Spannender und authentischer Roman mit düsterer Grundstimmung ! Leseempfehlung !
Bevor ich meine Meinung zur Geschichte kundtue, muss ich erst einmal kurz erwähnen, das ich es äußerst irritierend finde, das der Verlag dieses Buch unter dem Genre KRIMI / THRILLER führt. Für mich ehrlich ...
Bevor ich meine Meinung zur Geschichte kundtue, muss ich erst einmal kurz erwähnen, das ich es äußerst irritierend finde, das der Verlag dieses Buch unter dem Genre KRIMI / THRILLER führt. Für mich ehrlich gesagt völlig unverständlich, denn es ist weder das eine noch das andere und ich denke, das viele potenzielle Leser hier aufgrund dieser Bezeichnung mit falschen Erwartungen ans Buch herangehen und dieses im Nachhinein eher negativ bewerten werden.
Es ist mitunter eine düstere Geschichte, die psychologisch ziemlich geschickt durchdacht ist, aber es ist kein Thriller.
Sara und Neill haben eigentlich alles, was man sich als Mittelstandspaar mit Häuschen in einem Londoner Vorort wünschen kann. Sie führen eine gute Ehe, wohnen in einer guten Nachbarschaft, die Kinder gedeihen prächtig und auch wenn die Nachbarn manchmal etwas anstrengend sind, könnte man sie durchaus als Freunde bezeichnen. Alles geht seinen gemächlichen, englischen Gang, bis eines Tages eine neue Familie ins Nachbarhaus einzieht und im wahrsten Sinne, alles auf den Kopf stellt.
Gavin und Lou sind Künstler, leben wie es ihnen gefällt, ohne sich an spießige Regeln oder Vorschriften zu halten. Die Kinder sind wild und ungebändigt, ihr Leben wirkt chaotisch und bunt.
Auf Sara, die von ihrem Job und auch von ihrem Alltag zunehmend gelangweilt ist, wirkt dieser zwanglose und scheinbar sorglose Trubel im Nachbarhaus, absolut verlockend. Zudem sind Lou und Gavin auch noch so nett und aufgeschlossen. Sara schließt Freundschaft mit Lou, blickt immer mehr zu ihr auf, fühlt sich in ihren Wünschen von der neuen Freundin bestärkt, lässt sich aber auch auf dumme Ideen bringen, wie etwa, die Kinder ab sofort zuhause zu unterrichten.
Auch Neill imponieren die neuen Nachbarn, zwar nicht so stark wie seiner Frau, aber auch er verbringt gerne Zeit mit Gavin und Lou und befürwortet die Flausen, die Lou seiner Frau in den Kopf setzt.
Eine Weile geht diese Freundschaft wirklich gut. Sara hat das Gefühl sich selbst neu zu entdecken und ihr gefällt was Lou und Gavin scheinbar in ihr sehen, doch tatsächlich verliert sie sich immer mehr und lässt sich schamlos ausnutzen, ohne es zu merken. Erst als sich ein Riss durchs Treppenhaus zieht, wacht Sara endlich auf....
Meinung:
Ich wusste lange nicht was ich von der Geschichte halten soll und in welche Richtung sie mich führt und dennoch war ich absolut gefesselt und konnte einfach nicht mehr aufhören zu Lesen und in das Leben von Sara und Neill einzutauchen.
Der Schreibstil der Autorin ist mitunter sehr nüchtern, knallhart, aber ehrlich. Felicity Everett zeigt auf, wie und wohin sich eine Freundschaft entwickeln kann und zu welchen Dingen wir bereit sind, um sie zu halten und vielleicht auch in einer Liga mitzuspielen, die gar nicht die unsere ist. Das Erwachen kommt dann manchmal viel zu spät, wenn man schon zu viel aufgegeben hat, was einem vorher wichtig war. Sie zeigt, wie schön und harmonisch, aber auch wie zerbrechlich Freundschaft sein kann. Und auch, wie sie eine Ehe auf die Probe stellen kann.
Ich fand diesen Roman sehr eindrucksvoll und irgendwie gewaltig, es war wie dieser Sog von dem immer alle sprechen, den man beim Lesen aber dann tatsächlich nur sehr selten erlebt.
Die Situation die Sara und Neill hier erleben kommt in den besten Familien und Gegenden vor und wirkte deshalb auf mich absolut nachvollziehbar. Tatsächlich erinnerte ich mich dabei auch an Freundschaften im eigenen Leben, die in die Brüche gingen, weil einer nur nimmt, anstatt zu geben oder einem hinterrücks das sprichwörtliche Messer reinrammt. Die Geschichte zeigt auf, wie weit man bereit ist, für ein bisschen Anerkennung von außen und Freundschaft zu gehen und sich selbst zu verändern. Leider geht das meist nicht gut, weil es auf dem gemeinsamen Weg den man bestreitet, immer eine Person gibt, die zu viel von sich aufgibt.
Es ist ein authentischer Roman, mit einer ganz eigenen, leicht düsteren Grundstimmung, der im Verlauf immer spannender wurde und der mich gut unterhalten konnte.
Von mir gibts eine ganz klare und deutliche Leseempfehlung !