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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.07.2018

Ein ganz normales Dorf

Ein ganz normales Pogrom
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Es war einmal ein ganz normales Dorf, irgendwo in Deutschland. So könnte dieses Buch beginnen, steht das beschriebene Weindorf Guntersblum in Rheinhessen, nämlich für viele Dörfer und Städte in der Weimarer ...

Es war einmal ein ganz normales Dorf, irgendwo in Deutschland. So könnte dieses Buch beginnen, steht das beschriebene Weindorf Guntersblum in Rheinhessen, nämlich für viele Dörfer und Städte in der Weimarer Republik.
Die seit Jahren subtil gestreute Saat des Judenhasses geht im November 1938 buchstäblich explosionsartig auf. Im gesamten Deutschen Reich (Österreich inklusive) brennen Synagogen, werden Juden misshandelt und deren Wohnungen zerstört und geplündert. Wie es zu den Ausschreitungen, von den Machthabern zynisch und euphemistisch „Reichskristallnacht“ genannt, gekommen ist, versucht der Autor an Hand von Guntersblum nachzuvollziehen. Bislang hat der geneigte Leser ja den Eindruck, dass die Pogrome eine Erscheinung in den großen Städten sind, doch diese (Irr)Meinung wird mit diesem Buch widerlegt.
Beginnend mit der Urkatastrophe des verlorenen Ersten Weltkriegs und den damit verbundenen Reparationszahlungen erzählt Historiker Kellerhoff, wie sich antisemitische Verschwörungstheorien in den Köpfen der Leute manifestieren und den Nationalsozialisten in die Hände spielen.
Ab 1933 werden jüdische Mitbürger schikaniert. Viele verlassen Deutschland, doch die Mehrheit bleibt. Wo sollten sie auch hingehen? Geschäfte und Beziehungen im Stich lassen?
Gerade anhand von Guntersblum zeigt sich, wie perfide das System funktioniert, da hier ja jeder jeden und seine Vermögensverhältnisse kennt. Die Anonymität der Großstadt, die anfangs ein wenig Schutz bieten könnte, fehlt hier natürlich.
Kellerhoff kann aufgrund von alten Dokumenten und Fotos die systematische Vertreibung (und Ermordung) der jüdischen Familien genau nachvollziehen.
Sehr interessant ist auch der Mangel an Unrechtsbewusstsein nach dem Krieg. Man schiebt die Schuld hin und her, leidet an kollektivem Gedächtnisverlust. Guntersblum ist einfach Deutschland im Kleinen.
Wiedergutmachung und Herausgabe des gestohlenen Eigentums? Meistens Fehlanzeige, langwierige Prozesse und nur teilweise Rückerstattung oder Schadenersatz. So manche Familie wird de facto ein zweites Mal betrogen.

Fazit:

Ein höchst interessantes Buch, das es wert ist ein zweites Mal gelesen zu werden, um die besonderen Details zu entdecken. Gerne gebe ich 5 Sterne.

Veröffentlicht am 29.06.2018

Ein durchaus kritischer Rückblick

Kein Blatt vor dem Mund
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Josef Cap ist in meinem Gedächtnis „schon immer da“ – ich bin quasi mit ihm aufgewachsen. Sei es, dass wir in den 1970ern im Unterricht über den „frechen Jungsozi“ diskutiert haben oder ihn später als ...

Josef Cap ist in meinem Gedächtnis „schon immer da“ – ich bin quasi mit ihm aufgewachsen. Sei es, dass wir in den 1970ern im Unterricht über den „frechen Jungsozi“ diskutiert haben oder ihn später als „Berufsjugendlichen“ ein wenig belächelt haben.
34 lange Jahre hat er in der österreichischen Innenpolitik mitgewirkt. Er ist einer der längst dienenden Parteisoldaten. Kaum einer hat ähnlich viele Partei-Vorsitzende erlebt wie er, nämlich 7 an der Zahl. (Bruno Kreisky, Fred Sinowatz, Franz Vranitzky, Viktor Klima, Alfred Gusenbauer, Werner Faymann und Christian Kern).
Wer ist er nun dieser Josef „Pepi“ Cap, der sich mehrmals mit den Mächtigen im Staat und in der eigenen Partei angelegt hat?
Geboren in Wien, geht er als Teil einer katholischen Familie brav in die Kirche und ist Ministrant. Die übliche Karriere eines bürgerlichen Sohnes – dann, im Piaristen-Gymnasium, schlägt die Stunde des Revoluzzers: er wird Herausgeber der Schülerzeitung. Es ist die Zeit der (erz)konservativen Regierung von ÖVP-Bundeskanzler Josef Klaus. Vielen Menschen ist diese Partei, die nach wie vor an den drei Ks (Kinder, Kirche, Küche) festhält, zu konservativ, zu spießig, zu verzopft und einfach viel zu langweilig. Dem vorlauten Josef bietet sich in Bruno Kreisky, der 1970 die Sozialistische Partei übernommen hat, eine Alternative. Kreisky gelingt es, durch viele, bis heute nachwirkende Staatsaufträge (Budgetdefizit!) Österreich zu modernisieren. Aufgrund seiner Analysen eckt der brillante Denker und Stratege Josef Cap auch bei Kreisky an. Er umreißt das Verhältnis mit folgenden Worten: "...Er [Kreisky] war fast enttäuscht, wenn ich mich im Parteivorstand nicht zwecks meiner eigenen Hinrichtung zu Wort meldete..."
Obwohl Sesselsägen und „Hack‘l schmeißen“ eher eine Domäne der ÖVP ist, bleibt auch der unbequeme Josef Cap nicht davor verschont.
Vor allem, die am 18.10.1982 gestellten „3 Fragen an den Theodor Kery“ machen ihn beinahe zum Paria. Cap ist Vorsitzender der Sozialistischen Jugend und fragt den umstrittenen burgenländischen Landeshauptmann Kery folgendes:

1. „Stimmt es, dass du mehr verdienst als der Bundeskanzler?
2. „Stimmt es, dass du als Aufsichtsratsvorsitzender verbilligten Strom der BEWAG [Burgenländische Elektrizitätswerke AG, Anm.] beziehst?“
3. „Ist es wahr, dass du in deiner Freizeit mit Maschinenpistolen schießt?“

Diese Rede führt unmittelbar danach zur Abwahl Caps aus dem Parteivorstand, während Kery, der wenige Tage später die Fragen positiv beantworten muss (Nur das Schießen mit Maschinenpistolen bestreitet er. Er hätte nur einen Schießstand für Kleinkalibergewehre im Keller.). Kery scheidet erst nach dem Verlust der absoluten Mehrheit 1987 aus der Politik aus.

Bei der darauffolgenden Nationalratswahl steht Cap de facto auf unwählbarer Stelle auf der Kandidatenliste. Um dennoch als Abgeordneter ins Parlament zu kommen, führt er – gegen den Willen der Partei - einen Vorzugsstimmenwahlkampf und gewinnt. Er zieht als erster, direkt vom Volk gewählter Abgeordneter in den Nationalrat ein. Dies ist besonders bemerkenswert, da er Unterstützung aus allen Lagern der Republik erhält. Meine Stimme ist auch dabei, weil mir seine lausbubenhafte Frechheit imponiert hat.
Josef Cap, der „der beste Redner im Parlament“ genannt wird, lässt in seinem Buch 50 Jahre österreichische Zeitgeschichte Revue passieren. Er erzählt kurz und prägnant wie es zum Niedergang der Sozialdemokraten (nicht nur in Österreich) kommen konnte und versucht eine Alternative zu den aktuellen (rechts)konservativen Parteien aufzuzeigen.

Er ortet drei grobe Fehler der Sozialdemokraten:
1. Die Unterschätzung der Grün-Bewegung
2. Den Wirtschaftskurs von Viktor Klima, der die Strategien von Tony Blair und Gerhard Schröder nachahmen wollte
3. Das Flüchtlingsthema spätestens ab 2015

Noch gibt Josef Cap die Sozialdemokratie und ihre Grundwerte (Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und Solidarität) nicht gänzlich verloren. Allerdings muss sich die Partei schleunigst auf einen neuen Kurs einigen, um den aktuellen Strömungen der Regierung Paroli bieten zu können. Mit der Bewahrer-Mentalität und dem Pochen auf „wohlerworbenen Rechten“ wie es so mancher Gewerkschafter fordert, ist derzeit wenig zu gewinnen.
Nun 2017 ist die Karriere des Josef Cap als Abgeordneter, endgültig Geschichte. Er erhält bei der Nationalsratswahl (wieder) keinen sicheren Listenplatz und diesmal scheitert auch der Vorzugsstimmenwahlkampf.

Meine Meinung:

Ein sehr interessantes Buch, das Einblick in die Mechanismen der Macht gibt. Vielleicht ein bisschen eine Abrechnung mit den Genossen? Denn, wie sagt man in Österreich so treffend? „Freund – Feind – Parteifreund“. Mit mehr als 60 Jahren ist er, wie einst Curd Jürgens sang „kein bisschen weise“ und hält sich an Udo Jürgens „.. mit 66 Jahren, da fängt das Leben an“. Josef Cap ist 1952 geboren – da passt dieser Song perfekt.
Hier im Rückblick geht er mit seinen liebsten Feinden Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Ex-Finanzminister Karl Heinz Grasser überraschend milde ins Gericht. Doch ein wenig gütig geworden auf „seine alten Tag“?

Fazit:

Eine pointierte Rückschau auf knapp 50 Jahre österreichische Innenpolitik – präzise und bestens analysiert. Gerne gebe ich hier 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 28.06.2018

Warum in die Ferne schweifen, der Chiemsee ist nah

Chiemsee und Chiemgau gehmütlich
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Der Salzburger Verlag Anton Pustet überrascht seine Fans mit einem tollen Reiseführer mit vielen Bildern.

Der Chiemsee und seine Umgebung sind beliebte Urlaubsdestinationen. Ob für Wassersportler, Wanderer ...

Der Salzburger Verlag Anton Pustet überrascht seine Fans mit einem tollen Reiseführer mit vielen Bildern.

Der Chiemsee und seine Umgebung sind beliebte Urlaubsdestinationen. Ob für Wassersportler, Wanderer oder Kunstbeflissene, unter den 33 Ausflugszielen findet sich für jeden etwas.

Der Urlaubsgast kann wählen, ob er die ausgewählte Route per Pedes oder per Fahrrad zurücklegen will. Um einem die Auswahl leichter zu machen, bekommt man eine präzise Kurzbeschreibung, die sogar angibt, ob und mit welcher Steigung zu rechnen ist.

Zum entspannten Ferienerlebnis zählen natürlich auch kulinarische Genüsse, die zum Verweilen einladen.
Landschaftliche wie kulturelle Sehenswürdigkeiten werden liebevoll beschrieben und machen den Aufenthalt am „Bayerischen Meer“ so richtig interessant.
Viele der Wanderwege sind für Familien mit Kinder und Kinderwagen geeignet. Dort, wo auch der beste Freund des Menschen auch willkommen ist, ist dies selbstverständlich vermerkt.

Alles in allem ein gelungener Ausflugs- und Reiseführer, der noch mit Geschichten und Anekdoten über regionale Berühmtheiten aufwarten kann.


Fazit:

Ein gelungener Reiseführer, der den interessierten Leser auch in der näheren Umgebung schöne Plätze finden lässt. Da muss man nicht in die Ferne schweifen.

Veröffentlicht am 25.06.2018

Ein eher seltener Baum - die Zirbe

Das kleine Buch: Das Geheimnis der Zirbe
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Dieses liebevoll gestaltete Buch ist aus der Reihe "Das kleine Buch" des Salzburger Servus-Verlag.

Wir erfahren Wissenswertes über die Zirbe und die zahlreichen Verwendungsmöglichkeiten dieses Baums ...

Dieses liebevoll gestaltete Buch ist aus der Reihe "Das kleine Buch" des Salzburger Servus-Verlag.

Wir erfahren Wissenswertes über die Zirbe und die zahlreichen Verwendungsmöglichkeiten dieses Baums - wie z.B. als Einrichtung oder Schnaps.

Sehr interessant ist noch die Anleitung für Tischler oder handwerklich begabte Laien, ein Bett aus Zirbenholz zu bauen und dabei auf alte Tischlerfertigkeiten wie Zinken und Holzscharniere zurückzugreifen. Metalle und chemische Lacke bleiben dürfen nichts ans Zirbenbett.

Hübsche Bilder machen dieses kleine Buch zu einem netten Mitbringsel.

Veröffentlicht am 22.06.2018

Mord in Bad Ischl

Der Sissi-Mord
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Nach mehr als zwanzig Jahren kehrt Josephine Konarek nicht ganz freiwillig auf Besuch in ihre Heimatstadt Bad Ischl zurück.
Aus einem kurzen Aufenthalt wird nichts, als Josi, wie sie von ihren Freunden ...

Nach mehr als zwanzig Jahren kehrt Josephine Konarek nicht ganz freiwillig auf Besuch in ihre Heimatstadt Bad Ischl zurück.
Aus einem kurzen Aufenthalt wird nichts, als Josi, wie sie von ihren Freunden genannt wird, einen Toten an der Orgel findet.
Was nämlich anfänglich wie ein tragischer Herztod aussieht, stellt sich als perfider Mord heraus. Und dies wird nicht der einzige Tote bleiben und Josie muss sich ihrer Vergangenheit stellen.

Es gibt mehr Verdächtige als dem Ermittlerteam unter Chefinspektor Paul Materna lieb sein kann. Während der Ermittlungen kommen sich Josi und Paul ein wenig näher. Daran haben Josis Dackel Poldi und die Hundedame Resi, die Paul tageweise in seiner Obhut hat, auch ihren Anteil. Poldi ist überhaupt so etwas wie ein „Eisbrecher“, wenn er seinen treuherzigen Dackelblick einsetzt, um ein Leckerli zu erhalten.

Meine Meinung:

Jenna Theiss ist ein interessanter Regionalkrimi gelungen, der uns in die oberösterreichische Stadt Bad Ischl führt. Hier wo Kaiser Franz Josef und seine schöne Gemahlin Elisabeth allgegenwärtig sind, lässt sich trefflich morden. Der morbide Charme mit dem der Monarchie gehuldigt wird, zieht jedes Jahr tausende Touristen an.
Die Einbeziehung von örtlichen Bräuchen rund um Weihnachten und der kulinarischen Köstlichkeiten in der Konditorei Zauner
ergeben einen runden Krimi mit viel Lokalkolorit.

Der Schreibstil ist flüssig und hat durchaus humorvolle Ansätze. Die Charaktere sind liebevoll herausgearbeitet. Die anfangs ein wenig reserviert wirkende Josi hat in ihrer Jugend mehrere Schicksalsschläge erlitten, die nach und nach ganz unaufgeregt aufgedeckt werden. So kann sich der Leser ein umfassendes Bild machen. Auch der Chefinspektor ist gut getroffen. Er ist weder ein Wunderwuzzi, noch einer dieser einsamen Wölfe, die nach einer gescheiterten Ehe dem Alkohol verfallen sind. Es macht ihn sympathisch, dass er sich um seine erwachsene Tochter kümmert und von seiner Ex-Frau ohne Bitterkeit spricht.
Witzig finde ich Rosi, die Ehefrau von Inspektor Heininger, die sich als rechte Tratschliesl entpuppt und die Ermittlungen beinahe behindert.

Fazit:

Mir hat der Krimi sehr gut gefallen und hoffe auf eine Fortsetzung. Gerne gebe ich fünf Sterne.