Gemeinsam in einer kleiner Blogger-Leserunde habe ich den ersten Band der neuen Trilogie von Corina Bomann gelesen, die in Schweden kurz vor Beginn des ersten Weltkrieges beginnt und mit dem letzten Band der Reihe in den 1970igern abschließt.
Das erste Buch der "Die Frauen vom Löwenhof"- Trilogie liest sich leicht und die 700 Seiten sind wirklich schnell inhaliert. Wir befinden uns in Südschweden kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Noch herrscht das eher strenge Sittenbild von Anstand und Moral, doch die Welt befindet sich im Umbruch. Auch Agneta Lejongård gehört den aufgeschlossenen Frauen an, die sich für mehr Rechte einsetzen. Sie hat das Gutshaus ihrer Eltern im Streit verlassen, um in Stockholm Kunst zu studieren. Sie ist eine der wenigen Frauen, die an der Hochschule überhaupt zugelassen werden und hat sich in der Stadt den Suffragetten angeschlossen. Zuhause auf Gut Löwenstein wird ihr älterer Bruder Herndrik einmal die Pferezucht samt Herrenhaus übernehmen. Doch ein Unglück vereitelt diese Pläne. Agnetas Vater und Bruder sterben bei einem Brand und Agneta muss zurück zum Löwenhof und ihr Studium ad acta legen. Für die junge Frau, die sich mit ihrer Mutter nicht wirklich gut versteht, stehen große Herausforderungen an...
Der Auftakt der Trilogie ist gelungen und hat mich sofort gefesselt. Agneta ist ist eine selbstbewusste und für ihre Zeit sehr moderne Frau. Neben der großen Herausforderung die neue Gutsbesitzerin zu sein, wird auch der Brand, bei dem ihr Vater und ihr Bruder ums Leben gekommen sind, polizeilich untersucht. Das größte Hindernis ist allerdings, dass Agneta sich als unverheiratete Frau in der Männerdomäne als Gutsherrin nur schwer durchsetzen kann. Mit Hilfe eines Gutsverwalters, der sie in ihrer Arbeit unterstützt, würde die Sache nach außen hin ganz anders aussehen. Da kommt ihr Max von Bredenstein gerade richtig, den ihr Vater angeblich noch vor seinem Tod einen Job angeboten hat. Dem jungen Mann scheint aber ein Geheimnis zu umgeben.....
Das Leben auf dem Gutshof wird sehr lebendig beschrieben. Man begleitet nicht nur Agneta und ihre Mutter Stella, sondern auch einige ihrer Dienstboten, wie Susanna oder Lena durch den Tag. Corina Bomann hat sowohl ihnen, als auch den Herrschaften einige Steine und Schwierigkeiten in den Weg gelegt, die den Spannungsbogen der Geschichte höher halten. Einige Geschehnisse sind allerdings ein bisschen konstruiert, was aber der Spannung nicht schadet.
Durch die gute Beziehung der Familie Lejongård zum König werden auch einige politische Themen angesprochen, besonders nach dem Attentat am österreichischen Thronfolger Franz-Ferdinand in Sarajevo und der erst neu erschaffenen Neutralität Schwedens. Man bekommt hier sehr interessante Einblicke. Ebenso überrascht hat mich, dass in Schweden 1915 bereits Kaiserschnitte durchgeführt wurden und es Röntgenapparate gab. Dafür hätte ich mir mehr zum Thema des Frauenwahlrechtes oder generell über die Suffragetten gewünscht. Überrascht hat mich, dass Frauen die Möglichkeit hatten, sich ab 25 Jahren als volljährig erklären zu lassen und damit nicht ihren Eltern oder dem Ehemann gehörten. Auch den Dienstboten war es nur mit Genehmigung der Herrschaft erlaubt zu heiraten. Sie gehörten ebenso zum Besitz. Das kenne ich zwar aus den historischen Romanen, die ich gerne lese, aber dass diese Gesetze auch 1915 noch Gültigkeit besaßen, hat mich doch etwas geschockt.
Die Charaktere sind meiner Meinung nach etwas eindimensional. Die Männer im Roman kommen größtenteils nicht sehr gut weg. Sie sind schwach und wankelmütig.
Das starke Geschlecht sind hier eindeutig die Frauen, auch wenn Agnetas Mutter Stella eine sehr gefühlskalte und reservierte Frau ist. Sehr gefallen hat mir Agnetas Stockholmer Freundin Marit, eine Suffragette.
Die landschaftlichen Beschreibungen und Bräuche des Landes kamen meiner Meinung etwas zu kurz. Einzig der schwedische Mittsommer wird näher erklärt, indem auf Gut Lejongård jährlich ein großes Mittsommerfest gefeiert wird - wie es in Schweden üblich ist. Dafür wird das Herrenhaus und die Umgebung sehr detailreich und bildhaft beschrieben. Das Ende hatte eine Überraschung zu bieten, die mir nicht so gut gefiel und mir etwas zu konstruiert war. Es blieben außerdem einige Fragen offen, die sich hoffentlich im Folgeband aufklären werden.
Schreibstil:
Der Schreibstil von Corina Bomann ist, wie auch schon in ihren anderen Romanen, wunderbar flüssig und kurzweilig. Auch hier überrascht sie mich wieder mit Individualität, denn in dieser Trilogie erscheint mir ihre Schreibweise wieder etwas anders, als in ihren anderen Romanen. Das finde ich erfrischend und positiv. Bei manchen Autoren hat man doch öfters das Gefühl immer wieder etwas ähnliches zu lesen - bei Corina Bomann ist das definitiv nicht so.
Fazit:
Ein toller Auftakt mit kleinen Schwächen, aber einem sehr rasanten Tempo und dem Gefühl so bald wie möglich weiterlesen zu wollen. Ich freue mich schon auf den Folgeband.