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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.07.2018

Eine Sommerlektüre für alle, die nicht ganz ohne Schule können

Wenn's einfach wär, würd's jeder machen
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Oder wollen. Ganz gleich, in welchem Alter sie auch sein mögen!

Annika, die etwas hausbacken Anni genannt wird, unterrichtet Musik und Geographie am angesehenen Hamburger Werther-Gymnasium. Doch unmittelbar ...

Oder wollen. Ganz gleich, in welchem Alter sie auch sein mögen!

Annika, die etwas hausbacken Anni genannt wird, unterrichtet Musik und Geographie am angesehenen Hamburger Werther-Gymnasium. Doch unmittelbar vor den Sommerferien erfährt sie, dass sie für drei Jahre an die Astrid-Lindgren-Schule, eine sehr umstrittene Lehranstalt in einem sozialen Brennpunkt der Stadt, ausgeliehen wird. Und dagegen kann sie nichts machen!

Doch sie lebt sich ein und gründet eine Musical-AG, in die sukzessive Kollegen und Freunde eingebunden werden und was dann passiert, das ist eigentlich ziemlich voraussehbar.

Aber nichtsdestotrotz angenehm und süffig zu lesen, zumal auch immer wieder Annis Wohnsituation - sie teilt sich eine Wohnung mit ihrer besten Freundin Nele und mehr oder weniger auch den zwei Nachbarn von gegenüber - ins Spiel kommt, wobei mir am besten der verlockende Duft gefällt, der wieder und wieder durch das Haus zieht. Anni backt nämlich für ihr Leben gern und das auch ziemlich oft und es kommen die leckersten Kreationen dabei heraus, wobei leider im Anhang nur ein Rezept zu finden ist. Aber was soll's, sie hat mich auch so zu den leckersten Kreationen inspiriert!

Ein warmherziger Roman für alle, die nichts dagegen haben, an ihre Schulzeit erinnert zu werden. Egal, wie lange die schon zurück liegt. Ein Roman, in dem kein Platz für Mobber ist, wohl aber für Mobbing-Opfer. Wer vor kleinen Längen und mangelnder Originalität keine Angst hat, der wird hier seinen Spaß haben!

Veröffentlicht am 11.07.2018

Freud und Dora

Ida
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Dass Freud in frühen Jahren eine Patientin namens Dora hatte, einen "Fall" also, man könnte auch sagen DEN "Fall", das wissen selbst Menschen, die sich wenig bis kaum mit diesem Wegbereiter der ...

Dass Freud in frühen Jahren eine Patientin namens Dora hatte, einen "Fall" also, man könnte auch sagen DEN "Fall", das wissen selbst Menschen, die sich wenig bis kaum mit diesem Wegbereiter der Psychoanalyse beschäftigt haben. Denn er schrieb die Erkenntnisse, die er während ihrer Behandlung machte, nieder und sie waren quasi ein Meilenstein in seiner großen Karriere.

Doch wer genau ist diese Dora? Sie hieß in Wirklichkeit Ida, Ida Bauer, später und stammte zwar nicht aus besten, durchaus aber aus gehobenen Wiener Kreisen. Mit diesem Roman setzt ihr Urenkelin Katharina Adler ein Denkmal. Hier geht es um die Person Ida Bauer, spätere Adler, wie sie wurde, wer sie war und was sie prägte.

Ida ist ein vielschichtiger Charakter, der in jüngeren Jahren oft schüchtern, ja verängstigt rüberkommt. Doch ihr Wille, ihren besonderen Neigungen und Vorlieben nachzugehen, ist bereits da unverkennbar zu spüren. Vor allem erlebte sie gewissermaßen (Macht)Mißbrauch durch das männliche Geschlecht, das hat sich ihr nachhaltig eingeprägt.

Mi zunehmendem Alter entwickelte sich Ida zu einer nicht einfachen, durchaus auch als kapriziös zu bezeichnenden Frau, die den Männern um sie herum - vor allem ihrem Sohn Kurt - das Leben nicht gerade einfach machte und mit ihrer Meinung nicht vor dem Berg hielt. Egal, ob diese gefragt war oder nicht.

Ida hatte es nicht einfach, weder in ihrer Familie, noch in ihrer Ehe noch im Dazwischen, bspw. als Patientin Freuds . Daneben war sie glühende Sozialdemokratin zu einer Zeit, in der es zunächst Chancen gab, dann aber eine solche Gesinnung mehr und mehr zu einem gefährlichen Gepäck wurde - ebenso wie ihre jüdische Herkunft. Ida jedoch dachte nicht daran zu schweigen und so führte sie ihre Überzeugung bis in die Vereinigten Staaten.

Eine besondere und ungewöhnliche, manchmal auch mutige Frau, deren Urenkelin ihr hier mehr als siebzig Jahre nach ihrem Tod eine Stimme gibt. Eine Stimme, die es sich anzuhören lohnt, wie ich finde. Der Roman ist aufgrund der Sprünge in der zeitlichen Entwicklung, aber auch durch die Einführung zahlreicher, man könnte fast sagen zahlloser Personen nicht leicht zu erobern bzw. zu erlesen, doch es lohnt sich, auch wenn die Protagonistin nicht gerade eine Sympathieträgerin ist.

Und: Ida ist nicht Dora bzw. ist dies nur ein Abschnitt ihres Lebens und sie ist auch ohne Freud eine interessante Frau ihrer Zeit, die ich gerne kennengelernt habe. Ein Roman, der mit Empathie geschrieben wurde, auch wenn die stellenweise schlichte Sprache der Autorin nicht immer ganz so eindringlich wirkt, wie (wahrscheinlich) beabsichtigt.

Meine Erinnerung an Ida Bauer-Adler, aka Dora, wird eine bleibende sein, auch wenn ihre Lebensdarstellung in Romanform nicht ganz meinen Erwartungen standhält!

Veröffentlicht am 01.07.2018

Neuen Schwung in ihr Leben bringen

Das Paar aus Haus Nr. 9
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Das möchte Sara schon länger - ihr Leben in einer englischen Kleinstadt, als Mutter und Ehefrau kommt ihr schon länger ziemlich trist und öde vor. Die Paare, die um sie herum leben, wobei vor allem die ...

Das möchte Sara schon länger - ihr Leben in einer englischen Kleinstadt, als Mutter und Ehefrau kommt ihr schon länger ziemlich trist und öde vor. Die Paare, die um sie herum leben, wobei vor allem die Frauen ein freundschaftliches und vertrauensvolles Miteinander pflegen, empfindet sie als wenig inspirierend, ja langweilig!

So ist sie froh über ihre neuen Nachbarn Lou und Gavin, die die andere Hälfte ihres Doppelhauses bewohnen: ein Künstlerpaar, gänzlich unkonventionell, lässig, ein wenig frivol - und ausgesprochen anziehend sowohl für Sara als auch für ihren Ehemann Neil. Bald schon gibt es nicht nur regelmäßige abendliche Treffen zwischen den Ehepaaren, auch beim Beaufsichtigen der Kinder wechseln sich beide Familien ab. Und bald greift die Verbundenheit noch weiter, denn Sara und Lou beschließen, ihre Kinder nicht mehr in die wenig erquickliche lokale Schule zu schicken, sondern selbst zu Hause zu unterrichten, was juristisch offenbar möglich ist.

Ein gewagtes Miteinander, in dem es bald zu einigen Mißverständnissen und Zwistigkeiten kommt. Wird die enge Freundschaft der beiden Paare bestehen können, werden die beiden Familien möglicherweise sogar aneinander wachsen?

Eine interessante, stellenweise auch spannende Gesellschaftsstudie durchaus nicht ohne gewisse ethische Komponenten. Ich habe das Buch gerne gelesen, auch wenn mich an einigen Stellen Saras Selbstverständnis, das auch nicht von der Autorin infrage gestellt wurde, doch sehr störte. Mitunter wurde mir das Treiben zudem dann doch zu bunt, das passte nicht so ganz in den gesamten Rahmen, es wirkte überzogen.

Doch insgesamt hat mir der Roman, in dem deutlich wird, wozu Hoffnungen wie auch überzogene Erwartungen, möglicherweise auch noch ein verqueres Selbstverständnis führen können, wirklich gut gefallen. Ein leicht zu lesender Roman, der dennoch einen schalen Nachgeschmack hinterlässt, ja gar beklemmend (nach)wirkt - und damit ziele ich keineswegs auf die Qualität des Buchs, sondern auf die Botschaft, die es mir übermittelt hat. Durchaus lesenswert, wenn man bereit ist, sich stellenweise ein bisschen nerven zu lassen - auf hohem Niveau selbstverständlich!

Veröffentlicht am 11.06.2018

Pendlerschicksale

Das Mädchen, das in der Metro las
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stehen in diesem kleinen Büchlein im Vordergrund, vor allen Dingen dasjenige von Juliette, die tagein, tagaus mit der Metro zu ihrem Arbeitsplatz in einem tristen Maklerbüro fährt. Doch unterwegs taucht ...

stehen in diesem kleinen Büchlein im Vordergrund, vor allen Dingen dasjenige von Juliette, die tagein, tagaus mit der Metro zu ihrem Arbeitsplatz in einem tristen Maklerbüro fährt. Doch unterwegs taucht sie in eine andere Welt bzw. in viele unterschiedliche Welten - je nachdem, was sie so gerade liest.

Doch eines Tages steigt sie früher aus und der Zufall - ist es wirklich einer? - führt sie zum eigenbrötlerischen Soliman, der aus seiner Leidenschaft - den Büchern - nicht einen Beruf, sondern eine Passion gemacht hat. Inspiriert von Bookcrossing verteilt er Bücher - und davon hat er Tausende - unter die Menschen, aber nicht wahllos. Nein, im Gegenteil: jedem soll das Buch zukommen, das er gerade braucht.

Natürlich kann Soliman diese selbst gesetzte Aufgabe nicht allein bewältigen - nicht zuletzt aus dem Grund, dass er selbst nie das Haus verlässt, sondern setzt Kuriere für die Verbreitung der gedruckten Werke ein. Und bald schon ist Juliette eine von ihnen...

Sie geht bei Soliman und seinem Töchterchen Zaide ein und aus - und eines Tages kündigt Soliman sein baldiges Verschwinden an und bittet Juliette um Hilfe.

Ein Romänchen über die Leidenschaft von Büchern ist dies, könnte man sagen, wenn "Romänchen" nicht einen so abfälligen Beigeschmack hätte. Doch ich muss gestehen, ein wenig neige ich doch zum Gebrauch dieses Wortes, fehlt mir doch ganz eindeutig das Futter, bzw. die Würze, die diese Geschichte zu einer ganz besonderen macht. Die Figuren sind nicht sehr eindringlich beschrieben, auch den ganzen Botschaften, die durch die Inhalte der Bücher gesendet werden (sollen), fehlt es oftmals an Saft und Kraft. Die Geschichte eines geheimnisvollen Mannes aus dem Orient und einer Französin, die ihre Berufung findet, ist zwar nicht richtig daneben gegangen, auf der anderen Seite ist sie aber auch nicht so richtig gelungen. Ich jedenfalls hätte mir einiges mehr an Wendungen, auch an Irrungen gewünscht, ein paar Wege mehr, die mit den Büchern beschritten werden, ein paar richtig "saftige" Figuren, die man ähnlich Momo oder auch der Bücherdiebin Liesel nie wieder vergisst.

Märchenhafter Realismus ist es, der den Leser während seiner Lektüre umfängt, aber eben nicht vollständig - man wird davon stellenweise berührt, nicht jedoch umhüllt. Deswegen leider ein paar Abstriche in der Bewertung dieses so vielversprechenden Romans!

Veröffentlicht am 30.04.2018

Eine Femme fatale

Alles Begehren
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im wahrsten Sinne des Wortes, das ist Kate Andrews, die es gewohnt ist, zu bekommen, was sie sich wünscht: eine Karriere bei Film und Fernsehen, ein Leben im Scheinwerferlicht - und Männer.

Bei ...

im wahrsten Sinne des Wortes, das ist Kate Andrews, die es gewohnt ist, zu bekommen, was sie sich wünscht: eine Karriere bei Film und Fernsehen, ein Leben im Scheinwerferlicht - und Männer.

Bei Callum, einem verheirateten Lehrer aus Edinburgh - auch Kates Heimat - hat das beim ersten Anlauf 1985 - da war sie erst Anfang zwanzig und Studentin - nicht geklappt. Als die heimliche Affäre aufflog, ist er in den Schoß seiner Familie zurückgekehrt. Doch 2002 gibt es ein unverhofftes Wiedersehen und nun denkt Kate nicht dran, locker zu lassen. Obwohl sie mittlerweile selbst Ehefrau und Mutter ist.

Eine verhängnisvolle Affäre also, aber eine der eher ungewöhnlichen Art, die sich nach langen Jahren wieder belebt. Aber kann es eine Beziehung zwischen dem eigentlich glücklichen Callum und der rastlosen Kate geben? Kann sie sich überhaupt von ihrem Ehemann Matt, der ihr stets den Rücken freihält und sie immer unterstützt, wenn sie einmal wieder ihren zahlreichen Süchten erliegt? Und stets auch für die fünfjährige Tochter da ist, wenn sie mal anderes im Sinn hat, was durchaus nicht selten vorkommt.

Ein wahres Drama ist dies, mit zwei, nein eigentlich vier Hauptdarstellern - Kates Ehemann Matt und Callums Ehefrau nehmen ebenfalls zentrale Rollen ein und um all dies herum scharen sich Kinder, Freunde und weitere Verwandte der beiden Ehepaare.

Ein Roman, der von einer Leidenschaft, ja Obsession erzählt. Einer, die jenseits jeder Logik angesiedelt ist, auch langjährige Bindungen und Gewohnheiten, ja sogar Lieben werden mir nichts, dir nichts über Bord geschmissen. Eine kraftvolle Macht ist dies, die alles überrollt, doch dadurch wird aus meiner Sicht der Roman zu wenig facettenreich und vielschichtig. Auch, wenn es eigentlich viele Baustellen gibt, die durchaus hätten enger und geschickter miteinander verzahnt werden können.

Wer gerne über pure Leidenschaft liest, der ist hier an der richtigen Adresse! Alle anderen werden sicher den anschaulichen, teilweise auch poetischen Stil der Autor Ruth Jones, einer walisischen Schauspielerin goutieren, doch könnte ich mir vorstellen, dass ihnen - ebenso wie mir - ein Fitzelchen fehlen wird!