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Veröffentlicht am 15.09.2016

Salbenmacherin Olivera in Gefahr

Die Salbenmacherin und der Bettelknabe
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*****ACHTUNG, KANN SPOILER ENTHALTEN!****
Nach Band Eins um die Salbenmacherin Olivera freute ich mich sehr auf eine Fortsetzung der Geschichte.
Olivera lebt nun gemeinsam mit Götz in Nürnberg, das ihre ...

*****ACHTUNG, KANN SPOILER ENTHALTEN!****
Nach Band Eins um die Salbenmacherin Olivera freute ich mich sehr auf eine Fortsetzung der Geschichte.
Olivera lebt nun gemeinsam mit Götz in Nürnberg, das ihre neue Heimat werden soll. Beide wollen der Vergangenheit entfliehen. Götz möchte der neue Apothekarius der Stadt werden und obwohl Olivera noch immer schmerzlich ihre Heimat Konstantinopel vermisst, ist sie mit ihm sehr glücklich. Doch Laurenz ist nicht tot und hat Rache geschworen.....

Parallel zur Geschichte rund um unsere Hauptprotagonistin begleiten wir, wie schon aus dem Titel ersichtlich, den Bettlerjungen Jona. Der etwa Elfjährige hat bis jetzt noch nichts Gutes in seinem Leben erfahren und ist täglich auf der Suche nach etwas Essbaren und auf der Flucht vor zu anstrengender Arbeit. Er versucht sich als Taschendieb und mit Bettlerei über Wasser zu halten. So gestaltet sich jeder Tag für ihn zum Spießrutenlauf. Eines Tages wird er von einem zwielichtigen Mann angesprochen, der noch Jungen als Überbringer von Botschaften sucht. Gemeinsam mit Casper, mit dem er sich angefreundet hat, folgt er dem Unbekannten und wird mit vielen anderen Jungs in einen Keller gesperrt. Dort muss er zusehen, wie satanische Rituale an ihnen ausgeübt werden und er entschließt sich abermals zur Flucht. Doch Jona wird erwischt, schwer verletzt und vermeintlich tot liegen gelassen. So wird er halbtot von Olivera gefunden, die sich um ihn kümmert. Beide sind nichtsahnend, dass sie einen gemeinsamen Feind auf sich aufmerksam gemacht haben....
Die beiden Handlungsstänge rund um Olivera und den Bettlerjungen Jona laufen zuerst parallel, bis sich der Weg der Beiden auf unvorhersehbare Weise kreuzt und die beiden Handlungen verschmelzen.

Olivera hat all ihre Naivität aus dem ersten Band verloren und ist eine selbstbewusste Frau geworden, die versucht den Schatten der Vergangenheit zu entfliehen. Ihre Liebe zu Götz ist groß und ihr erstes gemeinsames Kind, das Olivera erwartet, schweißt sie noch mehr zusammen. Auch im zweiten Band erfährt der Leser wieder viel über die medizinische Lehre aus dieser Epoche und wie oft Hebammen und Salbenmacherinnen trotz positiver Behandlung der Launen der reichen Adeligen ausgesetzt sind. Die medizinischen Erklärungen und Kenntnisse der damaligen Zeit sind wieder sehr interessant dargestellt.

Der Nachfolgeband gestaltet sich weniger blutig als "Die Salbenmacherin", die ja mehr Tote und Morde bieten konnte, als so manch blutiger Thriller, den ich lese. Trotzdem bangte ich um das Leben einiger von mir liebgewonnenen Charaktere, denn bei der Autorin weiß man nie.....
Schon wegen des grausamen Prologes ahnt man, dass dieser historische Roman nichts für schwache Nerven ist ;) Unerwartete Wendungen lassen die Spannung ansteigen, die im Laufe der Geschichte immer weiter aufgebaut wird - bis hin zum großen Finale.
Laut der Autorin wird es noch einen dritten Band geben, auf dem ich mich schon jetzt freue!

Schreibstil:
Der Schreibstil der Autorin ist flüssig, detailliert, sowie anschaulich. Hier wird Geschichte lebendig und Silvia Stolzenburg hat wieder sehr gut recherchiert! Es gibt realistische Einblicke in das Leben einer mittelalterlichen Stadt, sowie interessante medizinischen Erklärungen rund um heilende Tinkturen. Silvia Stolzenburg kann sowohl historische Romane, als auch ihre Krimischiene einfach perfekt vermitteln.

Fazit :
Band 2 rund um die Salbenmacherin Olivera ist genauso spannend und wunderbar erzählt, wie Band 1. Hier wird Geschichte lebendig und auch Freunde des historischen Krimis kommen voll auf ihre Kosten. Ein tolles Buch, das ich gerne weiterempfehle!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Verdomme - war das spannend!

Todesmärchen
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Andreas Gruber versteht es wieder vorzüglich seine Leser von der ersten Seite an zu fesseln. Ich habe das Buch inhaliert und war innerhalb von eineinhalb Tagen durch.
Das Wiedersehen mit Maarten S. Sneijder, ...

Andreas Gruber versteht es wieder vorzüglich seine Leser von der ersten Seite an zu fesseln. Ich habe das Buch inhaliert und war innerhalb von eineinhalb Tagen durch.
Das Wiedersehen mit Maarten S. Sneijder, dem berühmt-berüchtigten Profiler, der nichts anderes außer Vanilletee trinkt, sich selbst mit Akupunkturnadeln behandelt und wegen der Cluster-Kopfschmerzen auch noch Canabis raucht, ist ein Protagonist wie er in sonst in keinem Buche steht ;)
Sabine Nemez hat mittlerweile ihre Ausbildung beim BKA abgeschlossen und wird Sneijder als Partnerin zugewiesen. Doch der Profiler ist alles andere als ein Teamplayer....

Nemez wird in diesem dritten Band der Trilogie zur zweiten Hauptprotagonistin und nimmt mehr Platz ein, als bisher. Von Sneijder erfährt der Leser diesmal auch mehr persönliche Hintergründe, die ziemlich überraschen. Diesmal gibt es drei Zeitebenen: Die Jagd nach dem Verbrecher in der Gegenwart, Hannah Norlands Auftauchen auf Osterhever eine Woche vor den Verbrechen und als dritter Strang die Ereignisse vor fünf Jahren in Rückblenden.
Die Handlung erstreckt sich über die Schweiz, Deutschland, Österreich und den Niederlanden. Nach dem Prolog steigen wir direkt in die Handlung in der Gegenwart ein. In Bern wurde ein Mordopfer gefunden, das die Handschrift eines Serienmörders trägt, den Sneijder vor fünf Jahren hinter Gitter gebracht hat. Dieser, Piet van Loon, sitzt seitdem im Gefängnis für abnorme Rechtsbrecher auf Osterhever ein. Während der Profiler noch mit Horowitz, einem ehemaligen Kollegen des Schweizer Dezernates grübelt, wird bereits das nächste Mordopfer in Dortmund gefunden.

Der zweite Handlungsstrang spielt ein paar Tage vor dem Mordfund in Bern und erzählt von der jungen Psychologin Hanna Norland, die eben in Osterhever angekommen ist. Sie hat die Stelle erst bekommen und soll eine Gruppentherapie leiten, der auch Piet van Loon angehört.

Im dritten Zeitstrang wird zurückgeblendet und näher auf die Vergangenheit des Täters eingegangen.
Die Wechsel zwischen den einzelnen Handlungssträngen sind gut gewählt und enden oft mit einem Cliffhanger. So hat man immer das Gefühl unbedingt weiterlesen zu müssen. Packend und mit überraschenden Wendungen kommt man auch kaum zum Luft holen und möchte unbedingt wissen, wie die Fälle zusammenhängen. Der Titel des Buches wird für den Leser ebenfalls nach einiger Zeit klar.
Die gewohnt bissigen und humorvollen Dialoge ließen mich sofort wieder "heimisch" fühlen. Diese nehmen allerdings in der zweiten Hälfte etwas ab und es wird actionreicher. Der Autor lässt im zweiten Abschnitt den Leser jedoch auch ein bisschen mehr hinter die Fassade von Maarten S. Sneijder blicken und macht ihn menschlicher. Das Ende ist äußerst temporeich und hat einige Überraschungen parat. Ein toller Trilogieabschluss, der jedoch etwas Wehmut hinterlässt.

Schreibstil:
Die Reihe lebt einfach von ihren Charakteren - natürlich allen voran der kautzige Profiler Marten S. Sneijder. Ich liebe seine ungehobelten Äußerungen und seine Exzentrik. Dazu kommt der grandiose rasante Schreibstil von Andreas Gruber, der fesselt und nichts für schwache Nerven ist. Der Autor ist ungeheuer kreativ, was seine Mordmethoden betrifft. Dabei ist er auch nicht zimperlich und so bleibt einem doch des öfteren bei einem grausamen oder bizarren Mord die Luft weg. Perfekt für einen Thriller!
Die Kapitel haben eine angenehme Länge und sind mit Datum versehen, damit man den Überblick bei drei Zeisträngen nicht verliert.

Fazit :
Was soll ich sagen? Ich liebe einfach die Thriller von Andreas Gruber und "Todesmärchen" spielt in derselben Liga wie die beiden Vorgängerbände. Spannend, temporeich, grausam und mit unvorhersehbaren Wendungen - ein Thriller, der alles hat, was man sich als Leser wünscht! Meine Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Absolut gelungen und zu Herzen gehend

Junikäfer, flieg
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Die kleine Juni (oder June im englischen Original) ist ein Mädchen, welches man sofort ins Herz schließt. Seit sie denken kann, ist sie mit ihrem Vater und dem gemeinsamen Wohnmobil durch die USA unterwegs....von ...

Die kleine Juni (oder June im englischen Original) ist ein Mädchen, welches man sofort ins Herz schließt. Seit sie denken kann, ist sie mit ihrem Vater und dem gemeinsamen Wohnmobil durch die USA unterwegs....von Norden bis Süden und von Westen nach Osten. Sie ist aufgeschlossen und clever, fröhlich und liebt ihren Vater von ganzem Herzen, der sie auch unterrichtet. Als sie eines Tages mit ihrem Wohnmobil länger auf einem Kaufhausparkplatz stehen und auf ein Ersatzteil für den Wohnwagen warten müssen, entdeckt Juni eine Vermisstenanzeige. Darauf ist das Foto eines Kleinkindes und daneben ein computeranimiertes Bild des Mädchens, wie es nach sieben Jahren aussehen soll. Und Juni erkennt sich selbst darauf.....

Juni wird neugierig und möchte mehr über sich erfahren und warum ihr Vater nie mit ihr an einem Ort bleibt und sie keine Freundinnen hat. Als Leser spürt man instinktiv, dass John, der Mann, den sie Vater nennt, der Entführer sein muss. Und doch ist er äußerst liebevoll zu Juni, lehrt sie viele wichtige Dinge des Lebens und gibt ihr Gottvertrauen.
Im kleinen Örtchen Dogwood hingegen sucht Ella Edwards seit sieben Jahren nach ihrer verschwundenen Enkeltochter Natalie Ann. Sie fühlt, dass Natalie noch lebt und gibt trotz aller Widerstände nicht auf. Als man plötzlich das Auto findet, mit dem das kleine Mädchen damals entführt wurde, wird der Fall neu aufgerollt. Doch als der Wagen aus dem See gezogen wird, ist der Kindersitz leer und man findet auch keine Leiche.

Der wunderbare Erzählstil des Autors lässt einem in diese so emotionale und herzzereißende Geschichte versinken. Man kann nicht glauben, dass John wirklich ein Kindesentführer sein soll und im Laufe des Romans stellt sich der Leser immer mehr die Frage, was damals wirklich passiert ist. Man spürt auf der einen Seite die Sehnsucht, die Juni hat, endlich die Wahrheit zu erfahren. Sie wünscht sich eine Familie, ein Zuhause und Freundinnen. Außerdem möchte sie wissen, woher sie kommt und was diese furchtbaren Albträume bedeuten, die sie schon jahrelang quälen.....
Auch der Glaube spielt hier eine Rolle, wirkt aber nie aufdringlich. Er gibt aber vorallem der Großmutter Halt und lässt sie nicht aufgeben. Überraschende Wendungen erschaffen zusätzlich Spannung und die Geschichte bleibt sehr lange rätselhaft. Erst nach und nach erfährt man, was damals passiert ist und erst ganz am Schluss kommt die Wahrheit ans Licht. Die wichtigste Frage wird beantwortet und trotzdem bleiben noch einige wenige Punkte offen. Ich mag es überhaupt nicht, wenn das Ende zu offen bleibt, doch hier ist es (fast) perfekt, wie es ist.

Schreibstil:
Der Schreibstil von Chris Fabry ist wunderbar einfühlsam und voller Lebensweisheiten, ohne lehrreich zu wirken. Die Geschichte erscheint real, es ist nichts übertrieben oder unrealistisch. Die Figuren sind lebendig und vorallem Juni ist herzerfrischend.
Erzählt wird hauptsächlich aus der Sicht von Juni in der Ich-Perspektive. Hier hat es der Autor es geschafft, die Gedanken und Gefühle einer Neunjährigen authentisch rüberzubringen. Aber es wird auch in der dreitten Person aus der Erzählperspektive von John, Sheriff Preston, Ella und William (Großeltern) und Sheila (einer Supermarktangestellten) berichtet, dessen Geschichten dem Roman das Gerüst geben.

Allgemeines/Tipp:

Zu "Junikäfer flieg" gibt es noch ein Buch des Autors, "Die Sinfonie des Himmels", indem Juni nochmals einen kleinen Auftritt hat....eine Art Nachfolgeband.
Außerdem wird Ende August die Geschichte als DVD erscheinen. Ich habe sie mir schon bestellt, war allerdings etwas enttäuscht vom deutschen Trailer, wo man Juni einfach in Kate umbenannt hat und der Name mit dem englischen Originaltitel und dem deutschen Titel überhaupt nichts mehr gemeinsam hat. Auch der Ort ist ein anderer und Schi fahren kommt nie im Buch vor.... Auch ihre Mutter scheint im Film anders dargestellt zu werden.....die Synchronstimmen sind auch nicht das Gelbe vom Ei........aber ich werde mich einfach mal überraschen lassen....

Fazit :
Ein sehr emotionales und zu herzengehendes Buch, das wunderbar geschrieben ist und gleichzeitig von der ersten bis zur letzten Seite spannend bleibt. Absolut gelungen und eines meiner Highlights des Jahres! Meine Leseesmpfehlung!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Blick hinter die Kulissen der Olympiade 1936

Berlin 1936
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Meine Meinung:
Pünktlich zum Beginn der Sommerolympiade in Rio habe ich ein Buch über eine andere Olympiade, die genau achzig Jahre zuvor stattgefunden hat, gelesen. Damals wurde das Bild eines Wettstreites ...

Meine Meinung:
Pünktlich zum Beginn der Sommerolympiade in Rio habe ich ein Buch über eine andere Olympiade, die genau achzig Jahre zuvor stattgefunden hat, gelesen. Damals wurde das Bild eines Wettstreites gezeigt, der sich nicht nur um Medaillen drehte, sondern der das damalige Deutschland alles andere als judenfeindlich und betont weltoffen zeigen sollte. Es geht um die Sommerolympiade in Berlin 1936, wie uns der Titel bereits verrät.
Der Sport steht allerdings nicht im Vordergrund, denn Oliver Hilmes lässt uns in seinem Buch hinter die Kulissen schauen. Er erzählt in einer Zeitspanne von sechzehn Tagen über diverse Einzelschicksale während der Olympiade zur Zeit des beginnenden Nationalsozialismus. Dabei behandelt er diese Schicksale völlig unbekannter Personen genauso, wie die von bekannten Personen, die in der Öffentlichkeit stehen.

Das Buch ist in genau sechzehn Abschnitte gegliedert, die die Tage vom 1. bis zum 16. August dokumentieren. Ein schwarz-weiß Foto auf der Vorderseite, danach ein kurzer Wetterbericht des Reichswetterdienstes und im Anschluss erzählt Hilmes das Geschehen des Tages aus Sicht verschiedener Personen. Das können Berühmtheiten wie Leni Riefenstahl sein, die die Olympischen Spiele erstmals aus einer ganz anderen Sichtweise filmen möchte und dabei ungewollt Hindernisse für die Sportler aufstellt oder kurze Sequenzen aus dem Leben ganz normaler Menschen wie du und ich. Aber auch die teilnehmenden Sportler kommen nicht zu kurz, allen voran der Amerikaner Jesse Owens, der die Olympiade dominiert. Hitler ist darüber alles andere als erfreut und erregt sich am schwarzen Läufer, den er als wilden "Dschnugelmenschen" bezeichnet und nicht mit der weißen (Herren-)Rasse gleichsetzt.
Einige Personen begleiten wir immer wieder durch diese sechzehn Tage, wie den US-Autor Thomas Wolfe, den Verleger Ernst Rowohlt oder den Barbesitzer Leon Henri Dajou.

Göring, Hitler und Goebbels verfolgen die Spiele auf der Tribüne und zeigen sich abends bei diversen Festen und Ehrungen, während sie bereits den Krieg planen und die ersten Menschen abtransportieren lassen. Dies wird in kleinen Abschnitten genauso erzählt, wie die Barbesuche der ausländischen Gäste. Tagebucheinträge von Jospeh Goebbels vervollständigen die Sicht auf die Spiele.
Man erkennt, wie Hitler und seine Leute nicht nur die Deutschen geschickt manipulieren konnten, sondern auch das ausländische Publikum, sogar Menschen, die voller Skepsis angereist sind und Hitler eher negativ gegenüber standen. Wie gewaltig und beeindruckend hier die gesamte Organisation zum Einsatz kam und was sich hinter den Kulissen alles abspielte, ist oft nur zu erahnen. Aber Propaganda für das eigene Land bei wichtigen Großveranstaltungen gab es nicht nur damals, sondern wird auch heutzutage noch genauso gehandhabt.

Ganz zum Ende des Buches als Art Epilog findet man noch ein Kapitel mit der Überschrift "Was wurde aus...?". Hier erfährt der Leser was aus den Menschen geworden ist, über die der Autor in den sechzehn Kapiteln geschrieben hat.

Schreibstil:
Der Schreibstil von Oliver Hilmes zieht den Leser direkt in das Geschehen und schon befindet man sich in Berlin im Jahr 1936. Obwohl dies ein Sachbuch ist, lebt das Buch von der lebendigen und atmosphärischen Erzählweise des Autors. Oliver Hilmes hat sehr gut recherchiert. Die verschiedenen Schicksale einzelner Personen, die rund um Hitler, Göring und Goebbels eingeflochten sind, machen das Thema etwas leichter und realer.

Fazit :
"Berlin 1936" ist ein lebendiges Sachbuch. Hier wird Geschichte interessant und unterhaltsam erzählt, man darf hinter die Kulissen blicken und dabei hat der Autor auch noch sehr gut recherchiert.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Die Hoffnung lebt

So wie die Hoffnung lebt
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Bereits der Beginn des Romans hat es in sich! Nach den ersten Seiten war ich entsetzt, traurig und den Tränen nahe, so zu Herzen ging mir das Schicksal der erst achtjährigen Katie, die innerhalb von ein ...

Bereits der Beginn des Romans hat es in sich! Nach den ersten Seiten war ich entsetzt, traurig und den Tränen nahe, so zu Herzen ging mir das Schicksal der erst achtjährigen Katie, die innerhalb von ein paar Stunden zur Vollwaise wird. Durch den Schock verschließt sich das Mädchen und spricht nicht mehr. Im Kinderheim, ihrem neuen Zuhause nach dem Verlust ihrer Familie, igelt sie sich ein, bis der um einige Jahre älter Jonah dazustößt. Mit seinem außergewöhnlichen Zeichentalent und großen Einfühlungsvermögen gelingt Jonah das, was den engagierten Heimleitern nicht gelungen ist. Er bringt Katie wieder zum Sprechen. Die Beiden verbindet ab diesem Zeitpunkt eine ganz besondere innige Freundschaft, die jedoch jäh endet....
Siebzehn Jahre später sind Jonah's Gedanken noch immer bei Katie, die er seit dem Vorfall damals erfolglos sucht. Milow, der gemeinsame Freund der Beiden, hat es längst aufgegeben Jonah von seiner Suche abzubringen. Doch dieser gibt die Hoffnung nicht auf......

Der Roman ist in zwei Teile geteilt, wobei der erste Abschnitt, aus der Kinder- und Jugendzeit im Kinderheim, in Rückblenden erzählt wird. Der zweite Abschnitt spielt in der Gegenwart und wird im Präsens geschildert. Unsere Hauptprotagonisten sind nach diesen fast zwanzig Jahren bereits erwachsene Menschen.

Der erste Teil des Romans und ganz besonders das erste Kapitel, das von Katies Verlust erzählt, hat mich emotional auf eine Achterbahn der Gefühle geschickt. Ich war geschockt und entsetzt und die Emotionen haben mich überwältigt. Die Autorin versteht es einfach großartig die Gefühlswelt der beiden Protagonisten zu beschreiben, sodass man als Leser in der Geschichte einfach mitlebt bzw. wie hier eben mitleidet. Man spürt diese tiefe Verbundenheit und innige Freundschaft der beiden Jugendlichen, denen sonst niemand mehr geblieben ist. Nur Milow, mit seiner Lockerheit und seinem überschäumenden Temperament, gelingt es der Dritte im Bunde zu werden. Ich habe ihn sofort ins Herz geschlossen. Dabei wird die Geschichte selbst nie kitschig und bleibt realitätsnah.
Auch das Kinderheim und ihre Betreuer, Julius und Tammy, sowie die sehr engagierte Ruby, Mitarbeiterin des Jugendamtes, wurden sehr positiv dargestellt. Alle drei setzen sich sehr für ihre Schützlinge ein. Meistens liest man doch vom Gegenteil....

Die Charaktere sind sehr menschlich und glaubhaft dargstellt - mit all ihren Fehlern. Dadurch wirken sie sehr lebendig. Alle von ihnen sind mir wirklich ans Herz gewachsen und werden sicherlich noch lange in meiner Erinnerung bleiben....
Die Autorin hat in diesem Roman auch das Thema Mutismus aufgegriffen und intensiv dazu recherchiert. Die Leser erhalten einen sehr guten Einblick in diese Kommunikationsstörung.

Nach all den Lobeshymnen zu diesem Roman, fragt ihr euch wahrscheinlich warum ich denn keine 5 Sterne gegeben habe...stimmst's?
Der zweite Teil des Romans, in denen uns Jonah, Katie und Milow als Erwachsene "gegenüberstehen", ist ebenfalls grandios geschrieben, kann jedoch mit dem ersten Abschnitt, der Zeit, die die Drei im Kinderheim verbracht haben, nicht gänzlich mithalten. Dafür findet sich im "Erwachsenenteil" viel mehr Spannung, die immer mehr aufgebaut wird. Das Ende wartet dann mit zwei vollkommen unerwarteten Wendungen auf und ließ mich wiederum entsezt nach Luft schnappen. Es bleibt aber etwas von einem "Bruch", das mich eben dazu veranlässt keine 5 Sterne zu geben, auch wenn mich dieser Roman wirklich sehr beeindruckt hat.

Schreibstil:
Susanne Ernst verfügt über einen sehr emotionalen und bildhaften Schreibstil, der sich wunderbar leicht lesen lässt und in dem man geradezu eintaucht und gar nicht mehr auftauchen möchte, bevor man nicht die letzte Seite inhaliert hat.
Die Protagonisten erzählen abwechselnd aus ihrer Sicht der Dinge in der Ich-Form. So entsteht noch ein viel innigeres Band zu den Jugendlichen. Man hat das Gefühl beide Protagonisten erzählen dem Leser direkt von Angesicht zu Angesicht ihre Geschichte.

Fazit:
Definitiv ein Buch, das man gelesen haben sollte, auch wenn ich nicht die Höchst-Sternezahl vergebe. Wunderbarer emotionaler erster Teil, der mich auf eine Achterbahn der Gefühle geschickt hat ohne kitschig zu werden. Der zweite Teil kann nicht ganz an den ersten anschließen, punktet aber mit Spannung und einigen überraschenden Wendungen. Ein Herzensbuch, das ich gerne weiterempfehle!