Fantasy meets Thriller
| © Janna von www.KeJas-BlogBuch.de |
Das Thriller mehr als gerne von mir gelesen werden, ist wohl kein Geheimnis. Das Genre Fantasy hingegen trifft man eher selten als Besprechung auf diesem Blog an, ...
| © Janna von www.KeJas-BlogBuch.de |
Das Thriller mehr als gerne von mir gelesen werden, ist wohl kein Geheimnis. Das Genre Fantasy hingegen trifft man eher selten als Besprechung auf diesem Blog an, wobei es einen immer größeren Reiz auf mich ausübt. In diesem Buch treffen sich diese beiden Genres aufeinander und überzeugen mich auf ganzer Linie!
"Der Tod war ein ständiger Begleiter im Sha-Quai."
(Prolog, erster Satz)
Und eben dieser begegnet der Protagonistin Idra bereits auf den ersten Seiten. Eine Leiche die sich nicht wehren kann, eine junge Frau die die Gunst der Stunde nutzt. Denn Idra ist auf jede noch so kleine Möglichkeit unter der Hand etwas erhaschen zu können angewiesen. Sie lebt inmitten der Armut, verdient ihr Geld mit Sex und ist einem Mann untergestellt, der nicht zimperlich mit seinen Mitmenschen umgeht. Und so nimmt sich Idra das, was sie bei dem Toten findet und verschwindet in den dunklen Gassen.
Diese Leiche jedoch war nicht irgendein Anwohner des Viertels, sondern ein Mann mit hohen Stellenwert. Seinem Vater ist viel daran gelegen, dass der Mörder gefunden wird und für seine Tat büßt. Und so wird Varek, ein Unbestechlicher, mit der Suche beauftragt.
Und bevor nur irgendwer von Euch auf den Gedanken kommt – Nein! Hier geht es nicht um eine Liebesgeschichte, wobei verschiedene Protagonistinnen einander nicht abgeneigt sind. Es geht um einen Kult, um die Wüstenstadt und die unerklärlichen Todesfälle.
Wundervolle Beschreibungen und geradlinige Äußerungen. Und genau diese Art der derben und offenen Beschreibungen liebe ich – es wird kein Blatt vor den Mund genommen! Flüche, Sex und der Tod. Nicht nur die wenigen Sexszenen werden gelungen beschrieben, nicht zu oberflächlich, nicht zu überzogen – die Autorin trifft genau den richtigen Ton für die jeweiligen Momente. Idra ist ein Freudenmädchen, eine Hure, groß geworden in den Straßen Ghor-el-Chras und genau so spricht sie! Auch die auftauchenden Leichen werden in ihrem Zustand detailliert beschrieben. Weder die Autorin, noch ihre Protagonistinnen beschönigen ihre Worte und sagen frei heraus was sie denken oder fordern. Verschiedene Szenen werden gelungen verbildlicht und hauchen den Gedanken ein Gefühl ein.
"[…] Und da war noch etwas. Dieses dumpfe, beklemmende Gefühl, dass etwas in der Luft lag. […] Es bohrte sich immer tiefer in ihren Leib, wie ein Wurm, der sich durch ihre Eingeweide fraß."
(S. 129)
Die Autorin haucht nicht nur den Gedanken Gefühle ein, sondern erweckt die Protagonistinnen zum Leben. Man liest die einzelnen Charaktere durch ihre Sprechweise heraus, unterscheidet sie in ihrer Herkunft. Es wechselt zwischen alkoholisiertem Genuschel, zum Straßenjargon, hinüber zu der gehobenen Ausdrucksweise. Auch die Stadt selbst entsteht durch die detaillierten, aber nicht ausufernden Beschreibungen vor dem inneren Auge. Auf der einen Seite schlurft man noch in dunklen Gassen umher, woraufhin die nächste Seite mit Düften umhüllt. Ich las nicht die Viertel der Stadt, ich sah sie vor mir.
Leichen pflastern die Wege und die Spannung hält sich auf den gesamten 437 Seiten. Es gibt verschiedene Gewaltszenen die nicht willkürlich für Action sorgen sollen, sondern intensiv beschrieben sind, um die Lebensverhältnisse der Stadt zu verdeutlichen. Auf wenigen Seiten wird auch eine sexuelle Gewaltszene beschrieben, die aufzeigt was geschehen kann, wenn unterdrückte Menschen ihre Gelegenheit beim Schopfe nehmen!
All das umhüllt von einer einnehmenden Szenerie. Gespickt mit einer toten Stadt und Mythen. Schutzgeister (Diamons) werden angebetet, aber es gibt nur einen Gott in der Stadt Ghor-el-Chas, den Blutigen. Während der Glaube an Schutzgeistern gebilligt wird, so gilt jeglicher anderer Glaube als Ketzerei. Doch wer nun denkt dies ist eine Geschichte voller phantastischer Figuren irrt, denn keiner der Diamons oder der Gott selbst, treten in Erscheinung. Es ist ein Glaube. Aber genau damit erschafft die Autorin die phantastische Atmosphäre. Ist es nur ein Glaube oder verbirgt sich in den dunklen Gassen etwas, das unsere Vorstellungskraft übersteigt? Leichen die zu etwas führen, das es nicht geben dürfte. Hier treffen zwei Genres mit voller Wucht und Überzeugungskraft aufeinander.
Auch weitere Aspekte des Buches nahmen mich in seinen Bann. Es geht hierbei nicht um gesellschaftliche Kritikpunkte die herausgearbeitet wurden und doch sind es genau solche, auf die ich beim Lesen traf. Szenen die Parallelen aufweisen zu unserer Geschichte und zu aktuellen Ereignissen.
"Frauen mussten in Ghor-el-Chras wesentlich mehr leisten, um […] Anerkennung zu finden, galten sie schließlich als schwach und gebrechlich."
(S. 269)
Elea Brandt streut Situationen und Gedanken ein, die mich das Handeln gewisser Protagonistinnen nachvollziehen, aber auch hinterfragen lassen.
Die Unbestechlichen, der Abschaum der Gesellschaft. Sklaven, die Sklaven halten. Frauen die nicht mehr wert sind als das, was die Männer von ihnen halten. Reichtum und Armut leben Tür an Tür. Eine Stadt, in welcher nur zu einem Gott gebetet werden darf. Eine Vielzahl an vergangenem und aktuellen traf ich in der Geschichte, doch diese sind so gelungen eingearbeitet, dass ich mich auf keiner Seite davon überrollt fühlte.
Ein Buch das durch seine ganze eigene Welt einen absoluten Sog ausübt und die Spannung mich durch die Seiten huschen ließ! Für mich gibt es nur einen klitzekleinen Kritikpunkt an dem Buch, welcher durch den Ausgang der Geschichte jedoch wieder wettgemacht wird. Hier jedoch kann ich ohne Spoiler nicht gezielt darauf eingehen … etwas das ich aufgrund einer gewissen Aussage schon erahnt hatte. Eine Erkenntnis die Varek wie ein Schlag trifft, gut eingearbeitet ist, für mich persönlich aber eine Spur Zuviel war. Doch ist der Ausgang der Geschichte nicht das was ich zum Ende hin erwartet hatte und somit störte ich mich an diesem Verlauf nicht weiter.
Von der ersten bis zur letzten Seite bin ich vollends abgetaucht und durch die Seiten gehuscht. Ich möchte definitiv mehr dieser Art von Elea Brandt lesen!
Auf dem Blog gibt es innerhalb meiner Rezension noch einen Link zu einem kleinen Quiz, welchen Schutzgeist man selbst hätte: https://kejas-blogbuch.de/opfermond-elea-brandt/