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Nina87

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.06.2019

Solide, aber mit Schwächen

Du wirst an dem Tag erwachsen, an dem du deinen Eltern verzeihst
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Das Buch hat 200 Seiten und ist in Deutschland im April 2019 als Hardcover im Dumont Verlag erschienen. Diese Ausgabe kostet 20,00 €. In Frankreich erschien das Buch bereits 2018. Ich habe "Du wirst an ...

Das Buch hat 200 Seiten und ist in Deutschland im April 2019 als Hardcover im Dumont Verlag erschienen. Diese Ausgabe kostet 20,00 €. In Frankreich erschien das Buch bereits 2018. Ich habe "Du wirst an dem Tag erwachsen, an dem du deinen Eltern verzeihst" vom Dumont Verlag als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen und sage herzlichen Dank dafür!

Inhaltlich begleiten wir in diesem Roman Boris. Er ist Anfang 40, Banker, lebt in Genf und ist von einer Sache fest überzeugt: Seine Familie ist schuld! Schuld an dem Scheitern seiner Ehe, schuld, dass er seine Söhne nicht sehen darf, schuld, dass er krank ist und natürlich auch schuld daran, dass er vor sieben Jahren den Kontakt zu seiner Familie komplett abgebrochen hat.
Nun gibt ihm sein Therapeut einen merkwürdigen Rat: Er soll seinen Eltern einen Brief schreiben - mit der Hand. Und das hat weitreichende Folgen...

Mich hat an diesem Buch besonders der Schreibstil in Briefform beeindruckt. Der Leser bekommt die Handlung nur anhand der geschriebenen Briefe erzählt, was ich sehr gelungen fand. Die Charaktere der Personen werden in den Briefen sehr lebendig und der Leser kann tief in die Gefühle und Gedanken der Protagonisten hineinblicken. Boris, unser Hauptprotagonist, hingegen, ging mir in weiten Teilen sehr auf die Nerven. Er sieht sich rein als Opfer und ist zu Anfang nicht in der Lage, auch nur im Ansatz seinen Anteil an den Ereignissen zu sehen. Dies ändert sich zwar im Verlauf des Buches, der Wandel ging mir dann jedoch zu schnell und einfach und war für mich sehr unglaubwürdig. Zumal Boris an seinen eigenen Söhnen und seiner Exfrau genau das Verhalten kritisiert, dass er aber selbst die ganze Zeit an den Tag legt. Generell gingen mir die "Wandlungen" und Einsichten der Protagonisten in diesem Buch zu schnell. Ein paar Briefe hin und her und schon hat die Person ihre Fehler eingesehen, reflektiert und auch noch verändert. Das hat für mich nicht viel mit der Realität zu tun.
Die Botschaft des Buches, dass es einen Unterschied macht, ob ich mit der Hand einen Brief schreibe oder aber eine WhatsApp oder E-Mail, hat mir gefallen und ich teile diese Ansicht durchaus. Allerdings wurde es für mich hier übertrieben. Auf einmal kommunizieren alle nur noch per Brief, selbst pubertierende Teenager dieses Buches schreiben sich freudig Briefe. Auch das wirkte auf mich eher unrealistisch und unglaubwürdig.
Die Komplexität der Verstrickungen und dysfunktionalen Beziehungen unter den Protagonisten wurden hingegen durch die Briefe und die sehr persönlichen Einlassungen der Einzelnen sehr gut deutlich. Die Geschichte ist sicher realistisch und kommt vermutlich in sehr vielen Familien in leicht abgewandelter Form vor.
Was mich aber leider weiterhin sehr gestört hat, war die "Heiligsprechung" der Familie. Der Autor tut hier so, als gäbe es nichts Wichtigers im Leben als die Familie und den Kontakt zu ihr. Das mag für einige Familien und Menschen stimmen, aber sicher nicht für alle. Es gibt für mich durchaus Gründe, warum ein Mensch den Kontakt zu seiner Familie abbricht und auch nicht wieder aufnimmt. Diese "Heiligsprechung" war mir zu eindimensional und hat für mich nicht genügend die Hintergründe eines Kontaktabbruches mit einbezogen.

Insgesamt für mich ein solider Roman mit einer schönen Idee und Botschaft, der mir aber schlussendlich doch zu viel idealisiert und Briefe schreiben als "Allheilmittel" darstellt.

Veröffentlicht am 29.06.2018

Spannend, aber nicht ganz zeitgemäß

Messerscharf
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Worum geht es?
Die BKA-Ermittlerin und Serienmordspezialistin Barbara Pross fällt nach einem besonders aufreibenden Fall in eine Depression. Sie treibt sich viel am Bahnhof und auf der Straße herum. Eine ...

Worum geht es?
Die BKA-Ermittlerin und Serienmordspezialistin Barbara Pross fällt nach einem besonders aufreibenden Fall in eine Depression. Sie treibt sich viel am Bahnhof und auf der Straße herum. Eine Zeotungsschlagzeile über einen Frauenmörder zieht Barbara nach Düsseldorf. Dort gerät sie unvermittelt in einen Undercover-Job und damit auch in einen privaten Zwiespalt.

Wie war das Lesen?
Die Geschichte ist spannend erzählt und ca ab der Hälfte des Buches ein richtiger Pageturner. Silvia Kaffke schafft es mit überraschenden Wendungen ihre Leser in Unsicherheiten und Zweifel zu stürzen.
Der Sprachstil ist einfach, aber sehr gut lesbar. Störend sind in dieser Rowohlt Ausgabe allerdings die doch sehr häufig vorkommenden Druckfehler!
Die Handlung spielt Anfang der 90er Jahre, so dass die Ermittlungsmethoden teils sehr veraltet wirken und auch Profiling in Deutschland noch in den Kinderschuhen steckte.
Die Charaktere sind gut ausgearbeitet und machen im Großen und Ganzen nachvollziehbare Entwicklungen durch. In einigen Situationen handelt Barbara allerdings unglaubwürdig und für eine Serienmordspezialistin sehr naiv. Manche Szenen wirken sehr gestellt und wenig realistisch.
Insgesamt ein solider Thriller, der aber deutlich an den Anfang der 90er Jahre gehört.

Veröffentlicht am 13.06.2018

Gute Beschreibung, leider aber zu oberflächlich

Speicher 13
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Jon McGregors Speicher 13 beginnt damit, dass ein 13 jähriges Mädchen in einem kleinen südenglischen Dorf verschwindet. Das Mädchen hat dort mit ihren Eltern die Ferien verbracht. Alle Suchaktionen bleiben ...

Jon McGregors Speicher 13 beginnt damit, dass ein 13 jähriges Mädchen in einem kleinen südenglischen Dorf verschwindet. Das Mädchen hat dort mit ihren Eltern die Ferien verbracht. Alle Suchaktionen bleiben erfolglos. Dennoch geht das Leben in dem Dorf weiter, die Bewohner haben ihre privaten Schwierigkeiten und Erfolge - darüber ziehen die Jahre dahin.
Jon McGregor beschreibt aus der Vogelperspektive das Leben der Menschen nach dem Verscvwiinden. Er vergleicht die menschlichen Routinen mit dem Leben in der Natur und lässt alle Ereignisse auf der gleichen Wertebene ablaufen.
Mir blieb der gesamte Roman zu sehr an der Oberfläche. Durch die Vogelperspektive war eine Identifikation mit den Personen schwierig und das ganze war mir zu einsilbig und langgezoggen. Dennoch beschreibt das "Weiterleben" der Menschen sehr gut und die untergründige Ungewissheit und Spannung im Dorf ist durch das gesamte Buch spürbar. Etwas heraus ragen die Momente, in denen deutlich wird, dass so mancher Dorfbewohner nicht die ganze Wahrheit gegenüber der Polizei gesagt. Ansonsten bleibt es leider bei einer reinen Beschreibung mit einem sehr offenen Ende.

Ich hatte nach sehr guten Ankündigunngen mehr erwartet!

Veröffentlicht am 04.04.2018

Stimmt nachdenklich, aber wenig Emotionen

Der Gedankenspieler
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Inhalt
Der Protagonist in diesem Roman ist der 80 jährige Architekt Johannes Wenger. Nach einem unglücklichen Sturz ist er an den Rollstuhl gebunden und von nun an auf Hilfe angewiesen. Sein größter Unterstützer ...

Inhalt


Der Protagonist in diesem Roman ist der 80 jährige Architekt Johannes Wenger. Nach einem unglücklichen Sturz ist er an den Rollstuhl gebunden und von nun an auf Hilfe angewiesen. Sein größter Unterstützer ist sein Hausarzt/Freund Dr. Mailänder. Dieser versucht ihm sowohl medizinisch zu helfen, als auch Johannes in sein Familienleben mit einzubinden.

Bewertung


Es handelt sich hierbei um eine durchaus schonungslose Darstellung der Gebrechen und der Hinfälligkeit des Alters. Diese Thematik hat mich von der Darstellung her sehr überzeugt und auch der Aspekt der Selbst- bzw Fremdbestimmung, wenn man auf Hilfe/Pflege angewiesen ist, wird sehr gut rausgearbeitet.
Mir fehlte leider auf der emotionalen Ebene recht viel. Es kommt leider nur in Teilen durch, wie schwer Johannes die Abhängigkeit und auch die Einsamkeit, die seine neue Situation mit sich bringt, fällt. Auch, wenn er sich zurückzieht und dann den Kontakt zu seinem Hausarzt und dessen Familie sehr einschränkt, werden seine Gefühle für mich nicht genügend deutlich. Welche Gefühle veranlassen ihn zu diesem Rückzug? Wie geht es ihm in der kontaktlosen Zeit? Wie empfindet er im Gesamten seine Situation? Nur am Ende des Buches schimmert diese Emotionalität ein wenig durch. Hier hätte deutlich mehr in das Gefühlsleben des Johannes Wenger eingetaucht werden können. Insbesondere weil der Leser im Epilog erfährt, dass der Roman in großen Teilen autobiografisch ist.
Sein Hausarzt Dr. Mailänder wird durchgehend auch als sein Freund bezeichnet. Leider fehlte mir auch hier in weiten Teilen des Buches die emotionale Ebene der Freundschaft. Besonders in den Szenen, wo die Beiden persönlichen Kontakt haben bleibt es sehr auf die medizinische Ebene beschränkt.

Insgesamt dennoch eine Leseempfehlung, die nachdenklich stimmt. Besonders in Bezug auf das Thema Selbstbestimmung / Fremdbestimmung in der Pflege gibt es viele gute und nachdenklich stimmende Impulse.