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Veröffentlicht am 30.07.2018

Die ersten Helden der Chirurgie - Medizin-Geschichte spannend und interessant verpackt

Der Horror der frühen Medizin
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Alles war infrage gestellt, alles war unerklärt, alles war zweifelhaft, nur die große Anzahl der Toten war eine unzweifelhafte Wirklichkeit. (Ignaz Semmelweis)

Nicht nur grausig sondern auch grausam ...

Alles war infrage gestellt, alles war unerklärt, alles war zweifelhaft, nur die große Anzahl der Toten war eine unzweifelhafte Wirklichkeit. (Ignaz Semmelweis)

Nicht nur grausig sondern auch grausam und zumeist tödlich sind die Anfänge der Chirurgie. Amputationen bei vollem Bewusstsein, Behandlungen mit Quecksilber und Arsen... Die Unwissenheit der praktizierenden Ärzte ist größer als man sich heute vorzustellen vermag, aufgenommen wird zumeist nur der, der das Geld für seine Beerdigung gleich mitbringt.
Als Joseph Lister 1844 sein Studium beginnt, sterben fast alle Patienten an Infektionen. Warum und wie diese entstehen, darüber herrscht noch riesige Uneinigkeit. Doch Lister ist ein heller Kopf und mit seinem, oftmals so belächelten, Mikroskop beginnt er zu forschen....

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"Der Horror der frühen Medizin" hält, was das großartig morbid-schaurige Cover verspricht; eine spannende und vor allem interessante Lektüre.

In dieser lebendigen Biographie geht es nicht nur um trockene Zahlen-Daten-Fakten und Lebensstationen, sondern Lindsey Fitzharris weiß so manch eine Anekdoten mitzuerzählen und lockert auch mit Geschichten rund um das 19. Jahrhundert auf (Weltausstellung etc. ) So beginnt Listers erste eigene OP einer Darmperforation mit dem Ehestreit der Sullivans und endet mit der Gerichtsverhandlung. Mich hat anfangs leicht irritiert, dass es keine Fussnoten gibt, aber die finden sich säuberlich aufgelistet im Anhang.

Das ist schon eine gelungene Mischung, die die Autorin und Medizinhistorikerin da auf die Seiten gebannt hat. Und das macht das Buch für mich aus. Es gibt (für mich) zumindest im ersten Drittel, keinen roten Faden (manch anderer mag ihn vielleicht finden).
Erzählt wird in erster Linie vom Arbeiten und Forschen Joseph Listers, dem Handwerk der ersten Chirurgen (in aller Detailtiefe und Grausamkeit) und den hygienischen damaligen Zuständen, verbunden mit dem Kampf der Patienten ums postoperative Überleben (Beobachtet wurde z.B., dass in der Großstadt von 11 Amputationen 10 Patienten während der Wundheilung verstarben).
Aber auch andere Zeitgenossen kommen nicht zu kurz, so wird der ein oder andere Arzt und Kurpfuscher aus Listers Umfeld sowie deren jeweiligen Ansichten mal etwas genauer unter die Lupe genommen, nicht nur seine Lehrer, Mentoren und Vorbilder, wie der spätere Schwiegervater James Syme.

Was mir sehr gefällt, ist der Schreibstil, der auch für einen vollkommenen Laien einfach, klar und verständlich ist. Hier wird nicht mit fachchinesisch um sich geworfen und medizinische Begriffe, wie Sepsis etc. ganz nebenbei schlicht erklärt. Somit liest es sich flüssig weg. Ein besonderes Highlight sind die Zitate, mit denen die Autorin die Kapitel einleitet. Die musste ich oftmals erstmal sacken lassen. Nur schade, dass es so gar kein Bildmaterial oder Skizzen gibt. Das habe ich extrem vermisst.

Fazit: Wer eine klassische Biographie Joseph Listers erwartet, der wird das ein oder andere Mal vielleicht ein klein wenig enttäuscht sein, aber wer einfach nur etwas über die Anfänge der Medizin und Chirurgie erfahren und dabei Lister begleitet mag, schöpft hier aus dem Vollen. Einen süffigeren und spannenderen Überblick kann man kaum erhalten.

Veröffentlicht am 18.07.2018

Entdecke, wer du bist Lia! - Ein Buch mit Sogwirkung

Wenn die Sterne Schleier tragen
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Es ist, als hätte ich mich an dir geschnitten, wie an einem Stück Papier oder so. Und jetzt.... jetzt hat sich die Wunde entzündet.

Wie lange haben sich Cecilia und Noran nicht mehr gesehen, da waren ...

Es ist, als hätte ich mich an dir geschnitten, wie an einem Stück Papier oder so. Und jetzt.... jetzt hat sich die Wunde entzündet.

Wie lange haben sich Cecilia und Noran nicht mehr gesehen, da waren sie Kinder. Und jetzt... Ja, jetzt ist sie mit ihrer Familie unterwegs nach Vienna um seine Frau und damit Königin zu werden. Sie weiss nicht einmal wie der Typ aussieht und auch warum diese Verbindung so wichtig ist, will ihr niemand erklären.
Dennoch ist Cecilia bereit, Noran eine Chance zu geben. Doch da hat sie die Rechnung ohne Elias, dem jüngeren Bruder des Prinzen, gemacht, denn der wirbelt ihre Gefühle ungewollt ganz schön durcheinander...

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E i n f a c h h e r r l i c h !
Eine angehende Königin zwischen zwei Brüdern, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten.
Ja, klingt irgendwie nur allzu vertraut - war auch mein erster Gedanke und deshalb war ich total unvorbereitet, wie großartig mich "Wenn die Sterne Schleier tragen" unterhalten hat.

Allein das Cover und der Fakt, dass "a tree and a valley" ein Start-up Buchverlag ist, haben mich neugierig gemacht und in die Leseprobe reinschnuppern lassen und damit war`s dann auch schon um mich geschehen.

Der Schreibstil machts. Anna Nigra hat das ganz große Talent, Dinge bildhaft zu machen und auch Kleinigkeiten einfach mitzubeschreiben, ohne dass es einem beim Lesen so richtig bewusst wird. Ich glaub, ich hab erst nach der Hälfte gemerkt, warum ich so tief drin war und so ein ganz klares Bild vor Augen hatte. Ich kenne wenige Autoren/innen, die das können, ohne dass der Leser das Gefühl hat in ausschweifenden Beschreibungen zu stecken und sich latent zu langweilen.

Das bringt einem natürlich auch die Charaktere und ihre Emotionen sehr nahe. Was mir gefällt ist, dass Cecilia kein verhuschtes Mädchen, sondern durchaus ein tougher Teenager ist und kein Blatt vor den Mund nimmt.
Bei Noran und Elias hatte ich seit der ersten Begegnung meinen Favouriten, der es auch bis zum Schluss geblieben ist und doch hat auch sein Gegenpart es geschafft, mich letztendlich für sich einzunehmen.
Nicht weniger interessant sind die Nebencharaktere, denn es scheint, in beiden Familien hat jeder so seine Geheimnisse und manch einer wurde im Laufe der Zeit immer zwielichter und mysteriöser.

Fazit: Der Schreibstil; flüssig, locker und witzig, die Charaktere; authentisch und sympathisch und die Ideen oftmals unkonventionell.
Anna Nigra hat mit ihrem Debut eine bezaubernde, mega-spannende und sehr emotionale Geschichte begonnen, deren Fortsetzung ich kaum erwarten kann.

Veröffentlicht am 01.07.2018

Prof. Dieffenbach und die Anfänge der modernen Medizin

Die Charité: Hoffnung und Schicksal
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Das venerische Gift führt zu Hautausschlägen (...) Die Lymphknoten schwellen an, es gibt eiternde Geschwüre, die aber unter der Behandlung mit Quecksilber vollständig abheilen. Natürlich ist es wichtig, ...

Das venerische Gift führt zu Hautausschlägen (...) Die Lymphknoten schwellen an, es gibt eiternde Geschwüre, die aber unter der Behandlung mit Quecksilber vollständig abheilen. Natürlich ist es wichtig, auch das Innere des Körpers von allem Gift zu befeien, daher die Abführ- und Schweißkuren.

3 starke Frauen und eine gemeinsame Leidenschaft: die Medizin!

Elisabeth ~ Als die junge Elisabeth 1831 ihren Dienst als Wärterin in der Charitè antritt, ist ihr schon ein wenig mulmig zumute und sie fragt sich, ob sie der Aufgabe gewachsen sein wird. Dennoch hat sie sich ganz bewusst für dieses Leben entschieden. Sie interessiert sich für die Medizin und Behandlungsmethoden und möchte helfen, da es Frauen immer noch verboten ist, Ärztin zu werden. Und schon bald ist die sanfte, mitfühlende Wärterin nicht nur bei den Patienten beliebt, sondern ihre Art wird vor allem auch von den Ärzten anerkannt und geschätzt.
Martha ~ Um ihrem schielenden Sohn August eine bessere Zukunft bieten zu können, verlässt sie ihren tyrannischen Ehemann, gibt nach einem Schicksalschlag den Beruf der Hebamme auf und verdingt sich im Totenhaus der Charité.
Ludovica ~ Die Gräfin führt ein freudloses Leben an der Seite ihres Gatten und Hypochonders. Durch ihre Wissbegier und die Gespräche mit Prof. Dieffenbach, der fast täglich zu Gast in ihrem Haus ist, beginnt sie sich für Medizin zu interessieren.

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Ulrike Schweikert hat mit "Die Charitè - Zwischen Hoffnung und Schicksal" einen großartig recherchierten, schockierenden, aber auch berührenden Roman, über die Anfänge der modernen Medizin geschrieben, in dem fiktive Protagonisten neben den Großen ihrer Zeit agieren.

Ihre Recherche galt vor allem Prof. Johan Friedrich Dieffenbach, dem Vorreiter in der Behandlung muskulärer Fehlstellungen und den OP-Methoden und Patientenversorgungen der damaligen Zeit.
Dieser medizinische Teil nimmt tatsächlich einen großen Part ein und ist perfekt mit dem Zwischenmenschlichen kombiniert.

Durch ihre detaillierten Schilderungen interessanter Persönlichkeiten, starken Frauen und dem Bild der Charitè um 1831, ist der Roman unheimlich lebendig und wirkt authentisch.
Man vermag fast den Wundbrand, die Fäulnis und Eiter zu riechen und rümpft so manches Mal die Nase oder zuckt zusammen vor nachempfundenem Schmerz. Dabei ist die Sprache zumeist sehr schlicht und frei von Fachbegriffen.
Der Fakt, dass immer wieder aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt wird (vom Arzt bis hin zur Wärterin) macht das Ganze zu einem interessanten, spannenden und abwechslungsreichen Lesegenuss. Ein weiteres und besonderes Highlight, ist die ein oder andere überlieferte Episode von damaligen Patienten aus der Charitè, die die Autorin miteinfliessen lässt. Im Nachwort "Dichtung und Wahrheit" verrät Ulrike Schweikert nicht nur, welche Personen auf realen Vorlagen beruhen, sondern gibt auch ihre Quellen preis, so dass man bei Interesse selber recherchieren kann.

Fazit: Ein historischer Schmöker mit Suchtfaktor, von dem ich hoffe, dass weitere Bände folgen. Bis dahin werde ich mich an die anderen Romane von Ulrike Schweikert halten, denn ich habe für mich eine neue Lieblingsautorin entdeckt, die mit einem sehr lebendigen Schreibstil einfach Geschichten erzählen kann.

Veröffentlicht am 21.06.2018

Traumfrau mit Hindernissen oder die Liebe meines Lebens

Verliebt bis in die Fingerspitzen
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Wenn ich so drüber nachdenke, war eigentlich alles in meinem Leben eine lange Geschichte. Mit den Kurzgeschichten scheine ich nicht zurechtzukommen. Vergiss Novellen, ich bin Krieg und Frieden gepaart ...

Wenn ich so drüber nachdenke, war eigentlich alles in meinem Leben eine lange Geschichte. Mit den Kurzgeschichten scheine ich nicht zurechtzukommen. Vergiss Novellen, ich bin Krieg und Frieden gepaart mit Games of Thrones, nur ohne die Drachen und die ganzen toten Leute. (Fliss)

Na, das hatte Fliss grade noch gefehlt; ihr Ex-Mann Seth taucht plötzlich als Arzt in der Tierpraxis in Manhattan auf. Auch nach 10 Jahren ist sie weder bereit noch darauf vorbereitet ihn zu treffen, ganz zu schweigen davon ihn ständig zu sehen.
Da kommt ihr der kleine Unfall ihrer Großmutter ganz gelegen und sie flieht mit einem kleinen Trick in die Hamptons - weit weg von Seth.
Nur leider hat die Sache einen klitzekleinen Haken, Seth war nämlich nur zur Vertretung in New York und ist auf dem Weg nach Hause - in die Hamptons....

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Ein weiterer Wohlfühl-Liebesroman aus der Feder von Sarah Morgan. Mittlerweile kann ich es gar nicht mehr abwarten, bis ein neuer Roman von ihr erscheint.

Ich liebe es ja, dass man in ihren Geschichten auch immer irgendwo alte Bekannte trifft. Muss nicht, denn wenn man den ein oder anderen nicht (wiederer-)kennt, fällt einem das gar nicht weiter auf - umgekehrt ist es aber irgendwie schön, wie ein großer Freundeskreis.
"Verliebt bis in die Fingerspitzen" ist mittlerweile der 6. Manhattan-Band und der 2. um die Geschwister Daniel, Fliss und Harriet. Da aber jeder Teil eine in sich abgeschlossene Storyline hat, können sie unabhängig voneinander gelesen werden.

An Emotionalität und humorvollen Situationen stehen Fliss und Seth, Daniel und Molly in nichts nach. Mir gefiel Fliss von Anfang an, obwohl es wirklich sehr lange dauert, bis ihre Schale langsam bröckelt und Stück für Stück die ganze tragische Vergangenheit zum Vorschein kommt. Sie war immer die Provozierende, die Toughe in der Familie, der nur eins wichtig war: ihre Zwillingsschwester Harriet zu beschützen. Fliss ist eine tolle Prota, sehr authentisch und irgendwann kann man jede ihrer Handlungen nachvollziehen.
Zu Seth möchte ich gar nicht groß was sagen, einfach nur geniessen.
Und auch die Nebenfiguren sind wie immer mit sehr viel Liebe und Charme ausgestattet, man möchte immer mehr von ihnen lesen.

Was mich besonders gefreut hat, auch diesmal gibt es wieder zwei kleine Charakterköpfe, die so herrlich beschrieben sind, dass man sie einfach nur knuddeln möchte; der ungestüme Hero und Lulu, die ehemalige Hundedame vom Film.

Fazit: Ja, Sarah Morgan versteht es ihre Leser in ihre Bücher versinken zu lassen. Ein traumhaftes Setting, großartige, tiefgründig angelegte Figuren und ein Schreibstil, der einen nicht nur den Sand unter den Füssen spüren lässt, sondern auch jede einzelne Emotion.
Ich freue mich schon unheimlich auf Harriet.

Veröffentlicht am 30.05.2018

Der schöne Schein und die Sache mit der Wahrheit

Hello Sunshine
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Das Geheimnis des Lebens besteht in Ehrlichkeit und redlichem Handeln. Wenn du das vortäuschen kannst, hast du es geschafft (Groucho Marx)

Sunshines Leben scheint perfekt. Sie hat eine erfolgreiche YouTube-Kochshow, ...

Das Geheimnis des Lebens besteht in Ehrlichkeit und redlichem Handeln. Wenn du das vortäuschen kannst, hast du es geschafft (Groucho Marx)

Sunshines Leben scheint perfekt. Sie hat eine erfolgreiche YouTube-Kochshow, ist mit ihrem Traummann Danny verheiratet und bald erscheint ihr erstes Buch.
Doch an ihrem 35. Geburtstag bricht die komplette Traumwelt in sich zusammen. Jemand hackt ihren Twitter-Account und erzählt der ganzen Welt, dass Sunshine Mackenzie gar nicht kochen kann und auch sonst alles mehr oder weniger gelogen ist. Und die Welt da draussen ist nicht auf ihrer Seite.
Alles bricht, zuletzt auch ihre Ehe. Als Danny sie vor die Tür setzt, bleibt Sunshine gar nichts anderes übrig als zu ihrer Schwester zu flüchten, bei der sie auch nicht wirklich willkommen ist. Und in ihr Heimatstädtchen wollte sie doch auch eigentlich nie wieder zurück....

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Ein großartiger Roman, der ein sehr aktuelles Thema aufgreift.

Sunshine ist nicht wirklich ein einfacher Charakter und so mancher hat seine Probleme mit ihr, aber mir gefiel sie von Anfang an. Für mich war es absolut nachvollziehbar, wie sie in diese Lügenspirale gerutscht ist und das plötzlich ganz normal fand. Ich musste oft an all die heutigen Influenzer und YouTube Stars denken. Ohne jemandem zu nahe treten zu wollen, aber es geht doch überall nur noch um Klicks, Likes und Follower; ums Auffallen und sich aus der Masse hervorheben.

Ich fand Sunshine sehr realistisch, nicht nur in ihrem Werdegang zum Star, sondern auch in ihrem Absturz und Wiederaufstehen. Mir hat das wirklich gut gefallen, was nicht bedeutet, dass ich ihre Art und Weise gutgeheissen habe.

Auch die übrigen Charaktere waren toll ausgearbeitet, von der Assistentin bis hin zum Fischer.
Der Schreibstil von Laura Dave zieht einen geschickt durchs Buch; flüssig, lebhaft, natürlich und mit einem angenehmen Humor.

Fazit: Sommerlektüre? Ja, aber mit Tiefgang und zum Nachdenken anregend. Mich hat Laura Dave`s neuer Roman großartig unterhalten. Gerne mehr davon.