Noch immer trauert die freie Journalistin Charlotte „Charly“ um ihren Mann Daniel, der so plötzlich nach einem Jahr Ehe verstarb und ihre große Liebe und ihr Seelenverwandter war. Das Leben strengt sie mehr an, als das sie Freude dafür empfindet. Als der Chefredakteur ihr den Auftrag gibt, über Onlinedating zu recherchieren und einen Artikel zu verfassen, ist Charly darüber gar nicht begeistert. Doch sie fügt sich ins Unvermeidliche und meldet sich bei einem Datingportal unter dem Pseudonym „Dornröschen“ an, um mit ihrer Recherche zu beginnen. Schnell bekommt Charly jede Menge Zuschriften, doch keine spricht sie an bis auf eine von einem gewissen Titan, dessen richtiger Name Fabian ist und ein Freund ihres Chefredakteurs. Schnell finden die beiden heraus, dass sie sich eine Menge zu erzählen haben und Charly merkt, dass ihr der rege E-Mail-Briefwechsel mit Fabian immer mehr gefällt und ihr der Mann immer öfter im Kopf rumspukt. Aber auch ihre Mutter macht sich Sorgen um Charlys eigenbrötlerisches Leben und versucht, sie mit dem Neffen einer Freundin zu verkuppeln. Dieser Neffe stellt sich überraschenderweise als Charlys Jugendschwarm heraus. Welcher Mann wird am Ende Dornröschen mit einem Kuss aus dem Schlaf wecken und ins Leben zurückholen?
Renate Blaes hat mit ihrem Buch „Post von Dornröschen“ einen unterhaltsamen Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist angenehm flüssig, der Leser wird zu Charlys Schatten und bekommt alle ihre Gedanken und Gefühle hautnah mit. Durch die Gedankensprünge und Rückblenden von Charlotte fällt es manchmal schwer, der Handlung zu folgen. Vor allem ihre Träume lassen den Leser eher ratlos zurück, tauchen sie innerhalb der Geschichte doch von jetzt auf gleich auf und stiften mehr Verwirrung als Verständnis. Das relativ rasche und auch noch recht offene Ende befriedigt nicht gerade, hat man sich doch etwas mehr erhofft.
Die Charaktere sind interessant gestaltet. Mittdreißigerin Charlotte ist eine Frau von eher zurückhaltender Natur, sie wirkt oftmals spröde, teilweise unterkühlt, sehr kontrolliert und im Selbstmitleid gefangen. Da sie so gar keine Wärme ausstrahlt, fällt die Sympathie für sie oft schwer, auch wenn man bedenkt, dass sie einen schweren Schicksalsschlag zu verkraften hatte. Freundin Regine wirkt mit ihrem Männerverschleiß dagegen regelrecht oberflächlich. Charlys Mutter war von Natur aus eine sehr devote Frau, die den Großteil ihres Lebens einem Mann ihre Liebe geschenkt hat, der sie gar nicht wollte, sondern sie nur als schmückendes und wohlhabendes Beiwerk betrachtet hat. Doch nun schwimmt sie sich frei, kappt die Fesseln ihrer Ehe, um endlich ein neues Leben anzufangen. Sie verströmt Wärme und Mitgefühl und kommt sehr sympathisch rüber. Fabian ist ein Naturbursche und Weltenbummler, der nur noch das tut, was sein Leben bereichert und ihn selbst befriedigt. Diese Einstellung ist bewundernswert und eindeutig sympathisch zu nennen. Chefredakteur Spocky ist ein eher schüchterner Mann, der aber einiges an Empathie besitzt und sich um die Menschen sorgt, die ihm wichtig sind. Innerhalb des Romans ist er eindeutig der sympathischste Charakter von allen.
„Post von Dornröschen“ ist ein ganz unterhaltsamer Roman über eine Frau, die nach längerer Durststrecke wieder den Kopf aus dem Schneckenhaus streckt und sich aufs Leben einlässt. Für Zwischendurch ganz angenehm, solange man keine großen Erwartungen hat.