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Veröffentlicht am 20.07.2018

Mord ist meine Sprache

Der Alphabetmörder (Ein Grall-und-Wyler-Thriller 1)
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Zurück in den Westerwald. Jan Grall hat bestimmt keinen Wert darauf gelegt, in seine alte Heimat zu reisen, doch was bleibt ihm übrig, wenn seine Dienste als Fallanalytiker aka Profiler benötigt werden? ...

Zurück in den Westerwald. Jan Grall hat bestimmt keinen Wert darauf gelegt, in seine alte Heimat zu reisen, doch was bleibt ihm übrig, wenn seine Dienste als Fallanalytiker aka Profiler benötigt werden? Zusammen mit seiner Partnerin Rabea Wyler soll er herausfinden, was einen Täter dazu bewegt, Leute nicht nur umzubringen, sondern ihnen auch Zitate von Buchanfängen dazuzulegen und ein Stück Rinde in den Mund zu stopfen. Doch der Fall ist kein Kinderspiel. Der verantwortliche Hauptkommissar hält nichts vom Profiler-Hokuspokus, die verantwortliche Chefin der Sonderkommission war einst mit Jan liiert und die Gegend an und für sich hält auch nicht unbedingt schöne Erinnerungen für den hypersensiblen Grall bereit. Gut, dass seine Schweizer Partnerin gut auf ihn eingestimmt ist und auch mal übernehmen kann, wenn bei ihm gar nichts mehr geht ... und doch scheint der Mörder ihnen immer einen Schritt voraus zu sein.

Es gibt viele Gründe, dieses Buch gut zu finden. Dass die meisten Charaktere gut ausgearbeitet sind und authentisch rüberkommen, die Beschreibungen der Tatorte, Handlungen und der Gegend, die Spannung, die zwischen den Analytikern und einem Teil der Ermittler besteht. Der schnelle, spannende Schreibstil. Die Idee, das Grundgerüst.
Doch dann wiederum tappt der Autor in die Klischeefalle. Alleingang einer Hauptperson, die dramatisch endet - einfach nur um der Dramatik Willen, einen logischen Grund gibt es dafür nicht. Ein paar andere logische Schnitzer, die allein für sich nicht stören, aber doch vermeidbar gewesen wären.
Alles in allem ist es ein guter Einstieg in eine Reihe, aber da besteht noch ein bisschen Handlungsbedarf, der Mut, wirklich auf eigenen Füßen zu stehen und das Ding durchzuziehen. Ich bin gespannt, ob der Autor mich mit dem nächsten Band so richtig mitreißen kann - die Voraussetzungen dafür hätte er jedenfalls. 3,5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 11.07.2018

Denkanstöße

Die Kunst, einfache Lösungen zu finden
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Probleme können manchmal übermächtig werden, zumindest könnte man ab und zu diesen Eindruck erhalten. Viele Leute zeichnet aus, dass sie Schwierigkeiten haben, damit umzugehen. Und um genau darum geht ...

Probleme können manchmal übermächtig werden, zumindest könnte man ab und zu diesen Eindruck erhalten. Viele Leute zeichnet aus, dass sie Schwierigkeiten haben, damit umzugehen. Und um genau darum geht es in diesem Buch - den Umgang mit den Problemen. Dazu muss man sich erst mal bewusst machen, worin das Problem eigentlich besteht. Ist es wirklich der Partner, der stets und ständig der gleichen, unangenehmen Eigenschaft frönt? Oder die Arbeit, die man nicht mehr schafft, weil man sich überfordert fühlt? Und sind die endgültigen Lösungen auch wirklich die besten?

Christian Ankowitsch stellt Fragen, die erst einmal banal klingen, und er vertritt eine im ersten Moment streitenswerte Meinung: Auch für die übermächtigsten und komplexesten Probleme sind die einfachsten Lösungen in der Regel die besten. Kann das so sein? Unterstreichen tut er seine Meinung anhand von Fallbeispielen und er zitiert immer wieder Psychologen, Therapeuten oder andere Fachleute. Das soll für Auflockerung sorgen, für mich war es ein wenig too much. Das ewige Zitieren immer gleicher Fachleute störte mich auf Dauer - nur mal angenommen, das, was eben jene Fachleute äußern, sei falsch, dann müsste seine ganze These auf tönernen Füßen stehen. Er selbst hat dafür das klassische Beispiel des Broken Windows genannt, von daher hätte ich erwartet, dass er sich nicht selbst so angreifbar macht. Im besten Fall hat er Glück und was er schreibt, stimmt alles. Im schlechtesten Fall hat er sich einen Bärendienst erwiesen. So oder so kann aber dieses Buch am Ende für jeden individuell ohnehin nur Denkanstöße geben, und einige davon scheinen mir auch umsetzbar. 3,5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 27.06.2018

Die Prinzessin und die Kriegerin

Children of Blood and Bone
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Zelie hat ein hartes Leben. Als sie noch klein war, ist ihre Mutter ermordet worden, weil sie eine Magierin war und der Herrscher ihres Landes sich vor ihnen fürchtet. Mittlerweile ist die Magie gänzlich ...

Zelie hat ein hartes Leben. Als sie noch klein war, ist ihre Mutter ermordet worden, weil sie eine Magierin war und der Herrscher ihres Landes sich vor ihnen fürchtet. Mittlerweile ist die Magie gänzlich verschwunden. Jetzt ist sie siebzehn und auf der Flucht vor den Häschern des Königs, als ihr ausgerechnet dessen Tochter Amari vor die Füße läuft, die ebenfalls geflohen ist. In ihrem Besitz befindet sich einer von drei Artefakten, welche in der Lage ist, die Magie zurückzubringen. Ständig gejagt, ausgerechnet von Inan, dem Bruder Amaris und auf der Suche nach den anderen drei Artefakten, befinden sich Zelie, die Prinzessin und Zelies Bruder in einer grausamen Welt, in welcher jeder Schritt ihr letzter sein könnte.

Wow, welch Potenzial dieses Buch hat. Und doppelt Wow, wieviel Potzenzial hier verschenkt wurde. Richtig gut ist, dass man hier keine 08/15 Welt vorfindet, wie sie in jedem zweiten Jugendfantasybuch beschrieben wird. Hier ist westafrikanische Folklore in Action, das zumindest auf uns Europäer exotisch wirken dürfte. Auch die Message des Buches ist wichtig: Rassismus und Unterdrückung ist nicht hinnehmbar und man muss sich dagegen wehren. Doch gegen die Botschaft und die Exotik fallen sowohl Geschichte als auch Protagonisten ab. Natürlich ist klar, dass jemand wie Zelie nicht unbeschadet aus ihren Erlebnissen hervorgeht, doch die Frau hat mich einfach nur genervt. Die baut permanent Mist und wundert sich hinterher, warum ihr Bruder, der sich ständig für sie in Lebensgefahr begibt, sauer auf sie ist. Inan, der Prinz, lässt sich alle fünf Minuten was anderes einreden. Erst ist er der große Gegner, dann verliebt er sich in der Zeitspanne, in der ich kurz geblinzelt habe, dann wiederum ist er wieder der große Gegner. Die Prinzessin ist abwechselnd mega unnütz und mega tough. Richtig cool ist eigentlich nur Tzain, Zelies Bruder, und das reicht einfach nicht, um das Buch zu tragen, zumal es einige Logiklücken gibt, die unerklärlich sind. Zum Beispiel, dass mitten in einer Wüste, die so wenig Wasser hat, dass man ein Vermögen für einen Becher mit Wasser ausgeben muss, eine ganze Arena täglich (!!!) mit so viel Wasser fluten kann, dass sich da dreißig Schiffe drauf tummeln. Und in der Arena sitzen ringsherum Adlige, die zuschauen, wie sich die Schiffe gegenseitig mit Kanonen in Grund und Boden ballern, ohne dass diesen Adligen dabei was passiert. Aha. Nein. Echt nicht. Solche Patzer sind schon fragwürdig und unnötig. Leider ist das nicht das einzige Mal, dass die Logik zu wünschen übrig ließ um der Dramatik willen. Aus Sympathie für Botschaft und Idee gibt's 3,5/5 Punkten; die Story müsste sich jedoch in den Folgebänden um einiges steigern.

Veröffentlicht am 13.06.2018

Past Crimes

Die Schlingen der Schuld
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Im westaustralischen Outback wird die Leiche eines Mannes gefunden. Sein Name: Dieter Schäfer. Nationalität: deutsch. Wer könnte ein Interesse daran haben, einen in Australien lebenden Deutschen zu töten? ...

Im westaustralischen Outback wird die Leiche eines Mannes gefunden. Sein Name: Dieter Schäfer. Nationalität: deutsch. Wer könnte ein Interesse daran haben, einen in Australien lebenden Deutschen zu töten? Und warum hat sich der Mörder die Mühe gemacht, dem Toten das blutige T-Shirt auszuziehen und durch eines mit der Meistermannschaft des HSV 1979 zu ersetzen? Daniel Clement ist frisch nach Broome zurückgekehrt und muss mit einer noch nicht zusammengewachsenen Polizeitruppe dieses Verbrechen klären. Hinderlich dabei ist nicht nur sein desolates Privatleben, sondern auch ein aufziehender Zyklon und die Tatsache, dass sich das Motiv des Verbrechens irgendwo in der Vergangenheit – und auf der anderen Seite des Erdballs versteckt.

Die Stärke des Buches besteht in der bildlichen Darstellung des für uns doch ziemlich exotischen australischen Westens, in dem es furchtbar heiß ist und die Entfernungen jeder Beschreibung spotten. Um eine Leiche obduzieren zu lassen, werden per Flugzeug Strecken zurückgelegt, die der von London nach Moskau entsprechen, die Einheimischen finden Krokodile im nächsten Tümpel zwar gefährlich, aber nicht ungewöhnlich und ein Wirbelsturm der Stufe 2 ist Anlass zur Besorgnis, jedoch kein Grund, in Angstschweiß auszubrechen. Dass gleichzeitig eine Brücke zu dem uns Bekannten wie Hamburg oder der HSV geschlagen wird, verbindet Vertrautes mit Fremden. So hätte aus dem Krimi Außergewöhnliches entstehen können, und viele werden es so sehen; mir jedoch gab es zu viel des typischen Bullendramas. Einsamer Wolf, der seiner Ex hinterherweint und keine Zeit für seine kleine Tochter hat sowie auch zu viel privater Kram mit seiner Familie. Das machte einen Teil des Buches recht zäh, obwohl es zwischendurch durchaus spannende Momente beinhaltete. Was mich jedoch wirklich störte, ist die Tatsache, dass das, was sich schließlich als Lösung präsentierte, weniger ermittelt als vielmehr in Rückblenden erzählt wurde, wobei der dabei mitdenkende Leser durch fehlende Zeitangaben bewusst getäuscht wird. Ein Kunstkniff, mag sein. Aber einer, der bei mir verpufft, weil ich das Motiv nicht wirklich überzeugend finde. Trotzdem nicht uninteressant geschrieben und mich würden auch weitere Fälle von Clement und dessen Team reizen. 3,5/5 Punkten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Atmosphäre
  • Spannung
  • Charaktere
  • Geschichte
Veröffentlicht am 25.05.2018

Bond senior gibt sich die Ehre

Ein Gentleman in Arles – Mörderische Machenschaften
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Peter Smith ist so unauffällig wie sein Name. Zwei Sachen lassen ihn aus Arles herausstechen: Er ist Engländer und er hat einen wohlerzogenen Hund. Als Peter, der bereits Mitte sechzig ist und einfach ...

Peter Smith ist so unauffällig wie sein Name. Zwei Sachen lassen ihn aus Arles herausstechen: Er ist Engländer und er hat einen wohlerzogenen Hund. Als Peter, der bereits Mitte sechzig ist und einfach nur sein ruhiges Leben in der Provence genießen will, eines Tages vom Stierkampf kommt (übrigens eine Leidenschaft, die ich widerlich finde), wird er erst niedergeschlagen und findet sich beim Erwachen in der Gesellschaft einer Leiche wieder. Die Polizei reagiert mehr als merkwürdig und dann wird Peter auch noch von der Witwe des ermordeten Mannes aufgesucht, die ihn darum bittet, Nachforschungen dazu anzustellen. Unvermittelt muss Peter alte Fähigkeiten und Freunde aktivieren, um unbeschadet aus der Sache herauszukommen.

Ein Provencekrimi? Ich denke schon. Was ich mochte: Dass Peter mal keiner ist, dem man Heldentum ansieht. Stattdessen ist er ein älterer, nicht ganz schlanker Herr mit Hund. Ungefähr ab der Hälfte wurde es auch spannender, jedoch auch unwahrscheinlicher. Peter erledigt in Bondmanier Gangster im Handumdrehen, hackt sich in gesicherte Systeme ein und flirtet mit einer schönen Frau. Und auch wenn diese Frau ihr eigenes Spiel spielt, so kommen mir doch manche Entscheidungen und Handlungen zumindest fragwürdig vor. Trotzdem ist das ein kurzweiliger Krimi mit einem ungewöhnlichen Helden. 3,5/5 Punkten.