Hatte mir mehr erhofft
Eine Krone aus Feuer und SternenAls Fantasygeschichte mir streckenweise zu konventionell und langsam (trotz einiger durchaus nervenaufreibender Szenen und Überraschungen!), als Liebesgeschichte allerdings überzeugend, da Denna und Mara ...
Als Fantasygeschichte mir streckenweise zu konventionell und langsam (trotz einiger durchaus nervenaufreibender Szenen und Überraschungen!), als Liebesgeschichte allerdings überzeugend, da Denna und Mara nicht nur an und in ihrer Beziehung wachsen, sondern ihre Liebe zugleich sanft und zart, aber auch kräftig ist.
Auf dieses Buch habe ich mich schon gefreut, seit dem es zum ersten Mal, damals noch unter dem Titel "Feuerhimmel, Sternennacht", in der Vorschau auftauchte. Queere Charaktere in der Hauptrolle? Fantasy mit gleichgeschlechtlicher Liebe? Mehr davon!
Doch der Anfang des Buches hat mir meinen vorfreudigen Enthusiasmus schnell genommen. Die ersten 50/60 Seiten, schleppend und enttäuschend wenig aufregend oder innovativ. Mit der Zeit jedoch nahm die Handlung an Fahrt auf, Denna beginnt ihr Prinzessinnengehabe sowie ihre Naivität Stück für Stück abzulegen, wird mutiger, stärker.
Im Laufe des Buches habe ich dann allerdings regelrecht Freude am Lesen gefunden, wollte wissen, wie es denn nun weitergeht, was es mit der Magie auf sich hat, wann aus den beiden Frauen endlich ein Paar wird... Denn so sehr es mir auch gefiel, wie behutsam die Liebe zwischen Denna und Mara wuchs, wie langsam sie einander kennen und schätzen lernten - als Nicht-Pferdenarr waren mir viele Szenen zu langatmig und detailliert beschrieben.
Schlösser, Königreiche, Hochzeit... der Schreibstil passt zu dem mittelalterlichen High Fantasy-Setting; waren Audrey Courthursts Formulierungen und Sätze doch durchaus komplexer, als in manch anderem Jugendbuch und die Dialoge von höfischen Anstandsregeln geprägt. Gleichzeitig empfand ich den Schreibstil aber auch nicht als zu aufgeblasen oder sperrig. Gelungen, also.
Von den Charakteren hätte ich mir im Allgemeinen mehr erhofft. Die beiden Figuren, die das Buch in meinen Augen am meisten bereicherten, starben leider, während die überlebenden Nebenfiguren enttäuschenderweise genau das blieben. Blass und im Hintergrund. Weder Dennas Familie, noch Maras Bruder entfalteten einen überzeugenden, vielschichtigen Charakter, sondern blieben in ihren zugeschriebenen Rollen verhaftet und facettenarm. Das erhöhte natürlich den Anspruch an die beiden Hauptprotagonistinnen, die damit quasi allein im Fokus standen. Und während Mara mein Fangirlherz schneller schlagen ließ, fand ich Denna den Großteil des Buches über schlichtweg langweilig. Natürlich wurde sie von klein an zur Prinzessin erzogen und woher soll denn auch Eigenständigkeit und Alltagstauglichkeit kommen, und ja, sie durchlebt Veränderungen, die sie gegen Ende hin zu einer durchaus starken Figur machten. Dennoch hätte ich mir von ihr im ersten Teil der Geschichte mehr erhofft, als Buchschläue und Tanzkunst.
Was ich an dieser Geschichte absolut großartig finde, ist die Liebesthematik. Im Allgemeinen, wie auch die Beziehung zwischen Denna und Mara im Speziellen. Ersteres bezieht sich darauf, wie offen die Gesellschaft in Mynaria ist - es spielt keine Rolle, ob eine Frau eine Frau oder einen Mann liebt. Audrey Courthurst führt das auch nicht weiter aus, thematisiert nicht, ob das etwas "Besonderes" sei, sondern stellt durch verschiedene beiläufige Äußerungen und Erwähnungen einfach nur klar, wie natürlich Liebe ist und sein kann. Wow! Und dann die Liebesgeschichte an sich: Süüüüüß! Ich mochte, wie beide Protagonistinnen sich nur langsam verliebten, sich erstmal kennen und schätzen lernten, zusammen lachten und sich halfen und wie ihr Band dadurch immer stärker wurde. Zwischen ihnen wuchs ein Vertrauen und Verstehen, eine Liebe voller Sanftheit und Zartheit, aber auch Kraft, Magie und Feuer.
Im Englischen bekommt die Geschichte im August 2019 eine Fortsetzung - das Ende ist auch offen genug! Zumal das Buch dafür, dass Klappentext und Cover Magie und Feuer versprechen, primär bei höfischen Intrigen, Mordermittlungen und drohendem Krieg zwischen den Königreichen blieb. Das, was mich zu interessieren vermochte - der Ursprung der Magie, ihre Bändigung und Anwendung sowie die Geschichte der verschiedenen Königreiche - wird in eine Zukunft verlagert, die Denna noch erst erleben muss.
Alles in allem: Nach einem längeren, schweren Einstieg durchaus Lesespaß, Spannung und eine gelungene Überraschung am Ende, vor allem eine süße Liebesgeschichte - aber auch viele Längen, unausgereifte Charaktere und ein Plot, der sich wenig vom Fantasy-Einheitsbrei abhebt. Ich hätte nicht geglaubt, das mal zu sagen: Dieses Buch wäre als reine Liebesgeschichte ohne die Fantasyhandlung vermutlich überzeugender gewesen. Als Beitrag zu mehr Diversität im Jugendbuch/ Fantasygenre ist es aber ein mehr als willkommener! Und diese Anspielung auf das Stereotyp mit dem weißen Pferd, als Denna davon spricht, mit einem Mädchen auf einem roten Pferd in den Sonnenaufgang zu reiten... herrlich!