirft sie alles hin und schlägt sich als unterbezahlte, überqualifizierte Schreibkraft hin. In ihrer Freizeit arbeitet sie an einem Blog, aber auch dieses Hobby füllt sie nicht richtig aus. Auch in ihrer Beziehung zu Arne läßt sie sich ständig fremdbestimmen; nach seiner Affäre zieht sie zwar die Konsequenzen und trennt sich endgültig von ihm. Aber am Ende des Romans scheint sie überglücklich zu sein, in die Arm von Nino zu sinken, der sie von nun an vor der bösen Welt beschützen soll. Sorry, aber an wen richtet sich dieses Buch? An dumme, naive Gänschen, die von einem Traumprinzen auf einem weißen Pferd träumen, oder an selbstbewusste erwachsene Frauen, die ihren eigenen Wert kennen und in jeder Beziehung auf eigenen Füßen stehen dürfen, müssen und sollen?

Aus diesem Grunde kann ich heute nur 3,5 Sterne für einen an und für sich interessanten Roman vergeben, der sein großes Potenzial auf der Spurensuche in Portugal verschenkt hat.