Scheinbar unscheinbar
Ein hartes Leben ist es, das Andreas Egger in einem Tal, irgendwo in Österreichs Bergen führt. Als Waisenkind einem hartherzigen Verwandten anvertraut, der Andreas nur als Arbeitskraft betrachtet, ist ...
Ein hartes Leben ist es, das Andreas Egger in einem Tal, irgendwo in Österreichs Bergen führt. Als Waisenkind einem hartherzigen Verwandten anvertraut, der Andreas nur als Arbeitskraft betrachtet, ist er es gewohnt, ein karges Außenseiterdasein zu fristen. Dass es Liebe gibt, erfährt er zum ersten (und einzigen) Mal, als er Marie trifft. Gemeinsam bauen sie ein einfaches Leben auf, zufrieden mit dem Wenigen, was sie erreichen. Doch das Schicksal will es anders - wie so oft in Andreas´ Leben.
Seethalers Roman beginnt um 1902 und reicht bis in die Siebziger Jahre. Er umfasst eine turbulente Zeitperiode, voller politischer und industrieller Umwälzungen. Im Gegensatz dazu steht Andreas´ Leben, das sich (oberflächlich gesehen) eher unscheinbar an einem entlegenen Winkel der Welt abspielt. Der Fortschritt berührt ihn nicht sehr, er lebt von und mit der Natur, liebt die Stille und Majestät der Berge. Man hat den Eindruck, er wird eher von Veränderungen mitgezogen, als dass er aktiv wird. Geduldig, ohne aufzubegehren, nimmt er die Ereignisse wie sie kommen. Dabei wird weder Pathos sichtbar noch große Dramatik. Überhaupt bedient sich Robert Seethaler einer schlichten, ruhigen Sprache, die wunderbar zu Andreas´ Charakter passt. Leicht und fließend liest sich die Geschichte, wie eigentlich alle Bücher, die der Autor geschrieben hat. Er hat einen dichten, aussagekräftigen Roman geschaffen, der ein ganzes Menschenleben erzählt, zusammengesetzt aus vielen eindrucksvollen Szenen - still und zurückhaltend wie sein Held Andreas Egger.